Ein Bericht von Heidi Emmenegger - Lebenswerkstatt

Zwischen Bodenständigkeit und Spiritualität
Franz Jakober leitet die „kreative Lebenswerkstatt“ in Rheinfelden
von Heidi Emmenegger
Rheinfelden. Vor zwölf Jahren begann der Zuzger Franz Jakober eine lange
gewachsene Vision zu verwirklichen: Das Projekt „kreative Lebenswerkstatt“, das
inzwischen im Areal B15 in Rheinfelden beheimatet ist und am kommenden Samstag
Tag der offenen Tür hat. Mit einem Blick zurück auf sein bisheriges Leben, erzählt
der Therapeut und Seminarleiter, wie er zu seiner ganz besonderen Arbeit gefunden
hat.
„Mein Anliegen ist es, Leben ins Licht und Lebenskraft nach aussen zu bringen.
Menschen sollen sich getrauen, zu sein, was sie wirklich sind“, beginnt Franz
Jakober die Geschichte seines Weges. Diese ruhig und klar gesprochenen Worte
muten philosophisch an und umrahmen die stille und doch lebendige Atmosphäre
seiner Arbeitsräumlichkeiten in sehr passender Weise.
Dann holt der 42-Jährige weiter aus und geht zurück ins Fricktal der sechziger Jahre,
auf den Zuzgener Bauernhof auf dem er gemeinsam mit fünf Schwestern
aufgewachsen ist. „Diese Zeit war sehr prägend für mich“, ist sich Franz Jakober
sicher, „ich fühlte mich dazugehörig und geborgen im Kreis der Familie und im
dörflichen Umfeld.“ Gleichzeitig mussten er und seine Schwestern aber auch schon
als Kind zu Hause mithelfen, der Vater arbeitete auswärts und zusammen mit der
Mutter führten sie den Hof. „Zeit zum Spielen hatten wir eigentlich wenig“, erinnert
sich der Bauernsohn, dafür erlebten wir die Jahreszeiten, eigentlich die Natur im
allgemeinen, archaisch und unmittelbar.“
„Eine grosse Faszination übten auch die Bräuche und Rituale der katholischen
Kirche auf mich aus“, erzählt Franz Jakober weiter, „ ich ministrierte sehr gerne, vor
allem dann, wenn mir das Räuchergefäss anvertraut wurde.“ Auch an die
wunderschönen Beerdingungszeremonien der damaligen Zeit erinnert er sich
beeindruckt zurück. Tote wurden mit einer Kutsche abgeholt und zum Friedhof
gefahren. Unterwegs standen die Menschen am Strassenrand und zollten so den
Toten Respekt. Dass er selbst dem Tod schon einmal nah war, empfindet er heute
als wegweisend in seinem Leben: „Mit sechs Jahren erkrankte ich an einer
lebensbedrohenden Hirnhautentzündung. Damals entschied ich mich dafür zu leben
und noch nicht zu sterben“, beschreibt Franz Jakober jenes vielleicht prägendste
Erlebnis im Zusammenhang mit seiner Faszination für die Kraft des Lebens und der
daraus entstandenen Lebenswerkstatt.
Rückblickend erinnert er sich auch noch gut an seine Lehre als Bäcker-Konditor, die
im zwar von der erdverbundenen Materie her zusagte, jedoch auf Grund der
Arbeitszeiten seinen ganzen Lebensrhythmus störte. „Für mich kam es jedoch nicht
in Frage, die Lehre abzubrechen, so etwas konnte ich mir gar nicht vorstellen“,
erzählt Franz Jakober. Kurz nach der Lehre entwickelte er jedoch eine so
ausgeprägte Mehlstauballergie mit Asthma, dass ihm der Arzt verbot, weiter zu
arbeiten. Sein Körper wusste offensichtlich, dass sein Herz und sein Geist in eine
ganz andere Richtung wollten. Diese Richtung fand der junge Mann dank einer guten
Berufsberatung, die ihn auf die Möglichkeit einer Ausbildung in der Sozialen Arbeit
hinwies. Obwohl er damit als Mann eine noch fast ausschliesslich frauenbesetzte
Domäne betrat, fühlte er sich im Beruf des Erziehers (heute Sozialpädagoge) sehr
wohl und wusste, dass er eine Arbeit gefunden hatte, die zu ihm passte. „ Mir hat
sich damals eine Riesenwelt eröffnet“, beschreibt Franz Jakober das gute Gefühl,
endlich seine Ressourcen einsetzen zu können. Die Fantasiespiele der Kindheit, die
mangels Spielzeug und Zeit auf dem Kartoffelacker mit seinen Geschwistern
stattgefunden hatten, dienten ihm jetzt als berufliches Werkzeug, dass mit den
betreuten Kindern im Tagesheim seine positive Wirkung bestens entfaltete.
Eine weitere Ausdehnung in seinem Leben bedeutete damals für Franz Jakober sein
Wegzug vom heimatlichen Zuzgen nach Basel, in die Stadt. Seine Perspektiven
vergrösserten sich schnell und er fand in der Stadt Zugang zu Angeboten, die es ihm
erlaubten, sich mit der eigenen Spiritualität und Religiosität auseinander zu setzen. In
der offenen Jugendarbeit der reformierten Kirche fand er zudem eine neue berufliche
Herausforderung und im interdisziplinären Team, dem auch Pfarrer angehörten,
wurde oft und intensiv über Inhalte diskutiert, welche für den jungen
Sozialpädagogen brennend aktuell waren. „Was heisst religiös zu sein für mich
eigentlich?“ bildete sich als zentrale Kernfrage dieser Auseinandersetzung heraus
und damals formulierte Franz Jakober, was für ihn heute noch gilt: „ Die höchste
Religiosität ist, sich selber zu finden und sein zu können.“ Inzwischen zum
Gestaltungstherapeuten ausgebildet, wurde es ihm ein Anliegen, Menschen auf dem
Weg zu ihrer eigenen Spiritualität und ihrem wahren Sein zu begleiten. In seiner
Arbeit erfuhr er, dass gerade die so genannt „besonders schwierigen“ Menschen ihn
irgendwie anzogen, weil er spürte, dass genau diese Menschen besonders stark auf
der Suche nach ihrem eigenen Weg sind.
Immer wieder erlebte Franz Jakober das Spannungsfeld zwischen Bodenständigkeit
und Spiritualität und während er so bodenständige Dinge tat, wie sein altes
Heimathaus zu renovieren oder als Lehrer an der Berufsfachschule für angehende
KleinkindererzieherInnen zu unterrichten, pflegte er immer und ausgeprägt auch
seine spirituelle Weiterbildung. Dazu gehörten eine Reise zu den Lakota Indianern
nach South Dakota, Weiterbildungen in ritueller Maskenarbeit, in indianischschamanischer Heilkunst, eine Ausbildung in Tiefenentspannung und seine aktuelle
Ausbildung zum „Herztherapeuten“, in welcher er unter anderem das Channeling
erlernt.
All seine Erfahrungen privater und beruflicher Art, lässt Franz Jakober in seine Arbeit
einfliessen und in seiner „kreativen Lebenswerkstatt“ gelingt es ihm inzwischen seit
Jahren erfolgreich, sein Wissen als Therapeut und Seminarleiter einzusetzen und
Erwachsenen und Kindern zu helfen, ihr Leben individuell sinnvoll und befriedigend
zu gestalten. Dass seine Arbeit ihm Freude macht, sieht man Franz Jakober förmlich
an, wenn er mit leuchtenden Augen von den fünf Elementen Erde, Feuer, Luft,
Wasser und Liebe spricht, die die Basis für seine Werkstatt bilden. Seine Therapieund Seminarangebote für Erwachsene, Kinder, Paare oder Familien tragen
spannende Namen wie „Willkommen, mein Sohn“ (Vater-Sohn-Rituale) oder
Abenteuerland (Sommerferienwoche in der Natur für Kinder). So vielfältig wie Franz
Jakobers Angebote, sind auch seine Methoden, davon zeugen beispielsweise die
vielen Instrumente in seiner Lebenswerkstatt, aber auch das ziemlich dicke
Programmheft der kreativen Lebenswerkstatt, die für alle etwas Spannendes zu
bieten scheint. Vom Theater über den Singchor zur Märchenkiste und Naturritualen
bis hin zu Supervisions-, Beratungs-, und Weiterbildungsangeboten. Das erstaunlich
grosse Angebot lässt darauf schliessen, dass Franz Jakober selbst eine grosse
Lebenskraft besitzt, wobei er betont, dass er auf seinem Weg seit langem von seiner
Familie, seiner Frau und seiner Tochter begleitet werde und dieser überhaupt nur so
möglich wurde.