Sie stützen und sie tragen einander - Heidrich

Sport
Zürcher Unterländer
Donnerstag, 23. April 2015
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Sie stützen und sie tragen einander
beachvolleyball Wenn Joana Heidrich morgen Freitag am
beachtour-turnier in der Zürcher bahnhofhalle ihre vorolympische saison eröffnet, werden ihre brüder Florian und adrian
zumindest in Gedanken mitfiebern. dabei sehen die Klotener
Geschwister die ihre gar nicht als typische sportfamilie.
Wie von unsichtbarer Hand geführt, steuern zwei gross gewachsene junge Männer und eine nur
unwesentlich kleinere Frau mit
Rollkoffer aus verschiedenen
Richtungen und doch exakt
gleichzeitig im strömenden Regen auf ein Café am Klotener
Marktplatz zu. Kurzfristig nach
der Rückkehr vom dreiwöchigen
Trainingslager auf Teneriffa angefragt, hatte Joana Heidrich das
Interview zugesagt – und den Termin gleich selbst mit ihren Brüdern koordiniert. Auf die Frage,
ob dies der üblichen Rollenverteilung im Hause Heidrich entspreche, antwortet die amtierende
Schweizer Meisterin, U21-Weltmeisterin von 2011 und sportlich
bislang Erfolgreichste aus dem
Trio lachend: «Ja klar, ich bin die
Chefin.» Um sogleich klarzustellen, dass dies mitnichten so sei:
«Bei uns gibt es keinen Chef, wir
ergänzen einander einfach super.
Wenn Adrian praktische Tipps
zum Beachvolleyball braucht,
fragt er mich. Was Computer und
Technik angeht, ist er der Experte. Und in Sachen Schule und Ausbildung weiss Florian am besten
Bescheid.» Florian Heidrich, mit
25 Jahren der Älteste im Bund, ergänzt: «Wenn bei uns zu Hause jemand der Chef ist, dann ist das
immer noch unsere Mutter.»
Dabei standen ihre Eltern, im
Gegensatz zu vielen anderen
Sportlerinnen und Sportlern, keinesfalls am Anfang ihrer Karrieren. «Unsere Eltern waren früher
bestenfalls Plauschsportler und
auch nicht sehr sportbegeistert»,
verrät Joana Heidrich. Darin sehen alle drei einen grossen Vorteil. «Sie unterstützen unsere
Sportlerlaufbahn und sind stolz
auf uns. Aber wenn jemand von
uns einmal ein Tief hat, setzen sie
ihn nicht zusätzlich unter Druck,
sondern sagen, dass es auch noch
andere Wege neben dem Sport
gibt», erklärt Florian Heidrich,
«das ist für alle sehr hilfreich. Ich
denke auch, dass uns das die nötige Lockerheit gibt, um aus einem
Loch wieder herauszufinden.»
sie an den Olympischen Spielen
teilnehmen, und zwar im Beachvolleyball. Bald elf Jahre später
könnte sie ihren Traum in die Tat
umsetzen. Gelingt der 23-Jährigen an der Seite von Nadine
Zumkehr, der Olympianeunten
von London 2012, heuer eine ähnlich erfolgreiche Saison wie im
Vorjahr, dürfte dem Duo das
Ticket für Rio de Janeiro 2016
sicher sein.
«An Joana beeindruckt mich
sehr, wie sie etwas diszipliniert
durchziehen kann», sagt Florian
Heidrich über seine zwei Jahre
jüngere Schwester. «Weil es bei
mir nicht mehr für eine Karriere
als Beachprofi gereicht hat, könnte ich sie aber nicht als mein Vorbild bezeichnen.» Zu einem
Schweizer-Meister-Titel in der
Halle mit Züri Unterlands U23Junioren sowie zu einer Saison als
Halbprofi in Diensten des NLASpitzenklubs Amriswil brachte es
der ehemalige Unihockey-Junior
trotz seines späten Volleyballeinstiegs aber allemal. Und derzeit kann der gelernte Technische
Metallbauer, der im Herbst ein
Studium in Wirtschaftsrecht an
der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften aufnehmen wird, aus verschiedenen
Angeboten auswählen, um auch
nach dem Abstieg mit Züri Unterland auf höchster nationaler Ebene im Hallenvolleyball aktiv zu
sein. «Ich werde Züri Unterland
verlassen, weil ich weiter in der
NLA spielen will. Drei NLA-Klubs
haben mich angefragt», verrät der
1,95 m grosse Mittelblocker.
Der jüngste und mit 2,07 m am
grössten Gewachsene der drei Geschwister strebt der erfolgreichen
Schwester dagegen auch sportlich
der olympische traum
Als Erste der drei Heidrich-Geschwister fand Joana zum Volleyball: dank der Patentante ihrer
Sandkastenspielgefährtin im abgelegenen Klotener Ortsteil Gerlisberg, wo die drei aufgewachsen
sind. Bei den Minis des VBC Züri
Unterland unternahm sie ihre
ersten Gehversuche im Hallenvolleyball. Doch nach einem
Empfang in Kloten für die Olympiabronzemedaillengewinner von
Athen 2004, Patrick Heuscher
und Stefan Kobel, stand für Joana
Heidrich fest: Irgendwann wolle
bleiben auch im Regen gut gelaunt: die Klotener Adrian (von links), Joana und Florian Heidrich.
SportAgenda
Bassersdorf im Halbfinal
Radball
NLB-ABstiegsruNde
In Mosnang SG. Am Samstag: NLB, Abstiegsrunde mit Björn Reiser und Reto
Baumgartner von Bassersdorf-Nürensdorf
(ab 13.30/Radballhalle).
sCHWINGeN
esCHeNBerg-sCHWiNget
In Winterthur. Am Samstag: Buebeschwinget (ab 11.00). – Am Sonntag:
Schwingfest Aktive, beides mit mehreren
Unterländern (ab 12.00/Hof Eschenberg).
tIsCHteNNIs
NLB, AufstiegsfiNAL
Best of 3. Am Samstag. 1. Runde: Cortaillod – Kloten (18.00/Halle de gymnastique
du collège). – Am Sonntag. 2. Runde:
Kloten – Cortaillod (14.30/Schluefweg).
Fussball Der regionale Zweitligist Bassersdorf ist mit sechs Tagen Verspätung doch noch in die
Halbfinals des Zürcher regionalen Fussballcups eingezogen.
Nachdem das Gastspiel beim
Drittligisten Fällanden am vergangenen Donnerstag wegen des
Ausfalls der Flutlichtanlage abgesagt worden war, setzten sich die
Bassersdorfer gestern Mittwoch
knapp 1:0 durch.
Diesmal leuchtete das Licht
und gab den Blick frei auf eine
einseitige Partie, die sich weitgehend in der Fällander Platzhälfte
abspielte. Die höherklassigen
Bassersdorfer gewannen in der
Luft ebenso wie am Boden ihre
Zweikämpfe und entfachten grossen Druck auf das Fällander Gehäuse. Das vermeintlich erlösende Führungstor durch Christian
Schweizer fiel erst in der Mitte
der zweiten Halbzeit (67.). Weil
die Bassersdorfer aber auch nach
dem Treffer im Abschluss sündigten, blieb es beim 1:0.
pew
Fällanden – Bassersdorf
0:1 (0:0)
Neue Glattwis. – 100 Zuschauer. – Tor: 67.
Schweizer 0:1. – Bassersdorf: Caruso; Meier,
Copat, Zihlmann, G. Zambelli; Schweizer, Barbey, Keller, Tinner; S. Zambelli (77. Ansaldi),
Serrano (75. Zumberovic). – Bemerkungen:
13. Tor von Keller (B) wegen Offsides aberkannt. 69. Lattenschuss S. Zambelli (B). 77.
Gelb-Rote Karte G. Zambelli (B/wiederholtes
Foulspiel).
Madeleine Schoder
nach. «Joana ist für mich sicherlich ein Vorbild, ich verfolge die
gleichen Ziele», sagt Adrian Heidrich. Wie die drei Jahre ältere
Profispielerin setzt der 20-Jähri-
«Bei uns gibt es keinen
Chef, wir ergänzen
einander super.»
Joana Heidrich
ge, der kurz vor seinem KV-Abschluss an der United School of
Sports steht, vornehmlich auf
die sommerliche Beachvariante.
Auch um seine Schulterprobleme
in den Griff zu bekommen, verzichtete er auf Geheiss des Verbands im Herbst 2014 auf die
Hallenvolleyballsaison mit Züri
Unterland und besuchte fortan
nur noch Beachtrainings am nationalen Leistungszentrum in
Bern. Mit Erfolg: Seit Anfang des
Jahres schmerzt die Schulter
nicht mehr. Und die Technik habe
er so weit verfeinert, dass er nun
auch punkten könne, ohne die
Schulter voll zu belasten.
geschwisterliche Wg
In Bern trainiert der Schweizer
Beachvolleyball-Junioren-Nationalspieler immer wieder auch
gleichzeitig mit der Schwester.
Gross beachten könnten sie einander dabei freilich nicht, zu sehr
müssten sie sich aufs Training
konzentrieren. Dafür hat der
grosse, kleine Bruder ein Zimmer
in Joana Heidrichs Wohnung in
Bern bezogen, wo er derzeit einmal pro Woche übernachtet. Nach
dem Abschluss der Ausbildung in
Zürich wird sich Adrian Heidrich
eine Teilzeitarbeitsstelle in Bern
suchen, um häufiger dort bleiben
und trainieren zu können.
Es ist nicht das erste Mal, dass
zwei der Heidrichs eine Geschwister-WG ausserhalb des Elternhauses in Kloten führen. In
der Saison 2012/2013 lebten Florian und Adrian Heidrich in einer
Wohnung in Amriswil, finanziert
vom dortigen HallenvolleyballSpitzenklub. Daneben teilten sie
auch das Schicksal, im NLA-Team
nur zu Teileinsätzen zu kommen.
«Das hat uns vielleicht noch enger
zusammengeschweisst, zusammenzuwohnen und das Gleiche
durchzumachen», sagt Adrian
Heidrich im Rückblick. Florian
ergänzt: «Wir konnten einander
pushen – uns aber auch gegenseitig herunterziehen.» Unabhängig
voneinander beschlossen sie,
nach einem Jahr Amriswils Profiteam wieder zu verlassen – um
gemeinsam zum Stammklub
Züri Unterland zurückzukehren.
Was dann folgte, betrachten die
beiden «fast schon wehmütig»
(Adrian Heidrich) als ihre bislang
schönste Hallensaison. «Wir haben uns fast blind verstanden und
einander unterstützt», berichtet
der 20-Jährige. Am Klotener Ruebisbach avancierten die HeidrichBrüder zu Leistungsträgern eines
Teams, in dem Florian auch als
Captain Verantwortung übernahm. «Vieles, was uns in der Kabine, im Training und im Spiel
aufgefallen ist, haben wir zu
Hause am Esstisch besprochen»,
schildert Adrian Heidrich.
engste Bezugspersonen
Nach den Heimspielen floss damals regelmässig auch eine dritte
Meinung in die Diskussion ein: jene der Beachvolleyball-Profispielerin in der Familie, welche die
NLA-Heimpartien ihrer Brüder
oft von der Tribüne aus verfolgte.
Joana Heidrich: «Ich habe mir
sehr gerne ihre Spiele angeschaut.
Und was mir von aussen aufgefallen ist, habe ich ihnen hinterher
gesagt – auch das, was ich nicht so
gut gefunden habe.» Kritik, die
bei den Brüdern auf offene Ohren
stiess. «Joana hat am meisten Volleyballerfahrung, da ist jeder Tipp
hilfreich.» Bezogen sich die Hinweise der grossen Schwester zu
Beginn seiner Karriere auch noch
auf spieltechnische Details, so
profitiert Adrian Heidrich nun, da
es im Duo mit dem neuen Partner
Gabriel Kissling auch Reisen und
Trainingslager zu organisieren
gilt, auch von Joanas Wissensvorsprung punkto Beach-Drumherum.
Joana Heidrich indes schätzt
ihre Brüder vor allem als emotionalen Rückhalt. «Meine Brüder
sind mir enorm wichtig: Bei ihnen
kann ich abladen, und ich weiss,
es bleibt bei ihnen. Ich erzähle
ihnen darum so ziemlich alles.»
Via Internettelefonie bleiben die
drei in engem Kontakt – selbst
wenn Joana Heidrich gerade ein
World-Tour-Turnier in China
oder Brasilien bestreitet. «Wenn
es im Spiel nicht so gut gelaufen
ist, melde ich mich meistens sogar
schneller als nach einem Sieg»,
erklärt sie, «auf dem Feld muss
ich immer Stärke zeigen. Darum
tut es sehr gut, dass ich es ihnen
auch erzählen kann, wenn mich
etwas stresst.» Oder, wie es Florian Heidrich ausdrückt: «Wir
unterstützen uns in allem, was
wir machen.»
Peter Weiss
GesCHWIsteR-seRIe
Zum thema «Geschwister im
Zusammenspiel» porträtiert der
ZU im Jahr 2015 in loser Folge
Geschwister, die gemeinsam
in einem Team spielen oder in
derselben Sportart zusammen
trainieren und Wettkämpfe bestreiten. Kennen Sie Geschwister, die in unserer Serie auch
noch zu Wort kommen könnten? Schreiben Sie uns an
[email protected]. red
Auftakt mit Handicaps
beachvolleyball auch für
die topduos von ZuZu-beach
beginnt heute donnerstag mit
dem ersten Coop-beachtourturnier im Zürcher
Hauptbahnhof die saison. Mit
einem altbekannten Problem.
«Wenn das Turnier in Zürich bereits im April ausgetragen wird,
ist das für uns eigentlich zu früh»,
sagt Christian Busin. Der Leiter
von ZuZu-Beach, der Beachvolleyball-Abteilung des VBC Züri
Unterland, spielt darauf an, dass
er und seine Klubkollegen in Zürich stets mit zu kurzen Spiessen
ihr Glück versuchen müssen.
Während ihre Gegner, die Nationalteams, nach einem Trainingswinter am nationalen Leistungszentrum in Bern sowie mehrwöchigen Trainingslagern in Zürich
antreten, fangen die ZuZu-Beacher dort praktisch bei null an.
«Dieses Jahr können wir wenigstens schon seit zwei Wochen
in Kloten trainieren, aber die Nationalspieler haben trotzdem
einen enormen Trainingsvorsprung», sagt Busin. Erschwerend
kommt für ihn hinzu, dass er mit
einem neuen Partner spielt: Zwar
ergänzt er sich als Blockspieler
mit seinem neuen Kompagnon
Raffael Bühler bestens, doch dürfte es noch eine Weile dauern, bis
die Automatismen greifen. Dasselbe gilt für das ebenfalls neu formierte Duo David Sturzenegger/
Jonas Stadelmann. Beide Teams
bestreiten heute Donnerstag die
Qualifikation, höchstens eines
von ihnen zieht ins Hauptfeld ein.
Bei den Frauen vertritt die Klotenerin Marlen Brunner (mit Muriel Grässli) ZuZu-Beach alleine.
Die zweifachen U20-Europameisterinnen Nina Betschart und
Nicole Eiholzer fehlen in Zürich –
sie weilen im Trainingslager. pew