Liberale Parlamentsarbeit 2015 Im Folgenden finden Sie eine Zusammenstellung der Arbeit der FDP/DVP Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg. Die hier genannten Publikationen sind vollständig auf unserer Homepage: www.fdp-dvp.de Hier erhalten Sie auch aktuelle Informationen und Termine. Für Debatten und Anträge im Landtag empfehlen wir Ihnen die Parlamentsdokumentation: http://www.landtag-bw.de/cms/home/dokumente/parlamentsdokumentation.html Inhaltsverzeichnis Vorwort des Fraktionsvorsitzenden . ................................................................................................................. 2 Die Fraktion stellt sich vor.................................................................................................................................. 3 Zur Haushalts- und Finanzpolitik........................................................................................................................ 4 Wirtschaftspolitik in Baden-Württemberg.........................................................................................................6 Für Verlässlichkeit und Eigenverantwortung statt Chaos und Bevormundung in der Bildungspolitik................8 Grün-rotes Mittelmaß – nicht auch noch für die Wissenschaft!......................................................................10 Unpolitisches Alltagsgeschäft oder Ideologie: Recht, Bürgerbeteiligung und Kommunalverfassung, Glücksspiel und Medien in grün-roten Händen................................................................................................13 Der grün-roten Innenpolitik auf die Finger geschaut und eigene Akzente gesetzt..........................................15 Die Herausforderungen der Flüchtlingskrise....................................................................................................17 Europapolitik und Entwicklungszusammenarbeit............................................................................................20 Politik für die Menschen im Land statt grün-roter Politik gegen das Auto.......................................................21 Erfolgreiche Sozialpolitik setzt effiziente Strukturen voraus ...........................................................................24 Enquetekommission „Pflege zukunftsorientiert und generationengerecht gestalten“....................................26 Gegen die grün-rote Bevormundung des ländlichen Raums............................................................................27 Energieeffizienz und Innovation statt Windrad-Ideologie................................................................................29 Ansprechpartner in der Fraktion...................................................................................................................... 31 Vorwort des Fraktionsvorsitzenden Sehr geehrte Leserinnen und Leser, sehr geehrte Freundinnen und Freunde der Freien Demokraten, die letzten Monate der seit 2011 regierenden grün-roten Koalition liegen vor uns. Jetzt möchten wir jedoch den Blick noch einmal zurückrichten auf das vergangene Jahr unserer Arbeit im Parlament. Diese Koalition zerschlägt nicht nur bewährte Strukturen wie etwa durch die Polizeireform oder die Verstaatlichung der Bewährungshilfe, sondern sie verbreitet auch den Geist der Bevormundung und der Staatsgläubigkeit, indem sie den Menschen unnötigerweise Vorschriften macht und ihre Freiheit damit beschneidet. Die weitere Einschränkung des Alkoholverkaufsverbotes und die Zwangsbegrünung sind gute Beispiele hierfür. Dem setzen wir eine eindeutig liberale Oppositionsarbeit entgegen. In allen Politikbereichen werden die Positionen der Freien Demokraten deutlich. Diese Arbeit werden wir auch im Jahr 2016 fortsetzen. Dieser Bericht beinhaltet die laufende Parlamentsarbeit des letzten Jahres. Besonders erfreulich war die überaus schnelle Umsetzung unserer Forderung zur Infrastrukturverbesserung in der Landesverfassung. Mit der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse insbesondere in Bezug auf die Infrastruktur wird Internetund Breitbandversorgung als Staatsziel neu beschrieben. Damit konnten wir die von der Partei geforderte Infrastrukturoffensive klar unterstreichen. Und darüber hinaus haben wir deutlich gemacht, wie wir den Ausbau der Infrastruktur finanzieren wollen: mit der Entnahme einer Milliarde Euro aus dem Kapitalstock der Landesstiftung. Besondere Aufmerksamkeit haben wir im letzten Jahr der inneren Sicherheit, der Wissenschafts- und Landwirtschaftspolitik sowie der Flüchtlingsproblematik gewidmet. Die entsprechenden umfassenden Impulsund Positionspapiere finden Sie auf unserer Webseite. Wir hoffen, dass Ihnen unsere Broschüren gute Argumente für die politische Diskussion vor Ort liefern. Ich versichere Ihnen, dass alle Abgeordneten der FDP/DVP Fraktion auch weiterhin gerne für Gespräche und Veranstaltungen nach Terminabsprache zur Verfügung stehen. Mit Ihrer Unterstützung werden wir auch 2016 erfolgreich deutliche Zeichen setzen - unverkennbar liberal im Inhalt! Mit freundlichen Grüßen Dr. Hans-Ulrich Rülke Fraktionsvorsitzender Sprecher für Finanzen und Wirtschaft 2 Die Fraktion stellt sich vor Dr. Hans-Ulrich Rülke Fraktionsvorsitzender Sprecher für Finanzen und Wirtschaft Dr. Timm Kern Dr. Friedrich Bullinger Sprecher für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz; Wissenschaft, Forschung und Kunst Parlamentarischer Geschäftsführer Stv. Fraktionsvorsitzender Sprecher für Kultus, Jugend und Sport; Kirchen und Religionsgemeinschaften Andreas Glück Jochen Haußmann Prof. Dr. Ulrich Goll Stv. Fraktionsvorsitzender Sprecher für Verkehr und Infrastruktur; Arbeit und Sozialordnung; Familie, Frauen und Senioren Sprecher für Umwelt- und Energiepolitik; Integration; Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Sprecher für Innenpolitik; Recht und Medien; Strafvollzugsbeauftragter Niko Reith Sprecher für Mittelstand und Handwerk; Europapolitik; Bundeswehr; Petitionen 3 Zur Haushalts- und Finanzpolitik Auch mit dem zweiten Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2015/16, Ende November im Landtag eingebracht, schafft es die grün-rote Landesregierung nicht, ihrer Haushalts- und Finanzpolitik eine klare Kontur zu verschaffen. Von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit als Leitmotiven, insbesondere von den Grünen in Oppositionszeiten stets kritisch gegen die damalige Landesregierung ins Feld geführt, kann nicht die Rede sein. Die grün-rote Landesregierung hat – von wenigen Ausnahmen abgesehen – so gut wie vollständig darauf verzichtet, eigenständige Maßnahmen zur dauerhaften Konsolidierung des Landeshaushalts auf den Weg zu bringen und umzusetzen. Die Ausnahme stellt der Bereich des öffentlichen Dienstes dar, dem mit der Absenkung der Eingangsbesoldung im gehobenen wie im höheren Dienst ein schwerer Schaden zugefügt worden ist, der weit über die Auswirkungen auf die betroffenen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes hinausgeht. Die Fraktion hat mehrfach mit Gesetzesanträgen versucht, die Rücknahme dieses Unfugs zu erreichen – die Mehrheit der Abgeordneten der Regierungsfraktionen aber blieb uneinsichtig. Die grün-rote Landesregierung hatte das Glück, von dauerhaft steigenden Steuereinnahmen in einem Maße profitieren zu können, wie kaum eine Regierung zuvor. Seit 2010 sind die Steuereinnahmen im Durchschnitt der Jahre um 5% gestiegen. Könnte es bessere Voraussetzungen geben, zumindest auf neue, zusätzliche Schulden gänzlich zu verzichten? Die Landesregierung rühmt sich des – vermeintlich sensationellen – Ergebnisses einer Nettonullverschuldung 2011 und 2012, eines Haushaltsplans mit einer Nettonull für 2016, und seit jetzt auch eines Nachtrags mit einer Nettonull 2015. Das alles kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sich vom Rechnungshof hat ins Stammbuch schreiben lassen müssen, dass sie 2014 völlig überflüssigerweise Kredite aufgenommen hat, mit denen sich dann – erst in den Überschuss geflossen und jetzt von dort wieder entnommen – gut der „Dicke Max“ spielen lässt. Wir haben immer wieder eine rasche Umsetzung der Schuldenbremse des Grundgesetzes ins Landesrecht, also ihre Verankerung in der Landesverfassung, angemahnt. Die Entwicklung hat uns recht gegeben, dass wir dies schon mit Wirkung auf 2012 hätten tun können, wie unser erster Gesetzentwurf es vorsah; zumindest aber mit Wirkung auf 2016 hätte es sein 4 müssen, wie wir es als Kompromiss ein Jahr später angeboten hatten. Auch hier haben Grün und Rot ausschließlich auf die Kraft der Mehrheit gesetzt, statt es einmal auch mit der Kraft des Arguments zu versuchen. Über die ganze Legislaturperiode hinweg hat sich die Landesregierung in einer Vielzahl von Kleinigkeiten verzettelt, ohne in zentralen Bereichen zu einer klaren Positionierung zu kommen. Trotz einigen Nachbesserns im Bereich Breitband und beim Landesstraßenbau ist ein tragfähiges Zukunftskonzept zum Ausbau der Infrastruktur unseres Landes nicht erkennbar. Wir werden deshalb erneut unseren Vorschlag zur Abstimmung stellen, für eine Innovations- und Investitionsoffensive eine Milliarde aus der Landesstiftung zu entnehmen, um entsprechende Mittel für den Ausbau der Verkehrs- und der Breitbandinfrastruktur bereitstellen zu können. Unser Land braucht Innovation und qualitatives, nachhaltiges Wachstum. Der Ausbau der Infrastruktur des Landes ist eine elementare Voraussetzung dafür, dieses Wachstum – und damit mehr Chancen für unsere Bürgerinnen und Bürger – dauerhaft gewinnen zu können. Weitere Mittel sollen durch die sukzessive Veräußerung von Landesbeteiligungen an wirtschaftlichen Unternehmen bereitgestellt werden. Weder der Flughafen Stuttgart noch die LBBW müssen im heutigen Umfang im Staatsbesitz sein. Das Land Hessen hat gezeigt, dass dies auch anders geht. Und wenn die EnBW ihre Umstrukturierungsphase erfolgreich bestanden hat, wird es auch dort darum gehen, die Anteile des Landes wieder zu veräußern. Mit solchen Umschichtungen von Vermögen in eine stärker auf die Ziele der Landespolitik orientierte Verwendung werden wir es schaffen, die Infrastruktur des Landes grundlegend zu modernisieren. Wir brauchen darüber hinaus eine Reform des Länderfinanzausgleichs – heute eine Baustelle grün-roter Orientierungslosigkeit – und eine Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, die auch eine stärkere Finanzautonomie der Länder zum Inhalt hat. Was wir nicht brauchen, sind Steuererhöhungsphantasien, die bei Grün und Rot in jeder steuerpolitischen Debatte – sei es die Erbschaftsteuer, eine Wiedereinführung der Vermögensteuer, die Reform der Grundsteuer oder die Ausgestaltung des Tarifs der Einkommensteuer – das Denken vernebeln. Diese fundamentale Kritik an der grün-roten Haushalts- und Finanzpolitik bleibt auch dann richtig, wenn mit dem zweiten Nachtrag für die Jahre 2015 und 2016 auch zweifelsfrei Richtiges auf den Weg gebracht wird: denn Verbesserungen bei der Mehrarbeitsvergütung für die Polizei sind nicht falsch, die Aufstockung der Mittel im Nichtvollzug zur Entlastung von Polizeibeamten für den Vollzug ebenso und genauso die Schaffung zusätzlicher Anwärterstellen. Auch die zusätzlichen Richterstellen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind richtig. Aber eine konsequente, auf die Notwendigkeiten der inneren Sicherheit ausgerichtete Politik sieht doch ein Stück weit anders aus. Dasselbe gilt sicher für die notwendigen Aufwendungen, um die Verfahren zur Anerkennung (beziehungsweise Nichtanerkennung und Rückführung) von Flüchtlingen konsequent zu beschleunigen. Ähnliches gilt bei der Infrastruktur: Eine „digitale Dividende“ vom Bund einmalig einzunehmen und als Fördermittel wieder auszuschütten ist ebenso wenig eine konsequente, mittelfristig angelegte Politik wie die einmalige Erhöhung der Mittel für den Erhalt von Landesstraßen im Jahr 2016. Gleiches gilt im Bildungsbereich: Aufgeschreckt durch die Ergebnisse der Privatschulberichterstattung (71 statt 80% als realer Fördersatz im gymnasialen Bereich) wird bei der Förderung der freien Schulen nachgebessert. Die strukturellen Defizite (Nichtberücksichtigung zum Beispiel der Aufwendungen für Ganztagsbetreuung oder Inklusion im Bruttokostenmodell) aber werden nicht angegangen. Auch die zusätzlichen Mittel für Leitungszeiten sehen aus wie ein fröhlicher Gruß vor der Landtagswahl, der frühere Defizite nicht wettmachen kann. Genauso gilt: Allein mit mehr Mitteln für den sozialen Wohnungsbau machen wir den Wohnungsbau nicht flott. Nötig wäre ein Vierklang, der mindestens die folgenden Maßnahmen umfassen muss: • Abbau bürokratischer Irrwege, die den Wohnungsbau verteuern; weg mit den neuen Regeln der Landesbauordnung, Aussetzen der Energieeinsparverordnung 2016. • Wiedereinführung der steuerlichen Wohnungsbauförderung, um auch privates Kapital für den sozialen Wohnungsbau mobilisieren zu können. • Die Flächenfrage muss neu diskutiert werden: Die demografische Entwicklung läuft in Baden-Württemberg anders als seither angenommen und wird vom Flüchtlingsthema überlagert. • Die Wohnungsbauförderung des Landes muss auf den Prüfstand des ökonomischen Sachverstands gestellt werden, um mit knappen Mitteln möglichst viel bewirken zu können. Auch die Sozialpolitik des Landes wird nicht insgesamt gut, nur weil jetzt eine vernünftige Lösung für den Kostenersatz für die Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge finanziert wird. Und die Flüchtlingspolitik insgesamt ist nicht allein deswegen gut, weil sich die Landesregierung mit den Kreisen auf ein vernünftiges Verfahren der Kostenerstattung für die Kosten von Aufnahme und Unterbringung verständigt hat (bisherige Pauschalen jetzt als Abschlagszahlung, Spitzabrechnung nach Vorliegen der Jahresabschlüsse der kommunalen Haushalte). Die konkreten Wege, die die Fraktion hierzu vorgeschlagen hat, finden sich in den einzelnen Fachkapiteln dieses Berichts. 5 Wirtschaftspolitik in Baden-Württemberg Auch im vergangenen Jahr haben wir als Fraktion der Freien Demokraten dafür gekämpft, dass die Grundlage unseres Wohlstands in Baden-Württemberg erhalten bleibt und stärker wird. Wir verteidigen die Auffassung, dass eine starke Wirtschaft die Möglichkeiten schafft, um die Herausforderungen bestehen zu können. Die grün-rote Landesregierung fasst diese gute Ausgangslage dagegen als Einladung auf, die Wirtschaft zu reglementieren, die Unternehmen mit immer neuen Belastungen zu schröpfen, sowie die Betriebe mit immer neuen Vorschriften zu traktieren. Eine gut funktionierende Wirtschaft ist aus deren Sicht dazu da, linke Träume zu erfüllen. Das geht vielleicht solange gut, wie die konjunkturelle Lage gut ist und keine Herausforderungen bewältigt werden müssen. Es ist nach unserer Auffassung hingegen Zeichen verantwortungsbewusster Politik, gerade in guten Zeiten die richtigen Entscheidungen zu treffen und die Wirtschaft krisenfest zu machen. Der Bereich, in dem die Bevölkerung die falschen Weichenstellungen unmittelbar mitbekommt, ist die Wohnsituation. Der Bedarf an Wohnraum steigt; aufgrund der Flüchtlingszahlen gehen die Akteure im Bereich des Wohnungsmarktes vom Zusatzbedarf von 40.000 Wohneinheiten aus. Die Öffentliche Hand kann dies alleine nicht stemmen, wie sie selbst zugibt. Wer mehr Wohnraum schaffen will, muss Investitionen in Wohnungsbau attraktiver machen. Das Gegenteil ist der Fall. Land und Bund überbieten sich in den Zumutungen. Zu nennen ist hier die „Mietpreisbremse“, die im Bund beschlossen und in Baden-Württemberg weitgehend willkürlich auf Gemeinden angewandt wird (Drs. 15/7296). Wir setzen uns dafür ein, die Wohnkosten zu bremsen. Dafür muss der Staat zunächst bei sich selbst anfangen und gesetzliche und steuerliche Belastungen zurückführen. Das Land hat mit dem „Zweckentfremdungsverbot“ (beschlossen im Dezember 2013) und einer teilweise skurrilen Reform der Landesbauordnung (beschlossen im November 2014, unser Antrag dazu: Drs. 15/7358) dafür gesorgt, dass die Investitionen in Wohnraum teurer werden. Dies ist einer der Gründe für steigende Mieten. Dazu kommen noch steuerliche Belastungen wie die Anhebung der Grunderwerbssteuer (beschlossen im Oktober 2011, unser Antrag dazu: Drs. 15/6933) durch die grün-rote Landesregierung und beständig steigende Energiekosten. 6 Eine der wichtigsten Grundlagen für eine starke Wirtschaft ist die Ermöglichung der Digitalisierung für alle (Stichwort: „Wirtschaft/Industrie 4.0“). Heute ist dies ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Standortwahl. Den Ankündigungen und Dienstreisen, unter anderem nach Silicon Valley, der Landesregierung und des Ministerpräsidenten folgten wenig brauchbare Ergebnisse (Drs. 15/6934). Wir haben den konkreten Vorstoß gemacht, in den kommenden fünf Jahren jeweils 200 Millionen in die Infrastruktur, also die Bereiche Netz- und Straßenausbau, durch das Land zu investieren. Im Gegensatz zu den meisten anderen, die dies fordern, machen wir aber einen Vorschlag zur Finanzierung: Wir wollen dazu eine Milliarde als Zukunftsoffensive aus dem Vermögen der „Landesstiftung Baden-Württemberg“ entnehmen, das momentan für konsumtive Zwecke eingesetzt wird. Zu diesem Bereich haben wir ein umfangreiches Positionspapier beschlossen. Die Forderung der Infrastrukturoffensive findet sich auch in unserem Papier zur Wirtschaftspolitik. Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Ausbildung. Wir setzen uns für die Zukunft der vorbildhaften dualen Ausbildung ein. Dazu haben wir immer wieder Anträge eingebracht (Drs. 15/1223 vom Februar 2012 und Drs. 15/5048 vom April 2014). Das setzt aber voraus, dass Bildung auch einen Bezug zum Beruf und zu praktischen Tätigkeiten herstellt. Die Bildungspolitik in Baden-Württemberg liefert derzeit keine guten Grundlagen dafür. Abitur und Studium werden zu den einzigen Zielen der Bildung stilisiert; für junge Menschen, Gesellschaft und Wirtschaft ein folgenreicher Fehler. Land und Bund überbieten sich auch gemeinsam in den Zumutungen für die Wirtschaft. Sehr deutlich wurde dies beim Mindestlohngesetz, das mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen im Juli 2014 im Bundestag beschlossen wurde. Das Problem sind in geringerem Maße die festgeschriebenen Mindestlohnkosten, sondern vielmehr die ausufernden und unflexiblen Dokumentationspflichten für alle Betriebe sowie unverhältnismäßige Kontrolleinsätze des Zolls. Darauf wiesen wir schon in einem Antrag im Januar 2015 hin (Drs. 15/6408). Im März 2015 brachten wir dazu einen Antrag ein, mit dem sich das Land für praktikablere Regelungen auf Bundesebene einsetzen soll (Drs. 15/6659). Mit Verweis auf einen Koalitionsgipfel auf Bundesebene verweigerte das Land eine eindeutige Stellungnahme. Wie den Medien zu entnehmen war, brachte dieser Gipfel nichts – das Problem wurde vertagt. Das Land ging mit einem eigenen „Tariftreue- und Mindestlohngesetz“ im April 2013 schon diesen Weg. Dies betrifft vor allem Unternehmen, die Leistungen für die Öffentliche Hand erbringen und die nachweisen müssen, dass auch Zulieferer und Subunternehmen tarifgerecht bezahlen müssen. Für kleine und mittlere Betriebe ist das kaum zu bewältigen. Unser Vorstoß, diese Regelung angesichts der Bundesgesetzeslage zum Mindestlohn zurückzunehmen, wurde im Oktober abgelehnt (Drs. 15/5817). Ein weiterer Beweis für die Politik der Zumutungen stellt das „Bildungsfreistellungsgesetz“ dar. Es handelt sich hierbei um eine glasklare Gewerkschaftsforderung, die von der Landesregierung umgesetzt und im März 2015 im Landtag beschlossen wurde. Bereits jetzt bilden über 86% der Unternehmen in Deutschland ihre Mitarbeiter fort – dies ist ein essentieller Bestandteil des wirtschaftlichen Erfolges. Die Möglichkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dazu noch eine Freistellung für Fortbildungen zu bekommen, die mit der eigentlichen Berufstätigkeit gar nichts zu tun haben müssen, ist absolut unnötig und erhöht die Lohnkosten um bis zu 2,5%. Die Ausnahmen nach § 7 für kleinere Betriebe bedeuten zusätzliche Bürokratie. Auf unsere Initiative hin wurde in der letzten Wahlperiode der Paragraf 102 Gemeindeordnung dahingehend geändert, dass kommunale Unternehmen den Handwerkern, Selbständigen und sonstigen Unternehmen vor Ort keine Konkurrenz machen dürfen. Grün-Rot spielte mit dem Gedanken, dies wieder rückgängig zu machen, was nach heftigem Protest der betroffenen Verbände unterblieb. Nun folgt der nächste Versuch, über die Steuergesetzgebung des Bundes den kommunalen Unternehmen Vorteile zu verschaffen und den Wettbewerb vor Ort auszuhebeln. Als einzige Fraktion setzen wir uns im Landtag auch bei dieser Frage für die Unternehmen vor Ort ein (Drs. 15/6817). Die derzeitige Diskussion über die Erhöhung der Erbschaftssteuer für Unternehmen stellt insbesondere die Zukunft vieler verantwortungsvoll geführten Familienunternehmen in Baden-Württemberg in Frage. Die Einstellung der Landesregierung wird dazu bewusst unklar gelassen. Hier müssen Grün und Rot ihre linken Parteiflügel berücksichtigen. Wir beobachten diese Entwicklung sehr aufmerksam und kritisch und fordern von der Landesregierung klare Bekenntnisse (Drs. 15/7139). Die genannten und viele weitere Bereiche zeigen, dass wir die Stärke unserer Wirtschaft nicht nur heute nutzen, sondern auch in Zukunft sichern wollen. Weitere Beispiele sind etwa Datensicherheit und Patentschutz für Unternehmen, Entlastung bei Statistikpflichten (Drs. 15/2911), eine stabile und kostenerträgliche Energieversorgung oder die Wiedereinsetzung eines Innovationsrates als Forum für die Zusammenarbeit von kleiner, mittelständischer und großer Wirtschaft sowie Forschung und Verwaltung. 7 Für Verlässlichkeit und Eigenverantwortung statt Chaos und Bevormundung in der Bildungspolitik Baden-Württemberg braucht einen stabilen Schulfrieden Als erste und bislang einzige im Landtag vertretene Fraktion haben wir ein liberales Schulkonzept als Diskussionsgrundlage für einen stabilen Schulfrieden vorgelegt. In zahlreichen Gesprächen mit am Schulleben Beteiligten und Verantwortlichen vor Ort war immer wieder deutlich geworden, dass diese den Regierungswechsel in Baden-Württemberg im Jahr 2011 als einen heftigen Umschwung in der Bildungspolitik erlebt haben, der ihre Arbeit häufig erheblich beeinträchtigt. Schüler, Eltern, Lehrer, Schulleitungen und Schulträger sowie Kooperationspartner der Schulen wünschen sich demnach verlässliche Rahmenbedingungen für das Bildungswesen, die unabhängig von der jeweiligen politischen Großwetterlage Bestand haben. Wenn ein Schulfrieden längerfristig Bestand haben und dem Schulwesen nützen soll, darf er sich nicht in der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner aller politischen Parteien erschöpfen, sondern muss in der Mitte der Gesellschaft angesiedelt sein und den am Schulleben Beteiligten mehr Freiheit und Eigenverantwortung überlassen. Wesentliche Elemente eines Schulfriedens in Baden-Württemberg sollten nach Auffassung der FDP/DVP Fraktion unter anderem sein: • Bestandschutz für alle bestehenden weiterführenden Schularten. Über die konkrete Ausgestaltung des Schulangebots wird vor Ort entschieden, das heißt insbesondere, ob bestehende Haupt-/Werkrealschulen, Realschulen oder Gemeinschaftsschulen fortgeführt werden oder Verbundschulen aus Haupt-/ Werkrealschulen und Realschulen unter einem Dach gebildet werden. • Faire Wettbewerbsbedingungen bei der Personal- und Finanzmittelausstattung der unterschiedlichen Schularten. Privilegierungen einzelner Schularten, wie derzeit der Gemeinschaftsschule, müssen beendet werden. • Pädagogische Freiheit für die Realschulen. Wenn sie neben dem Realschulabschluss auch den Hauptschulabschluss anbieten sollen, müssen sie auch mit Kursen auf unterschiedlichen Leistungsniveaus darauf vorbereiten können. Eine Einführung der Gemeinschaftsschule durch die Hintertür, beispielsweise durch ein 8 Abschaffen von Noten und Sitzenbleiben, darf es nicht geben. • Keine Absenkung des Abiturniveaus, wie in einem Arbeitspapier des Kultusministeriums für das allgemeinbildende Gymnasium geplant. • Eine Ausstattung der dualen Fachklassen auf dem bisherigen Niveau. Dadurch bleibt auch bei sinkenden Schülerzahlen ein wohnortnahes Angebot an Berufsschulplätzen möglich und es entstehen Spielräume für innovative Angebote wie zum Beispiel eine integrierte Gesellen- und Meisterausbildung oder Zusatzqualifikationen. • Pädagogische Freiheit für die Gemeinschaftsschulen. Beispielsweise sollen sie Kurse auf unterschiedlichen Leistungsniveaus einrichten können. • Keine Festlegung, dass auf eine Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung dauerhaft zu verzichten ist. Wenn trotz aller Anstrengungen die Sitzenbleiberquote nicht sinkt, darf eine Wiedereinführung einer verbindlichen Grundschulempfehlung nicht tabu sein. • Echte Wahlfreiheit bei den Ganztagsschulen. Neben der von Grün-Rot favorisierten verbindlich-rhythmisierten muss auch die offene Form der Ganztagsschule mit Vormittagsunterricht und freiwilligen Angeboten am Nachmittag ins Schulgesetz aufgenommen werden. • Wahlfreiheit durch Sonder-/Förderschulen UND Inklusionsangebote. Die Sonder-/Förderschulen sollen zu zentralen Beratungs- und Kompetenzzentren ausgebaut werden, von denen aus die Inklusion an den allgemeinen Schulen koordiniert wird, damit die hohe Qualität der sonderpädagogischen Förderung von jungen Menschen mit Behinderungen in Baden-Württemberg gewahrt bleibt und nicht einer möglicherweise gut gemeinten, aber organisatorisch schlecht gemachten und pädagogisch wenig fundierten Inklusion zum Opfer fällt. • Einen Zuschuss an die Schulen in freier Trägerschaft, der tatsächlich 80 Prozent der Kosten auch für Ganztagsbetreuung und Inklusion deckt. Der Staat muss die freien Schulen in die Lage versetzen, ihrer sozialen Verantwortung auch gerecht werden zu können. Zwar griff der SPD-Vorsitzende Schmid den Vorstoß der FDP/DVP Fraktion auf und lud zu einem ersten Schulfriedensgespräch im Dezember 2014 ein. Grüne, SPD und FDP verständigten sich hierbei unter anderem auf einen Bestandsschutz für alle bestehenden Schularten einschließlich der Sonder-/ Förderschulen. Trotz dieses ersten Ergebnisses und einer entsprechenden Zusage des SPD-Vorsitzenden, erneut einzuladen, blieb es bislang bei diesem einen Schulfriedensgespräch. Vor allem aber hat die grün-rote Koalition unseren Schulfriedensvorstoß in keiner Weise in ihr Regierungshandeln übernommen. Stattdessen wurde zwischenzeitlich das Arbeitspapier „Gymnasium 2020“ des Kultusministeriums bekannt, in dem eine Niveauabsenkung beim Abitur geplant ist. Insbesondere durch eine Senkung des Niveaus bei der zweiten Fremdsprache und den Verzicht auf ein viertes schriftliches Prüfungsfach im Abitur soll den Gemeinschaftsschülern nach der Mittleren Reife der reguläre Übergang auf das Gymnasium ermöglicht werden. Stand Juni 2015 verfügt nur eine der 271 Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg über eine ausreichende Zahl an Schülern, um eine eigene Oberstufe bilden zu können. Damit die Gemeinschaftsschule ihr Abiturversprechen dennoch halten kann, ordnet Grün-Rot nun auch das Gymnasium dem Takt der Gemeinschaftsschule unter. Dabei gibt es mit den Beruflichen Gymnasien bereits ein gut ausgebautes Oberstufenangebot, das mit seiner dreijährigen Oberstufe an die sechsjährigen Bildungsgänge von Realschulen, Werkrealschulen und Gemeinschaftsschulen anschließt und mit beachtlichem Erfolg junge Menschen mit Mittlerer Reife zur Allgemeinen Hochschulreife führt. Die FDP/DVP Fraktion tritt deshalb dafür ein, dass alle Bewerberinnen und Bewerber, die aufgrund ihres Notendurchschnitts in der Mittleren Reife über die Voraussetzungen verfügen, einen Platz an einem Beruflichen Gymnasium erhalten wenn möglich, in der gewünschten Fachrichtung. Den „gymnasialen Notausgang“ von „Gymnasium 2020“ aus der von Grün-Rot selbst verursachten Abiturfalle der Gemeinschaftsschule lehnen wir dagegen entschieden ab. Während der gesamten 15. Legislaturperiode ist die FDP/DVP Fraktion gegen die zahlreichen grün-roten Versuche und Maßnahmen angetreten, erfolgreiche Schularten unseres gegliederten Bildungswesens zu schwächen. Das gilt für die Demontage der Haupt-/Werkrealschule, die pädagogische Bevormundung der Realschule, das Ausbluten lassen der Sonderschulen, geplante Niveauabsenkungen beim Abitur, die angedachte Einführung eines Einheitslehrers oder der vorgelegte Einheitsbildungsplan und vieles mehr. Schließlich feiert sich die Landesregierung für ihre vermeintlichen Leistungen im Bereich der Kinderbetreuung. Bemühungen in diesem Bereich sind zweifelsohne begrüßenswert, allerdings bereitet der FDP/DVP Fraktion die einseitige Schwerpunktsetzung von Grün-Rot Sorgen. Denn bisher ging es den Koalitionären in allererster Linie um den quantitativen Ausbau der Kleinkindbetreuung, während das Bemühen um die Qualität der Kleinkindbetreuung auf der Strecke blieb. Trotz vollmundiger Ankündigungen, zuletzt im grün-roten Koalitionsvertrag, hat die Koalition nichts zum Zweck der Verbindlichmachung des Orientierungsplans für eine frühkindliche Pädagogik im Kindergarten unternommen. Die vorherige christlich-liberale Landesregierung hatte gemeinsam mit den Kommunen seinerzeit 210 Millionen Euro für die Personalausstattung zur Umsetzung des Orientierungsplans zur Verfügung gestellt. Deshalb hat die FDP/DVP Fraktion in der Zeit der christlichliberalen Landesregierung bewirkt, dass im Rahmen einer vorgezogenen Einschulungsuntersuchung bei jedem Kind im Alter von circa vier Jahren der Sprachstand erhoben wird. Grün-Rot hat die Zuschüsse für die Sprachförderung zwar aufgestockt - zu zwei Dritteln allerdings durch Umwidmungen aus bestehenden Programmen. Was im Bereich der Sprachförderung grundsätzlich möglich wäre, zeigt das entsprechende Programm des Bundes. Bedauerlich ist vor allem, dass Grün-Rot sich nicht dazu durchringen konnte, die von der FDP/DVP Fraktion seinerzeit beantragten 25 Millionen Euro zusätzlich in die Sprachförderung zu investieren. Die Regierungsfraktionen haben die - von der FDP abgelehnte - Erhöhung der Grunderwerbssteuer damit begründet, in die frühkindliche Bildung und Betreuung investieren zu wollen. 25 Millionen Euro aus den Einnahmen wollten Grüne und SPD nun aber für die Wohnungsbauförderung ausgeben. Insgesamt tritt die FDP/DVP Fraktion dafür ein, dass die Betreuung bei einer Tagesmutter als gleichwertige Betreuungsform anerkannt wird. Gleichwertig heißt auch: Gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Tageseltern wie für die institutionellen Kitas, so dass die Eltern eine echte Wahlfreiheit haben. 9 Grün-rotes Mittelmaß – nicht auch noch für die Wissenschaft! Für eine Wissenschaftspolitik auf der Höhe der Zeit Trotz der gegenwärtig sehr guten Zahlenwerte für den baden-württembergischen Wissenschaftsstandort gilt es nach Auffassung der FDP/ DVP Fraktion darauf zu achten, dass unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben. Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg unseres Hochschulwesens ist eine Wissenschaftspolitik, die seit 10 Jahrzehnten in immer neuen Kraftanstrengungen in den Ausbau und eine verbesserte Ausstattung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen investierte. An diese wissenschaftspolitische Tradition hat auch die grün-rote Landesregierung nach dem Regierungswechsel im Jahr 2011 in einigen Teilen angeknüpft. Dass der im Jahr 2015 mit der Landesregierung geschlossene neue Hochschulfinanzierungsvertrag die Finanzausstattung der Hochschulen um 1,7 Milliarden Euro verbessert, hat die FDP/DVP Fraktion ausdrücklich begrüßt und unterstützt, entsprach dieser Schritt doch auch im Wesentlichen unseren eigenen Vorstellungen und Forderungen. Der finanzielle Kraftakt des Hochschulfinanzierungsvertrags kann jedoch nicht den Besorgnis erregenden Umstand überstrahlen, dass die grün-rote Wissenschaftspolitik in der 15. Legislaturperiode des Landtags keineswegs frei von ideologisch motivierten Maßnahmen war. Vor allem mittel- und längerfristig könnten die Einschnitte in die Wissenschaftsfreiheit, wie das so genannte „Transparenzregister“, die Bevormundung der Hochschulen beispielsweise bei der Auswahl ihrer Hochschulratsmitglieder oder die Demontage des Leistungsprinzips bei der Besoldung der Wissenschaftler dem Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg empfindlichen Schaden zufügen. Bei der Abschaffung der Studiengebühren zeigte sich die Kurzsichtigkeit einer auf Wahlgeschenke ausgerichteten Duftmarkenpolitik, die unfähig zu einem Handeln mit Weitblick und Augenmaß ist: Einen Antrag der Oppositionsfraktionen von CDU und FDP/DVP auf Einrichtung einer Expertenkommission zur Erarbeitung eines umfassenden Studienfinanzierungskonzepts einschließlich einer sozialverträglichen Beteiligung der Studierenden lehnte die grün-rote Regierungsmehrheit im Landtag ab. Und schließlich mag es teils dieser Kurzsichtigkeit, teils einem grundlegenden Unverständnis für die Bedürfnisse der Wirtschaft geschuldet sein, dass Grüne und SPD trotz gebetsmühlenartiger Bekenntnisse zur Industrie 4.0 Entwicklungen von elementarer Bedeutung wie die Digitalisierung im Hochschulbereich geradezu verschliefen und nicht ansatzweise die enormen Potenziale auszuschöpfen vermochten, die im Bereich der Angewandten Forschung und Innovation insbesondere an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW), aber auch an der Dualen Hochschule (DHBW) mit ihren Standorten bestehen. So führt die Virtuelle Hochschule Baden-Württemberg anders als ihre bayerische Schwester ein Schattendasein, und die HAW drohen bei der Zuteilung der zusätzlichen Mittel aus dem Hochschulfinanzierungsvertrag nicht selten leer auszugehen, da der größte Teil hiervon den Universitäten zugutekommt und die Zuteilungssystematik gerade diejenigen Hochschulen benachteiligt, die sich bei der Einrichtung zusätzlicher Studienplätze in den vergangenen Jahren am engagiertesten gezeigt haben. Es kann unserem Wissenschaftsstandort nicht dienen, wenn die Wissenschaftsministerin die HAW und die DHBW wie Stiefkinder behandelt, nur weil sie dort weniger grüne Wähler vermutet als an den Universitäten. Die FDP/DVP Fraktion hält eine Beendigung dieser Wissenschaftspolitik, die weit unter den baden-württembergischen Möglichkeiten bleibt, für dringend geboten. Wir haben deshalb am 14. August 2015 ein liberales Konzept für eine Wissenschaftspolitik vorgelegt, welche nicht nur der Vielfalt unseres Hochschulwesens Rechnung trägt, sondern auch dessen Potenziale bestmöglich zu fördern und zu heben vermag. Unter anderem schlagen wir vor: • den abgeschlossenen Hochschulfinanzierungsvertrag zu erfüllen und gleichzeitig darauf zu achten, dass den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und der Dualen Hochschule keine Nachteile daraus entstehen. Die Wissenschaftsministerin soll offenlegen, was jede einzelne Hochschule vom Hochschulfinanzierungsvertrag an zusätzlichen Mitteln zu erwarten hat. Wenn sich dabei Ungerechtigkeiten zeigen, fordern wir gegenzusteuern; • für die Zeit nach dem Auslaufen des bis zum Jahr 2021 geschlossenen Hochschulfinanzierungsvertrags einen neuen Vertrag anzustreben. Dieser soll die Finanzierung der Hochschulen wiederum für fünf Jahre sichern. Gleichzeitig wollen wir darin das Prinzip „Geld folgt Student“ etablieren, damit die Studienangebote sich quantitativ und qualitativ an der Nachfrage der Studierenden orientieren; • anzustreben, dass zukünftig für jeden einzelnen Studierenden ein Studienfinanzierungskonzept entworfen werden kann, bei dem BAföG-Ansprüche, Stipendien und eine eigene Beteiligung einberechnet sind. Die Eigenbeteiligung darf erst erhoben werden, wenn das Einkommen des ehemaligen Studierenden eine festgelegte Untergrenze überschritten hat. Beispielgebend könnte das australische Studienfinanzierungskonzept sein, bei dem sich die Eigenbeteiligung an der Einkommenssituation nach dem Studium bemisst und entsprechend vom Finanzamt mit der Einkommensteuer eingezogen wird; gleichzeitig besteht auch die Möglichkeit, die Eigenbeteiligung sofort zu begleichen; • den einzelnen Hochschulen vor Ort mehr Gestaltungsfreiheit bei den Studiengängen und der Studienorganisation zu geben; • mit dem Freistaat Bayern Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen, dass baden-württembergische Studierende die Angebote der Virtuellen Hochschule Bayern in Anspruch nehmen können. Wenn dies nach einigen Jahren 11 • • • • • • 12 gemeinsamer Laufzeit zweckmäßig erscheint, kann auch eine eigenständig funktionierende Virtuelle Hochschule Baden-Württemberg gebildet werden; das von der Landesregierung beschlossene Landeshochschulgesetz zu entrümpeln und von bürokratischen wie bevormundenden Vorschriften zu befreien wie beispielsweise das so genannte „Transparenzregister“ oder die Vorschriften zur Auswahl der Hochschulräte; ein Sonderprogramm für die Forschungsinfrastruktur an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften sowie für besondere Bedarfe für die kooperative Forschung an der Dualen Hochschule in Höhe von 75 Millionen Euro aufzulegen. Hierfür sollen über einen Zeitraum von fünf Jahren jeweils 15 Millionen Euro investiert werden; jeden von Unternehmen eingeworbenen Euro an Drittmitteln mit 30 Cent Landeszuschuss zu belohnen. Hierdurch soll ein Anreiz für Forschungskooperationen zwischen Hochschulen einerseits sowie vor allem auch kleinen und mittelgroßen Betrieben andererseits geschaffen werden; nach bestandener Evaluation des „Baden-Württemberg Center of Applied Sciences (BW-CAR)“ durch den Wissenschaftsrat den am BW-CAR aufgenommenen HAW-Professorinnen und Professoren für die Dauer ihrer Tätigkeit am BW-CAR das Promotionsrecht zu übertragen. Zugleich sollen auch die kooperativen Promotionskollegs von Universitäten und HAW weiter ausgebaut beziehungsweise gefördert werden; die „Industry-on-Campus“-Kooperation mit kleinen und mittelständischen Unternehmen zu verbessern und auszubauen. Hierzu sollten die direkten Innovationsförderungen wie Innovationsgutscheine und Sonderinvestitionen in wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen um mindestens 20 Millionen Euro jährlich aus Privatisierungserlösen aufgestockt werden; den berufspraktischen Teil der Lehrerausbildung und die Entscheidung über die Eignung als Lehrerin oder Lehrer in den Händen der Praktiker zu belassen, das heißt bei den Ausbildern an den Seminaren für Lehrerbildung und an den Ausbildungsschulen. Wir scheuen uns nicht, wieder ein zweijähriges Referendariat einzuführen, wenn das von den Verantwortlichen an Seminaren und Schulen gewünscht wird. Dass die Landesregierung vor dem Hintergrund der hohen Steuermehreinnahmen nicht nur die Tarifsteigerungen in den staatseigenen Kultureinrichtungen ausgeglichen, sondern auch die freien Kulturinstitutionen und ihre Verbände sowie über Programme die freien Kunstschaffenden mit zusätzlichen zwölf Millionen Euro berücksichtigt hat, haben wir ausdrücklich begrüßt. Im Sinne der Transparenz hatten wir beantragt, den Innovationsfonds Kunst zu evaluieren. Zwar setzte die Landesregierung, wie von uns vorgeschlagen, eine unabhängige Jury ein, allerdings entscheidet diese nur über einen Teil der ursprünglich für den Fonds aufgewendeten fünf Millionen Euro. Während dieser Antrag auf taube Ohren stieß, signalisierte das Wissenschaftsministerium eine vorsichtige Offenheit für unseren Antrag, Große Landesausstellungen ganz oder teilweise zusätzlich auch in kommunalen und privaten Kunstmuseen zu zeigen. Über Kooperationen müsse „jeweils im Einzelfall“ befunden werden. Schließlich brachten wir noch eine parlamentarische Initiative zum von der Bundesministerin für Kultur und Medien vorgelegten Novelle des Kulturgutschutzgesetzes. Wir griffen dabei den Vorschlag der Aktionsgemeinschaft Privates Denkmaleigentum auf, den Gesetzentwurf folgendermaßen aufzuteilen: Während die geplanten Regelungen zur Einfuhr antiker Raubkunst und die Rückgabe von illegal gehandelten Kulturgütern unstrittig sind und unmittelbar abgestimmt werden könnten, sollten neue Ausfuhrbestimmungen für Kunstgegenstände erst nach einer ausführlichen Diskussion über die möglichen Auswirkungen und dem Versuch einer Einigung mit den potenziell Betroffenen beziehungsweise ihren Verbänden zur Abstimmung gestellt werden. Unpolitisches Alltagsgeschäft oder Ideologie: Recht, Bürgerbeteiligung und Kommunalverfassung, Glücksspiel und Medien in grün-roten Händen Die rechtspolitischen Aktivitäten der grün-roten Koalition in dieser Legislatur lassen sich in zwei Kategorien aufteilen: in eher unpolitische, vielfach von Bundesseite oder der Europäischen Union vorgeprägte Maßnahmen und solche, die Ausfluss eines grün-roten Umgestaltungswillens sind beziehungsweise einer angeblichen Emanzipierung der Bevölkerung dienen sollen. Ersteren konnten wir oft zustimmen, letztere haben wir als ideologisch motiviert kritisiert und abgelehnt. So war die grün-rote Einführung einer Individualverfassungsbeschwerde auf Landesebene reines Blendwerk. Wir hatten schon zuvor in Baden-Württemberg eine breite Palette von Möglichkeiten, mit denen die Bürger zu ihrem Recht gelangen konnten. In den letzten Jahren wurde diese auf europäischer Ebene maßgeblich erweitert, sowohl über Verfahren beim EuGH als auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Einer weiteren Klagemöglichkeit vor dem Staatsgerichtshof bedurfte es nicht, zumal das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe quasi „um die Ecke“ sitzt. Während Grün-Rot auf der einen Seite viel Geld für eine an sich überflüssige Parallelstruktur zum Bundesverfassungsgericht ausgab, verunsicherte die Koalition die Angehörigen der Justiz über Jahre hinweg mit angeblich erforderlichen Einsparmaßnahmen. Angesichts des großen Anteils an Personalkosten im Justizhaushalt bedeutet „Sparen bei der Justiz“ immer eine Reduzierung des Personals bei Gerichten, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten. So stellte Grün-Rot die überdurchschnittlich hohe Leistungsfähigkeit der Justiz des Landes in Frage. Ein wirtschaftlich starkes Land braucht aber auch eine gut aufgestellte Justiz, die beispielsweise Rechtsstreitigkeiten zügig entscheidet. Wie verantwortungslos Grün-Rot jahrelang agierte, zeigte sich dann nach dem vermeidbaren Hungertod eines Häftlings in der JVA Bruchsal. Justizminister Stickelberger hält seitdem im Strafvollzug mehr Personal für erforderlich. Da muss man fragen, welche Erkenntnisse denn zuvor zur Einschätzung der Landesregierung, es könne Personal eingespart werden, führten. Offensichtlich hatte Grün-Rot ohne Kenntnis der tatsächlichen personellen Situation Einsparungen das Wort geredet. Wir hatten uns hingegen von Anfang an klar gegen Personaleinsparungen ausgesprochen. Auf der Zielgerade der Legislaturperiode setzt die Koalition nun ein weiteres ideologisch motiviertes Projekt um: Die Verstaatlichung der Bewährungshilfe. Schon in ihrem Koalitionsvertrag vereinbarte Grün-Rot die Verstaatlichung der Bewährungshilfe. Dann versuchte sie alles, die Bewährungshilfe in den Händen der gemeinnützigen Neustart gGmbH schlecht zu machen. Die eigens dafür in Auftrag gegebene Evaluation kam jedoch zu einem anderen Ergebnis: Durch die im Jahr 2007 vom liberalen Justizminister vorgenommene Übergabe der Bewährungshilfe an Neustart konnte die fachlich-strukturelle Qualität der Bewährungshilfe deutlich gestärkt werden. Auch konnte die Zahl von Betreuten pro Mitarbeiter gesenkt werden. Zudem arbeitet die private Organisationsform erheblich günstiger als dies ein rein staatliches System könnte. Daraufhin bemängelte die SPD die Bezahlung der Mitarbeiter von Neustart, obwohl selbst die Gewerkschaft ver.di diese als überdurchschnittlich lobte. Nun wird eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als Begründung für die Verstaatlichung angeführt. Dabei lässt diese durchaus Spielraum für eine Bewährungshilfe in der jetzigen Form. Falsch ist auch die Behauptung von Grün-Rot, die Verstaatlichung der Bewährungshilfe werde kostenneutral erfolgen. Schon der Evaluationsbericht stellte fest, dass eine staatliche Bewährungshilfe zu Mehrkosten in Millionenhöhe führt. Schlussendlich erweist die Landesregierung dem ehrenamtlichen Engagement einen Bärendienst. In keinem anderen Bundesland arbeiten so viele Menschen ehrenamtlich in der Bewährungshilfe. Deren Zukunft ist nun ungewiss. Der Ausbau der Bürgerbeteiligung war in dieser Legislaturperiode ein besonders wichtiges Anliegen der FDP/DVP Fraktion. Deshalb arbeiteten wir in der interfraktionellen Arbeitsgemeinschaft „Bürgerbeteiligung“ konstruktiv mit und stellten mit eigenen Gesetzentwürfen unsere Vorstellungen zur Diskussion. Die von allen Fraktionen mitgetragenen Erleichterungen beim Volksbegehren, der Volksabstimmung, dem Bürgerbegehren und dem Bürgerentscheid entsprechen nun weitgehend unseren Vorstellungen. So sorgt unseres Erachtens die ausgewogene Absenkung der einzelnen Quoren dafür, dass bei aller Bürgerbeteiligung die in ihrem Engagement so wichtigen Gemeinderäte nicht entmündigt werden. Über diese Vereinbarungen hinaus setzten wir uns für eine bessere Beteiligung Jugendlicher ein. Jugendliche für demokratische Prozesse zu gewinnen, hat einen unschätzbaren Wert für die politische Bildung, 13 die gesellschaftliche Teilhabe und die Demokratie insgesamt. Es ist wichtig, Jugendlichen die Gewissheit zu geben, dass ihre Interessen für politische Entscheidungsprozesse ein wichtiger Faktor sind. Diese Überzeugungen hatten wir im Jahr 2012 in einem Gesetzentwurf zur Stärkung der Beteiligung Jugendlicher in der Kommunalpolitik einfließen lassen, der keine Mehrheit erhielt. Grün-roten Vorschlägen zur besseren Beteiligung von Jugendlichen standen wir deshalb aufgeschlossen gegenüber. Weiteren Änderungsbedarf sahen wir jedoch nicht. Insbesondere können wir die zahlreichen von der grün-roten Koalition geplanten Änderungen des an sich bewährten Kommunalverfassungsrechts nicht mittragen. Die grün-rote Landesregierung bezeichnet sich zwar gerne als Regierung des „Gehörtwerdens“, zahlreiche Rückmeldungen aus der organisierten Beamtenschaft, aus Justiz und Verwaltung zeigen uns jedoch, dass in vielen Fällen kein wirklicher Dialog stattfindet. Auch Kommunen haben beispielsweise beim Thema „Flüchtlingsunterbringung“ derartige Erfahrungen sammeln müssen. Dies wiederholt sich nun bei der Änderung der Kommunalverfassung, denn viele der grün-roten Regelungen beschneiden ohne eine hinreichende Rechtfertigung die kommunale Selbstverwaltung und sind darüber hinaus oft noch wenig praktikabel. Kein Gehör und keinen Grundrechtsschutz fand die Glücksspielwirtschaft bei Grün-Rot. Mit einem von uns wegen verfassungsrechtlicher Bedenken abgelehnten Landesglücksspielgesetz wollte die Koalition das gewerbliche Glücksspiel durch rechtliche 14 Erdrosselungsmaßnahmen zum Erliegen bringen. Datenschutz und die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit sollten grün-roter Ideologie weichen. Schlussendlich verhinderte der Staatsgerichtshof die schlimmsten Auswüchse dieser „der Zweck heiligt jedes Mittel“-Mentalität, indem er Teile des Gesetzes für verfassungswidrig erklärte. Verhindern konnten wir jedoch nicht, dass GrünRot öfters mit Unterstützung der CDU die Vorgaben des Staatsgerichtshofs zum weitest gehenden Nachteil für das gewerbliche Glücksspiel umsetzte. In der Medienpolitik haben wir immer wieder darauf gedrungen, dass die Mehreinnahmen des neunen Rundfunkbeitrages dort hin zurückfließen, wo sie aufzubringen waren. Um dies zu ermöglichen, setzten wir zu Zeiten der schwarz-gelben Koalition in Baden-Württemberg die Evaluierung des neuen Beitragssystems durch. Die übergroße Koalition aus CDU/CSU, SPD, Grüne, Linke und öffentlich-rechtlichem Rundfunk ist indes wenig geneigt, die Mehreinnahmen auch wirklich zurückzugeben, wie die Antworten auf unsere zahlreichen Anträge und Anfragen zeigten. Zu verlockend ist es, das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiter auszubauen oder beispielsweise die Werbefreiheit zu finanzieren. Dabei ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk schon heute in einer Dimension tätig, die zur Erfüllung seines verfassungsrechtlichen Auftrages mehr als reichen sollte. Uns widerstrebt daher das ständige Suchen und Finden neuer Aufgabenfelder, die nur noch entfernt mit dem Kernauftrag öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu tun haben. Der grün-roten Innenpolitik auf die Finger geschaut und eigene Akzente gesetzt Das grün-rote Prestigeprojekt in dieser Legislaturperiode im Innenbereich ist die Polizeireform. Im Januar 2012 wurden hierzu erste Eckpunkte vorgelegt. Schnell zeigte sich, dass die Reform erhebliche Probleme hervorrufen würde und Einzelentscheidungen nicht frei von sachfremden Erwägungen getroffen wurden. So platzierte der Innenminister die Polizeipräsidien Ludwigsburg und Reutlingen in die Wahlkreise von SPD-Fraktionsvorsitzenden Schmiedel und Minister Schmid. Ausschreibungen für Stellen der Polizeipräsidenten und deren Stellvertreter wurden passgenau auf einzelne Bewerber zugeschnitten. In der Umsetzung musste die Reduzierung der Polizeidirektionen auf ein Drittel zu überlangen Kommunikationswegen und einem Verlust an Ortskenntnis führen. Wir kritisierten bereits im März 2012 diesen Rückzug der Polizei aus der Fläche. Bis heute sind die Folgen der Vernachlässigung der ländlichen Räume nicht behoben. Immer wieder müssen Bürger stundenlang warten, bis die Polizei an Tat- oder Unfallorten eintrifft. Als konstruktive Opposition stellten wir dieser von uns abgelehnten Polizeireform eigene Vorschläge entgegen. Sie reichten von einer deutlich geringeren Reduzierung der Polizeidirektionen über die Schaffung weiterer Polizeipräsidien bis hin zur Stärkung der Polizeireviere und des Streifendienstes durch zusätzliche 1.000 Stellen. Angesichts der massiv angestiegenen Zahl von Wohnungseinbrüchen, der Aufklärungsquote von derzeit 14 Prozent und den Gefahren islamistischen Terrors ist eine größere Präsenz der Polizei zwingend. Mittlerweile kommt Kritik an der Reform auch aus den Reihen der Polizei; Nachbesserungen werden für unabdingbar gehalten. Der bereits entstandene ganz erhebliche Flurschaden der letzten Jahre lässt sich jedoch nicht einfach beheben: Seit mehr als einem Jahr leidet das Kerngeschäft der Polizei – die Bekämpfung und Aufklärung von Straftaten. Über 373 Millionen Euro werden für reformbedingte Neubauten ausgegeben, während die Polizei in diesem und im nächsten Jahr 10 Prozent ihrer Ausgaben zum Beispiel für Kraftstoff einsparen soll. Mit unserem im April 2015 verabschiedeten Impulspapier „Sicherheit in Freiheit“ schlagen wir nun gebündelt Korrekturen bei der Polizeireform vor. Aber auch über die Polizeireform hinaus verlieren wir die innere Sicherheit nicht aus den Augen. Dies ist mehr denn je notwendig. So ist seit langem bekannt, dass sich in Baden-Württemberg islamistische Zirkel gebildet haben. Im Sommer 2014 kam es zu gewalttätigen Angriffen auf jüdische Bürger und zu Auseinandersetzungen zwischen Sympathisanten der Terrorgruppe IS und kurdischen Jesiden. Zudem verdeutlichen die im Zusammenhang mit den Enthüllungen Edward Snowdens zutage tretenden Aktivitäten ausländischer Nachrichtendienste, dass auch von dieser Seite aus unsere freie Gesellschaft gefährdet ist. Mit zahlreichen parlamentarischen Initiativen hat die FDP/DVP Fraktion diese Entwicklungen in den letzten Jahren problematisiert und die Landesregierung zum Handeln aufgefordert. Grün-Rot wies jedoch alle unsere Vorschläge zurück. Trotz der offensichtlichen Gefahren beschloss die Regierungskoalition im November 2014 die Verkleinerung des neben der Beobachtung extremistischer Bewegungen auch für die Spionageabwehr zuständigen Landesamtes für Verfassungsschutz. Erst die Terroranschläge in Frankreich haben die Landesregierung aktiv werden lassen. Mittlerweile hat Grün-Rot ein Anti-Terror-Paket II beschlossen. Im Vergleich zum ersten Anti-Terror-Paket aus dem Frühjahr 2015 sind die nun von GrünRot beschlossenen Maßnahmen ein kleiner Fortschritt. Die Maßnahmen aus dem Frühjahr verringerten den grün-roten Personalabbau beim Verfassungsschutz lediglich. Es dürfte schlichtweg politisches Kalkül und die Angst vor dem berechtigten Vorwurf sein, nichts gegen die Terrorgefahr unternommen zu haben, die Grün-Rot zu diesem zweiten Paket veranlasste. Wir unterstützen das Anti-Terror-Paket als einen ersten Schritt. Weitere müssen folgen. Die Polizei ist beispielsweise über die Sondereinsatzkräfte hinaus mit Material auszustatten, die sie im Falle der Auseinandersetzung mit schwerbewaffneten Terroristen, bestehen lässt. In Absprache mit dem Bund und den Ländern muss für einheitliche Standards und einheitliche Nomenklaturen in den Sicherheitsbehörden 15 gesorgt werden, beispielsweise bei der Transkription von Namen. Prävention muss zudem mehr noch als Querschnittsaufgabe verstanden werden. Nicht nur die Sicherheitsbehörden sind gefragt. So haben sich beispielsweise auch Moscheevereine klar zu positionieren und den Erklärungen Taten folgen zu lassen. Intensive Kooperationen zwischen Verfassungsschutz, Polizei und Moscheevereinen sind hilfreich. Schon lange fordern wir ein effektives Rückkehrer-Programm. Auch hier hat GrünRot viel zu lange gezögert. Genauso sieht es beim bedarfsgerechten Islamunterricht aus, hier will die Landesregierung erst in der nächsten Legislatur tätig werden. Dies muss und kann schneller gehen, ebenso die Einführung eines Ethikunterrichts ab der ersten Klasse. Es bleibt also noch viel zu tun. Unser Impulspapier „Sicherheit in Freiheit“ stellt dementsprechend weitere ressortübergreifende Maßnahmen vor. während sie für prestigeträchtige Projekte anderenorts die erheblichen Mehreinnahmen großzügig verteilte und noch Schulden machte. In Konkurrenz um die besten Köpfe haben die baden-württembergische Verwaltung und die Justiz so immer wieder das Nachsehen, weil die Bundesbehörden im Land und erst recht die freie Wirtschaft junge Mitarbeiter besser bezahlen. Unser öffentlicher Dienst muss jedoch konkurrenzfähig bleiben, denn nicht zuletzt wirkt sich eine gute Verwaltung auch positiv auf die Dynamik des Wirtschaftsstandortes Baden-Württemberg aus. Mehrfach wollten wir daher mit eigenen parlamentarischen Initiativen die Absenkung der Eingangsbesoldung abschaffen. Durch die grün-rote Absenkung wird den jungen Beamten in den ersten drei Jahren je nach Besoldungsgruppe bis zu acht Prozent des Gehalts weggenommen. Leider lehnte die Koalition mit ihrer Mehrheit unsere Initiativen jeweils ab. Klare Position bezogen wir auch, wenn es um die Einschränkung der Freiheit der Bürger ging. Die von SPD, CDU und Teilen der Grünen geforderten generellen Alkoholverbote auf öffentlichen Plätzen und die Verschärfung des Alkoholverkaufsverbotes fanden ebenso wenig unsere Zustimmung wie die ständigen Überlegungen, die Sperrzeiten von Gaststätten zu verlängern. Das Problem am Alkoholmissbrauch ist nicht, dass er in der Öffentlichkeit stattfindet, sondern dass Menschen überhaupt Alkohol missbrauchen. Hier muss man zum Beispiel mit Präventionsveranstaltungen vorbeugen, die selbst nach Aussage des Innenministers zum deutlichen Rückgang der Gewalt führten, nicht aber mit einer Beschränkung der Freiheit unbescholtener Gaststättenbetreiber. Fortlaufend mahnten wir bei der Landesregierung ein größeres Engagement zur Sicherstellung der Zukunft unserer Rettungsdienste an. Kritisch in den Fokus der Öffentlichkeit brachten wir den zunächst von Grün-Rot verfolgten Ansatz, einfach die Fristen bis zum Eintreffen von Rettungswagen und Notarzt zu verlängern. Hier spielte die Landesregierung mit dem Leben der Hilfebedürftigen. Mit dem Ausbau der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes gelang in interfraktioneller Zusammenarbeit die Durchsetzung liberaler Überzeugungen. Dabei richtete sich unsere Forderung nach besserer Kontrolle nicht gegen den Nachrichtendienst, sie ist vielmehr wesentlicher Teil der Legitimation der in diesen Zeiten besonders wichtigen Arbeit des Verfassungsschutzes. Immer wieder nahmen wir die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes in den Blick. Der Umgang der Landesregierung mit den Beamten ist ein weiteres Beispiel grün-roter Doppelmoral. Projekte für die eigene Klientel verkauft sie als „Politik des Gehörtwerdens“, die berechtigten Anliegen der von ihr wenig geschätzten Beamtenschaft überhört sie geflissentlich. In jedem Jahr hat Grün-Rot von der Beamtenschaft ein Sonderopfer abverlangt, 16 Im Schulterschluss mit Handwerksverbänden und dem Bund der Steuerzahler konnten wir die von der Landesregierung ins Auge gefasste Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts verhindern. Die FDP hatte 2005 in Verhandlungen mit dem Koalitionspartner CDU die derzeit geltende Regelung durchgesetzt. Die Gemeinde darf seitdem erst dann tätig werden, wenn der verfolgte öffentliche Zweck durch den Einsatz der Privatwirtschaft schlechter erreicht werden kann. Nach den Vorstellungen von Grün-Rot – die CDU wechselte ihre Ansicht mehrfach – sollte es für kommunales Engagement schon ausreichen, dass Gemeinde und Privatwirtschaft den Auftrag gleich gut erfüllen können. Der Privatwirtschaft wäre so eine Konkurrenz entstanden, der sie zum Beispiel aufgrund möglicher Quersubventionierungen innerhalb des gemeindlichen Wirtschaftsgeflechtes und der Umsatzsteuerbefreiung nicht oder nur schwer gewachsen ist. Auch der Bevölkerung wäre langfristig nicht gedient, wenn gemeindliche Betriebe die heimischen Handwerker und andere Gewerbetreibende verdrängen. Denn weniger private Unternehmen führen zu geringeren Steuereinnahmen und höheren Arbeitslosenzahlen. Die Herausforderungen der Flüchtlingskrise Quo vadis Baden-Württemberg? Das Ende des Jahres 2015 stand ganz unter dem Eindruck der furchtbaren Anschläge in Paris Anfang November. Klar ist für uns, dass sich eine politische Instrumentalisierung dieser Untaten verbietet. Trotzdem müssen diese Anschläge zum Nachdenken anregen. Denn der Terror entsteht nicht durch die zu uns kommenden Flüchtlinge, sondern diese fliehen ja gerade vor diesen Gräueltaten in ihrer Heimat. Während noch in der ersten Jahreshälfte jeder zweite Flüchtling aus den Staaten des Westbalkans zu uns kam und als Wirtschaftsflüchtling keine Hoffnung auf Asyl haben durfte, so überwiegen mittlerweile klar diejenigen, die wegen des Krieges in Syrien die Flucht ergreifen. Im Umgang mit den sogenannten Wirtschaftsflüchtlingen war entscheidend, dass sich Bund und Länder auf wesentliche Änderungen in der Asylpolitik verständigen konnten. Mit der Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten und Änderungen im Ablauf des Asylverfahrens für diejenigen, die absehbar keine Bleibeperspektive im Land haben werden, konnten wichtige Weichenstellungen geschaffen werden. Irritierend lang verschloss sich aber Ministerpräsident Kretschmann vor dieser Einsicht. Noch kurz vor der entscheidenden Sitzung des Bundesrats bekannte er sich nicht zu diesem Vorgehen, das wir in aller Deutlichkeit von ihm eingefordert haben. Das Prinzip Sachleistungen statt Taschengeld in der Erstaufnahme hat Kretschmann am einen Tag noch als verfassungswidrig verteufelt, um am Tag darauf in Berlin zuzustimmen. Klar wurde im Jahresverlauf auch, dass ein pauschales „Wir schaffen das“ der Kanzlerin keine Wunder bewirken kann. Die chaotische Politik der Kanzlerin setzte völlig falsche Signale. Sie hat mit ihrer Ungarn-Entscheidung das Dublin-Abkommen gebrochen, um anschließend mit der Wiedereinführung der Grenzkontrollen hilflos das Schengen-Abkommen zu brechen. Mit ihren Äußerungen signalisierte sie uneingeschränkte Aufnahmefähigkeit und lag damit ebenso falsch wie der Ministerpräsident mit seinem Ausspruch: „Das Boot ist nie voll“. Weit besser erfasste Bundespräsident Joachim Gauck die Lage mit seinem Satz: „Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich“. Der Ministerpräsident sprach mehrfach von einem „pragmatischen Humanismus“ in der Flüchtlingsaufnahme, bei dem zu unterscheiden sei zwischen politisch Verfolgten und vom Tode bedrohten Kriegsflüchtlingen einerseits und reinen Wirtschaftsflüchtlingen andererseits. Diese Differenzierung teilen wir auch, da das Asylrecht für diejenigen gedacht ist, die auf der Flucht vor politischer Verfolgung und Krieg Schutz suchen. Die Asylanträge von Wirtschaftsflüchtlingen haben dagegen praktisch keine Aussicht auf Erfolg. Deshalb müssen Anreize abgebaut werden, die diese Menschen im Rahmen des Asylrechts zur Einreise nach Deutschland motivieren. Flankierend brauchen wir aber ein Einwanderungsgesetz, um auch für diese Menschen eine Perspektive zur legalen Arbeitsmigration zu schaffen. Damit könnten die immer noch bestehenden Hürden abgebaut werden, die eine bedarfsorientierte Zuwanderung in den hiesigen Arbeitsmarkt bisher praktisch behindern. Wir stimmten Kretschmann also in seiner Unterscheidung zu – mussten aber zeitgleich bemängeln, dass seine Regierung eben nicht danach handelt. Denn im Vergleich zu den Zahlen der schwarz-gelben Landesregierung im Jahr 2010 zeigt sich: Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Baden-Württemberg kommen, ist nun fünfundzwanzigmal so hoch, aber die Zahl der Abschiebungen hat sich gerade mal verdoppelt. Ein Versäumnis, das unentschuldbar Aufnahmekapazitäten für diejenigen blockiert, die auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung zu uns kommen. Ein „Organisationsversagen“ warfen indes nicht nur wir Liberalen der Landesregierung vor – Gegenwind kam beispielsweise auch von grünen Oberbürgermeistern. Dieses Versagen mussten wir leider auf allen politischen Ebenen erkennen. Eigentlich sollte die weiterhin markant steigende Zahl an Flüchtlingen, die Europa erreichen, zu entschlossenem Handeln aller politischen Ebenen genug Anlass geben. Gleichwohl gelingt es den Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten nicht, zu einem gemeinsamen Vorgehen der Verantwortungsgemeinschaft zu gelangen. Ein Verteilungsschlüssel, der sich ähnlich der Regelung in der Bundesrepublik, an der Bevölkerungszahl und der Wirtschaftsleistung orientiert und schließlich auch die bisherige Aufnahmeleistung der Bundesrepublik berücksichtigen könnte, scheitert an unsolidarischen Alleingängen zahlreicher Mitgliedsstaaten. Wir halten die Flüchtlingsaufnahme für eine humanitäre Gemeinschaftsaufgabe, der wir uns mit einem schlüssigen politischen Handeln stellen müssen. Da aber 17 auf europäischer Ebene Lösungen weiterhin fern blieben oder nur mangelhaft umgesetzt wurden, kamen in diesem Jahr über 100 000 Flüchtlingen nach Baden-Württemberg, für die hinreichende Erstaufnahmekapazitäten erforderlich waren und die ein Dach über dem Kopf und eine Sozialbetreuung an ihrer Seite brauchen. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, braucht das Land einen klaren Fahrplan und keine Flüchtlingspolitik mit angezogener Handbremse, die man der grün-roten Landesregierung leider vorwerfen muss. Mit Blick auf die weiter steigenden Zugangszahlen waren die Berliner Beschlüsse zwar richtig und wichtig, können aber nur so effektiv sein, wie es die Umsetzung in den Ländern ist. So ist es richtig, etwa die Dauer der Asylverfahren zu verkürzen und die mögliche Aufenthaltsdauer in den Erstaufnahmestellen für aussichtslose Asylbewerber zu verlängern. Damit können die Stadt- und Landkreise sich auf die wichtige Integrationsarbeit mit denjenigen konzentrieren, die länger im Land bleiben werden. Es geht dabei auch um die wichtige Hilfsbereitschaft der Bevölkerung und insbesondere der vielen ehrenamtlich Engagierten. Deren Integrationsbemühungen würden konterkariert und frustriert, wenn Personen aus der vorläufigen Unterbringung in den Kommunen unerwartet abgeschoben werden. Damit aus der Flüchtlingskrise keine Integrationskrise wird, muss die effektive Arbeitsmarktintegration der Flüchtlinge angegangen werden, die länger bei uns bleiben. Denn unsere sozialen Sicherungssysteme sind nicht darauf ausgelegt, dass aus den zahlreichen bleibeberechtigten Flüchtlingen absehbar Empfänger von Transferleistungen werden. Deshalb haben wir in unserem Positionspapier die vielen Chancen aufgezeigt, die sich aus der Situation für uns und die Flüchtlinge ergeben. Dem Papier gingen zahlreiche parlamentarische Initiativen von uns voraus, in denen wir die Ideenlosigkeit der Landesregierung ebenso erkennen mussten, wie auch die mangelnde Eile, die in diesem Thema eigentlich geboten wäre. Denn in Fragen des Ausbildungszugangs für junge Flüchtlinge, bei der Unterrichtsversorgung, etwa in Berufsvorbereitungsklassen bis zum 25. Lebensjahr, oder bei der Gewinnung von Personal, um die mannigfaltigen Herausforderungen rund um die Flüchtlingsaufnahme in den Griff zu bekommen, ist jeder Monat ein verlorener Monat für viele junge Menschen, deren Ausbildungsweg durch die Flucht aus der Heimat jäh unterbrochen wurde. Bereits in der Erstaufnahme in der Verantwortung des Landes wären aus unserer Sicht wichtige Weichenstellungen erforderlich. Zum frühestmöglichen Zeitpunkt sollte flächendeckend die Qualifikation der Flüchtlinge abgefragt, die Möglichkeit zur Anerkennung von im Ausland erlangten Bildungs- und Berufsabschlüssen ermöglicht, aber auch deren Gesundheitszustand überprüft werden. Dies geschieht in der Praxis leider immer noch nicht. Nur an einem Erstaufnahmestandort versucht sich die Landesregierung bisher an der Qualifikationsabfrage, eine Berufsberatung findet praktisch gar nicht statt. Selbst die bessere Ausstattung mit dem medizinischen Personal und Equipment der zwischenzeitlich 28 Erstaufnahmestandorte gelang Grün-Rot bisher nicht. Noch immer müssen zahlreiche Flüchtlinge wochenlang warten, um dann für ihre Eingangsuntersuchung durchs halbe Land 18 gefahren zu werden. Ein unhaltbarer Zustand, wie wir meinen, gerade vor dem Hintergrund drohender Epidemien in den überbelegten Aufnahmeeinrichtungen. Auch der soziale Frieden darf nicht vernachlässigt werden, denn nicht überall verläuft die Flüchtlingsaufnahme reibungslos. Zündstoff entsteht im direkten Umfeld von Erstaufnahmeeinrichtungen, nicht nur als verabscheuungswürde rassistische Gewalt von außen, die wir aufs Schärfste verurteilen und zum Anlass für eine fraktionsübergreifende Resolution des Landtags genommen haben. Leider mussten wir auch beobachten, dass es unter den Flüchtlingen im vergangenen Jahr immer häufiger zu Unruhen kam und auch Verstöße gegen unsere Werte und Normen nicht ausblieben. Deshalb fordern wir auch weiterhin von den Flüchtlingen, die bei uns Schutz suchen, ein klares Bekenntnis zu unserem Rechtsstaat. Die Regeln eines friedvollen Miteinanders müssen bereits in der Erstaufnahme vermittelt werden. Dabei ist das Land ebenso gefordert wie bei der Unterbringung der Flüchtlinge. Zwar schreitet der Ausbau der Erstaufnahmestellen immer weiter voran. Immer knapper werden aber die Unterbringungskapazitäten der Kreise für die vorläufige Unterbringung und der Mangel an bezahlbarem Wohnraum gerade in Ballungsgebieten wird immer drängender. Aus unserer Sicht geht es nicht ohne Mobilisierung privater Investoren. Mit der Einführung der Mietpreisbremse, einer teilweise absurden Landesbauordnung, falschen energiepolitischen Maßnahmen und mangelhaften Flächenfreigaben hat Grün-Rot im Land die Anreize für die Schaffung von Wohnraum aber abgewürgt. Die durch den grünen Stuttgarter Oberbürgermeister angedrohten Zwangsmaßnahmen gegen Wohnungsbesitzer waren ein Paradebeispiel linker Panikreaktionen aus Hausbesetzerzeiten, die den sozialen Frieden in der Konkurrenz um bezahlbare Wohnungen stark gefährdet. Bei den Kosten für die Flüchtlingsunterbringung konnten sich die Stadt- und Landkreise in diesem Jahr zwar mit der Landesregierung auf eine kostendeckende Erstattung einigen. Damit steht aber erneut in Frage, ob die zugesagten Bundeshilfen tatsächlich in den Kreisen ankommen werden. Denn diese Mittel werden nicht unmittelbar an die Kommunen ausgeschüttet, sondern landen zunächst beim Land. Dieses steht nun in der Pflicht, die Mittel vernünftig zu verwenden und vorrangig den Mehraufwand von Kreisen und Kommunen zu decken. Integrationsministerin Öney bremste jedoch schnell die Hoffnung, dass es zu einer spürbaren Entspannung kommunaler Haushalte kommt, als sie auf unsere Nachfrage eingeräumt hat, dass ein großer Teil der Mittel im Landeshaushalt aufgehen wird. Diese versteckte Konsolidierung des Landeshaushalts ist ein Affront gegen die Kommunen, die ihre immensen Anstrengungen auch in den Haushalten zu spüren bekommen. Resümierend kann man sagen, dass viele der akuten Probleme der Flüchtlingsaufnahme nur durch ein zu zögerliches Agieren der Landesregierung derart drängend wurden. Die Verantwortung für die praktische Umsetzung der Flüchtlingsaufnahme wurde zu oft auf die Kreise und Kommunen abgewälzt, die häufig nur wenige Stunden Zeit hatten, um sich auf eine neue Zugangssituation einzustellen. Durch große praktische wie auch finanzielle Anstrengungen der Kommunen und das ehrenamtliche Engagement zahlreicher Bürger vor Ort ist es bisher gelungen, den Anforderungen gerecht zu werden, die wir als Gesellschaft an eine humanitäre Flüchtlingsaufnahme stellen. Diese Lorbeeren kann sich aber eben nicht die Landesregierung an das Revers heften. Wahrscheinlich ist das Beschriebene auch ein Zeugnis der Überforderung des Integrationsministeriums, dessen organisatorische Eigenständigkeit den Steuerzahler bereits rund zwölf Millionen Euro zusätzlich gekostet hat. Diese Summe hätte sicher besser eingesetzt werden können, um wirkliche Akzente in der Migrations- und Asylpolitik zu setzen. Dies bestätigt übrigens auch der Landesrechnungshof, der dem Integrationsministerium ein mangelhaftes Kosten-Nutzen-Verhältnis bescheinigt. Ohne eigenständiges Integrationsministerium würden sich die reinen Verwaltungsaufgaben verringern – was unmittelbar der inhaltlichen Arbeit zugutekäme. Denn unsere Flüchtlingspolitik braucht keine parteipolitischen Doktrinen oder symbolische Gesetzgebungsakte, sondern einen Pragmatismus, der Missstände sachlich angeht und keine Raum für rassistische Auswüchse lässt, denen wir leider derzeit zu oft etwa in den sozialen Medien oder in Taten begegnen müssen. 19 Europapolitik und Entwicklungszusammenarbeit Die Sprache des Nachbarn zu sprechen, bildet eine wesentliche Grundlage, nicht nur für stabile Wirtschaftsbeziehungen, sondern auch für eine gelebte Freundschaft. Das Vorhaben der französischen Regierung, den bilingualen Unterricht abzuschaffen, sehen wir deshalb mit Sorge und haben die Regierung aufgefordert, gerade in dieser Situation das Erlernen der französischen Sprache in der Schule zu stärken (Drs. 15/6966). Viele Anträge in zentralen Themen werden vom Ausschuss interfraktionell behandelt. So haben wir uns einstimmig gegen ein gemeinsames Europäisches Einlagensicherungssystem ausgesprochen, solange die in der EU-Einlagensicherungsrichtlinie vorgesehenen nationalen Einlagensicherungsfonds nicht in den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt sind. In Deutschland werden die Anforderungen der EU-Einlagensicherungsrichtlinie bereits umgesetzt. Nationale Besonderheiten, wie im Falle Deutschlands die Institutssicherung der Sparkassen und Genossenschaftsbanken, werden von Europa nicht ausreichend berücksichtigt und sollten auch künftig fortbestehen. Die EU-Kommission hat die Bundesrepublik aufgefordert, das geltende Mindesthonorarsystem (HOAI) für Steuerberater, Architekten und Ingenieure abzuschaffen. Dieses verstoße gegen geltendes europäisches Recht. Aus unserer Sicht würde der Verzicht auf das Honorarsystem neben zu erwartenden Dumpingpreisen vor allem zu erheblichen Qualitätseinbußen zu Lasten der Verbraucher 20 führen. Die Landesregierung hat sich auf unseren Antrag (Drs. 15/7082) hin bereit erklärt, sich für den Erhalt der HOAI einzusetzen. Die Europäische Union befindet sich derzeit in einem Ausnahmezustand. Die Flüchtlingskrise ist die historische Bewährungsprobe der EU. Es muss uns gelingen, den Weg für gesamteuropäische Lösungen in der Flüchtlings- und Asylpolitik freizumachen. Die Solidarität unserer Partner muss unmissverständlich eingefordert werden. Die Finanzkrise in Griechenland und die Spannungen im Osten der Ukraine sind zwar in den Medien nicht mehr so präsent, gelöst sind diese Herausforderungen aber noch lange nicht. Eine gemeinsame Antwort auf die Bedrohung durch Terroranschläge muss erst noch gefunden werden. Auch die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit und die noch bestehenden Hindernisse im Binnenmarkt müssen aktiv angegangen werden. Nur gemeinsam können die Mitgliedstaaten angemessene Lösungen für diese Probleme finden. Problematisch ist die Partnerschaft zwischen Baden-Württemberg und Burundi geworden, nachdem der Staatspräsident entgegen eindeutiger verfassungsrechtlicher Regelungen erneut kandidiert und gewonnen hat. Die Auszahlung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit wurde sowohl vom Bund als auch vom Land eingestellt. Wir müssen jetzt prüfen, ob und welche Initiativen der Zivilgesellschaft vor Ort überhaupt noch arbeiten können und danach klären, die eingefrorenen Mittel diesen zur Verfügung stellen zu können, damit der Not leidenden Bevölkerung geholfen werden kann. Politik für die Menschen im Land statt grün-roter Politik gegen das Auto Im vergangenen Jahr 2015 hat die Landesregierung eine milliardenschwere Landesanstalt Schienenfahrzeuge gegründet, um nach deren Lesart den Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr zu fördern. Hintergrund ist, dass der so genannte Große Verkehrsvertrag des Landes im Jahr 2016 ausläuft und es nun Übergangs- und Anschlussverträge braucht. Wir kritisieren, dass das Land mit mindestens 3,5 Milliarden Euro ins Risiko geht und Eigentümer der Fahrzeuge wird. Heute kann noch keiner sagen, wie es nach der Vertragslaufzeit weitergehen soll und wie die Anschlussverwendung der gebrauchten Fahrzeuge aussehen soll. Wir sehen hier große Risiken beim Land. In diesem Milliardenumfang braucht das Land keine „Waggonanstalt“. Auch im Bereich des Filderbahnhofs im Rahmen des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm sehen wir genau hin. Es drängt sich der Eindruck auf, dass Minister Hermann erst nach Lösungen sucht, seitdem er dort für den Landtag kandidiert. Die Mitfinanzierung der Lösung „drittes Gleis“ funktioniert aber intransparent und das Land könnte es bei einer Direktzahlung billiger haben. So werden aber zusätzliche Verkehre bestellt, von denen niemand weiß, ob man sie braucht. Und auch so manches Bauvorhaben, das das Land zahlt, lässt Zweifel aufkommen, ob später die Gäubahn tatsächlich wie versprochen umstiegsfrei direkt zum Flughafen geführt wird. Unser ständiges Werben und Eintreten für die so genannte Aufwärtskompatibilität der Wendlinger Kurve, die bedeutet, dass schon heute Vorkehrung für den späteren zweigleisigen Ausbau getroffen wird, blieb leider bisher ohne Erfolg. Das ändert aber nichts an der Notwendigkeit und unserer ungebrochenen Beharrlichkeit. Bei der Europatrasse Baden 21, die den Ausbau der Rheintalbahn betrifft, wurde fraktionsübergreifend bekräftigt, die notwendigen Mehrkosten, die ein menschen- und umweltgerechter Ausbau über die gesetzlichen Standards hinaus erfordern, zu leisten. Wir haben uns in einem gesonderten Fraktionsantrag (Drs. 15/7611) dafür ausgesprochen, auch im Abschnitt Müllheim-Auggen nochmals nach Verbesserungen zu suchen. Das Markgräflerland braucht eine bessere Lösung als sie jetzt vorgesehen ist. Im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs wurde ein Förderprogramm Regiobuslinien aufgelegt, zuvor wurden im ÖPNV-Pakt für die Region Stuttgart bereits Expressbus-Linien konzipiert. Obwohl allein die Umsetzung aller Regiobuslinien rund zehn Millionen Euro kosten würden, stellt das Land lediglich 4,5 Millionen bereit, und dies nur für zwei Jahre. Wie bereits der ÖPNV-Pakt, der gänzlich unter Finanzierungsvorbehalt steht, ist auch hier unter Grün-Rot wieder alles auf Sand gebaut. Mit einer Großen Anfrage „Logistik in Baden-Württemberg“ (Drs. 15/6340) haben wir diesen unverzichtbaren Teil unserer Wirtschaft in die Aufmerksamkeit des Landtags gerückt. In diesem Zusammenhang haben wir unser Unverständnis gegenüber der völlig verqueren Haltung der Landesregierung zum Feldversuch mit Lang-LKW zum Ausdruck gebracht. Wie kann man bereits gegen einen Versuch sein? Wir Freien Demokraten stehen für sachgerechte Politik, Gesinnungspolitik ist uns fremd. Selbst ökologische Vorteile blendet der Verkehrsminister völlig aus, das ist die Quadratur des Kreises grüner Verkehrspolitik. Deshalb sprechen wir uns für die wissenschaftliche Evaluation im Rahmen des Feldversuchs aus. Grün-Rot hat das Landes-Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz novelliert. Das nun geschaffene Klein-Klein von neuen Fördertatbeständen führt zu einer inflationären Unübersichtlichkeit. Zudem wird es eine massive Mittelkonkurrenz geben. Ist es Aufgabe einer Landesförderung, einzelne Radund Fußgängerschilder zu fördern? Mit Sicherheit nicht. Die Landesförderung war ursprünglich dazu gedacht, wesentliche Maßnahmen anzustoßen, die die Verkehrsverhältnisse verbessern. Mit der Neuregelung geht auch eine Absenkung der Förderquote um ein Drittel einher. Es wird nur noch Zuschüsse in Höhe von 50 Prozent zu den förderfähigen Kosten geben. Zudem wird durch die Festbetragsfinanzierung das Kostenrisiko einseitig auf die Gemeinden abgewälzt. Die Gemeinden müssen nun aus eigener Tasche aufwändige und teure Planungen vornehmen, ohne zu wissen, ob sie überhaupt jemals eine Förderung erhalten. Bereits einige Jahre zuvor wurde der Verkehrsträger Straße durch eine Umschichtung der Mittelverteilung geschwächt. Seiter fließen 60 Prozent der Gelder in den sogenannten Umweltverbund (Bus, Rad, Fußverkehr) und nur noch 40 Prozent in den Straßenbereich. Somit fehlen pro Jahr 35 Millionen Euro für den kommunalen Straßenbau. Damit können unsere Gemeinden im Land weniger in die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse 21 investieren. Ob Grün-Rot dabei übersieht, dass auch der ÖPNV auf Straßen unterwegs ist? In keinem anderen Politikbereich zeigt der grüne Verkehrsminister Hermann mehr Aktionismus und Tatendrang: Der Radverkehr. Sei es, dass durch Radsternfahrten Bundesstraßen blockiert werden, sei es durch Radmodenschauen, die mit Landesmitteln gefördert werden oder sei es mit einer 104-seitigen Radverkehrsstrategie Baden-Württemberg mit über 200 angedachten Maßnahmen – überall genießt das Fahrrad oberste Priorität, wird positiv bewertet und die Belange des Straßenverkehrs eher abgewertet. Auch die FDP/DVP Fraktion spricht sich klar für den Radverkehr aus. Wir wissen aber, dass die Herausforderungen eines hochindustrialisierten Flächenlandes mit großer Flexibilität am Arbeitsmarkt nicht allein durchs Rad gelöst werden können. Wir setzen daher auf die Attraktivität aller Verkehrsträger und trauen es unseren Bürgerinnen und Bürgern zu, selbst die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wir sind sicher: Wenn im Landeshaushalt 27,5 Millionen Euro für den Radverkehr veranschlagt sind, aber nur 50 Millionen Euro für den Neubau von Landesstraßen, dann stimmt die Relation nicht mehr. Wir haben es in einer Landtagsanfrage (Drs. 15/7030) schwarz auf weiß: Minister Hermann schreibt selbst, dass das Feinstaubproblem nur zu sieben Prozent auf Autoabgasen beruht. Wäre es da nicht sinnvoller, sich um die anderen 93 Prozent zu kümmern, statt in altbewährter grüner Manier bei jeder Gelegenheit das Auto zu verteufeln? Kleine und mittlere Feuerungsanlagen sind ein bedeutender Mitverursacher. Kein Wunder also, dass es regelmäßig im Winter zu Grenzwertproblemen kommt. Der Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm wird übrigens an allen Stationen in Baden-Württemberg eingehalten und der Tagesgrenzwert von 50 Mikrogramm bei 35 zulässigen Überschreitungen wird landesweit nur an der Messstelle Neckartor überschritten. Minister Hermann hatte die Idee, tageweise Autos mit gerader oder ungerader Kennzeichenendung die Einfahrt nach Stuttgart zu verwehren. Will er Handwerkern 22 und Gewerbetreibenden verbieten, ihre Arbeit zu machen? Will er Besserverdienende mit zwei oder mehr Autos privilegieren? Dürfen Menschen mit Behinderungen, die sich nur noch mit dem Auto fortbewegen können, nicht mehr nach Stuttgart? Noch bemerkenswerter sind die Ideen zur Einführung einer blauen Plakette für Euro 6 Diesel. Ab dem Jahr 2020 sollen dann die bis vor kurzem noch gebräuchlichen Euro 5 Diesel mit Rußfilter nicht mehr nach Stuttgart fahren dürfen. Bei dieser Idee fiel ihm bereits sein grüner Parteifreund, Oberbürgermeister Fritz Kuhn, in den Rücken und hat sich dagegen ausgesprochen. Interessant ist dabei ohnehin, dass Euro 6 beim Feinstaub im Vergleich zu Euro 5 keinerlei Unterschied macht. Wir brauchen eine Verkehrspolitik mit Augenmaß und Vernunft, die die Potenziale unserer innovativen Automobilindustrie aktiv mit einbindet. Dabei gehört es für uns zur selbstverständlichen Unternehmenskultur, dass Automobilhersteller nicht mit manipulierten Werten arbeiten. Das schadet nicht nur der Umwelt, das zerstört auch Vertrauen. Grün-Rot hat die Landesbauordnung novelliert. Das hört sich zunächst recht unspektakulär und harmlos an. Dahinter verbirgt sich jedoch grüne Bevormundung in Reinkultur. Wenn an einem Haus kein Garten angelegt werden kann, wird die Begrünung von Dächern und Fassaden Pflicht. An die hohen Folgekosten für die Mieter und Eigentümer und den zweifelhaften Nutzen wird nicht gedacht. Es gibt umfassende und praxisfremde Bestimmungen für Fahrräder. Auch hier wird deutlich, dass unserem grünen Verkehrsminister Hermann das Fahrrad über alles geht. In Zukunft sind überdachte Fahrradabstellplätze Pflicht! Dafür gibt es sogar eine eigene Verwaltungsvorschrift. Auch kleine Ladengeschäfte müssen Abstellplätze vorhalten und dort können auch Auto-Parkplätze gegen Fahrradstellplätze im Verhältnis 1:4 getauscht werden. Minister Hermann geht sogar so weit, den Gemeinden in Bebauungsplänen zu erlauben, dass es gar keine Stellplätze für Autos geben muss. Das ist uns zu kurzfristig gedacht und auch zu Lasten Dritter. Denn es verlagert den Parkdruck in die Straßen der Nachbarschaft. Grün-Rot und das Auto „Weniger Autos sind natürlich besser als mehr“ – so äußerte sich der Ministerpräsident zu Beginn seiner Amtszeit. Zwischenzeitlich geht es subtiler zu. Im Vorfeld der Landtagswahl 2016 unternimmt Minister Hermann nun sogar den Versuch, sich als Straßenbauer zu kaprizieren. Doch der Reihe nach. Grün-Rot hat durch die Umschichtung von kommunalen Fördermitteln dem Verkehrsträger Straße pro Jahr 35 Millionen Euro entzogen. Bei einer Priorisierung von Landesstraßenbauvorhaben nach dem Generalverkehrsplan wurden die Maßnahmen von 734 radikal auf 123 gesenkt. Beim Bau von Bundesstraßen (einschließlich Autobahnen) hat es Grün-Rot im Jahr 2013 fertig gebracht, sich etliche Millionen Euro durch die Lappen gehen zu lassen. Die Mittel für den Erhalt und Neubau von Landesstraßen wurden zwar erhöht, jedoch bei weitem nicht so, wie es bei einem Anstieg der Steuermittel von über 35 Prozent möglich gewesen wäre. In anderen Bereichen ist Grün-Rot spendabler. Die Mittel für den Radverkehr sind auf rund 27,5 Millionen Euro geradezu explodiert. Für neue Ortsumgehungen und andere Landesstraßen gibt es hingegen nur rund 50 Millionen Euro. Minister Hermann träumt auch von Fahrverboten in Stuttgart, bei denen nicht einmal der grüne Oberbürgermeister mitzieht. Eine neu eingeführte blaue Plakette oder die Regelung, wonach im tageweisen Wechsel Autos mit gerader oder ungerader Nummer nach Stuttgart einfahren können, sind Beweis einer ideologiebasierten Verkehrspolitik, die weit hinter den Möglichkeiten eines High-Tech-Landes wie Baden-Württemberg zurück bleibt. Nicht nur, dass Hermann am 14.04.2015 im Reutlinger General Anzeiger meinte, dass sich in Zukunft kein rational denkender Mensch mehr ein Auto kaufen müsse, er legte im November mit seinen unsinnigen Tempolimitplänen auf der A 81 und der A 96 nach. Wir meinen: Unser Land hat Besseres verdient! 23 Erfolgreiche Sozialpolitik setzt effiziente Strukturen voraus Im vergangenen Jahr 2015 stand einmal mehr die Krankenhauspolitik im Fokus. Das am 05.11.2015 beschlossene Krankenhausstrukturgesetz der großen Koalition war ein Musterbeispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Die ursprünglichen Pläne hätten im Land einen Kahlschlag bedeutet. Baden-Württemberg wäre dafür bestraft worden, dass es seine Hausaufgaben bereits wesentlich besser erledigt hat, während in anderen Bundesländern noch Strukturen vorherrschen, die als längst überholt gelten. Wir haben mit unserem 10-Punkte Plan zur Neuausrichtung der Krankenhausplanung und Investitionsförderung vorgelegt, wie es gehen könnte. Wir brauchen eine aktivere Politik, die die Frage beantwortet, welche Angebote an welchen Standorten in welcher Qualität sie zukünftig mindestens fördern wird. Und zwar verbindlich und transparent. Oft ist die Ursache von finanziellen Schieflagen, dass die Häuser aus dem laufenden Erlös Investitionen finanzieren müssen. Das ist aber Landesaufgabe. Grün-Rot hat im Vorfeld der Landtagswahl 2011 vollmundige Versprechungen gemacht. Die Investitionsförderung des Landes sollte auf 600 Millionen Euro erhöht beziehungsweise sogar auf 660 Millionen Euro verdoppelt werden. Es kam zwar durchaus zu Erhöhungen, die wir im Sinne der Krankenhäuser im Land begrüßen. Die selbst gesteckten Ziele werden jedoch mit rund 435 Millionen Euro im Jahr 2015 bei Weitem nicht erreicht. Bei dem Erarbeitungsprozess zum Krankenhausstrukturgesetz hat es sich bitter gerächt, dass unsere Sozialministerin nicht in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Krankenhausreform vertreten war. Das werden nun auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im Land merken. Denn in letzter Minute sind in das Gesetz noch Regelungen zur Notfallversorgung gerutscht, die einen Systembruch bedeuten und den Ärzten Honorar entziehen. Die Anzahl der Notfallpraxen soll um bis zu 100 wesentlich erhöht werden, ohne dass es dafür einen objektiv bekannt gewordenen Bedarf gibt. Das kann die Ärztinnen und Ärzte im Land rund 20 Millionen Euro im Jahr kosten, obwohl diese bereits etwa 35 Millionen Euro im Jahr für die Finanzierung der Notfallversorgung aufwenden. Und die Krankenhäuser dürfen in Zukunft sogar mitentscheiden, wie viel Geld der Hausärzte ihnen zustehen soll. Mit einem gesonderten Antrag haben wir uns mit dem Innovationsfonds und dem Strukturfonds 24 (Drs. 15/6852) beschäftigt. Wir wollten wissen, wie die Landesregierung sicherstellen wird, dass Baden-Württemberg von den im Raum stehenden Mitteln ausreichend profitiert. Zum damaligen Zeitpunkt waren noch einige Punkte offen, die bald so konkret sein werden, dass wir aufmerksam die weitere Entwicklung konstruktiv begleiten können. Gute Gesundheitsversorgung kann es nur geben, wenn die Arbeitsbedingungen für die Ärztinnen und Ärzte im Land gut sind. Die FDP/DVP Fraktion hat sich dies seit jeher zum Leitbild ihres Handelns gemacht. Wir setzen auf niedergelassene freiberufliche Ärztinnen und Ärzte als Rückgrat der medizinischen Versorgung. Mit einem Antrag haben wir die Potenziale des zweiten Gesundheitsmarkts (Drs. 15/6595) thematisiert. Aber nur wenn es gelingt, den Arztberuf wieder attraktiv zu gestalten, werden die großen Herausforderungen, insbesondere im ländlichen Raum, zu meistern sein. Deshalb sind wir auch offen für neue Versorgungsformen, die den Wünschen nach planbareren Arbeitszeiten, insbesondere in der Familienphase, gerecht werden. Ärztehäuser, Gesundheitsnetzwerke, Medizinische Versorgungszentren oder auch gänzlich neue Angebote, insbesondere an Standorten, an denen Krankenhäuser in Zukunft nicht mehr als stationäre Vollversorger benötigt werden, können Wege sein. Wir wollen diese Wege jedoch stets mit der Selbstverwaltung und den Betroffenen gehen. Wir sind weit davon entfernt, zu glauben, alles besser zu wissen. Für die Attraktivität des Arztberufs und die gute Versorgung der Bevölkerung ist es aus unserer Sicht unerlässlich, dass es bei dem Dualismus Gesetzliche und Private Krankenversicherung bleibt. Als wichtige dritte Schiene sehen wir die Selektivverträge. Mit den Hausarzt- und Facharztverträgen in Baden-Württemberg ist es gelungen, die Vergütung planbarer zu machen. Bei einer Abschaffung der Privaten Krankenversicherung, die logische Folge der so genannten Bürgerversicherung wäre, gingen den Ärztinnen und Ärzten nicht nur über 780 Millionen Euro Honorar verloren, viel zentraler ist für uns eine andere Gefahr: In einer Monopol-GKV wäre aus unserer Sicht die Gefahr viel zu groß, dass die Politik die Ärztinnen und Ärzte in so enge Korsetts schnürt, dass diese zum bloßen Staatsangestellten umgewandelt werden. Die FDP tritt auch für die Beibehaltung der Facharztschiene im niedergelassenen Bereich ein. Wir haben uns deshalb auch klar gegen die Einrichtung der Terminservicestellen positioniert. Von ihnen geht aus unserer Sicht das fatale und völlig falsche Signal aus, dass Fachärzte Termine rein willkürlich verzögern würden. Und wer glaubt denn wirklich, dass ihre Kolleginnen und Kollegen in den Krankenhäusern auf die ambulante Kundschaft gewartet hätten? Für uns ist das ein weiterer Baustein im Zerrbild der Misstrauens- und Neidkultur. Wir brauchen jedoch für eine erfolgreiche und gute Zukunft mehr Anerkennung für Leistung sowie Freiraum und Freiheit. Hierfür steht die FDP in Baden-Württemberg. In Zusammenarbeit mit der Liberalen Senioren Initiative (LSI) haben wir den Liberalen Seniorentag durchgeführt, in dessen Rahmen ausgewiesene Experten zur Diskussion eingeladen waren. Thematisch ging es um „Innovative Versorgungskonzepte mit Zukunft: Gesundheit und Pflege.“ Hierbei haben wir einen Fokus auf die Telemedizin als einen wesentlichen Schlüssel zur Sicherung der ärztlichen Versorgung gerichtet. Die Möglichkeiten zur Qualitätssicherung, beispielsweise bei den chronischen Erkrankungen, sind überzeugend. Richtig eingesetzt, führt Telemedizin zu mehr Sicherheit und Qualität für die Patientinnen und Patienten. Für mehr Sicherheit und ein längeres Verbleiben in der eigenen Häuslichkeit sind auch so genannte Ambient Assisted Living Technologien (AAL) von großer Bedeutung. Dabei geht es zum Beispiel um Bodensensoren, die registrieren, wenn nach einem Sturz jemand nicht mehr aufstehen kann und dann Hilfe ruft. Wir wollen deshalb die Telemedizin und AAL endlich in die Regelversorgung einbeziehen. Beauftragte zur Beauftragung des Beauftragtenwesens Die Sozialpolitik der grün-roten Koalition ist von einer Konstanten geprägt: Aufbau von Strukturen und Aufgaben mit erheblichem Einsatz von Landesmitteln. Mit dem Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz wurden für mindestens 540.000 Euro Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen auf Kreisebene geschaffen. Hinzu kommen für eine Million Euro Besuchskommissionen. Mit dem neuen Landes-Behindertengleichstellungsgesetz werden bisher bereits freiwillig vorhandene Behindertenbeauftragte verpflichtend normiert, was bis zu 3,5 Millionen Euro im Jahr kostet. Diese Mittel werden aus dem Haushaltsbereich, der für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vorgesehen ist, entnommen! Mit dem neuen Chancengleichheitsgesetz will die Landesregierung rund 2,1 Millionen Euro für hauptamtliche Frauenbeauftragte im öffentlichen Dienst einsetzen. Wir hätten es lieber gesehen, wenn mit diesen Mitteln die Chancen für Frauen im Mittelstand gefördert worden wären. Für einen gesonderten Reichtums- und Armutsbericht Baden-Württemberg gibt diese Landesregierung rund eine Million Euro aus. Dabei haben wir kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Wir meinen: Statt das Geld in Papier und die Institutionalisierung bereits vorhandener Strukturen zu stecken, ist es in konkrete Maßnahmen zu investieren, die den Betroffenen unmittelbar nützen. Und eine Million wird für einen Aktionsplan „Akzeptanz & gleiche Rechte Baden-Württemberg“, in dem es um sexuelle Vielfalt geht, verausgabt. Wir haben stattdessen mit dem Antrag „Vielfalt in Baden-Württemberg als Chance“ (Drs. 15/6965) aufgezeigt, dass mit einem umfassenden Diversity-Ansatz mit einer Bündelung all dieser Themen vielfältige Chancen für ein modernes Personalentwicklungskonzept verbunden sind. 25 Enquetekommission „Pflege zukunftsorientiert und generationengerecht gestalten“ Die vom Landtag eingerichtete Enquetekommission zum Thema Pflege hat 2015 das Ziel gesetzt, bis Ende Januar 2016 einen umfassenden Bericht zum Stand und Handlungsbedarf in diesem Bereich vorzulegen. In zehn Sitzungen fanden bis zum Sommer Anhörungen zu verschiedenen Aspekten statt, darunter zur stationären und ambulanten Pflege, zur Rehabilitation und Prävention, zur Finanzierung, zu Bürokratiereduzierung sowie zu weiteren Aspekten wie Palliativpflege. Bei den Anhörungen waren die von uns benannten Experten Michael Wipp (Geschäftsführer einer Pflegeinrichtung und Mitglied im Landesvorstand des Verbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V.) und Tilman Kommerell (Leiter der Pflegeschule des HELIOS Spitals in Überlingen) als Mitglieder der Kommission dabei und brachten ihren Sachverstand umfassend in Vorträgen und Beratungen ein. Die Ergebnisse flossen in die abschließenden Beratungen ein, die ab Oktober stattfanden. Der angefertigte Bericht wird von uns dazu genutzt, die spezifisch liberale Sicht einzubringen, die die einzelnen Menschen mit Pflegebedarf als Ausgangspunkt haben. Zur Würde des Alters zählt aus unserer Sicht auch die Wahrung der Würde der individuellen Persönlichkeit. Dies bedeutet beispielsweise konkret die Stärkung der Eigenvorsorge oder die Entbürokratisierung, aber auch die kritische Bewertung von zum Teil wenig praktikablen Maßnahmen der Landesregierung. Hier seien eine unflexible und für viele Heime schwer durchführbare Übergangsfrist zur Einzelzimmerverordnung oder die bürokratische Ausgestaltung alternativer Wohnformen erwähnt. Das von uns in die Diskussion eingebrachte Thema einer stabilen und rechtlich einwandfreien Regelung der in großem Maße notwendigen Hausbetreuung durch externe Kräfte, die vorwiegend aus dem Ausland stammen, hat dazu geführt, dass wir die Dringlichkeit einer Lösung dazu fraktionsübergreifend deutlich machen konnten. 26 Gegen die grün-rote Bevormundung des ländlichen Raums Die Neuordnung des Wasserrechts durch Grün-Rot im Jahr 2013 stellt die Landwirtschaft nach wie vor auf eine harte Probe. Die vielen Verbote bei der Bewirtschaftung von Gewässerrandstreifen sind nicht nur eigentumsfeindlich und bürokratisch, sie werden von den Landratsämtern auch uneinheitlich angewandt. So werden im einen Kreis künstlich hergestellte Gräben oder ausgetrocknete Bachläufe, die seit einem halben Jahrhundert kein Wasser mehr führen, im Amtlichen Digitalen Wasserwirtschaftlichen Gewässernetz als Gewässer aufgelistet, im anderen Kreis wiederum nicht. Umweltminister Franz Untersteller begründete diese unsichere Rechtspraxis auf FDP/DVP Anfrage auf kabarettreife Weise (Drs. 15/5861): „Für die wasserwirtschaftliche Bedeutung eines Gewässers ist nicht zwingend eine ganzjährige Wasserführung erforderlich. Selbst bedeutende Gewässer wie die Donau können zeitweise in Abschnitten kein Wasser führen.“ Aus Sicht der FDP/DVP Fraktion ist die aktuelle Situation inakzeptabel. Die Landwirte brauchen Rechtssicherheit. Einen Schock hat das Bundeskartellamt im Jahr 2014 der baden-württembergischen Forstwirtschaft versetzt, indem es die gemeinsame Vermarktung von Holz aus Staats-, Kommunal- und Privatwald ins Visier genommen hat. Rasch war absehbar, dass das Kartellamt das bewährte und allseits geschätzte Einheitsforstamt nicht länger dulden würde. Während ein Untersagungsbeschluss des Kartellamtes und eine unverzügliche Zerschlagung der Struktur monatelang wie ein Damoklesschwert über der heimischen Forstwirtschaft und ihren Beschäftigten hing, bestand innerhalb der FDP/DVP Fraktion stets Konsens darüber, dass bei diesem Thema weder Parteipolitik noch Klagedrohungen angebracht wären. Am Ende war es jedoch Forstminister Alexander Bonde (Grüne), der stur gegen die Bonner Kartellwächter wetterte anstatt eine vernünftige Lösung zu suchen. Obwohl nach intensiven Verhandlungen mit der geplanten Ausgliederung des Staatsforstes in eine eigene Struktur ein gangbarer Kompromiss erreicht war, warf der Minister am 26. Januar 2015 den Wettbewerbshütern gleichsam den Fehdehandschuh hin und bezeichnete das Kartellamt als eine „völlig aus dem Ruder laufende Bundesbehörde“, die wieder auf die Spur gebracht werden müsse. Das Bundeskartellamt hat dem Land daraufhin im Juli 2015 die gemeinsame Holzvermarktung untersagt. Das Land kündigte wiederum an, beim Oberlandesgericht Düsseldorf gegen diesen Untersagungsbeschluss vorzugehen, weshalb die Bonner Kartellbehörde erklärte, den Sofortvollzug des Beschlusses vom Juli bis zum Ende des Gerichtsverfahrens auszusetzen. Im Ergebnis drohen der baden-württembergischen Forstwirtschaft nun während des Rechtsstreits Jahre des Stillstands und der Unsicherheit darüber, wie die Forststruktur künftig aussehen wird. Diese Verunsicherung hilft letztlich niemandem und verunsichert den Markt für Holz und Forstdienstleistungen. Dabei hat der Freistaat Bayern mit seiner Forststrukturreform von 2005 unter Beweis gestellt, dass mehr Eigenverantwortung für die Waldbesitzer nicht zwangsläufig zulasten von Nachhaltigkeit und Ökologie gehen muss, wenn das Land als Ausgleich für die Gemeinwohlleistungen des Waldes forstliche und waldbauliche Dienstleistungen in angemessener Höhe fördert. Bei aller Wertschätzung für das bewährte Einheitsforstamt fordert die FDP/ DVP Fraktion deshalb in diesem Punkt mehr Mut zu Veränderungen statt eines jahrelangen Rechtsstreits mit ungewissem Ausgang. Mit einem Jahr Verzögerung begann zum 1. Januar 2015 die neue Förderperiode im mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union. Bei der Agrarförderung in Baden-Württemberg hat die grün-rote Landesregierung eine Vielzahl von Änderungen vorgenommen. Gerade das neue Agrarförderprogramm FAKT, welches das alte und bewährte Programm MEKA ablöst, steht ganz im Zeichen einer einseitigen und bürokratischen Ausrichtung auf den Ökolandbau. Von den jährlich etwa 90 Millionen Euro aus FAKT fließt nun ein Drittel in den Ökolandbau, obwohl nur etwa 8 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe Ökolandbau betreiben. 27 Zwar ist auch die FDP/DVP Fraktion der Ansicht, dass Beiträge zur Erhaltung wertvoller Kulturlandschaften angemessen honoriert werden müssen. Daneben würden die Landwirte im Südwesten angesichts ihrer besonderen agrarstrukturellen Nachteile aber auch Hilfestellungen brauchen, die ihnen zu mehr Wettbewerbsfähigkeit verhelfen, beispielsweise durch die unbürokratische Förderung von Flurneuordnungsverfahren, Agrarinvestitionen oder landwirtschaftlicher Beratung. Doch auch hier dreht Grün-Rot an der Ökoschraube und in der Antwort auf die Kleine Anfrage 15/7530 von Dr. Friedrich Bullinger hat die Landesregierung sogar noch angekündigt, nachträglich 10 Millionen Euro aus dem Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP) in das stark auf den Ökolandbau fixierte Programm FAKT umzuschichten – Klientelpolitik pur! Über kaum ein landespolitisches Thema wurde in der endenden Legislaturperiode derart vehement gestritten wie über das grün-rote Jagd- und Wildtiermanagementgesetz (JWMG). Zuletzt regte sich sogar Widerstand in den Reihen der Regierungsfraktionen, weswegen die FDP/DVP Fraktion am 12. November 2014 auf einer namentlichen Abstimmung über das Gesetz bestand. Über den mangelnden Stil, mit dem die Landesregierung dieses Gesetz durchgedrückt hat, wurde viel berichtet. Entscheidend für die Ablehnung durch die FDP/DVP Fraktion waren jedoch seine praxisfernen Inhalte. Es entmündigt Jägerschaft und Landtag gleichermaßen. Durch die zahlreichen Ermächtigungsregelungen kann der Minister für Ländlichen Raum Jagdpolitik künftig im Wege von Rechtsverordnungen am Parlament vorbei betreiben, wovon er inzwischen mit der JWMG-Durchführungsverordnung vom April 2015 und einem Erlass vom Juni 2015 reichlich Gebrauch gemacht hat. Das Gesetz bevormundet die sachkundigen Jäger durch unzählige Verbote und bürokratische Pflichten, es sieht rechtlich unsichere Wildschadensregelungen vor und tritt das Jagdrecht als an Grund und Boden gebundenes Eigentumsrecht mit Füßen. Aus Sicht der Land- und Forstwirtschaft stellt aktuell insbesondere die Abschaffung des kommunalen Vorverfahrens zur Feststellung von Wildschäden ein massives Problem dar, was nochmals durch die Kleine Anfrage 15/7577 von Dr. Bullinger deutlich wurde. Zieht ein Geschädigter aktuell einen Wildschadensschätzer heran, so tritt dieser nur noch als Parteigutachter auf, weshalb der Geschädigte um Rechtssicherheit zu erlangen zugleich noch ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren einleiten muss. Die Kosten 28 und die Bürokratie schnellen somit derart in die Höhe, dass derzeit viele Geschädigte davon absehen, ihre Schäden anzumelden. Es wird 2016 die Aufgabe der neuen Landesregierung sein, dieses ideologische Gesetz, das voller Bevormundung und Rechtsunsicherheiten ist, innerhalb der ersten 100 Tage zu korrigieren. Welche Kraft im Landtag der einzige verlässliche Partner von Hege und Jagd ist, hat sich bei der Behandlung des Gesetzentwurfs der FDP/DVP Fraktion zur Abschaffung der überholten Jagdsteuer gezeigt. Nachdem nur noch fünf Landkreise in Baden-Württemberg diese Steuer erheben und das landesweite Steueraufkommen mit weiter sinkender Tendenz bei zuletzt weniger als 300.000 Euro lag, haben die Freien Demokraten einen Gesetzentwurf eingebracht, der vorsah die entsprechende Ermächtigung der Kreise im Kommunalabgabengesetz zu streichen. Der Entwurf scheiterte bezeichnenderweise nicht nur an den Gegenstimmen von Grünen und SPD, sondern auch an den Gegenstimmen der gesamten CDU-Fraktion. Mit dem neuen Verbandsklagerecht für Tierschutzorganisationen und den Mitwirkungsrechten für Naturschutzorganisationen im novellierten Landesnaturschutzgesetz hat Grün-Rot seinen Plan umgesetzt, die Natur- und Tierschutzverbände als zusätzliche Gewalt im Staate zu etablieren. Obwohl Artikel 20a des Grundgesetzes die Gestaltung und Durchsetzung des Tierschutzrechts unmissverständlich als Aufgabe des Staates beschreibt, können nun künftig private Tierschutzverbände der staatlichen Veterinärverwaltung sowie Forschern und landwirtschaftlichen Nutztierhaltern durch unnötige Bürokratie das Leben schwer machen. Nicht anders sieht es im Naturschutzrecht aus, in dem Grün-Rot zudem eine deutliche Abkehr vom bewährten Vorrang vertraglicher Vereinbarungen mit Forst- und Landwirten vollzogen hat. Auch an dieser Stelle setzt Grün-Rot auf Zwang und Bevormundung statt auf Kooperation. Beim Tierschutz gibt es zudem seitens der grün-roten Landesregierung einen Mangel an klarer Abgrenzung gegenüber radikalen Tierschutzorganisationen – im Oktober brachte das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Landesbeirat für Tierschutz die Aufnahme der wegen ihres unklaren Verhältnisses zum Rechtsstaat höchst umstrittenen Organisation PETA in das Gremium ins Gespräch. Energieeffizienz und Innovation statt Windrad-Ideologie Das Jahr 2014 hat gezeigt, wie sehr das Kartenhaus der grün-roten Energiewende in Baden-Württemberg wackelt. Ihre einseitige Ausrichtung auf den Ausbau der Windkraft wäre der Landesregierung bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) durch die große Koalition im Bund fast zum Verhängnis geworden, wenn die Ministerpräsidenten Baden-Württembergs Winfried Kretschmann (Grüne) und Bayerns Horst Seehofer (CSU) den mutlosen Entwurf von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nicht gemeinsam im Zeichen der teuren Milliarden-Subventionierung von Windrädern und Biogasanlagen weiter verwässert hätten. Die Konsequenzen dieser eigentümlichen Allianz zwischen Grünen, CSU und Ökostromlobbyisten tragen die Stromkunden. Die Ökostromumlage steigt 2016 von derzeit 6,170 Cent auf die Rekordhöhe von 6,354 Cent pro Kilowattstunde. Den Hauptzweck der EEG-Reform von 2014, nämlich die Kostenbremse, haben Kretschmann und Seehofer somit erfolgreich sabotiert. Die Zeche zahlen Familien und Arbeitgeber, die im internationalen Wettbewerb stehen. Aber trotz der fortgesetzten Subventionspolitik kam der Ausbau der Windräder im Südwesten nicht voran. Nach nur neun neuen Anlagen im Jahr 2011, dreizehn neuen Anlagen im Jahr 2012 und zwölf neuen Anlagen im Jahr 2013 wurden 2014 in Baden-Württemberg gerade einmal noch sieben neue Windräder errichten. Gleichzeit wurden drei alte Anlagen wieder abgebaut, weil sie sich ohne neue Subventionen nicht mehr rechneten. Auch wenn 2015 die Zahlen des Zubaus wohl wieder etwas steigen werden, bleibt es dabei, dass Windkraft in Baden-Württemberg keinen nennenswerten Beitrag zur Stromversorgung leisten kann. Mit durchschnittlich weniger als 1.300 Jahresvolllaststunden erweisen sich Windräder im Südwesten weder als wirtschaftliche noch als verlässliche Energiequelle. Mit dem Impulspapier „Wege in eine wirtschaftlichere und solidere Energiewende – Effizienz und Innovation statt Ideologie“ hat die FDP/DVP Fraktion deshalb im April 2014 eine Abkehr vom öffentlich subventionierten und politisch vorangetriebenen Windkraftausbau sowie eine Neuausrichtung der Energiepolitik des Landes vorgeschlagen. Baden-Württemberg ist nicht so windhöffig wie Norddeutschland, aber technologisch hoch entwickelt. Die logischen Beiträge des Landes zur Energiewende liegen daher bei technischer Innovation, Energieeffizienz und energetischer Gebäudesanierung. Windräder sollten nur noch dort entstehen, wo sie sich subventionsfrei rechnen. Zugleich sollten unwirtschaftliche Schwachwindanlagen nicht aus ideologischen Gründen gegen Anwohner durchgedrückt werden. Ein Antrag der FDP/DVP Fraktion für die Einführung der sogenannten 10-H-Regel, also einen Mindestabstand zwischen Wohnbebauung und der jeweiligen Windenergieanlage im Umfang vom Zehnfachen der Gesamthöhe der Anlage, wird von Grün-Rot jedoch abgelehnt. Auf die Frage nach der Versorgungssicherheit nach Abschaltung der letzten süddeutschen Kernkraftwerke in den Jahren 2019 bis 2022 hat Grün-Rot abgesehen von einem allgemeinen Bekenntnis zum Ausbau der Nord-Süd-Verbindungen im Übertragungsnetz bis heute keine Antwort. Immerhin hat Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) nach Jahren des Abstreitens eingeräumt, dass Süddeutschland in wenigen Jahren eine Lücke an gesicherter Kraftwerksleistung droht. Doch inzwischen hat es das Land nicht mehr selbst in der Hand, entscheidend gegenzusteuern. Die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auf den Weg gebrachte Reform des Strommarktdesigns, die bei Stromknappheit extreme Preisspitzen provozieren und somit Investitionsanreize für entsprechende Back-Up-Kraftwerke setzen soll, erscheint als wenig verlässlicher Weg. Ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass Grün-Rot keinen ernstzunehmenden Gesamtplan für die Energiewende in Baden-Württemberg hat, ist das sogenannte Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK) vom Juli 2014. Die Bezeichnung „Konzept“ ist für dieses Papier Etikettenschwindel. Weder sieht die Landesregierung in dieser willkürlichen Sammlung von Maßnahmen einen konkreten Zeitplan vor, noch setzt sie Schwerpunkte oder Prioritäten. Darüber hinaus bestreitet die Landesregierung in diesem Papier ausdrücklich die Kosten der Energiewende und betont sogar ihre Offenheit gegenüber einer neuen Belastung der Bürger und Unternehmen durch eine CO2-Steuer. Die Antwort des Papiers auf die soziale Problematik steigender Energiepreise erinnert an Frankreichs Königin Marie Antoinette, welcher der Ausspruch zugeschrieben wurde, wer kein Geld für Brot mehr habe, möge eben Kuchen essen. Denn laut IEKK liegt die Lösung des Problems teurer Stromrechnungen für einkommensschwache Haushalte darin, neue energieeffiziente Haushaltsgeräte zu 29 kaufen. Aus Sicht der FDP/DVP Fraktion müssen alle Bürger und Unternehmen Zugang zu einer gesicherten und bezahlbaren Energieversorgung haben. Zusätzliche Belastungen durch Steuern, Abgaben und Umlagen auf die Energiepreise kommen nicht in Frage. Ein weiterer energiepolitischer Fehler der grün-roten Landesregierung war die Verschärfung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz wurde 2007 von der damaligen CDU/FDP-Regierung auf den Weg gebracht und ist zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Ziel war es, die Energiewende beim Wärmeverbrauch voranzutreiben. Leider hat sich schon die darin enthaltene Pflicht, nach einem Heizungstausch einen Anteil 30 erneuerbarer Energien in Höhe von mindestens 10 Prozent zu nutzen, eher als Sanierungsbremse erwiesen denn als Sanierungsmotor. Denn durch den starren Pflichtanteil schossen die durchschnittlichen Sanierungskosten in die Höhe. Dennoch hat Grün-Rot den Pflichtanteil erneuerbarer Energien weiter auf 15 Prozent erhöht und diese Pflicht nun auch noch auf Nichtwohngebäude ausgeweitet. Im Ergebnis werden Gebäudeeigentümer ihre veralteten und ineffizienten Heizkessel lieber noch dreimal flicken, bevor sie eine teure und überregulierte Sanierung in Angriff nehmen. Dies hilft letztlich weder dem Weltklima, noch den Gebäudeeigentümern, noch dem heimischen Handwerk. Und in der jetzigen Flüchtlingskrise verteuert es auch noch die Erschließung von Wohnraum. Ansprechpartner in der Fraktion Parlamentarische Berater Detlef Wiens Fraktionsgeschäftsführer Mitglied im Fraktionsvorstand Grundsatz, Planung und Organisation, Europaausschuss Tel.: 0711/2063-930 E-Mail: [email protected] Harald Paulsen Stv. Fraktionsgeschäftsführer Bildungsausschuss, Wissenschaftsausschuss Tel.: 0711/2063-953 E-Mail: [email protected] Markus Flandi Verkehrs- und Infrastrukturausschuss, Sozialausschuss Tel.: 0711/2063-927 E-Mail: [email protected] Benjamin Haak Integrationsausschuss Tel.: 0711/2063-928 E-Mail: [email protected] Dietmar Schöning Finanz- und Wirtschaftsausschuss Tel.: 0711/2063-945 E-Mail: [email protected] Dr. Lukas Braun Ausschuss Ländlicher Raum und Verbraucherschutz, Umwelt- und Energieausschuss Tel.: 0711/2063-9001 E-Mail: [email protected] Dr. Christian Lange Innenausschuss, Ständiger Ausschuss, Sport Tel.: 0711/2063-946 E-Mail: [email protected] Benjamin Strasser Untersuchungsausschuss Nationalsozialistischer Untergrund Tel.: 0711/2063-9261 E-Mail: [email protected] Dr. Jan Havlik Enquete Pflege Tel.: 0711/2063-9401 E-Mail: [email protected] Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Hans Ilg Pressesprecher Tel.: 0711/2063-920 E-Mail: [email protected] Jasmin Matzenbach Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Neue Medien Tel.: 0711/2063-919 E-Mail: [email protected] 31 Fraktionssekretariat Elke Staiger Inge Nakat Maren Pilchowski Benjamin Haak Assistentin der Geschäftsführung Tel.: 0711/2063-939 E-Mail: [email protected] Assistenz Enquetekommission Pflege Tel.: 0711/2063-799 E-Mail: [email protected] Sabine Wilfert Assistenz Untersuchungsausschuss Nationalsozialistischer Untergrund Tel.: 0711/2063-9264 E-Mail: [email protected] 32 Fraktionssekretariat Tel.: 0711/2063-918 E-Mail: [email protected] Persönlicher Referent des Fraktionsvorsitzenden Tel.: 0711/2063-928 E-Mail: [email protected] Herausgeber: FDP/DVP Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg Konrad-Adenauer-Straße 12 70173 Stuttgart ViSdP: Hans Ilg, Pressesprecher Projekt und Gestaltung: Jasmin Matzenbach Fotografie: www.istockphoto.com; Udo Schönewald, Fotodesign Alle Rechte vorbehalten. 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