Betriebs-Berater 2014, Seite 3100

Steuerrecht | Aufsätze
Fiedler/Riegel · Finanzgerichtsprozesse erfolgreich führen – die Krux mit dem Beweis bei Auslandssachverhalten
IV. Fazit und praktische Erwägungen
Der Prüfer kann u. E., wenn er die im Compliance-Bericht beschreibend dargestellten Sachverhalte aufklären möchte, nicht die Vorlage
des Compliance-Berichts verlangen, auch nicht auszugsweise oder in
einer „geweißten Fassung“. Er kann nur Auskunft über die Sachverhalte und die Vorlage der für den Bericht herangezogenen Tatsachenbasis (im Sinne der vorhandenen Primärurkunden) verlangen.
Trotz der aufgeführten Grenzen der Vorlagepflicht ist im konkreten
Fall zu klären, ob die Kooperation mit den Behörden sinnvoller ist als
die Konfrontation. Das gilt insbesondere, wenn droht oder gar beabsichtigt ist, dass die Steuerfahndung oder Staatsanwaltschaft den Bericht in jedem Fall erhalten werden. Welches Vorgehen vorzugswürdig
ist, lässt sich letztlich nur durch eine Einzelfallanalyse bestimmen.
Das weitere Vorgehen ist im Rahmen der Gesamtstrategie des Unternehmens abzuwägen.
Wenn die besseren Argumente gegen die Herausgabe des Berichts
sprechen, sollte mit den zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen da-
gegen vorgegangen werden. Kooperation mit Straf- und Finanzbehörden bedeutet nicht, dass streitige Auseinandersetzungen um jeden
Preis vermieden werden müssen.
Dr. Alexander Werder, LL.M., RA/StB und Partner im Stuttgarter Büro von Gleiss Lutz. Er berät zum nationalen und internationalen Steuerrecht. Seine Schwerpunkte sind insbesondere die Beratung bei streitigen Verfahren, der Nachfolgeplanung und Umstrukturierungen.
Dr. Michael Rudolf, RA/StB im Stuttgarter Büro von Gleiss
Lutz, berät im nationalen und internationalen Steuerrecht,
insbesondere bei Umstrukturierungen, Betriebsprüfungen
und Steuerplanungen. Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die
Beratung in Sachen Tax Compliance, in bilanzsteuerrechtlichen Fragen und zu Kapitalertragsteuer.
Dr. Rüdiger Fiedler, RA, und Martin Riegel, RA/FAStR/StB
Finanzgerichtsprozesse erfolgreich führen – die
Krux mit dem Beweis bei Auslandssachverhalten
Dieser Aufsatz ist der Auftakt einer Folge von Beiträgen zum Thema
„Finanzgerichtsprozesse erfolgreich führen“. In einer globalisierten Welt
werden immer mehr Streitigkeiten mit den Finanzbehörden ausgetragen,
denen ein grenzüberschreitender Sachverhalt zugrunde liegt. Eine steigende Anzahl dieser Auseinandersetzungen landet vor den Finanzgerichten. Hier kommt es häufig darauf an, inwiefern der Tatsachenvortrag mit
Beweisangeboten unterlegt werden kann. Welche Fallstricke zu beachten
und welche Schwierigkeiten zu umschiffen sind, zeigt dieser Beitrag.
I.
Einleitung
Im Finanzgerichtsprozess herrscht der Grundsatz, dass das Gericht
die Herrschaft über den Prozessstoff hat und die für die Entscheidung
erheblichen Tatsachen selbst ermitteln muss.1 Das Gericht erforscht
den Sachverhalt von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 S. 1 FGO) im Rahmen
des Streitgegenstandes und des Vorbringens der Beteiligten. Das Gericht zieht dabei allerdings die Beteiligten heran (§ 76 Abs. 1 S. 2
FGO). Dies beschränkt sich nicht auf die Wahrheitspflicht bei Tatsachenbehauptungen und auf die Stellungnahmeobliegenheit zu Erklärungen anderer Beteiligter (§ 76 Abs. 1 S. 3 FGO). § 76 Abs. 1 S. 4
FGO erklärt insbesondere die (weitreichenden) Mitwirkungspflichten
der Beteiligten nach der AO für entsprechend anwendbar. Die Mitwirkungspflichten gehen grundsätzlich weiter, je mehr die zugrunde
liegenden Tatsachen der Sphäre der Beteiligten zuzuordnen sind.2 In
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internationalen Steuerfällen verpflichtet das Prozessrecht (§ 76 Abs. 1
S. 4 FGO i.V. m. § 90 Abs. 2 AO) den Kläger zu einer erhöhten Mitwirkungspflicht. Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht, führt dies zu einer Begrenzung der Sachaufklärungspflicht des
Gerichts; es können also nachteilige Schlüsse für den Steuerpflichtigen gezogen werden.3 Im Übrigen kann das Gericht auch davon ausgehen, dass die Beteiligten schon aus eigenem Interesse die notwendigen Informationen liefern.4 Es ist daher unumgänglich, diese Pflichten zu kennen, um schon im Vorfeld die Weichen für eine erfolgreiche
Prozessführung zu stellen.
II.
Ausgangssituation
Die Sachaufklärungspflicht des Gerichts dient dazu, die Spruchreife
einer Klage herbeizuführen, sie also einer Entscheidung zuzuführen.
Deshalb hat das Gericht nur das aufzuklären, was aus seiner Sicht entscheidungserheblich ist.5 Der Kläger bestimmt durch sein Begehren
und durch die Art der Klage, worauf es im konkreten Fall für die
Sachentscheidung ankommt.6 Zur Erfüllung seiner Sachaufklärungs1
2
3
4
5
6
Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Oktober 2011, § 76 FGO, Rn. 2.
BFH, 21.1.2005 – VIII B 163/03, BFH/NV 2005, 835.
FG Hamburg, 4.12.2008 – 5 K 32/07, EFG 2009, 689, rkr.
BFH, 6.2.1991 – II R 87/88, BStBl. II 1991, 459, BB 1991, 756 Ls.
BFH, 5.8.2011 – III B 144/10, BFH/NV 2011, 1915.
Stapperfend, in: Gräber, FGO, 7. Aufl. 2010, § 76 FGO, Rn. 12.
Betriebs-Berater | BB 51/52.2014 | 15.12.2014
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pflicht hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt so
vollständig wie möglich und bis zur Grenze des Zumutbaren, d. h.
unter Ausnutzung aller verfügbaren Beweismittel, aufzuklären. Soweit
das Gericht vom Wahrheitsgehalt des Parteivorbringens nicht überzeugt ist, hat es diese Zweifel zu beseitigen oder sonstige zweifelhaft
erscheinende Tatsachen erweislich zu machen. Indes trägt das FG
nicht die alleinige Verantwortung für die Zusammenstellung des Tatsachenstoffes. Es sichert sich das Wissen der Beteiligten durch ihnen
aufgebürdete Mitwirkungspflichten.
Bei internationalen Sachverhalten ist dabei § 76 Abs. 1 S. 4 FGO
i.V. m. § 90 Abs. 2 AO von herausragender Bedeutung. Diese Vorschrift verpflichtet den Steuerpflichtigen zur Beschaffung von Beweismitteln bei Auslandssachverhalten. Das bedeutet zwar keine Verschiebung der Feststellungslast auf den Steuerpflichtigen. Er trägt „nur“
das Risiko, dass das Gericht aufgrund seiner fehlenden oder unvollständigen Mitwirkung zu dem Schluss kommt, dass sein Vortrag
nicht zutrifft.
III. Gesteigerte Mitwirkungspflicht
Nach § 90 Abs. 2 AO (i.V. m. § 76 Abs. 1 S. 4 FGO) hat der Steuerpflichtige aufgrund seiner Beweisnähe die erforderlichen Beweismittel
zu beschaffen, soweit es um die Aufklärung und steuerrechtliche Beurteilung ausländischer Vorgänge geht. Von Relevanz sind dabei nur
Vorgänge im Ausland, die inländische steuerliche Auswirkungen haben.
1.
Aufklärungspflicht nach § 90 Abs. 2 S. 1 AO
Die Formulierung der Vorschrift „haben […] aufzuklären und […]
zu beschaffen“ verdeutlicht, dass der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen eine Aufklärungspflicht für steuerlich relevante Tatsachen auferlegt. Die Beteiligten haben eine abschließende, sowohl im Detail als
auch im Zusammenhang vollständige und wahrheitsgemäße, durch
die Finanzbehörden überprüfbare und für eine richtige Feststellung
der Besteuerungsgrundlagen ausreichende Darstellung des konkreten
Sachverhaltes abzugeben.7 Außerdem trifft den Steuerpflichtigen danach eine Beweismittelbeschaffungspflicht.8 Anders als bei rein inländischen Sachverhalten sind die notwendigen Beweise nicht nur zu benennen, sie müssen auch beigebracht werden.9
2.
Vorsorgepflichten, § 90 Abs. 2 S. 2 und S. 4 AO
Um die gesteigerte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten erfüllen zu können, hat der Steuerpflichtige bereits im Vorfeld alle notwendigen und erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Bereits bei
der Gestaltung seiner steuerlichen Verhältnisse hat er Beweisvorsorge
zu treffen.10 Diese Pflicht zur Vorsorge versteht die Rechtsprechung
dahingehend, dass die Möglichkeit der Vorlage von Nachweisen vertraglich abgesichert sein soll.11 Die Erfüllung seiner Aufklärungsverpflichtung soll nicht am Verhalten eines Dritten scheitern. Der Steuerpflichtige ist also gut beraten, wenn er bereits unmittelbar nach Sachverhaltsverwirklichung entsprechende Vorsorgemaßnahmen trifft.12
3.
Grenzen der Mitwirkungspflichten
Die Vorsorgepflichten werden im Einzelfall durch die Grundsätze der
Geeignetheit, Erforderlichkeit, Erfüllbarkeit, Verhältnismäßigkeit und
Zumutbarkeit begrenzt.13 Gemäß § 90 Abs. 2 S. 4 AO kann sich der
Steuerpflichtige bei Auslandssachverhalten nicht darauf berufen, dass
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er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen
kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.
4.
Folgen der Verletzung der Mitwirkungspflichten
Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten entbindet das Gericht
zwar nicht von der Pflicht zur weiteren Sachaufklärung, sie reduziert
jedoch die Aufklärungspflicht. Mitwirkung und Sachaufklärung stehen in einem gegenseitigen Wechselwirkungsverhältnis. Wird die besondere Mitwirkungspflicht nicht erfüllt und lässt sich der Sachverhalt nicht anders aufklären, kann das Gericht grundsätzlich ohne
Weiteres zum Nachteil des mitwirkungspflichtigen Beteiligten von einem Sachverhalt ausgehen, für den unter Berücksichtigung der Beweisnähe des Steuerpflichtigen und seiner Verantwortung für die Aufklärung des Sachverhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht.14
IV. Erfüllung der Mitwirkungspflichten
im Prozess
Zur Erfüllung seiner Mitwirkungspflicht zur Aufklärung des Sachverhalts bei Auslandssachverhalten stehen dem Steuerpflichtigen die üblichen prozessualen Beweismittel15 zur Verfügung. Es bieten sich hier
insbesondere Urkunden und Zeugen als Beweismittel an. Beweis ist
nach § 81 Abs. 1 S. 1 FGO grundsätzlich in der mündlichen Verhandlung zu erheben. Nur in besonderen, hierfür geeigneten Fällen kann
der Beweis auch außerhalb der mündlichen Verhandlung, insbesondere durch den Berichterstatter als beauftragten Richter, erhoben werden (§ 81 Abs. 2 FGO).
1.
Urkundsbeweis
Da der Steuerpflichtige bei Auslandssachverhalten die Beweise nicht
nur benennen, sondern auch gleich beschaffen muss, sind steuerrelevante Unterlagen (Urkunden) dem Gericht vorzulegen.
2.
Zeugenbeweis
Für den Zeugenbeweis führt die Beweismittelbeschaffungspflicht dazu, dass nach ständiger Rechtsprechung des BFH ein im Ausland ansässiger Zeuge vom Beteiligten, der seinen Vortrag durch die Aussage
dieses Zeugen stützen (beweisen) will, in die mündliche Verhandlung
zu stellen ist. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn diese Person im EUAusland ansässig ist.16
Dabei ist zu beachten, dass das FG einem Antrag auf Vertagung der
mündlichen Verhandlung nach § 155 FGO i.V. m. § 227 ZPO wegen
Verhinderung eines im Ausland lebenden Zeugen jedenfalls dann
nicht nachzugehen braucht, wenn dessen Verhinderung nicht nachprüfbar entschuldigt ist und außerdem der Beweisführer keine Anga-
7 So auch Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand: 220 Lfg. November 2012,
§ 90 AO, Rn. 152.
8 BFH, 12.2.2010 – VIII B 192/09, BFH/NV 2010, 833.
9 BFH, 13.6.2013 – III R 10/11, BStBl. II 2014, 706.
10 BFH, 19.2.2002 – II B 120/08, BFH/NV 2009, 965.
11 BFH, 25.2.2004 – I B 66/02, BFH/NV 2004, 919.
12 Vgl. Grube, DStZ 2012, 583, 589.
13 BFH, 19.12.2007 – X B 34/07, BFH/NV 2008, 597.
14 BFH, 12.2.2010 – VIII B 192/09, BFH/NV 2010, 833.
15 Vgl. § 81 Abs. S. 2 FGO.
16 BFH, 10.4.2014 – XI B 138/13, BFH/NV 2014, 1079; BFH, 12.2.2010 – VIII B 192/09, BFH/
NV 2010, 833.
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ben dazu macht, wann damit zu rechnen ist, dass dieser für eine Aussage zur Verfügung steht.17
Sollte also ein ausländischer Zeuge am Termin der mündlichen Verhandlung verhindert sein, darf ein Verlegungsantrag weder unsubstantiiert noch floskelhaft erscheinen. Vielmehr ist es empfehlenswert,
dem Gericht mitzuteilen, warum der Zeuge ausgerechnet an dem Termin nicht verfügbar ist, und einen Zeitraum zu benennen, während
dessen der ausländische Zeuge beigebracht werden könnte.18
Das Gericht hat die Pflicht, den Steuerpflichtigen darauf hinzuweisen,
einen ausländischen Zeugen zu stellen, wenn sich erst in der mündlichen Verhandlung die Notwendigkeit der Beiziehung des ausländischen Zeugen ergibt, weil dessen Aussage nach Auffassung des Gerichts für die Entscheidung erheblich sein kann.19 Dann kann sich
eine Vertagung der mündlichen Verhandlung anbieten.
3.
Grenzen der Mitwirkungspflichten in typischen
Einzelfällen
a) Urkunden
aa) Hindernisse trotz gesellschaftsrechtlicher
Verbundenheit
Problematisch wird die Mitwirkungspflicht in den Fällen, in denen
der Steuerpflichtige auf Urkunden aus dem Ausland angewiesen ist,
auf die er nicht einfach zugreifen kann. Dies ist vor allem dann der
Fall, wenn eine inländische Tochtergesellschaft Unterlagen von ihrer
Muttergesellschaft benötigt. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht
läge allenfalls dann vor, wenn der Steuerpflichtige die rechtliche oder
zumindest tatsächliche Möglichkeit gehabt hätte, an die Unterlagen
heranzukommen oder sich Zugriff auf die Unterlagen einräumen zu
lassen. Typischerweise hat eine Tochtergesellschaft allerdings keine gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten, Unterlagen ihrer Muttergesellschaft herauszuverlangen. Zwar könne daran gedacht werden, dass
sich der Steuerpflichtige entsprechende Auskünfte der Muttergesellschaft vertraglich vorbehalten müsse. Ein solcher Vorbehalt ist jedoch
normalerweise ebenfalls schwer zu vereinbaren.
Daran hat der BFH in einer Entscheidung zu einem Verrechnungspreisfall angeknüpft und entschieden, dass es auf die konkreten Möglichkeiten der Tochtergesellschaft ankomme, von ihrer ausländischen
Muttergesellschaft deren Gewinne aus einem bestimmten Produkt zu
erfahren. Ob die Tochtergesellschaft im Einzelfall eine solche tatsächliche Möglichkeit habe, müsse anhand konkreter Umstände ermittelt
werden. Sei eine solche Feststellung nicht möglich, könne dem Steuerpflichtigen keine Verletzung von Mitwirkungspflichten nach § 90
Abs. 2 AO vorgeworfen werden.20
Damit können fehlende gesellschaftsrechtliche Möglichkeiten im Rahmen der Beweisvorsorgepflicht Berücksichtigung finden und die gesteigerten Mitwirkungspflichten begrenzen.21
bb) Strafbewehrte Geheimhaltungspflichten
Eine strafbewehrte Geheimhaltungspflicht befreit in der Regel nicht
von der Mitwirkungspflicht. Beispielsweise wird gemäß Art. 273 des
Schweizerischen Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, in schweren Fällen mit Freiheitsstrafe nicht unter
einem Jahr derjenige bestraft, der ein Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnis einer fremden amtlichen Stelle oder einer ausländischen Organisation oder privaten Unternehmung oder ihren Agenten zugänglich macht.22 Geschäftsgeheimnis in diesem Sinne sind insbesondere
steuerrelevante Tatsachen.23 Dies hat zur Folge, dass Beteiligte zu-
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rückhaltend sind, für den inländischen Steuerprozess relevante
schweizerische Unterlagen vorzulegen.
Die Anforderung von Bilanzen und Erfolgsrechnungen einer schweizerischen Gesellschaft ist nach Auffassung des BFH auch dann rechtmäßig, wenn die Vorlage der Unterlagen einen Verstoß gegen Art. 273
StGB Schweiz darstellt. Etwaige Auswirkungen der schweizerischen
Strafvorschrift braucht kein anderer Staat gegen sich gelten zu lassen,
weshalb der BFH in dem entschiedenen Fall offen lassen konnte, ob
der Tatbestand der ausländischen Strafvorschrift ernsthaft in Betracht
käme.24
Der Steuerpflichtige befindet sich hier in einer misslichen Lage. Zum
einen ist er nach inländischem Recht zur Mitwirkung verpflichtet
und riskiert das Unterliegen im Prozess, wenn er hiergegen verstößt.
Zum anderen würde er den Tatbestand einer ausländischen Strafvorschrift verwirklichen, wenn er dieser Pflicht nachkäme.
Unter Berücksichtigung der Entscheidung des BFH25 kann die Mitwirkungspflicht allenfalls dann suspendiert sein, wenn der Steuerpflichtige ernsthaft mit einer Bestrafung zu rechnen hat und die Anwendung des § 90 Abs. 2 AO nicht rechtfertigend bzw. entschuldigend wirkt. Es kann in solchen Fällen schlicht unverhältnismäßig und
unzumutbar sein, die Mitwirkungspflicht unter Inkaufnahme einer
ausländischen Bestrafung durchzusetzen.26
Dies wird das Gericht anhand des einschlägigen ausländischen Rechts
zu prüfen haben. Dabei hat es das maßgebende ausländische Recht
gemäß § 155 FGO i.V. m. § 293 ZPO und den zugrundeliegenden
Sachverhalt unter Beachtung der erweiterten Mitwirkungspflichten
nach § 76 Abs. 1 S. 4 FGO i.V. m. § 90 Abs. 2 AO von Amts wegen zu
ermitteln. Wie das FG das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen.27
cc)
Nicht strafbewehrte Verschwiegenheitspflichten
Diese Grundsätze gelten erst recht, wenn die Verschwiegenheitspflicht
nicht einmal strafbewehrt ist. Wenn bereits die Strafandrohung von
ausländischen Strafvorschriften nicht zur Verweigerung von Auskünften berechtigt, muss dies erst recht in den Fällen gelten, in denen sich
eine ausländische Gesellschaft lediglich auf ihre Verpflichtung zur
Verschwiegenheit beruft und ihr Recht zur Verweigerung der Mitwirkung hierauf stützt.28
b)
Zeugen
In die mündliche Verhandlung zu stellende Zeugen können der Gefahr unterliegen, sich bei einer Aussage nach ausländischem Recht
strafbar zu machen. Insofern können die unter bb) dargestellten
Grundsätze entsprechend herangezogen werden.
17 BFH, 10.4.2014 – XI B 138/13, BFH/NV 2014, 1079; BFH, 5.2.2004 – V B 205/02, BFH/NV
2004, 964.
18 Vgl. BFH, 10.4.2014 – XI B 138/13, BFH/NV 2014, 1079.
19 BFH, 25.11.2002 – I B 32/02, BFH/NV 2003, 627.
20 BFH, 10.5.2001 – I S 3/01, BFHE 194, 360.
21 Vgl. dazu bereits Crezelius, IStR 2002, 433.
22 Die Vorschrift kann unter www.admin.ch abgerufen werden.
23 S. dazu Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand: 220 Lfg. November 2012,
§ 90 AO, Rn. 160 ff.
24 BFH, 16.4.1986 – I R 32/84, BStBl. II 1986, 736, BB 1986, 1635 Ls.
25 BFH, 16.4.1986 – I R 32/84, BStBl. II 1986, 736, BB 1986, 1635 Ls.
26 FG Düsseldorf, 8.10.1980 – XV/X 16/75 K, juris; vgl. Söhn (Fn. 23), Rn. 162.
27 BFH, 19.12.2007 – I R 46/07, BFH/NV 2008, 930; BFH, 13.6.2013 – III R 10/11, BStBl. II
2014, 706.
28 FG Niedersachsen, 9.11.1995 – XIV 161/90, juris. FG Düsseldorf, 8.10.1980 – XV/X 16/75
K, juris; Im Ergebnis ebenso Söhn (Fn. 23).
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Aber wie ist der Konflikt zu lösen, wenn nicht sicher feststeht, dass
sich der Zeuge aufgrund seiner Aussage zur Erfüllung der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen nach ausländischem Recht strafbar
macht? Kann der Zeuge seine Aussage verweigern?
aa) Zeugnisverweigerungsrecht, § 84 FGO i.V.m.
§§ 101 bis 103 AO
§ 84 Abs. 1 FGO verweist bezüglich des zur Zeugnisverweigerung berechtigten Personenkreises sowie der möglichen Verweigerungsgründe
auf §§ 101 bis 103 AO.
Soweit es sich bei den beizubringenden Zeugen um Angehörige des
Steuerpflichtigen handelt, können sie Auskünfte verweigern, § 101
Abs. 1 AO.
§ 102 Abs. 1 AO nennt bestimmte Berufsträger, denen zum Schutze
von Berufsgeheimnissen ein Auskunftsverweigerungsrecht zusteht.
Die Aufzählung ist abschließend. Dabei ist zu beachten, dass zu den
Rechtsanwälten im Sinne von § 102 Abs. 1 Nr. 3b AO nur inländische
und in einem EU-Staat zugelassene Rechtsanwälte zählen.29 Dieser
Personenkreis kann die Auskunft über das verweigern, was ihm im
Rahmen seiner Berufsausübung anvertraut oder bekannt worden ist.
Soweit es sich also bei dem ausländischen Zeugen um einen in einem
EU-Staat zugelassenen Rechtsanwalt handelt und er eine Aussage über
ein bestimmtes Mandat treffen soll, steht ihm grundsätzlich ein Auskunftsverweigerungsrecht zu. Die Frage eines möglicherweise nach
ausländischem Recht strafbaren Verhaltens stellt sich dann nicht
mehr.
Allein aus der Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts kann nicht
auf ein für den Steuerpflichtigen ungünstiges Beweisergebnis geschlossen werden. Die Zeugnisverweigerung selbst ist als bloße neutrale Tatsache zu werten, aus der keine Folgerungen zu Lasten der Beteiligten gezogen werden dürfen.30 Es verbleibt damit bei der Feststellungslast, wenn die Sache wegen der verweigerten Auskunft nicht aufgeklärt werden kann.31
Gemäß § 103 AO sind Personen, die nicht Beteiligte und auch nicht
für einen Beteiligten auskunftspflichtig sind, berechtigt, die Aussage
auf solche Fragen zu verweigern, deren Beantwortung sie selbst der
Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen würde.
Hat demnach der Auskunftspflichtige nach ordnungsgemäßer Belehrung (§ 103 S. 2 AO) freiwillig ausgesagt, ist seine Aussage uneingeschränkt verwertbar.32 Aber auch wenn die Belehrung unterblieben
ist oder nicht ordnungsgemäß erfolgte, können die Aussagen der Auskunftsperson im Besteuerungsverfahren verwendet werden, nicht jedoch in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die
Auskunftsperson.33
Das Auskunftsverweigerungsrecht ist auf solche Fragen begrenzt, deren Beantwortung eine strafrechtliche Verfolgungsgefahr nach sich
zieht. Ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht steht dem Zeugen
nach § 103 AO nur dann zu, wenn die geforderte Auskunft in einem
so engen Zusammenhang mit einem möglicherweise strafbaren oder
ordnungswidrigen Verhalten steht, dass nichts übrig bleibt, was beantwortet werden könnte, ohne dass die Auskunftsperson sich oder
einen Angehörigen belasten würde oder wenn die geforderte Auskunft
nicht in einzelne Fragen aufgeteilt werden kann.34
Ausreichend für die geforderte Verfolgungsgefahr ist die entfernte
Möglichkeit der Strafverfolgung.35 Die Gefahr einer strafgerichtlichen/ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfolgung im Ausland genügt
ebenfalls.36 Das Zeugnisverweigerungsrecht des § 103 AO besteht nur
Betriebs-Berater | BB 51/52.2014 | 15.12.2014
im Hinblick auf solche Fragen, die den Zeugen wegen einer zuvor, also vor der Auskunftserteilung begangenen Tat der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.37 § 103 AO verhilft dem Zeugen
also dann nicht zu einem Zeugnisverweigerungsrecht, wenn er sich
erst durch die Aussage selbst der Gefahr der strafrechtlichen oder ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfolgung aussetzen würde.
Auch nach der fast wortgleichen für den Strafprozess geltenden Vorschrift des § 55 StPO greift ein Aussageverweigerungsrecht nur dann
ein, wenn im Falle einer wahrheitsgemäßen Aussage die Verfolgung
wegen einer Straftat droht. Dies setzt nach h. M. voraus, dass die
Straftat, die Anlass zu der möglichen Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Zeugen geben kann, bereits begangen worden ist.
Es reicht nicht aus, dass der Inhalt der von dem Zeugen zu tätigenden
Aussage erst zu der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung führt.
Aus diesem Grund reicht die für den Zeugen u. U. bestehende Gefahr,
durch die Aussage gegen eine ausländische Strafnorm zu verstoßen
und sich so die Gefahr der Strafverfolgung zuzuziehen, für die Annahme eines Aussageverweigerungsrechts nicht aus.38
V.
Folgen der Unzumutbarkeit der
Zeugengestellung
Die Gefahr eines Zeugen, sich im Ausland einer Strafverfolgung ausgesetzt zu sehen, wenn er im Finanzgerichtsprozess seine Aussage tätigt, berechtigt ihn nach überwiegender Auffassung nicht, seine Aussage zu verweigern. Es bleibt die Hoffnung, will der Steuerpflichtige
seiner gesteigerten Mitwirkungspflicht nachkommen, dass das Gericht der Ansicht ist, die durch ausländisches Recht strafbewehrte
Aussage sei dem Zeugen unzumutbar. Nur dann würde keine Verletzung der dem Steuerpflichtigen obliegenden gesteigerten Mitwirkungspflicht vorliegen.
Falls es sich um einen Auslandszeugen handelt – der vom Kläger
grundsätzlich in den Prozess zu stellen ist – erhöht dies die Aussagebereitschaft des Zeugen nicht. Falls der Kläger glaubhaft machen
kann, dass er alles in seiner Macht Stehende versucht hat, den Auslandszeugen herbeizuschaffen, aber wegen der Strafbewehrung gescheitert ist, kann dies dazu führen, dass die Gestellung des Zeugen
als unzumutbar angesehen wird und das Unterbleiben der Gestellung
des Auslandszeugen als Verstoß gegen eine Mitwirkungspflicht ausscheidet.39
In diesem Fall müsste sich das Gericht nach allgemeinen Regeln um
anderweitige Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes
bemühen. Soweit das Aufklärungsdefizit des Gerichts nicht auf einer
fehlenden Mitwirkung des Steuerpflichtigen beruht, kann es bei
29 Schuster, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand: 191 Lfg. August 2006, § 102
AO, Rn. 13.
30 BGH, 23.5.2000 – 5 StR 142/00, NStZ 2000, 546.
31 BFH, 14.5.2002 – IX R 31/00, BStBl. II 2002, 712, BB 2002, 1634 Ls; Grube, DStZ 2012,
583, 589.
32 Schuster, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand: 191 Lfg. August 2006. § 103
AO, Rn. 24.
33 Wünsch, in: Pahlke/König, AO, 2. Aufl. 2009, § 103 AO, Rn. 22.
34 So ausdrücklich BFH, 17.3.1997 – VIII B 41/96, BFH/NV 1997, 736.
35 BFH, 13.4.1988 – V B 158/87, BFH/NV 1989, 82.
36 So Schuster (Fn. 32), § 103 AO, Rn. 12.
37 BFH, 21.12.1992 – XI B 55/92, BStBl. II 1993, 451, BB 1993, 857 Ls.
38 BGH, 15.12.2005 – 3 StR 281/04, NJW 2006, 785; AG Köln, 8.11.2012 – 505 Gs 2003/12,
NStZ 2014, 119; LG Stuttgart, 24.4.1992 – 11 ARs 1/92, NStZ 1992, 454; vgl. aber LG Freiburg, 16.12.1985 – IV Qs 101/85, NJW 1986, 3036.
39 BFH, 23.11.2011 – II R 33/10, BStBl. II 2012, 473, BB-Entscheidungsreport Hölzerkopf, BB
2012, 1395.
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Schüppen · Warten auf Godot und warum „Steuerrecht und Verfassungsrecht“ auch sonst ein Thema ist
Nichtaufklärbarkeit des Sachverhalts dementsprechend zu einer Entscheidung auf der Grundlage einer sphärenorientierten Beweisrisikoverteilung kommen. Die Nichtaufklärbarkeit kann mithin zu einer
Entscheidung im Wege der Schätzung mit vermindertem Beweismaß
oder nach den allgemeinen Grundsätzen der objektiven Beweislast erfolgen.40
VI. Fazit
Bei internationalen Sachverhalten wird dem Steuerpflichtigen in Finanzgerichtsprozessen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht auferlegt.
Die Verletzung dieser Mitwirkungspflicht kann zu Lasten des Steuerpflichtigen gewertet werden. Es ist daher erforderlich, so frühzeitig
wie möglich in allen steuerlich relevanten Sachverhalten mit Auslandsberührung dafür zu sorgen, dass Beweismittel vorliegen bzw. beschafft werden können.
Scheitert die Vorlage von Unterlagen oder die Aussage von Zeugen
daran, dass die Herausgabe der Dokumente oder die Aussage selbst
nach ausländischem Recht strafbar ist, hilft das dem Steuerpflichtigen
grundsätzlich nicht. Dies gilt erst recht, wenn das jeweilige Beweis-
mittel das einzige Mittel ist, mit dem der Kläger günstigen Tatsachenvortrag nachweisen kann.
Dr. Rüdiger Fiedler, RA, ist Manager im National Office Tax
bei Ernst & Young, Stuttgart. Er ist spezialisiert auf die Vertretung in Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung,
insbesondere in Finanzgerichtsprozessen, vor dem BFH,
dem BVerfG und dem EuGH.
Martin Riegel, RA/FAStR/StB, ist Executive Director bei Ernst
& Young in Eschborn. Er ist spezialisiert auf die Vertretung
in Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung, insbesondere in Finanzgerichtsprozessen, vor dem BFH, dem
BVerfG und dem EuGH.
40 Vgl. Seer (Fn. 1), § 76 FGO, Rn. 70.
Prof. Dr. Matthias Schüppen, Dipl.-Ök., RA/WP/StB
Warten auf Godot und warum „Steuerrecht und
Verfassungsrecht“ auch sonst ein Thema ist
I.
1.
Warten auf Godot
In Erwartung der dritten Erbschaftsteuerentscheidung des BVerfG
In dem bekannten existentialistischen Theaterstück von Samuel Beckett warten die beiden Landstreicher Estragon und Wladimir auf Godot. Er erscheint allerdings nicht, und ob er überhaupt existiert, bleibt
bis zuletzt zweifelhaft. Hieran fühlt man sich durch den zeitlichen
Vorlauf der Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit des
ErbStG erinnert:1 Das Verfahren ist im September 2012 durch den
Vorlagebeschluss des II. Senats des BFH eingeleitet worden.2 Allgemein rechnete man damals mit einer schnellen Entscheidung des
BVerfG. Dann war es schon Ende 2013 und die Fachwelt ging von einer Entscheidung im 1. Halbjahr 2014 aus.3 Einige Monate später
stellte sich heraus, dass das BVerfG erst am 8.7.2014 mündlich verhandeln würde; im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung
wurde das Urteil für den „Herbst“ angekündigt.4 Einige Wochen später wurde das Urteil für Ende Oktober avisiert, ein Termin, der bald
durch die Ankündigung, am 8.10. den Termin der Entscheidungsverkündung bekannt geben zu wollen, kassiert wurde. Eine Äußerung
aus Karlsruhe brachte allerdings erst der 18.11. Auch an diesem Tag
erschien aber nur – um im Bild des Theaterstücks von Beckett zu bleiben – der Ziegenhirte und kündigte ein Urteil für den 17.12.2014 an.
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2.
Agenda: Prinzipien formaler Rechtsstaatlichkeit
Unabhängig von diesem, Fachwelt und Publikum bewegenden Normenkontrollverfahren ergeben sich im Zusammenspiel von Steuerrecht und Verfassungsrecht eine Vielzahl praxisrelevanter Fragen. Die
verfassungsrechtliche Sensibilität im Bereich des Steuerrechts ist hoch.
Allgemein anerkannt sind heute insbesondere das verfassungsrechtliche Prinzip einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und das
Gebot der Folgerichtigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG) mit ihren einfachgesetzlichen Ausprägungen im objektiven und subjektiven Nettoprinzip.5
Anerkannt ist außerdem das Verfassungsgebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner
unterhaltsberechtigten Familie.6
1 Der Beitrag beruht auf einem Vortrag, den der Verfasser am 27.11.2014 an der Universität Hohenheim bei einer Veranstaltung des Forums RSW- Rechnungslegung- SteuernWirtschaftsprüfung e. V. gehalten hat; zu Beginn des Jahres 2014 war als Thema die Erbschaftsteuerentscheidung des BVerfG vereinbart worden. – Die Vortragsform ist weitgehend beibehalten, das Manuskript wurde um wenige Nachweise ergänzt.
2 BFH, 27.9.2012 – II R 9/11, BStBl. II 2012, 899, DStR 2012, 2063.
3 Vgl. Wachter, DB 2013, 2906.
4 Bericht über die mündliche Verhandlung vor dem BVerfG FAZ v. 9.7.2014, 19.
5 Kirchhof, StuW 2011, 365.
6 BVerfG, 4.12.2012 – 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27, 48, DStR 2003, 633. –
Zum Existenz sichernden und daher freizustellenden Aufwand führen – so jedenfalls der
VI. Senat des BFH in seinen Normenkontrollvorlagen an das BVerfG vom 17.7.2014 – VI R
8/12 und VI R 2/12, BB 2014 2981 m. BB-Komm. Hilbert – auch die Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung, das derzeit neben der Erschaftsteuervorlage populärste Thema
des Steuerverfassungsrechts.
Betriebs-Berater | BB 51/52.2014 | 15.12.2014