Bielefeld stets die Treue gehalten

BIELEFELDER KULTUR
WESTFALEN-BLATT Nr. 185
Mittwoch, 12. August 2015
Steigende Abos,
keine Spielstätte
Kulturverein geht in die neue Spielzeit
B i e l e f e l d (uj). Auch das
siebte Programm des Kulturvereins wartet wieder mit einer
gelungenen Mischung aus
Kleinkunst und Musik, Theater
und Tanz auf. Altgediente und
aufstrebende Künstler beehren Bielefeld mit ihren Pretiosen.
Tilman Birr gehört zu den aufstrebenden Kabarett-Stars, ebenso
Katie Freudenschuss, eine MusikKabarettistin, die gern improvisiert. Django Asül und Sebastian
Pufpaff hingegen gehören zu den
Altbewährten. Das Theater Bielefeld ist wieder mit Produktionen
aus Schauspiel, Musiktheater und
Tanz vertreten. Ebenso regionale
Künstler wie das Trio »Kordes, Tetlaff, Godejohann«, die ihr Programm »Bach and More« präsentieren, oder das Forum für Kreativität und Kommunikation mit
ihrem Stück »Invasion«.
Zum erstenmal wird der Kulturverein zwischen Weihnachten und
Silvester eine Veranstaltung anbieten: Zusammen mit seinem Ensemble Deep Schrott und der Sängerin und Schauspielerin Meret
Becker führt Dirk Raulf »60 Minuten Flussabwärts« im Theaterhaus
Tor 6 auf.
Der Kulturverein fährt auf der
Erfolgsspur. »Wir haben aktuell
573 Abonnenten und die Zahl
steigt kontinuierlich an. Gestartet
sind wir mit 220«, verdeutlicht Lei-
da Schievink, erste Vorsitzende.
Abonennten können sich mindestens fünf Veranstaltungen, nach
Belieben auch mehr, aus dem Programm mit 25 Angeboten frei zusammenstellen. Wer einen Neuabonnenten wirbt, erhält eine Veranstaltung gratis.
»Wir leisten ein Stück Kulturarbeit, das zu Bielefeld gehört. Und
darüber hinaus wirkt die Arbeit
des Kulturvereins auch soziokulturell. Denn Gruppen verabreden
sich, um unsere Veranstaltungen
zu besuchen. Ein Abo verbindet.
Man traut sich auch, alleine zu gehen, denn irgendeinen Bekannten
trifft man immer«, verdeutlicht Hicran Conker.
Ein Problem hat der Kulturverein allerdings: »Wir haben keine
eigene Spielstätte und sind auf Orte
angewiesen, die bis zu 350 Zuschauer aufnehmen können. Wir
sind ständig auf der Suche nach
Auftrittsorten und würden gerne
auch das Theater am Alten Markt
ab und zu mieten. Doch am Theater Bielefeld sagte man uns, dass
sie das TAM nicht fremdvermieten
würden, was definitiv nicht
stimmt. Wir fühlen uns verschaukelt«, macht Leida Schievink ihrem
Ärger Luft. Immerhin kann der
Kulturverein in der kommenden
Spielzeit erstmals die Johanniskirche als Veranstaltungsort einbringen.
Das Programmheft erhalten Interessierte erstmals am kommenden Samstag von 11 bis 15 Uhr in
der Geschäftsstelle in der Breite
Straße 24.
Der frühere Theaterintendant Heiner Bruns feiert heute seinen 80. Geburtstag. Obwohl er gute Angebote anderer Häuser bekommen hatte,
hielt er Bielefeld die Treue – bis heute. Und natürlich besucht er regelmäßig Vorstellungen des Theaters.
Foto: Jörn Hannemann
Bielefeld stets die
Treue gehalten
Der frühere Theaterintendant Heiner Bruns wird heute 80
Von Burgit H ö r t t r i c h
B i e l e f e l d (WB). »80 zu
werden, dass ist meiner Ansicht nach kein besonderes Ereignis mehr«, sagt Heiner
Bruns, ehemaliger Intendant
des Theaters Bielefeld, der
heute diesen »runden« Geburtstag in kleiner Runde feiert. Der 75ste vor fünf Jahren,
ja, der sei ein Einschnitt gewesen, meint Bruns.
Jutta Kokel, Hicran Conker, Leida Schievink und Karin Vieselmeier (von
links) präsentieren das neue Programm.
Foto: Hans-Werner Büscher
Kultur in Kürze
Boogie-Woogie: Das Christian
Bleiming Boogie Trio gibt am Freitag, 21. August, ein Konzert im
Jazz-Club, Beckhausstraße 72. Das
Trio spielt mitreißenden BoogieWoogie und traditionellen Rhythm
& Blues mit gelegentlichen SwingEinflüssen. Dabei gibt’s nicht nur
Klassiker des Genres, sondern
auch eigene Kompositonen von
Amandus Grund und Christian
Bleiming, die ganz im Stil der 30er
und 40er Jahre gehalten sind.
Konzertbeginn ist um 20.30 Uhr,
Karten sind an der Abendkasse erhältlich.
Konzertorganist: Der italienische Konzertorganist Alessandro
Bianchi spielt zum zehnten Mal ein
Orgelkonzert auf der Speith-Orgel
der Liebfrauenkirche, Fritz-Reu-
ter-Straße 5. Es findet am Montag,
17. August, um 19.30 Uhr statt und
enthält unter anderem Werke von
Max Reger, Johann Sebastian
Bach, César Franck und Georg
Gershwin. Das nächste Orgelkonzert findet am 5. November mit
Hans Uwe Hielscher statt.
Salonabend: Das Thema »Luther und die Juden« steht im Mittelpunkt eines Salonabends, zu
dem die Sarepta-Schwesternschaft
am Mittwoch, 9. September, um 19
Uhr einlädt. Nach dem einleitenden Vortrag des Referenten Pastor
Hans Schmidt aus Bethel besteht
die Gelegenheit zu Diskussion und
Austausch. Der Salonabend findet
von 19 bis 21 Uhr im Haus der Stille, Am Zionswald 5, statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Dass er »mitten im Sommer«
Geburtstag hat, habe ihn schon als
Kind bekümmert: »Meistens waren Ferien – zunächst Schulferien,
später dann Theaterferien. Für
große Feste fehlten schlicht die
Gäste, weil die verreist waren.«
Heiner Bruns wechselte von seiner Intendantentätigkeit in Pforzheim 1975 nach Bielefeld, blieb
23 Jahre, bis zu seinem Ruhe-
stand. Er führte das Theater zu
Tätigkeit mache ihm Spaß und er
internationalen Erfolgen, unter
bleibe mit dem Theaterleben in
seiner Leitung erblühte das »BieKontakt.
lefelder Opernwunder mit John
Heiner Bruns etablierte am BieDew. Er engagierte manch’ einen
lefelder Theater eine Kinder- und
Anfänger, der später eine große
Jugendsparte, ließ nahezu alle
Karriere machte. DaStücke des Berliner
zu gehörten SchauGrips-Theaters auf»Für die neue
spieler wie Armin
führen. 1994 wurde
Spielzeit habe ich diese »vierte Sparte«
Rohde, Andreas Hoppe, Joachim Meyermir schon Karten jedoch aus Kostenhoff oder Tatja Seibt,
gründen eingestellt.
reservieren lasSänger wie Robert
Es habe mehrere
sen.«
Dean Smith, Susan
Sparwellen der Stadt
Maclean,
Cynthia
gegeben, die dazu
Heiner B r u n s geführt hätten, dass
Makris oder Christine
Weidinger, die später
die Ensembles deutan der Met in New
lich verkleinert wurYork, der Mailänder Scala, der Roden. 1995 wurde unter dem Sparyal Albert Hall oder bei den Baydruck die En-suite-Bespielung des
reuther Festspielen gefeiert wurTAM eingeführt – die Stücke wurden.
den nicht wie heute im Wechsel,
Nach wie vor engagiere er sich
sondern eine bestimmte Zeit lang
beim Deutschen Bühnenverein,
jeden Abend aufgeführt.
sei Mitglied in mehreren AusBruns freut sich, dass das Theaschüssen. Bruns: »Ich bin dort
ter heute unter der Intendanz von
eine Art von Multi-Funktionär,
Michael Heicks dem Kinder- und
aber natürlich ehrenamtlich.« Die
Jugendbereich wieder Gewicht
Das Ende der Fotografie
Künstlergespräch zwischen Jörg Sasse und Martin Engler in der Kunsthalle
Bielefeld (WB). Zum Künstlergespräch mit Jörg Sasse und Martin Engler lädt die Kunsthalle am
Donnerstag, 13. August, um 18
Uhr ein.
Jörg Sasse sieht sich selbst nicht
als Fotograf. Er sucht in seinen
Arbeiten eine visuelle Qualität, die
unabhängig von dem Abgebildeten
ist. So sind seine fotografischen
Werke primär als Bilder und nicht
als Abbilder zu verstehen. Martin
Engler und Jörg Sasse sprechen
über das Ende der Fotografie und
ihr Aufgehen in einem erweiterten
Malereibegriff. Sie gehen der Frage nach, ob Sasses Bilder nicht in
letzter Konsequenz die Fortführung der Malerei mit den Mitteln
der Fotografie darstellen.
Martin Engler ist Sammlungsleiter für Gegenwartskunst am Städel
Museum in Frankfurt. Unter den
aus der DZ-Bank Kunstsammlung
ins Städel übergegangenen Werken sind auch wichtige Arbeiten
von Jörg Sasse. Im Jahr 2006 war
Martin Engler als Kurator an der
Ausstellung »Jörg Sasse. Tableaus
und Skizzen« beteiligt, die als Kooperation zwischen dem Kunstverein Hannover und dem Kunstmuseum Bonn entstand.
verleihe – trotz des engen Finanzkorsetts. Er habe sich damals vehement gegen die Kürzungen gewehrt, heute aber glaube er, dass
die enormen Einsparungen dazu
beigetragen hätten, das TAM für
Bielefeld zu erhalten. Bruns sollte
1986 Intendant in Essen, 1992 in
Mannheim werden. Beide Mal habe er abgelehnt, Bielefeld die
Treue gehalten.
Heiner Bruns, der im Jahr 2000
mit dem Bundesverdienstkreuz
geehrt wurde, ist Ehrenmitglied
des Bielefelder Theaters, der
Theater- und Konzertfreunde und
der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft (DTHG). Natürlich gehe er nach wie vor gern ins
Theater. Im Schauspiel schaue er
sich alle Inszenierungen von Michael Heicks an, zuletzt »Der Hundertjährige, der aus dem Fenster
stieg und verschwand«, habe aber
eine Große Vorliebe für das Musiktheater. Bruns: »Für die neue
Spielzeit habe ich mir schon Karten reservieren lassen.«
Theaterplakate
sind preiswürdig
Bielefeld (WB). Die Plakatkampagne des Theaters Bielefeld kann
sich mit dem Red Dot Award 2015
schmücken. Die Jury des internationalen Designwettbewerbs ehrte
die Poster-Serie der Spielzeit
2014/2015 mit der Auszeichnung
»Best of the Best« für höchste Designqualität. Insgesamt gehen in
diesem Jahr 13 Red Dot Awards in
der Kategorie Kommunikationsdesign an westfälische Designer.
Frei aus dem Handgelenk heraus
Peter Flachmann präsentiert neuen Werkzyklus »Augenschmaus und Gaumenfreuden«
Bielefeld (WB). Hungrig – nach
Nahrung oder Urlaub, je nach dem
– sollte man die neuen Bilder von
Peter Flachmann nicht betrachten.
Die reifen Früchte der Felder und
des Meeres lassen einem das Wasser im Munde zusammenlaufen,
die knorrigen, frisch austreibenden Weinreben wecken die Sehnsucht nach südlicheren Gefilden.
Frisch aus dem Atelier präsentiert
der Bielefelder Künstler eine neue
Serie großformatiger Acrylgemälde unter dem Titel »Augenschmaus und Gaumenfreuden« in
der Galerie »Kunst und Leben«.
Acht Wochen währte die Schaf-
fensperiode, in der Flachmann in
freier Malerei das Genre Stillleben
neu belebte – mit einer gestenreichen, fast wilden Pinselführung.
Mit breitem Pinsel werden die
Konturen gesetzt, die Flachmann
dann mit größter Abstraktion und
Reduktion auffüllt. Obgleich seine
Werke immer freier und abstrakter
werden, fühlt er sich dem Gegenständlichen dennoch verpflichtet.
»Meinen großen Zeichenblock habe ich im Urlaub stets dabei«, sagt
der Künstler, der die Motive später
im Atelier auf die große Leinwand
bannt.
Die Kunst, Formen und Farben
locker aus dem Handgelenk zu setzen, musste sich der gelernte Grafiker erst erarbeiten. »Nach den
freien Arkadienbildern lief es auf
einmal sehr gut«, erzählt Peter
Flachmann. Neben den großformatigen
Acrylgemälden
zeigt
Flachmann mit farbigen Kreiden
kolorierte Zeichnungen, die den
Gemälden als Vorstudien vorausgingen.
Peter Flachmann wurde 1938 in
Bielefeld geboren und ist seit 1960
als Grafik-Designer und Illustrator
selbstständig. Seit 1970 ist er Mitglied im Berufsverband Bildender
Künstler (BBK). Ab 1990 entstan-
den verstärkt freie künstlerische
Arbeiten und Bilderzyklen, vorwiegend zu Themen aus dem mediterranen Raum. Zudem hat Flachmann verstärkt musikalische Themen frei im Bild umgesetzt.
Die Ausstellung in der Galerie
Kunst und Leben, Breite Straße 23,
Ecke Neustädter Straße, wird am
Samstag, 15. August, um 17 Uhr
eröffnet. Sie läuft bis zum 26. September und kann zu den Öffnungszeiten der Galerie, dienstags bis
freitags von 10 bis 13 Uhr und von
14.30 bis 18.30 Uhr sowie samstags von 10 bis 16 Uhr besichtigt
werden.
Peter Flachmann zeigt neue Arbeiten frisch aus dem Atelier in der Galerie Kunst und Leben.
Foto: Hans-Werner Büscher