Flyer zur Ausstellung

B I LD E R D E S G LAUB E N S I N D E R ZE I T M A RT I N L U T H E RS
Museum Otto Schäfer
und Stadtarchiv Schweinfurt
BILDER DES GLAUBENS
IN DER ZEIT
M A RT I N L U T H E R S
Illustration und Einzelblattgraphik
1465-1565
Bearbeitet von Georg Drescher
Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schweinfurt 28
Herausgegeben von Uwe Müller
Museum Otto Schäfer: Ausstellungskatalog / N.F. 7
Herausgegeben im Auftrag der
Dr.-Otto-Schäfer-Stiftung e. V. von Georg Drescher
Der Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung
des Museums Otto Schäfer und des Stadtarchivs
Schweinfurt
BILDER DES GLAUBENS IN DER ZEIT MARTIN LUTHERS
Illustrationen und Einzelblattgraphik 1465-1565
im Museum Otto Schäfer, Schweinfurt
vom 27. September bis 29. November 2015
Die Ausstellung findet anläßlich der Lutherdekade
2008-2017 zum Motto des Jahres 2015 „Bild und
Bibel“ statt. Sie zählt zur Ausstellungsreihe der
7
Schweinfurter Museen „Im Zeichen der Luther-
Einleitung
dekade: 16 – 19 – 21“, die in Zusammenarbeit mit
17
dem Evangelisch-Lutherischen Dekanat Schweinfurt
Katalog
veranstaltet wird.
147
Künstler und Autoren in Auswahl
153
Abkürzungs- und Literaturverzeichnis
Text:
Georg Drescher
Kataloggestaltung:
Georg Drescher; Karl-Heinz Weppert
Druck: Bonitas print, Würzburg
ISBN: 978-3-926896-33-9
© 2015
Dr.-Otto-Schäfer-Stiftung e.V. und Stadtarchiv
Schweinfurt
Umschlag: Titelblatt der Niederdeutschen Lutherbibel, Lübeck 1533/34 (Exp. 68)
Frontispiz: Albrecht Dürer: Die Hure Babylon.
Holzschnitt um 1496/98 (Exp. 24, Ausschnitt)
Stadtarchiv und Stadtbibliothek
EINLEITUNG
„Bild und Bibel“ lautet das Motto für 2015
der Lutherdekade 2008-2017 der Evangelischen Kirche in Deutschland. Denn in diesem Jahr jährt sich der Geburtstag von
Lucas Cranach d. J. (1515-1586) zum fünfhundertsten Mal. Vater wie Sohn Cranach
gelten als künstlerische und mediale Propagandisten der Reformation. Das Museum
Otto Schäfer und das Stadtarchiv Schweinfurt präsentieren unter dem Titel „Bilder
des Glaubens in der Zeit Martin Luthers“
ein Jahrhundert religiöser Kunst von 1465
bis 1565. Die Schau zählt zur Ausstellungsreihe „Im Zeichen der Lutherdekade 16 –
19 – 21“,1 die die Schweinfurter Museen in
Zusammenarbeit mit dem EvangelischLutherischen Dekanat Schweinfurt veranstalten. Die Ausstellung beschränkt sich
dabei auf Buchillustration und Einzelblattgraphik und zeigt 76 Exponate, die weitgehend aus den lokalen Beständen des Museums Otto Schäfer, des Stadtarchivs Schweinfurt und der Sakristeibibliothek St.
Johannis, Schweinfurt stammen.
Neben Arbeiten der Cranachs und ihrer
Werkstatt sind mit Albrecht Dürer, Hans
Holbein d. J., dem Hauptmeister der Lübecker Bibel, Michael Wolgemut, Wilhelm
Pleydenwurff, Hans Baldung Grien, dem
Petrarcameister, Hans Schäufelein, Hans
Springinklee, Wolf Traut, Hans Sebald
Beham, Leonhard Beck, Jörg Breu d. Ä.,
Urs Graf, Heinrich Vogtherr d. Ä., Erhard
Altdorfer, Georg Lemberger und Jost
Amman ein Großteil der Künstler des
ausgehenden 15. und der ersten beiden
Drittel des 16. Jahrhunderts vertreten.
7
Während Dürer 1512 der festen Überzeugung war, die Kunst des Malens werde gebraucht im Dienst der Kirche, um das Leiden Christi anzuzeigen3, verwahrte sich Luther in seinem Sermon von der Betrachtung
des Heiligen Leidens Christi sieben Jahre
später gegen eine Frömmigkeit, die sich mit
Hilfe von „bildelein und büchlein“4 in die
Passion versenke. Dabei ging es weniger um
die Bilder selbst – sie waren für Luther
weder gut noch böse –, sondern um die Anbetung und Verehrung von Bildwerken oder
ihrer Stiftung als gutem Werk oder um des
Ablasses willen.
Albrecht Dürer: Der Heilige Hieronymus im Gehäuse
Hans Baldung Grien: Martin Luther als Augustinermönch in
Monogrammierter und datierter Kupferstich, 1514
der Nische, Holzschnitt, 1520
Die Ausstellung beginnt mit dem Meisterstich Albrecht Dürers aus dem Jahr 1514
„Der Heilige Hieronymus im Gehäuse“.
Der lateinische Kirchenvater genoss am Ausgang des Mittelalters größte Verehrung. In
Nürnberg erreichte sie gerade im Jahr des
Meisterstichs einen Höhepunkt, als der
Ratsschreiber Lazarus Spengler höchstpersönlich die Vita des Heiligen ins Deutsche
übertrug. Sein Freund Dürer steuerte hierfür den Holzschnitt „Der Heilige Hieronymus in der Felsengrotte“ bei. Breiten Volksschichten war der Kirchenvater als frommer,
sich geißelnder Büßer in der Wüste herausragendes Vorbild für die Nachfolge Christi,
als Gelehrter und Übersetzer der Bibel galt
er humanistischen Kreisen als Ideal. Sein
strahlender Nimbus und der anderer ‚Modeheiliger‘ verblasste aber zunehmend durch
die große Popularität eines Wittenberger
Mönches. Lucas Cranachs Kupferstich
„Martin Luther als Augustinermönch in der
Nische“ (1520) – vom sächsischen Hof zu
Propagandazwecken eingesetzt – wurde zu
einem überwältigenden medialen Erfolg,
den die kurfürstliche Kanzlei nicht mehr zu
steuern vermochte. In zahlreichen, häufig
sakral aufgeladenen Nachschnitten kursierte
das Porträt des Reformators im ganzen
Reich. Und der päpstliche Nuntius Hieronymus Aleander meldete dem Heiligen Stuhl
vom Wormser Reichstag 1521: „So hat man
ihn (= Luther) denn auch neuerdings mit
dem Sinnbild des Heiligen Geistes über dem
Haupte und mit dem Kreuz oder auf einem
anderen Blatt mit der Strahlenkrone dargestellt: und das kaufen sie, küssen es und tragen es selbst in die kaiserliche Pfalz“.2
8
In der Auseinandersetzung um das Sakrament des Abendmahls mit seinem aus Sachsen ausgewiesenen Doktor vater Andreas
Karlstadt, der 1522 den Bildersturm in Wittenberg ausgelöst hatte, verurteilte Luther
dann den Bildersturm entschieden und
sprach sich für den didaktischen Einsatz von
Bildern aus: „Nu° begeren wyr doch nicht
mehr, denn das man uns ein crucifix odder
heyligen Bilde lasse zum ansehen, zum
zeugnis, zum gedechtnis, zum zeychen
[...]“.5 Das Vorgehen der Bilderstürmer erkläre sich allein aus der Furcht vor der
Macht der Bilder: „Das bilde stürmen habe
ich also an gryffen, das ich sie [= die Bilder,
d. A.] zu erst durchs wort Gottes aus den
hertzen rysse und unwerd und veracht
machte, wie es denn auch also schön geschehen ist, ehe denn D. Carlstadt vom bildestürmen trewmete. Denn wo sie aus dem
hertzen sind, thun sie fur den augen keynen
schaden. Aber D. Carlstadt, dem nichts gelegen ist an den hertzen, hat das umkeret
und sie aus den augen gerissen und ym hertzen stehen lassen. [...] Denn wo die hertzen
unterrichtet sind, das man alleyn durch den
glauben Gott gefalle und durch bilde yhm
keyn gefallen geschicht, sondern eyn verlorner dienst und kost ist, fallen die leute selbs
williglich davon, verachten sie und lassen
keyne machen“.6 Und er verwies auf seine
Bibel, die auch von den Bilderstürmern eifrig gelesen werde, obwohl sie doch so viele
Illustrationen enthalte. Was aber in den Büchern nicht schade, könne man für ein besseres Verständnis der Heiligen Schrift auch
an die Wände malen: „So bitten wyr sie nu°
gar freuntlich, wollten uns doch auch gonnen zu thun, das sie selber thun, Das wyr
auch solche bilder mügen an die wende
malen umb gedechtnis und besser verstands
willen, Syntemal sie an den wenden ia so
wenig schaden als ynn den büchern, Es ist
yhe besser, man male an die wand, wie Gott
die wellt schuff, wie Noe die arca bawet und
was mehr guter historien sind, denn das
man sonst yrgent welltlich unverschampt
ding malet, Ja wollt Gott, ich kund die
herrn und die reychen da hyn bereden, das
sie die gantze Bibel ynnwendig und auswendig an den heusern fur ydermans augen
malen liessen, das were eyn Christlich
werck“.7 Luther denkt dabei vor allem an
die Einfältigen und Kinder, die durch Bilder
die göttliche Lehre besser begreifen könnten als durch das Wort. Er greift damit eine
didaktische Idee Papst Gregors auf, nämlich
die der Armenbibel. Er widerspricht damit
Karlstadt, der von der Nutzlosig- und
Schädlichkeit der Bilder fest überzeugt war:
„Aber Gregorius spricht. Die Leyhen sollen
bilder gebrauchen/ fur bucher. Sage mhyr
lieber Gregori/ oder laß mirs ymand sagen.
Was kunden doch leyhen auß bildern guts
lernen? Du must ye spreche[n]/ das man
eytel fleyschlich leben vn[d] leyden darauß
lernet/ vn[d] das sie nit weider furen dan
9
yns fleisch/ ferner mogen sie nit brengen.
Exemplum/ Auß dem bild des gecreuzigten
Christi lernestu nicht/ dan das fleischlich
leyden Christi. Wie Christus sein heubt geneigt/ vnd der gleiche[n]. Nhu sagt Christus/ das sein eygen fleisch nit nutz sey/
sondern dz der geist/ nutz sey vn[d]
lebe[n]dig thun machen. Szo spricht auch
Petrus. Das Christus/ worte hat gehabt/
des ewigen lebens vnd gaistes. Dieweil nun
dye bilder stum/ vnd taub seind/ konden
weder sehen noch horen. weder lerne[n]
oder leren. vn[d] deuten/ auff nichs anders
dan vff lauter vnd blos fleisch/ das nicht
nutz ist“.8
Bilderjahr der Reformation – erhält Luthers
Betbüchlein ein illustriertes Passional, seine
Evangelienpostillen erscheinen erstmals mit
zahlreichen Holzschnitten und Großer und
Kleiner Katechismus werden mit Bildern
ausgestattet. Aber auch die zwinglianische
Zürcher Bibel von 1531 (Exp. 10) enthält
eine Holzschnittfolge, die gemessen an der
Zahl der Bilder alle bisherigen deutschsprachigen Bibeldrucke übertrifft. Im Buch
ist also wenig von protestantischer „Bilderfeindlichkeit“ zu finden, aber auch wenn
alte Bildmotive wieder aufgegriffen werden,
stehen sie doch in neuem Kontext und
neuer Funktionalität.
Luthers Sicht auf die Bilder – bei zunehmend positiverer Bewertung derselben –
wechselt so nach Adressat, an den er sich
wendet: Ein radikaler Ikonoklast gegenüber
altgläubiger Bildpraxis und -verehrung, ein
vehementer Verteidiger der Kunstwerke gegenüber den Bilderstürmern und ihrer Bekämpfung der Idolatrie. Geprägt ist die „via
media“9 Luthers aber auch von Zweifeln in
der Bilderfrage. Denn „alles, was Luther
zum Bild sagt,“ ist „gekennzeichnet von
Unsicherheit und Zaudern, von Zurücknahme des früher Gesagten und fehlendem
Zusammenhang“.10 Eine Bedingung ist für
Luther aber unumstößlich: Das Bild hat sich
dem Wort unterzuordnen. So beraubt er es
weitgehend seiner Ausdruckskraft. Ein Beispiel dafür sind die Holzschnittfolgen zur
Apokalypse von Albrecht Dürer und Lucas
Cranach d. Ä. Den Illustrationen von Cranach und seiner Werkstatt bescheinigt man
im Vergleich „nüchterne Lehrhaftigkeit“.11
In der Bibel gibt es dabei prinzipiell die
wenigsten Veränderungen. Für die zahlreichen vorreformatorischen deutschsprachigen Bibeldrucke wie für die Lutherbibeln
gilt: Evangelien und Episteln werden im
besten Fall nur mit einem Bild des jeweiligen Autors ausgestattet, die Apostelgeschichte mit Maria im Kreis der Jünger. Im
Neuen Testament bedarf allein die Apokalypse einer umfangreichen Illustrierung, weil
ihr schwer verständlicher Inhalt so besser
begriffen werden kann. Für Luther schon
deshalb kein Problem, weil er die Offenbarung des Johannes nicht für ein authentisches Buch der Heiligen Schrift hielt. Gottesdarstellungen finden sich – neben der
Apokalypse – nur im Alten Testament. Der
Schöpfer der Welt und Überbringer der Gesetzestafeln blickt zudem aus dem Himmel
auf viele alttestamentarische Szenen herab.
Gegen dieses unausgesprochene Verbot verstößt nur Jodokus Pflanzmann in seinem
Augsburger Bibeldruck um 1475. Er wagt
im Matthäusevangelium die Kreuzigung
darzustellen. Einen Platz für das Bild Christi
In der gebundenen Graphik werden Luthers
Vorschläge bald aufgenommen. 1529 – im
10
Kreuzigung, Holzschnitt aus der Pflanzmann-Bibel, Augsburg um 1475/76
gibt es ansonsten nur auf dem Titelblatt,
meist in Form eines antithetischen oder typologischen Titelblattes, das Begebenheiten
des Alten und Neuen Testaments gegenüberstellt (Exp. 17, 68).
Als Jost Amman für das Frankfurter Verlegerkonsortium Georg Rab, Sigmund Feyerabend und die Erben von Weigand Han
eine neue umfangreichere Bildfolge für die
Lutherbibel schafft, der auch behutsam
neue Illustrationen für die Evangelien vorsieht, stößt das in Wittenberg auf Kritik:
„Der ehrwirdige Herr Doctor Martinus Luther hat die Figuren in der wittenbergischen
Biblia zum Teil selber angegeben [...] und
wollt nicht leiden, daß man uberlei und unnütz Ding, daß zum Text nicht dienet, sollt
dazu schmieren, wie jetzt die Nachdrücker
in ihren Biblien getan haben. Die Figuren in
11
ihren Biblien sind klein und was den Text
belanget, fast unkenntlich. Um die Figuren
herum haben sie viel Narrenwerk, Puppenwerk und Teufelswerk lassen malen. Denn
sie haben etliche Leisten um die Figuren lassen machen, weil die Figuren so klein sind,
darauf stehet so närrische Fantasey von teuflischen Angesichten, Uhu und andern, unflätigen, gräßlichen Angesichten und Monstris. Und haben solche Leisten um die Figuren geschlossen und gesatzt, welche viel
besser im Marcolfo [=Salomon und Markolf,
ein drastisches Volksbuch der Zeit], denn in
der Biblia neben Gottes Wort stehen sollten“.12
Die Apokalypse bedarf besonderer Erwähnung. Sie wird zum Ort der konfessionellen
Polemik. Lucas Cranach d. Ä. erweitert für
das Septembertestament 1522 die berühmte
Holzschnittfolge Dürers aus dem Jahr 1498
auf 21 Bilder. Die Hure Babylon und das
Untier aus dem Untergrund tragen die
päpstliche Tiara, und Babylon erscheint in
Gestalt der Heiligen Stadt. Der Papst wird
in diesen Bildern zum Antichristen stilisiert.
Zahlreiche Nachdrucke übernehmen diese
Bilder, in den Wittenberger Ausgaben müssen auf Einspruch des sächsischen Herzogs
Georg des Bärtigen zumindest die Papstkronen entfernt werden. Die zensierten Holzschnitte, die aber immer noch Rom als
Babel zeigen, dienen auch Emsers katholischer Ausgabe des Neuen Testaments von
1527 zum Schmuck (Exp. 27).
Wenn Luther im Alten Testament die Zahl
der Bilder gegenüber etlichen vorreformatorischen Drucken reduziert, nimmt er dennoch neue Illustrationen auf, die bislang nur
in gelehrten lateinischen Editionen zu fin12
Hatte Hans Baldung Grien noch 1516 – wie
meist üblich – die Gebote durch ihre Übertretung in einem zeitgenössischen Umfeld
ins Bild gesetzt, bemüht Cranach allein biblische Geschichten für die Darstellung des
göttlichen Gesetzes. Für das zehnte Gebot
wird etwa ein positives Beispiel gewählt,
nämlich die Flucht Josephs vor dem Weib
Potiphars. Das vierte Gebot erhält ein ambivalentes Bild: die Trunkenheit Noahs. Während Ham den gebührenden Respekt vor
seinem trunkenen und entblößten Vater vermissen lässt, bedecken Sem und Jafet seine
Scham, ohne ihn dabei anzusehen (Exp. 61,
63-64). Die Dekalogbilder werden „Cranachs einziger Holzschnittzyklus zu einem
speziellen Stück protestantischer Kirchenlehre“13 bleiben.
Lucas Cranach d. Ä.: Die Hure Babylon
Holzschnitt aus dem Septembertestament, 1522
den waren: Rekonstruktionen des Ornats
des Hohenpriesters, der Stiftshütte, des salomonischen Tempels und des Tempelgerätes.
Denn auch Theologen sollen statt der Vulgata seine deutsche Bibel verwenden.
Zahlreiche Bilder zur Kindheit, zum Leben
und Leiden Christi finden sich außerhalb
der Bibel. Dort verpönt, illustrieren sie um
so häufiger Evangelienharmonien, Marienleben, Passionare, Plenarien, Postillen, Evangelienauslegungen und Gebetbücher. Vielfach greift reformatorisches Schrifttum tradierte Bildmotive nach einer kurzen Phase
der Bilderlosigkeit wieder auf. Für Luthers
Katechismus aber wird Lucas Cranach d. Ä.
den Dekalog in neue Bilder umsetzen.
In der zahllosen Passionsliteratur um 1500
spiegelt sich die Frömmigkeit und die Orientierung auf Christus in dieser krisengeschüttelten Umbruchszeit, die sich „nach
festen Gnaden- und Heilsgarantien“14 sehnt.
„Frömmigkeit wird als tiefpersönliche Erfahrung von Religiosität verstanden, die eine
eigene enge Beziehung und Bindung zwischen dem Gläubigen und Gott herstellt.
Sich in die Situationen des christlichen
Heilsgeschehens hineinzuversetzen, sie
nachzuempfinden, wird eine wichtige Voraussetzung der Andachtspraxis [...]“.15 Bilder erleichtern dabei die Meditation über die
Leiden Christi. Die zeitgenössischen Drucke
der Passionare sind vielfältig. Die Texte können noch aus dem 14. Jahrhundert stammen, der Frömmigkeitsbewegung der Devotio moderna nahestehen oder neulateinischer, humanistischer Bibelepik angehören.
Ein künstlerischer Höhepunkt sind sicher
Die Große und Kleine Passion Albrecht Dü-
rers, aber auch der überbordende Schrein
oder Schatzbehalter der waren Reichtümer
des Hails vnd der ewigen Seligkeit des Nürnberger Predigers Stephan Fridolin aus dem
Jahr 1491. Der Christus der Passion ist für
ihn „der punct, das centrum, das mytelst
stetlein unßer hoffnung“16. Dem hätte Luther sofort zustimmen können: „Christus
finis omnium et centrum“17; aber auch Erasmus von Rotterdam zeigt dasselbe Verständnis für Christus in seinem Enchirdion militis
christiani. Er ermahnt den Leser, „daß du in
Christus das einzige Ziel deines Lebens
siehst und auf ihn allen deinen Eifer, alle Bemühungen, jede Muße und Beschäftigung
richtest“.18 Die Reformation „mit ihrer
christozentrischen, passionsorientierten,
gnaden- und vertrauenszentrierten Theologie“19 wird diesen Strang der Frömmigkeit
aufnehmen. Es bleibt aber im Gegensatz
zum Spätmittelalter wenig Platz für die
Muttergottes, die zweite „Zentralgestalt der
göttlichen Barmherzigkeit“20 jener Zeit, und
für die Heiligen.
Das Titelblatt der Reformationszeit beschließt die Ausstellung. Es wird zum Träger christlicher Botschaft. Noch bevor Lucas
Cranach d. Ä. in der zweiten Hälfte der
1520er Jahre von der rein ornamentalen Renaissancebordüre zu einer szenisch gestalteten Titelrahmung übergeht21, hat Hans
Holbein d. J. in Basel bereits programmatische Entwürfe für das Titelblatt gestaltet
(Exp. 70).
Zu den komplexesten Lösungen zählt das
Motiv von „Gesetz und Gnade“, das auch
als Gemälde weite Verbreitung fand. Es
stellt antithetisch bzw. typologisch Szenen
des Alten Testaments unter dem Motto Ge13
setz und des Neuen Testaments unter dem
Motto Gnade gegenüber (Exp. 68). Es ist
immer wieder als rein protestantisches Lehrbild aufgefasst worden, war aber durchaus
überkonfessionell beliebt. Lucas Cranach d.
J. setzt den Schlusspunkt der Ausstellung
mit einer Titelrahmung aus dem Jahr 1545
für Luthers lateinische Werkausgabe (Exp.
76). Sie zeigt den Reformator und den
sächsischen Kurfürsten kniend und betend
unter dem Kreuz: Für Altgläubige ein
Beleg, dass Luther nun Bildwerke anbete.
Für den Reformator selbst wird das nebensächlich gewesen sein. Denn ihm selbst ging
es in erster Linie um eine missbräuchliche
Bildpraxis, gegen die er sich durch seinen
Glauben gut gewappnet sah.
1
2
der Oktav-Ausgaben des Neuen Testaments in
hunderte, deren Kunst die jeweilige Ausstellung
Mittel-, Nord- und Westdeutschland). Straßburg
behandelt.
1924. (Studien zur deutschen Kunstgeschichte
226), S. 4
Hofmann, S. 153
3
Dürer I, S. 15
4
WA II (1884), S. 136
5
12
Drescher, Georg: Die Bibelillustration im gedruckten Buch. In: Wort, S. 13-18, S. 16
Luther, Martin: Wider die himmlischen Prophe-
13
Cranach I, S. 368; s. S. 366-369 und Nr. 255
ten, von den Bildern und Sakrament. 1525. In:
14
Hamm, S. 6
WA XVIII (1908), S. 37-214, S. 80
15
Lipowski, Katrin und Claudia Wiener: pia carmina
6
Ebd., S. 67
cum figuris. Dürers Zusammenarbeit mit dem
7
Ebd., S. 82
Dichter Benedictus Chelidonius. In: Marienleben,
8
Karlstadt, Andreas: Von Abthuhung der Bylder,
9
Lucas Cranach der Jüngere: Titelholzschnitt mit Luther und dem Kurfürsten betend unter dem Kreuz für eine Ausgabe des Neuen Testaments 1546, die deutsche Werkausgabe Luthers und andere Schriften; hier aus dem Dritten Teil der deutschen Werkausgabe
10
11
14
Die Zahlen 16, 19 und 21 verweisen auf die Jahr-
S. 39-57, S. 48
vnd das keyn Betdler vnther den Christen seyn
16
Hamm, S. 12
sollen. Wittenberg 1522, Bl. B1r-B1v
17
Ebd.
Cottin, Jérôme: Das Wort Gottes im Bild. Eine
18
Erasmus, Desiderius: Enchirdion militis christiani.
Herausforderung für die protestantische Theolo-
In: Ders.: Ausgewählte Schriften. Herausgegeben
gie, Göttingen 2001, S. 251
von Werner Welzig. 8 Bde., Darmstadt 1968, Bd.
1., S. 55-375, S. 169
Ebd., s. S. 251-273
Zimmermann, Hildegard: Beiträge zur Bibelillus-
19
Hamm, S. 37
tration des 16. Jahrhunderts. (Illustrationen und
20
Ebd., S. 12
Illustratoren des ersten Luther-Testamentes und
21
Cranach I, S. 352-358
15
Übersicht über den Katalog
Exp. 1-2
KATALOG
Auftakt: Hieronymus und Luther
Exp. 3-5
Memnotechnische Bildsysteme
Exp. 6-7
Evangelienharmonien
Exp. 8-28
Bibel
Exp. 8-10
Schöpfung
Exp. 11-15
Altes Testament
Exp. 16-19
Neues Testament
Exp. 20
Tendenzen des Titelblattes
Exp. 21-28
Apokalypse
Exp. 29-32
Marienverehrung
Exp. 33-38
Heiligenlegenden
Exp. 39-53
Passionsliteratur
Exp. 54-57
Plenar, Postille und
Exp. 58-60
Gebetbuch
Exp. 61-64
Dekalog und Katechismus
Exp. 65-67
Apostel
Exp. 68-76
Das Titelblatt der Reformationszeit
Evangelienauslegung
16
17
1
ALBRECHT DÜRER
Der Heilige Hieronymus im Gehäuse
Monogrammierter und datierter Kupferstich, 1514
MOS, D-59
Allein in seinem druckgraphischen Werk hat
Im selben Jahr publizierte der Freund Dürers und
Albrecht Dürer den Kirchenvater Hieronymus
Nürnberger Ratsschreiber Lazarus Spengler seine
sechs Mal ins Bild gesetzt. Das berühmteste Blatt ist
Übersetzung der Vita des Kirchenvaters, für die der
sicherlich sein Meisterstich „Der Heilige Hieronymus
Künstler bereits zwei Jahre zuvor den Holzschnitt
im Gehäuse“ aus dem Jahr 1514. Hier wird allein
„Der Heilige Hieronymus in der Felsengrotte“
der gelehrte Bibelübersetzer und Theologe darge-
geschaffen hatte (s. Exp. 35). Hierfür verband man
stellt, dessen Übersetzung der Heiligen Schrift aus
das Motiv des Gelehrten mit dem des Büßers und
den Ursprachen ins Lateinische als Vulgata lange
Eremiten. In Nürnberg galt der Kreis um den
Zeit als einzig maßgebliche Fassung galt. Der be-
Augustiner Johannes von Staupitz als „Kern eines
reits von Dürer verwendete Begriff Gehäus, mit
humanistischen Hieronymus-Kultes [...] im zweiten
dem der Künstler den Kupferstich wohl nur von sei-
Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts“ (SMS I, S. 176).
nen Darstellungen des Hieronymus als Büßer und
Auch Dürer gehörte zu diesem Kreis. Matthias
Eremit in der ‚Wüste‘ abgrenzen wollte, evoziert
Mende hat angeregt, in dem Meisterstich im über-
Gemütlichkeit, die sich aber immer wieder als frag-
tragenen Sinne ein Portrait des Erasmus von Rotter-
würdig erweist. Rückwand und Decke sind nach-
dam als ‚neuen‘ Hieronymus zu sehen.
träglich aus Holz eingezogen: Sollen sie die Studierstube des Kirchenvaters von einem größeren, zugi-
Lit.: Sander, S. 260; SMS I, Nr. 70, S. 174-178; Dürer III,
gen Raum abtrennen, oder hat man marode
Nr. 8; Dürer I, Nr. 48
Bausubstanz provisorisch saniert? Der in seine Arbeit versunkene Greis ist von Todes- und Vanitassymbolen umstellt: der Totenkopf auf der Fensterbank, das Tischkreuz, die Sanduhr an der Wand und
der an der Decke aufgehängte, getrocknete Flaschenkürbis. Ist er sich dieser Bedrohung bewusst?
Er scheint sich zumindest dadurch nicht von seiner
Arbeit abhalten zu lassen. Im Vordergrund döst der
Löwe, dem Hieronymus einst einen Dorn aus der
Pfote gezogen hat und der zu den klassischen Attributen des Kirchenvaters gehört. Der neben ihm
schlafende Hund entspringt einer anderen ikonographischen Tradition, dem aus Italien stammenden
Motiv des Gelehrten im Studiolo. Der kostbare
Kupferstich Dürers belegt die große Verehrung, die
der gelehrte Heilige gerade bei Humanisten genoss.
18
19
2
MARTIN LUTHER
De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium
Straßburg: Johann Schott, 1520. 4°
Aufgeschlagen: Martin Luther, Holzschnitt von
Hans Baldung Grien
MOS, OS 1206
In seiner zweiten Programmschrift Von der babyloni-
seret iratos impia terra Deos“. (Gottheiten haben
schen Gefangenschaft der Kirche wandte sich Luther
uns den himmlischen Luther hervorgebracht, lange
der eigentlichen Theologie, vor allem der Sakramen-
haben unsere Zeiten nichts Größeres gesehen.
tenlehre zu. Daher wurde sie auch in Latein ver-
Wenn ihn der grausame Irrtum der Päpste nieder-
öffentlicht. Zudem sah er in seinem Werk für den
drückt, wird das frevlerische Land keine zornigen
„gemeinen Haufen“ eine „noch zu starke Speise“
Götter hervorbringen) (Übers. nach Ritter! Tod!
(WA VI, S. 487). Kernpunkt war die Abendmahls-
Teufel?, S. 171). In der vorliegenden Straßburger
lehre, die ihm durch drei „Gefangenschaften der
Ausgabe des Druckers Schott hat Hans Baldung
Kirche“ verdunkelt erschien: Zum einen durch die
Grien das Portrait nach dem bekannten Kupferstich
Verweigerung des Laienkelchs, zum zweiten die
Lucas Cranachs Martin Luther als Augustinermönch
Transsubstantiationslehre, nach der die Substanz
in der Nische (1520) entworfen. Dabei hält er in der
von Wein und Brot in das Blut und den Leib Christi
Rechten ein Buch – wohl die Bibel –, „der linke
verwandelt wird, und zum dritten durch die Lehre
Arm erhebt sich im Sprachgestus“ (Ritter! Tod!
von der Messe als gutem Werk und Opfer. Luther
Teufel?, S. 173). Im Jahr darauf wird Baldung den
erkannte in der Schrift nur Abendmahl und Taufe,
Holzschnitt variieren. Über dem Reformator
eventuell noch die Buße als Sakramente an.
schwebt nun der Heilige Geist, dessen Aureole auch
das Haupt Luthers umfängt. Diese oder ähnliche
De captivitate Babylonica ecclesiae erschien erstmals
Holzschnitte wird Aleander im Sinne gehabt haben,
am 6. Oktober 1520 in Wittenberg. Die Programm-
als er vom Wormser Reichstag aus 1521 nach Rom
schrift wurde noch im selben Jahr in Straßburg und
meldete: „In Augsburg verkaufte man vor einiger
Augsburg, in Wien und Basel, in Leiden und Ant-
Zeit das Bild Luthers mit dem Heiligenscheine, hier
werpen nachgedruckt. Der päpstliche Nuntius
wurde es ohne denselben feilgeboten und zwar
Hieronymus Aleander (1480-1542) brandmarkte
unter so großem Zudrang, daß im Nu alle Exem-
sie als gotteslästerlich. Die Straßburger Ausgaben
plare verkauft waren, ehe ich mir noch eines ver-
erweckten bei ihm weiteren Unmut, da in diesen
schaffen konnte“ (Ritter! Tod! Teufel?, S. 171).
„zuletzt zwei Hunde gedruckt, die sich mit einander beißen, welche die Pfaffen und Laien bedeuten“
Lit.: Ritter! Tod! Teufel?, S. 171-173, Nr. 3.14 a-c; Holm, Bo
(zit. nach WA VI, S. 493). In den Nachdrucken
Christian: De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium. In:
wurde der Rückseite des Titelblattes häufig ein
Luther-Lexikon, S. 153-154; Hofmann, S. 153-154, Nr. 27;
Portrait Luthers mit einem lateinischen Vierzeiler
Mende, Nr. 436; WA VI (1888), S. 484-496
eingedruckt: „Numina coelestem nobis pepere Lutherum, / Nostra diu maius saecla videre nihil. /
Quem si Pontificum crudelis deprimit error, / Non
20
21
3
Biblia pauperum
[Niederrhein?, ca. 1460; Druck um 1465-70]. 2°
Fragment mit den Doppelblättern 17r-18s, 19t-20v
Ausgestellt:
Judas erhält seinen Lohn, Fußwaschung,
Abendmahl (Abb.), Gefangennahme Christi
MOS, OS 461
Die Biblia pauperum oder Armenbibel, vermittelt
Das Fragment enthält vier von einst 40 Blättern mit
die zentralen Inhalte der Bibel durch ein ausgeklü-
den Motiven Judas erhält die 30 Silberlinge (r),
geltes, typologisches Bildsystem. Auf vierzig Seiten
Abendmahl (s), Fußwaschung (t) und Gefangen-
wird in der Mitte eine Station des Lebens und Lei-
nahme Christi (v). Das Bild der Gefangennahme
dens Christi (Antitypus) vorgestellt, seitlich flankiert
zeigt den Moment, als die Juden zu Boden fallen.
von zwei Darstellungen aus dem Alten Testament
(Typus), die auf die neutestamentliche Szene ver-
Dem Bild des Abendmahls werden folgende alt-
weisen. Eine ist dabei aus der Zeit vor der Gesetz-
testamentarische Begebenheiten gegenübergestellt:
gebung Mose, die andere aus der Zeit danach.
zum einen Melchisedek, der dem siegreichen Abra-
Dieses Bildsystem schafft somit Verknüpfungen zwi-
ham Brot und Wein anbietet, zum anderen die
schen Altem und Neuem Testament, zwischen
Mannalese. Das Brot, das der Priester Melchisedek
Heilsverheißung und Heilserfüllung. Am oberen
Abraham präsentiert, hat bereits die Form einer
und unteren Rand jeder Seite erscheinen je zwei alt-
Hostie angenommen. Oben rechts erscheint König
testamentarische Personen, häufig Propheten, als
David mit Vers 25 des 78. (77.) Psalms: „Das Brot
Halbfiguren hinter Fensterbrüstungen. Sie werden
der Starken durfte essen der Mensch, Speise sandte
mit Versen, die sich ebenfalls auf die zentrale Szene
er ihnen in Fülle“, ihm gegenüber fordert Salomo
beziehen, auf den seitlichen Spruchbändern zitiert.
auf: „Kommt! Esset von meinem Brot und trinkt
An den beiden Seiten oben werden die beiden Text-
von dem Wein, den ich gemischt!“ (Spr IX,5).
stellen für die alttestamentarischen Bilder ausführ-
Unten links mahnt der Prophet Jesaja: „Warum
lich angegeben. Die Szene aus dem Neuen Testa-
wägt ihr Silber dar für das, was kein Brot ist, und
ment hingegen wird als bekannt vorausgesetzt.
gebt euer mühsam Erworbenes für das, was nicht
sättigt. Höret doch auf mich, und ihr sollt das Beste
Die Biblia pauperum ist Mitte oder Ende des 13.
essen und eure Seele wird sich am Fett laben“ (Js
Jahrhunderts entstanden und in zahlreichen Bilder-
LV,2). Unten rechts wird aus dem apokryphen Buch
handschriften und wohl ab 1430/40 auch in Form
der Weisheit zitiert: „Statt dessen nährtest du dein
von Blockbüchern verbreitet worden. Während die
Volk mit Engelsspeise und reichtest ihnen unermüd-
Manuskripte ihren Ausgang von Österreich und
lich fertiges Brot vom Himmel“ (Weish XVI,20).
Bayern genommen haben, ist die Urausgabe des
Schrift und eine zumindest rudimentäre Beherr-
Lit.: Riedel-Bierschwale: Biblia pauperum. In: Vom ABC bis
schung des Lateinischen voraus. Sie könnte dem
zur Apokalypse, Nr. 4, S. 46-53; Wendland, Henning: Biblia
Blockbuches in den Niederlanden zu lokalisieren.
Die Biblia pauperum – der Name entstand erst in
„didaktischen Zweck der Veranschaulichung und
pauperum. In: LgB2 I (1987), S. 363-364; Henry, Avril:
Das ausgestellte Fragment gehört der vierten Block-
späterer Zeit – ist weder eine Bibel für völlig Mittel-
Memorierbarkeit typologischer Zusammenhänge“
Biblia pauperum. A facsimile edition. 1. publ., Aldershot 1987,
buchausgabe an. Die Druckstöcke dürften um
lose, noch für die Armen im Geiste, denn sie setzte
oder auch „privater Andacht“ (Riedel-Bierschwale,
bes. S. 78-87
1460, die Abzüge um 1465/70 entstanden sein.
Lesefähigkeit, eine gewisse Kenntnis der Heiligen
S. 47) gedient haben.
22
23
4
PETRUS VON ROSENHEIM
Hexastichon Sebastiani Brant in memorabiles
euangelistar[um] figuras.
Bearbeitet von Sebastian Brant.
[Pforzheim]: Thomas Anshelm, 1502. 4°
Aufgeschlagen: Tafel 5 zum Matthäusevangelium
MOS, OS 646
5
PETRUS VON ROSENHEIM
Hexastichon Sebastiani Brant in memorabiles
euangelistar[um] figuras.
Bearbeitet von Sebastian Brant.
[Pforzheim]: Thomas Anshelm 1504. 4°
Aufgeschlagen: Tafel 1 zum Johannesevangelium
MOS, OS 510
Sebastian Brant (1457/58-1521) hat das Hexasti-
zum Evangelium des Johannes, fünf zu Matthäus,
chon in memorabiles evangelistarum figuras aus zwei
drei zu Markus und vier zu Lukas – bietet sie eine
Quellen biblischer Mnemonik zusammengestellt,
Übersicht über die Kapitel der vier kanonischen
dem Roseum memoriale divinorum eloquiorum des
Evangelien. Die Illustrationen zeigen als zentrales
Petrus von Rosenheim (um 1380-1433) und dem
Motiv das Evangelistensymbol, also für Matthäus
Blockbuch Ars memorandi per figuras evangelista-
den Mensch bzw. Engel, für Marcus den Löwen, für
rum. Petrus von Rosenheim, der Organisator der
Lukas den Stier und für Johannes den Adler. Dem
Melker Klosterreform, hatte von 1418 bis 1423 als
Symbol werden Gegenstände zugeordnet, die ein
Prior und anschließend bis 1426 als Cursor biblicus
Kapitel charakterisieren und mit der entsprechenden
und Magister studentium in Melk gewirkt. In den
Zahl versehen sind. Die Bilder werden von einem
letzteren Ämtern war er für die Bibellesung zustän-
Prosatext begleitet, der die bedeutendsten Inhalte
dig, wie für die Unterrichtung der Novizen in
gemäß den Bildern aufführt.
Grammatik, Rhetorik und Dialektik. Zu dieser Zeit
erstellte er im Auftrag des Kardinals Giulio Brandi
Diese Bilder werden für das Hexastichon in memora-
di Castiglione das Roseum memoriale, das in jeweils
biles evangelistarum figuras übernommen, aber der
einem Distichon je ein Kapitel aller biblischen Bü-
Prosatext wird stark gekürzt und darunter die Verse
cher – mit Ausnahme des Psalters – charakterisierte.
des Petrus von Rosenheim gesetzt. Daher kann der
Bibelschüler sollten so einen schnellen Überblick
Text auch Begebenheiten anführen, die im Bild
über die Heilige Schrift erhalten und sich deren In-
nicht symbolisiert werden. Auch für diese Schrift
halt besser merken können. Um 1470 kam Brants
gilt wie für die Biblia pauperum (Exp. Nr. 3): Der
zweite Quelle, die Ars memorandi per figuras evan-
Leser muss bereits mit der Bibel vertraut sein, um
gelistarum, auf. Mit fünfzehn Holzschnitten – drei
Text und Bild zu begreifen.
24
25
Der erste Holzschnitt thematisiert Kapitel 1-6 des
das Brot des Lebens“ (Jo VI,35). Beide Zeichen
Johannesevangeliums. Über dem Kopf des Adlers
repräsentieren das sechste Kapitel.
erscheint der Heilige Geist, seitlich das Haupt
Christi bzw. Gottvaters als Zeichen der Trinität und
Das fünfte Bild zum Matthäusevangelium symboli-
der Fleischwerdung Gottes für das erste Kapitel. Vor
siert mit den fünf Öllampen der klugen Jungfrauen
dem Körper des Adlers erscheint für Kapitel 2 eine
das Gleichnis von den zehn Jungfrauen (25. Kapi-
Laute (Hochzeit zu Kanaa) und drei Geldbeutel
tel). Sie umgeben den Kopf des Engels gleich einem
(Vertreibung der Händler aus dem Tempel). Kapitel
Heiligenschein. Die Hostie vor der Brust des Evan-
3 symbolisiert eine Vagina, die die Frage des Niko-
gelistensymbols steht für das Abendmahl und die
demus aufgreift: „Wie kann ein Mensch geboren
Einsetzung der Eucharistie (26. Kapitel). Aus den
werden, wenn er ein Greis ist? Kann er etwa zum
Knien des Engels scheinen gleichsam zwei Köpfe zu
zweitenmal in den Schoß seiner Mutter eingehen
erwachsen. Sie stehen für die Hohenpriester und die
und geboren werden?“ (Jo III,4). Das vierte Kapitel
Ältesten, die Christi Tod beschlossen haben (27.
wird wiederum in zwei Zeichen am Ende des Adler-
Kapitel). Das letzte und 28. Kapitel wird durch drei
schwanzes angezeigt: mit einem Eimer für die Be-
Salbgefäße und die Fahne des Auferstandenen ge-
gegnung mit der Samariterin am Brunnen und einer
kennzeichnet.
Krone für die Heilung des Sohnes des königlichen
26
Beamten. Der Fisch über dem linken Flügel ver-
Lit.: Bacher, Rahel: Ars memorandi per figuras evangelistarum.
weist auf die Heilung am See Bethesda im fünften
In: Vom ABC bis zur Apokalypse, Nr. 7, S. 68-73; Rosenfeld,
Kapitel. Über dem rechten Flügel stehen zwei Fi-
Hellmut: Petrus von Rosenheim. In: Verfasserlexikon VII
sche und fünf Brote für die Speisung der Fünf-
(1989), Sp. 518-521; Rosenfeld, Hellmut: Ars memorandi. In:
tausend sowie eine Hostie für Christi Wort: „Ich bin
LgB2 I (1987), S. 144-145; Schreiber IV, S. 134-145
27
6
JOHANNES GEILER VON KAYSERSBERG
Passio Christi
Straßburg: Johann Knobloch, [1506]. 2°
Aufgeschlagen:
Ecce homo, Holzschnitt von Urs Graf
MOS, OS 1041
Evangelienharmonien bieten das Leben und Leiden
fehlt, während die Schaustellung Christi mit „Ecce
Christi in einem Erzählstrang gemäß den vier
homo“ und „Pilatus wäscht sich die Hände“ über
Evangelien. Johannes Geiler von Kaysersbergs
zwei Holzschnitte verfügt. Die letzte Illustration
Evangelienharmonie beschränkt sich auf die Passion.
zeigt Christus mit den Leidenswerkzeugen, die
Einbezogen werden auch alttestamentarische Stellen
dem Schlussgedicht des Herausgebers Matthias
und die Evangelienharmonie Montessaron des fran-
Ringmann (1482-1511) an Geilers Freund Jakob
zösischen Mystikers Johannes Gerson (1363-1429).
Wimpfeling (1450-1528) gegenübergestellt ist. In
Am Rand werden die entsprechenden Bibelstellen
der Evangelienharmonie selbst können die seiten-
und die Hauptbegebenheiten angeführt. Geilers
großen Holzschnitte wegen der Kürze etlicher Kapi-
Darstellung gliedert sich in 24 respektive 25 Kapi-
tel nicht immer dem zugehörigen Text beigesellt
tel, da der Abschnitt XIII doppelt gezählt ist. Die
werden. Mehrmals entsteht dabei die Situation, dass
Passio setzt beim Tempelweihfest ein, auf dem sich
sich zwei Illustrationen ohne jeglichen Text gegen-
Jesus als Sohn Gottes bezeichnet und die Juden
überstehen. Den Holzschnitten von Urs Graf sind
ihn zu steinigen trachten, und endet mit der Auf-
nicht wie in Beringers Evangelienharmonie (Exp.
erstehung.
Nr. 7) die entsprechenden Bibelstellen eingeschnitten, häufig werden aber Orte bzw. Personen ange-
Bei den Holzschnitten zu dieser ersten Ausgabe
geben oder Schriftbänder eingefügt. Bei der Schau-
handelt es sich um ein Frühwerk des Schweizer
stellung Christi umgibt Pilatus ein Band mit der
Künstlers Urs Graf (um 1485-1527/28). Die 25
Aufschrift: „Ecce homo“, während die Juden
Stöcke umfassende Folge könnte schon seit 1503
„crucifig[e eum]“ schreien. Im Palast des Pilatus ist
entstanden sein, als Graf während seiner Wander-
als vorausgegangene Begebenheit das Verhör Christi
schaft als Goldschmiedegeselle in Straßburg tätig
zu sehen.
war. Anregungen von Schongauer und Holzschnitten der Straßburger Offizin Grüninger sind ebenso
Lit.: 50 Jahre, Nr. 17; Buchillustration, Nr. 62; Oldenbourg,
deutlich wahrzunehmen, wie die Schwierigkeiten,
Maria Consuelo: Die Holzschnitte des Vrs Graf zur Passion
die der Künstler noch bei der Zeichnung der Perso-
und die des Johann Wechtlin zum Leben Jesu. In: Geck,
nen, der Anordnung der Gruppen und der perspek-
Elisabeth (Hg.): Festschrift für Josef Benzing. Wiesbaden,
tivischen Wiedergabe hat. Jedem Kapitel ist ein
1964, S. 291 – 310
Holzschnitt zugeordnet, aber bei den beiden letzten
wird der Holzschnitt mit den drei Marien am Grab
wiederholt. Eine Illustration zur Dornenkrönung
28
29
7
Das Neue Testament kurz und gründlich in eine
Ordnung und Text geführt
Evangelienharmonie des Jacob Beringer nach der
Übersetzung Martin Luthers
Straßburg: Johann Grüninger für Jacob Beringer,
24. Dez. 1527 [i.e. 1526?]. 2°
Aufgeschlagen: 24. Figur, Jesus vor Hannas und
Kaiphas und die Verleugnung des Petrus, Holzschnitt von Heinrich Vogtherr d. Ä.
Olim Dr.-Otto-Schäfer-Stiftung e.V.
Die Evangelienharmonie des Speyrer Domvikars
Aufgeschlagen ist die 24. Figur mit den vier Statio-
Jacob Beringer (ca. 1. H. 16. Jh.) stützt sich auf den
nen Jesus vor Hannas (A) und Kaiphas (B), Verspot-
Text von Luthers Neuem Testament. Die Evange-
tung Jesu (C) und Verleugnung des Petrus (D). Im
lien fasst er in 29 Abschnitten zusammen, denen
Hintergrund ist noch die Wegführung Jesu aus
jeweils eine Figur, d. h. eine Merktafel vorangeht.
Gethsemane zu sehen, der Kelch steht verlassen
Auf ihr sind die wichtigsten Szenen des Abschnitts
auf dem Ölberg. Direkt darunter die Vorführung
abgebildet. Sie werden mit durchlaufenden Buch-
Christi vor Hannas in dessen Haus. Links davon der
staben versehen, die auch den kurzen Versen über
Palast des Kaiphas, dem Jesus ebenfalls vorgeführt
der Tafel und dem nachfolgenden Evangelientext
wird. Hier hat der Künstler versäumt, den Buch-
beigegeben sind. Im Bild und im Text werden dazu
staben B anzubringen. Im selben Gebäude die Ver-
die passenden Kapitel angegeben, M für Matthäus,
spottung Jesu durch die Schergen, die ihm die
R für Markus, L für Lukas und I für Johannes. Nach
Augen verbunden haben, damit er weissage, wer
der eigentlichen Evangelienharmonie gibt Beringer
von ihnen ihn gerade schlage. Unterhalb des Hauses
den Text der Apostelgeschichte, der Episteln und
ein ummauerter Garten, in dem Petrus dreimal
der Apokalypse wieder und setzt Merktafeln in sel-
Christus verleugnet, unten mittig ein kleines Ge-
ber Art dazu. Da in Volkssprache gehalten, haben
bäude, in dem der beschämte Apostel über seine Tat
die insgesamt 64 Figuren und die biblischen Texte
bitterlich weint. Bei Station A ist allein Johannes 18
tatsächlich ein lesefähiges Laienpublikum angespro-
(und fälschlich auch 11), bei Station D sind die Ka-
chen – im Gegensatz zu den früheren lateinischen
pitel M 26, R 14, L 22 und I 18 angegeben, die
mnemotechnischen Bildsystemen (s. Exp. Nr. 3-5).
auch für die beiden vorherigen Ereignisse stehen.
Die Bildtafeln hat Heinrich Vogtherr d. Ä. (1490-
30
1556) und seine Werkstatt ausgeführt. Beringer, der
Lit.: Wort, Nr. 14; WLB E 167; Muller, Frank: Heinrich Vogt-
auch den Druck seiner Evangelienharmonie selbst
herr der Ältere (1490-1556). Aspekte seines Lebens und Wer-
finanzierte, dürfte aber das Bildsystem zusammen-
kes. Dillingen 1990 (Sonderdruck des Historischen Vereins
gestellt haben.
Dillingen), S. 19
31
8
Biblia, deutsch
Augsburg: [Günther Zainer, ca. 1475-1476]. 2°
Aufgeschlagen: Schöpfung, Bildinitiale I zum
1. Buch Mose, Holzschnitt
AvS, 3728
Mit der Bibel Zainers von ca. 1475/76 beginnt die
geschichtlichen Büchern ist eine Darstellung Gottes
Bibelillustration im deutschsprachigen Buchdruck.
kaum anzutreffen. Neben seiner Darstellung als
Nach den beiden Straßburger Drucken von 1466
Schöpfer (Genesis) übergibt er nur zu Beginn des
und 1470 „versuchte Zainer nun den Text gründ-
Buches Deuteronomium Moses die Gesetzestafeln.
lich nach der Vulgata zu bessern und sprachlich zu
Häufig ist er auf den Illustrationen zu den propheti-
modernisieren, an der von der kaiserlichen Kanzlei
schen Büchern zu sehen, aber auch zu Beginn der
gepflegten Schriftsprache auszurichten und (erst-
Evangelien. In der Initiale zu Markus ist die Aufer-
mals in einer deutschsprachigen Bibel) durch Bild-
stehung, in der zu Lukas die Darstellung und Be-
initialen am Textanfang der biblischen Bücher
schneidung Christi zu sehen. Die rechte Hälfte der
durchgehend zu illustrieren“ (Reinitzer, S. 66). In
Initiale I zum Johannes-Evangelium wird von einer
der Regel wird Zainers Bibeldruck Priorität vor dem
Darstellung der Trinität eingenommen. Diese drei
seines Augsburger Konkurrenten Jodokus Pflanz-
Initialen charakterisieren damit Schwerpunkte des
mann (s. Exp. 16) eingeräumt. Er ist nach Reinitzer
entsprechenden Evangeliums.
wegen seiner Textredaktion und seines Buchschmucks eine „eigene und geschlossene Leistung“
Die Initiale I zu Beginn der Genesis zeigt Gottvater
(S. 69).
als Schöpfer. Die Linke hat er auf die Erdscheibe
gelegt, die Rechte segnend erhoben. Gezeigt wird
Nach einem sorgfältigen Programm hat der Augs-
die Weltschöpfung und in einem ummauerten Gar-
burger Drucker siebzig Initialen anfertigen lassen,
ten der Sündenfall. Eine befestigte Ortschaft ver-
von denen er nur zwei ein zweites Mal einsetzt. Sie
weist wohl bereits auf die Zeit nach dem Sündenfall.
zeigen eine oder mehrere bedeutende Begebenheiten des jeweiligen biblischen Buches. Vor allem bei
Lit.: Wort, Nr. 5; Ehe, Nr. 1; Doumit, S. 73-99; Reinitzer,
den Propheten, Evangelisten und Verfassern der
S. 66-69; Eichenberger/Wendland, S. 29-38; Landgraf/
Episteln wird die szenische Darstellung mit einem
Wendland, S. 33, 62-64; WLB E 7; Schramm I (1920),
Autorenbild kombiniert. Reine Autorenbilder sind
S. 29-21, Nr. 609-681
selten. In den Initialen zum Pentateuch und den
32
33
9
Biblia, deutsch
Bd. 1. Nürnberg: Anton Koberger, 17. Februar
1483. 2°
Aufgeschlagen: Schöpfung, Holzschnitt zum
1. Buch Mose, um 1478
Olim Dr.-Otto-Schäfer-Stiftung e.V.
In Köln wurden um 1478/1479 zwei niederdeut-
Gottvater ist in den Bildern zum Pentateuch fast
sche Bibeln mit 113 bzw. 123 Holzschnitten her-
immer präsent. Dasselbe gilt auch für die Apoka-
ausgegeben. Die Finanzierung dieser beiden auf-
lypse. Die Holzschnitte zum Markus-, Lukas- und
wendigen Ausgaben wurde durch ein Konsortium
Johannes-Evangelium lehnen sich an die Initialen
getragen, dem auch der Nürnberger Drucker Anton
Zainers an und zeigen daher wiederum Auferste-
Koberger angehört haben dürfte. Wohl deshalb
hung, Weihnachtsgeschichte und Trinität.
stand ihm der größte Teil der Kölner Holzschnitte
1483 für seine oberdeutsche Bibelausgabe zur Ver-
Das Schöpfungsbild der Koberger-Bibel unter-
fügung. Die Holzschnitte sind erstmals als durch-
scheidet sich stark von der Bildlösung Zainers. Der
gängig großformatige, zweispaltige Illustrationen
quadratische Holzschnitt präsentiert die Welt in vier
angelegt und stehen gleichberechtigt neben dem
konzentrischen Kreisen. Der äußere steht für die
Text. Die meisten Motive gehen – mittel- oder un-
himmlische Sphäre mit Gott und den Engelscharen.
mittelbar – auf eine handschriftliche Historienbibel
Der Atem Gottes fließt auf die innere Scheibe, die
zurück, die um 1460 in Köln entstanden ist. Die
Erde, wo wir Gott nochmals erblicken, wie er gerade
Vorbilder zu den zehn Holzschnitten für die Apoka-
Eva aus der Rippe Adams erschafft. „Die doppelte
lypse dürften in den Miniaturen niederländischer
Darstellung Gottvaters zeigt diesen nicht nur als
Handschriften zu suchen sein. Mit der weiten Ver-
den Schöpfer und Herren aller seiner handgetat,
breitung der Koberger-Bibel in einer Auflage von
sondern macht deutlich, daß die Schöpfung aus
1.500 Exemplaren wurden die Kölner Holzschnitte
dem Wort Gottes mit dem Odem seines Mundes
zu den maßgeblichen vorreformatorischen Bibelillu-
hervorgeht“ (Reinitzer, S. 69). Im zweiten Kreis
strationen. Im Original wurden sie nochmals in der
ist das Meer mit seinen Bewohnern eingezeichnet,
Halberstädter Bibel von 1522 eingesetzt. Für die
im dritten das Firmament mit Sonne, Mond und
Ausgaben von Grüninger (Straßburg), Schönsperger
Sternen.
und Otmar (beide Augsburg) wurden sie kopiert.
Auch die eigenständigen Illustrationen der Lübecker
Lit.: Wort, Nr. 6; WLB E 22; Doumit, S. 121-1991; Reinitzer,
Bibel (Exp. Nr. 11) nahmen Anregungen der Kölner
S. 68-70; Landgraf/Wendland, S. 71-78; Eichberger/Wend-
Holzschnitte auf. Die Rezeption der Bilder zur
land, S. 65-86, 91-96; Wendland, S. 355; Schramm XVII
Apokalypse reicht durch die berühmte Holzschnitt-
(1934), S. 3, 8, Schramm VIII (1924), Nr. 357-473
folge Dürers, der die Kölner Illustrationen sicherlich
bei seinem Paten Anton Koberger gesehen hat, weit
darüber hinaus (s. Exp. 21).
34
35
10
Die ganze Bibel der ursprünglichen
hebräischen und griechischen Wahrheit
Zürich: Christoph Froschauer d. Ä., 1531. 2°
Aufgeschlagen: Schöpfung, Holzschnitt zum
1. Buch Mose
Olim Dr.-Otto-Schäfer-Stiftung e.V.
Noch bevor Martin Luther eine vollständige Bibel-
Die Zürcher Bibel wählt für den Schöpfungsholz-
übersetzung vorlegen konnte, erschien in Zürich
schnitt, der vielleicht von Hans Asper (1499-1571)
1531 eine Gesamtbibel reformierter Prägung. Man
entworfen wurde, ein besonders großes Format.
übernahm weitgehend Luthers Übersetzungen, so-
Bereits die Sensenschmidt-Bibel (um 1477/78)
weit sie schon vorlagen. Die fehlenden Schriften
oder die Kölner Holzschnitte hatten sich für ein
übertrugen Zürcher Theologen ins Deutsche, wobei
Sonderformat entschieden. Die Zürcher Illustration
Ulrich Zwingli (1484-1531) sich des Psalters an-
beschränkt sich auf den letzten Schöpfungsakt Got-
nahm.
tes, auf die Erschaffung der Eva. Sie scheint aus der
Seite des schlafenden Adams herauszuwachsen, wäh-
Obwohl im zwinglianischen Zürich seit 1524 keine
rend Gottvater ihr die Linke auflegt und sie mit der
Bilder mehr in den Kirchen geduldet wurden, über-
Rechten segnet. Das Bild zeigt nicht mehr die Erde
trifft Froschauers Bibel mit knapp 200 Holzschnit-
als Scheibe oder die Welt in konzentrischen Kreisen,
ten und 216 Bildinitialen die Illustrationszyklen
sondern einen Landschaftsausschnitt. Mit Land und
aller früheren Drucke. Die 21 Holzschnitte zur
Wasser, Himmel und Gestirnen, Pflanzen und Tie-
Apokalypse gehen auf Hans Holbein d. J. zurück
ren repräsentiert er aber die gesamte, noch friedlich
und waren bereits 1523 in Basel verwendet worden.
vereinte Schöpfung. Die Initiale A zu Textbeginn
Sie setzten den Zyklus Cranachs für das September-
der Genesis stellt hingegen schon den Sündenfall
testament (s. Exp. 27) unzensiert in kleinformatige
dar.
Bilder um. 36 weitere Illustrationen stammen aus
früheren Bibelausgaben Froschauers. Neu sind 118
Lit.: Wort, Nr. 16; 50 Jahre, Nr. 10; WLB E 252
Holzschnitte zum Alten Testament, die wohl von
Veit Specklin (†1550) ausgeführt wurden. Mindestens 69 von ihnen liegen Zeichnungen Holbeins
zugrunde. Denn deren Motive finden sich neu
geschnitten in Holbeins Bilderbibel von 1538. Die
Illustrationen gelten als schlicht, schrift- und situationsgerecht. Mit einfachen Mitteln und strenger
Beschränkung werden dramatische Szenen vorgestellt. Holbeins Folge setzte neue Maßstäbe für die
Bibelillustration (s. Exp. 13).
36
37
11
Biblia, niederdeutsch
Lübeck: Steffen Arndes, 19. Nov. 1494. 2°
Aufgeschlagen:
Moses schlägt Wasser aus dem Felsen, Holzschnitt
Die Schlacht mit den Amalekitern, Holzschnitt
Olim Dr.-Otto-Schäfer-Stiftung e.V.
Die Lübecker Bibel von 1494, die dritte nieder-
Die restlichen Schnitte eines zweiten, noch einem
deutsche Bibelausgabe, ist ein Meisterwerk der
älteren Illustrationsstil verhafteten Künstlers sind
Buchillustration. Ihre 152 Holzschnitte von 100
weit stärker dem Bilderzyklus der Kölner Bibelaus-
Stöcken gelten als die bedeutendsten Bibelillustra-
gaben verhaftet. Vier Holzschnitte hat der Drucker
tionen der Inkunabelzeit. Die Bilder zu den fünf
Steffen Arndes seinem Plenarium von 1485 ent-
Büchern Mose und sechs weitere Schnitte werden
nommen.
dem Hauptmeister der Lübecker Bibel zugeschrieben, der mitunter mit dem lübischen Maler und
Aufgeschlagen sind zwei Holzschnitte des Haupt-
Bildhauer Bernt Notke (um 1440-1509) oder mit
meisters: „Moses schlägt Wasser aus dem Felsen“
verschiedenen niederländischen Wanderkünstlern
und „Die Schlacht mit den Amalekitern“.
identifiziert worden ist. Seine eigenständigen Illustrationen zählen zu den kunstgeschichtlich bedeut-
Die niederdeutschen Bibeln stehen der Frömmig-
samsten jener Zeit. Die realistische und deutliche
keitsbewegung der Devotio moderna sehr nahe.
Charakteristik der Personen mit ihren bildbestim-
Anders als die vorausgehenden Kölner Ausgaben,
menden, ausdrucksvollen Gesichtern und die be-
die in ihrer Einleitung eine deutsche Übersetzung
achtliche perspektivische Beherrschung des Raums
rechtfertigen, erhebt die Lübecker Bibel die selbst-
heben diese Holzschnitte weit über das Niveau der
bewusste Forderung, alle sollten die Bibel lesen. Die
Buchillustration im 15. Jahrhundert, wenn man von
Texterläuterungen wurden vorwiegend der Postille
Dürers Apokalypse absieht. Die doppelte Rahmung
des Nicolaus von Lyra (um 1270/75-1349) ent-
der Bilder verstärkt ihren perspektivischen Eindruck.
nommen und direkt in den Bibeltext einbezogen.
Die feine Schraffur und Binnenzeichnung vervoll-
Der Glossator zeigt dabei große Vertrautheit mit
kommnete die Holzschnitte, so dass sie keiner
der zeitgenössischen Erbauungsliteratur.
Kolorierung mehr bedurften.
Lit.: 50 Jahre, Nr. 7; Wort, Nr. 7; Buchillustration, Nr. 52;
Doumit, S. 215-251; Landgraf/Wendland, S. 80-81; Eichenberger/Wendland, S. 199-134; Schramm XI (1928), S. 10-12,
Nr. 948-1047
38
39
12
Der dritte Teil des Alten Testaments
Wittenberg: [Christian Döring und
Lucas Cranach d. Ä.], 1524. 2°
Aufgeschlagen: Die Verspottung des Hiob,
Holzschnitt von Lucas Cranach d. Ä.
Olim Dr.-Otto-Schäfer-Stiftung e.V.
1523/24 gab Martin Luther die ersten drei Teile
Der dritte Teil ist am sparsamsten illustriert. Das
seiner Übersetzung des Alten Testamentes heraus.
Titelblatt zeigt die Anschlagung Christi ans Kreuz.
Der erste Teil enthielt den Pentateuch, der zweite
Auch hier zeigt sich bereits, dass die Darstellung des
die historischen Bücher (Josua bis Ester), der dritte
Gottessohnes in der Bibel vor allem ein Thema des
Teil die poetischen Bücher (Hiob, Psalter, die
Titelblattes ist. Von hoher Balustrade aus betrachten
Sprüche und den Prediger Salomonis, Hoheslied).
Moses, David und zahlreiche Propheten das Ge-
Die im Register bereits aufgeführten prophetischen
schehen. Damit wird klargestellt, dass es sich nicht
Bücher sind erst später in Einzeldrucken erschienen
um das historische Ereignis selbst handelt, sondern
(vgl. Exp. 20).
die Titelrahmung auf die Weissagung des kommenden Messias im Alten Testament verweist. Während
Mit der Illustrierung beauftragte er wie beim Neuen
dieser Holzschnitt als Werkstattarbeit gilt, hat der
Testament Lucas Cranach d. Ä. und seine Werkstatt.
Meister selbst den einzigen Textholzschnitt entwor-
Mit 38 Holzschnitten – die drei Titelblätter einge-
fen. Die „Verspottung des Hiob“ zeigt den Aussät-
rechnet – bleibt die Bebilderung sparsam. Im zwei-
zigen, den seine Frau und Freunde verhöhnen. Im
ten Buch Mose und im ersten Buch der Könige fal-
Hintergrund ist der Tod seiner Kinder und der
len zahlreiche Sachillustrationen zum Ornat des
Raub seiner Herden zu sehen.
Hohenpriesters, zum Tempel in Jerusalem und zu
seiner Ausstattung auf. Die meisten Illustrationen
Lit.: Wort, Nr. 10; Cranach I, S. 334-335, S. 343, Nr. 230;
weist der zweite Teil mit Holzschnitten zur Ge-
WLB E 99
schichte Samsons, Davids und Salomons auf, von
denen einige – vor allem zu Samson – auf Luthers
persönlichen Wunsch entstanden sind.
40
41
13
Die ganze Bibel, das ist alle Bücher alten und neuen
Testaments, den ursprünglichen Sprachen nach
Zürich: Christoph Froschauer d. Ä., 1539/1540. 2°
Aufgeschlagen: Illustration zu Psalm 52 (53),
Holzschnitt von Hans Holbein d. J.
AvS, 3616
Die Zürcher Bibel (s. Exp. 10) wurde mehrmals in
die ersten Verse des Psalms wieder. Im Holzschnitt
kurzen Abständen aufgelegt. Die Ausgabe von
Holbeins ist ein Tor zu sehen, den ein Windrad und
1539/1540 verwendet den originalen Bildschmuck
ein Steckenpferd als kindisch ausweisen. Sein merk-
von 1531 wieder, darunter die 118 Holzschnitte
würdiger Kopfputz mag im ersten Augenblick als
zum Alten Testament. Mindestens 69 von ihnen lie-
indianisch erscheinen. Dieses Motiv findet sich aber
gen Zeichnungen Holbeins zugrunde. Denn deren
bereits vor der Entdeckung Amerikas in einer Aus-
Motive finden sich neu geschnitten in Holbeins
gabe der Malermi-Bibel, die 1490 in Venedig er-
Bilderbibel von 1538. Die Illustrationen gelten als
schienen ist. Holbein wird dieses Bild aber wohl
schlicht, schrift- und situationsgerecht. Mit ein-
durch Lyoner Bibeln des frühen 16. Jahrhunderts
fachen Mitteln und strenger Beschränkung werden
kennengelernt haben, die seiner Komposition näher
dramatische Szenen vorgestellt. Holbeins Folge
stehen. In Holbeins Icones von 1538 erscheint das
setzte neue Maßstäbe für die Bibelillustration.
Motiv in Seitenverkehrung.
Der Künstler hat zudem Illustrationen zu biblischen
Lit.: Wort, Nr. 16; 50 Jahre, Nr. 10; WLB E 312; Kästner,
Büchern geschaffen – etwa dem Psalter –, die zuvor
Manfred: Die Icones Hans Holbeins des Jüngeren. Ein Beitrag
im deutschen Buchdruck kaum bebildert wurden.
zum graphischen Werk des Künstlers und zur Bibelillustration
Der Holzschnitt zu Psalm 52 (heutige Zählung 53)
Ende des 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
zeigt ein außergewöhnliches Motiv, das ohne Kon-
Bd. 1-2, Heidelberg 1985, Bd. 2, S. 469, 469A, 469B, S. 894,
text nicht als Bibelillustration zu identifizieren wäre:
Abb. 668-670; Wüthrich, Lucas: Windrädchenlanze und
„DJe leychtfertigen toren sprechend in jren
Steckenpferd: Kinderturnier und Kampfspielzeug um 1500. In:
hertze[n] / Es ist kein Gott: Dann sy sind in boß-
Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte
heit alle zerbrochen und greüwlich worden/ es ist
38 (1981), H. 4, S. 279-289, bes. Nr. 24 und 35
keiner der gutes thüye“. So gibt die Zürcher Bibel
42
43
14
15
Textus bibliae
Biblia, Das ist: Die ganze Heilige Schrift, deutsch
Bd. 1-7, Basel: [Johann Froben und Johann
Frankfurt, Main: Kilian Han für Weigand Hans
Petri für Johann Amerbach, 1506?-1508?]. 2°
Erben, 1574. 2°
Aufgeschlagen: Bd. 2, [1506], Bl. 138r,
Aufgeschlagen: Der Tempel und der Palast Salomos,
Grund- und Aufriss des Tempels, Holzschnitt
Holzschnitte von Jost Amman, um 1564
AvS, 3761-3767
AvS, B 70
Diese siebenbändige lateinische Vulgata war für ein
Die Frankfurter Verlegergemeinschaft Sigmund Fey-
gebildetes Publikum bestimmt. Der Kommentar ist
erabend, Georg Rab und Weigand Hans Erben gab
bei weitem umfangreicher als der biblische Text.
1564 eine deutschsprachige Luther-Bibel mit einer
Die Postilla des Nicolaus von Lyra (um 1270/75-
umfangreichen Illustrationsfolge von Jost Amman
1349) spielte bei der Schriftauslegung eine heraus-
heraus (s. Exp. 18 und 19). Auch hier hielt man an
ragende Rolle. Ihr entnahm man häufig auch Bilder
den von Luther eingeführten Sachillustrationen fest.
christlicher Archäologie, nämlich Rekonstruktionen
Aufgeschlagen ist in einer späteren Ausgabe von Ki-
des Ornats des Hohenpriesters, des Tempelgerätes
lian Han mit demselben Bildzyklus der Tempel Sa-
und des Tempels Salomos in Jerusalem, die man
lomos. Der Betrachter blickt in Vogelperspektive auf
dem Buch Exodus wie dem ersten Buch der Könige
die Ostfassade des Tempels. In einem Geviert davor
beigab. Auch Luther benutzte die Schrift des Nico-
stehen die beiden ehernen Säulen, in dem Hof
laus von Lyra und übernahm diese Bilder erstmals in
davor mittig ein Brandopferaltar und die zehn eher-
deutschsprachige Bibelausgaben (vgl. Exp. 12). Auf-
nen Gestelle mit den Kesseln, fünf an der Nord-
geschlagen sind Grund- und Aufriss des salomoni-
und fünf an der Südseite. Das eherne Meer – getra-
schen Tempels im sechsten Kapitel des ersten Buchs
gen von zwölf Rindern – ist im Südosten des Hofes
der Könige, das wegen der Zusammenziehung mit
platziert. Trotz einiger künstlerischer Freiheiten bei
den beiden Büchern Samuel hier als drittes Buch
architektonischen Details – vor allem den Toren –
der Könige bezeichnet wird. Im Mauerwerk sind
folgt die Gesamtanlage dem biblischen Text. Auf
deutlich die im Text erwähnten vergitterten Fenster
der Seite gegenüber ist der Palast Salomos zu sehen,
mit Rahmen zu erkennen.
der fast gänzlich zeitgenössischer Idealarchitektur
entspricht.
Lit.: Wort, Nr. 3
Lit.: Wort, Nr. 27; New Hollstein, Amman book illustrations I,
S. 20-103, Nr. 6 und V, S. 62-71, Nr. 102
44
45
16
Biblia, deutsch
[Augsburg: Jodocus Pflanzmann, um 1475]. 2°
Aufgeschlagen: Beginn des Matthäusevangeliums
mit den Holzschnitten Kreuzigung und Ecclesia auf
dem Tetramorph
Olim Dr.-Otto-Schäfer-Stiftung e.V.
Zu den frühesten deutschsprachigen Bibeldrucken
gehört die ausgestellte Schrift, die der Augsburger
Jurist Jodocus Pflanzmann um 1475 besorgt und
vor Juni 1477 beendet hat. Etwa gleichzeitig, vermutlich mit einem zeitlichen Vorsprung, gab auch
der Augsburger Erstdrucker Günther Zainer seine
deutsche Bibel aus. Zainer schmückte seinen Druck
mit Bildinitialen (Exp. 8). Pflanzmann aber setzte
zeigt so das Ende des Alten Bundes an. Dem steht
erstmals eigenständige Illustrationen für den volks-
zu Beginn des Matthäus-Evangeliums der Holz-
sprachlichen Bibeldruck ein, auch wenn er sie fast
schnitt mit der siegreichen Ecclesia gegenüber. Sie
immer noch wie eine Initiale an den Textanfang
reitet auf dem Tetramorph, einem Mischwesen, das
stellt. 57 spaltenbreite Holzschnitte von 21 Stöcken
aus den vier Evangelistensymbolen zusammenge-
finden sich in seinem Druck. Durch die vielfache
setzt ist, und steht für den Neuen Bund. In der
Verwendung des Typenbildes eines Propheten am
Rechten hält sie eine (Kreuzes)Fahne, in der Linken
Schreibpult und eines thronenden Heiligen domi-
den Kelch als Zeichen des Opfertods Christi. Dieses
niert das Autorenbild. Die qualitativ sehr unter-
ist in der Kreuzigungsszene gegenwärtig, mit der
schiedlichen Holzschnitte werden bis zu vier Rei-
Pflanzmann nicht nur das Matthäus-Evangelium
ßern zugeschrieben, darunter der Zamorensis- und
einleitet, sondern auch den Schlusspunkt unter die
der Sorg-Meister. Während Zainer fast für jedes
Apokalypse setzt. Eine solche direkte Darstellung
biblische Buch eine eigenständige Bildinitiale ent-
Christi in den Evangelien lässt sich in keiner ande-
werfen ließ, fehlt in der Pflanzmann-Bibel ein solch
ren vorreformatorischen deutschsprachigen Bibel
ausgereiftes Bildprogramm. Ob das den Schluss zu-
finden.
lässt, die Holzschnitte seien ursprünglich für andere,
heute nicht mehr nachweisbare Drucke gedacht
Für die siebente deutsche Bibel, datiert 20. Juni
gewesen, muss aber dahingestellt bleiben. Die Bilder
1477, verwendete Anton Sorg siebzehn der Holz-
der Pflanzmann-Bibel sind durchaus geeignet, das
stöcke, vermehrt um einige Neuschnitte. Dabei ver-
jeweilige Buch zu repräsentieren. Die zahlreichen
zichtete er u. a. auf die unübliche Kreuzigungsszene.
Wiederholungen einzelner Druckstöcke und der
ungleichmäßige Satz lassen aber auf große Eile bei
Lit.: 50 Jahre, Nr. 6; Wort, Nr. 4; Buchillustration, Nr. 8;
der Drucklegung schließen.
Doumit, S. 100-112; Landgraf/Wendland, S. 65-66; Eichenberger/Wendland, S. 39-44; WLB E6; Schramm XXIII (1943),
46
Drei Holzschnitte fallen aus dem Rahmen. Das Alte
S. 16f., 21, Abb. 410-413 und IV Abb. 285-288, 296-298,
Testament endet mit dem Sturz der Synagoge und
300, 302, 307, 309, 315, 317-319
47
17
Im oberen Teil der Rahmung thront Gottvater mit
Biblia, Altes und Neues Testament
den Gesetzestafeln in der einen und dem Abend-
Frankfurt, Main: Christian Egenolff d. Ä., 1. und
mahlkelch in der anderen Hand. In dieses Bild ist
26. März 1534. 2°
links der Sündenfall und die Vertreibung aus dem
Aufgeschlagen: Titelblatt mit Holzschnittrahmung
Paradies und rechts der kreuztragende Gottessohn
von Hans Sebald Beham
und die Kreuzigung mit aufgenommen. Die Bilder
Olim Dr.-Otto-Schäfer-Stiftung e.V.
darunter sind antithetisch aufgebaut und ihrem Sinn
nach dem Motiv „Gesetz und Gnade“ verwandt
Zusammen mit Hans Holbein d. J. ist Hans Sebald
(s. Exp. 68, 69). Auf der linken Seite die Bilder des
Beham (1500-1550) der erste Künstler, der eine
Alten Testaments: Eva mit Kain und Abel sowie
umfangreiche Folge zur Bibel geschaffen hat, die
Adam bei der Feldarbeit, Gottvater erscheint Abra-
zugleich als Bilderbibel erschien und zum Schmuck
ham und Moses empfängt die Gesetzestafeln. Ein
von Vollbibeln diente. Holbeins Serie zum Alten
weiterer Holzschnitt zeigt eine Beschneidung, bei
Testament erschien zwar erst 1538 in Lyon als Bil-
der Moses die Tafeln präsentiert. Rechts davon sind
derbibel, viele seiner Entwürfe hatten aber bereits
Juden um das Passahlamm versammelt, links davon
den Holzschnitten der Zürcher Bibel von 1531 (s.
stehen zwei Priester an einen Brandopferaltar. Aus
Exp. 10 und 13) als Vorlage gedient. Auch Hans
dem Marienleben ist zudem die Zurückweisung des
Sebald Beham konzentrierte sich auf das Alte Testa-
Opfers von Joachim aufgenommen. Diese Bilder
ment und schuf für das Neue Testament nur fünf
stehen für den Alten Bund und seine überkomme-
Autorenbilder mit den vier Evangelisten und dem
nen Riten. Auf der anderen Seite finden sich die An-
Apostel Paulus. Der Vorabdruck seiner Bibelholz-
betung Christi durch die Hirten, die Beschneidung
schnitte, nur mit einem kurzen Vermerk auf die je-
Christi, der predigende Johannes der Täufer, die
weilige Textstelle, erschien 1533 in Frankfurt am
Taufe Christi, die Fußwaschung der Apostel und das
Main bei Christian Egenolff d. Ä unter dem Titel
Abendmahl. Dazu tritt ein Holzschnitt, der Christus
Biblisch Historien, Figürlich fürgebildet. Am 26.
bei einem Besuch im Gefängnis zeigt, während ein
März 1534 verließ bei demselben Drucker auch eine
alter Mann einen Nackten bekleidet. Dabei handelt
Bibel mit den Illustrationen Behams die Presse. Sie
es sich um eine Darstellung der Werke der Barmher-
ist die letzte, die vor der ersten vollständigen Wit-
zigkeit. Sie werden hier als Nachfolge Christi, nicht
tenberger Lutherbibel (September 1534) erschien.
als gutes Werk propagiert. Diese Bilder stehen für
Sie fußte zwar weitgehend auf der Übersetzung des
den Neuen Bund und die Gnade Gottes.
Reformators, musste aber für die Apokryphen und
die Makkabäerbücher noch auf die Übertragungen
Lit.: Merian, Nr. 14, 15; Wort, S. 16-17; Buchillustration, Nr.
von Leo Jud und Melanchthon zurückgreifen.
82; Hofmann, S. 222, Nr. 96; Pauli, Gustav: Hans Sebald
Beham. Ein kritisches Verzeichnis seiner Kupferstiche, Radie-
Die 80 kleinen, meist querformatigen Holzschnitte
rungen und Holzschnitte. Straßburg 1901. (Studien zur deut-
Behams entsprechen genau einer Spaltenbreite der
schen Kunstgeschichte 33), S. 258-260; Rosenthal, Ludwig:
Egenolffschen Bibel. Sie wurden nicht nur im Text
Hans Sebald Beham’s alttestamentarische Holzschnitte und
eingesetzt, sondern auch als Rahmung für die Zwi-
deren Verwendung zur Bücher-Illustration. 1529 - 1612. In:
schentitelblätter verwendet. Für das Titelblatt kom-
Repertorium für Kunstwissenschaft 5 (1882), S. 379-405
binierte Beham etliche alt- und neutestamentarische
Szenen, die im Bibeltext selbst nicht erscheinen.
48
49
18
Biblia, Das ist: Die ganze Heilige Schrift, deutsch.
Frankfurt, Main: Georg Rab, Sigmund Feyerabend
und Weigand Hans Erben, 1564. 2°
Aufgeschlagen: Das Gleichnis vom guten Hirten,
Holzschnitt von Jost Amman
AvS, B 69
19
Biblia Das ist: Die ganze Heilige Schrift, deutsch.
Frankfurt, Main: Georg Rab, Sigmund Feyerabend
und Weigand Hans Erben, 1564. 2°
Aufgeschlagen: Der Evangelist Lukas, Holzschnitt
von Jost Amman
SakrB, B 1
Die Frankfurter Verlegergemeinschaft Sigmund
Neben die üblichen Bilder zum Alten Testament
Feyerabend, Georg Rab und Weigand Hans Erben
und zur Apokalypse, Sachillustrationen und Auto-
gab 1564 eine deutschsprachige Luther-Bibel mit
renbilder treten einige wenige Illustrationen in den
einer umfangreichen Illustrationsfolge von Jost
Evangelien: Die Enthauptung des Täufers und die
Amman heraus (vgl. Exp. 15). Die Holzschnitte
Gleichnisse vom reichen Mann und armen Lazarus,
dieses Druckes erschienen im selben Jahr ebenfalls
vom barmherzigen Samariter und vom guten Hir-
bei Sigmund Feyerabend als Bilderbibel. Deren
ten. Das letzte Gleichnis beruht auf Jo X,1-19. Der
Titel nennt Johann Melchior Bocksberger als Zeich-
erste Vers lautet: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch:
ner und Jost Amman als Reißer der von mehreren
Wer nicht durch die Türe in den Schafstall hinein-
Formschneidern ausgeführten Schnitte. In der Bibel
geht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb
selbst wird nur die Neuheit der Illustrationen her-
und ein Räuber.“ Der Eindringling auf der Leiter ist
vorgehoben: „So haben wir erstlich/ so vil die Figu-
von Philipp Schmidt als reformierter, zwingliani-
ren belangt/ ... gantz neuwe/ schoene/ kuenstliche
scher Geistlicher bestimmt worden, unter der Leiter
(wie denn ein so edel theuwer Werck desselben wol
bricht gerade ein feister Mönch ein Brett aus dem
wehrt) zurichten lassen.“ Die Vorzeichnungen
Stall heraus. Konfessionelle Bildpolemik ist damit
Bocksbergers lassen sich heute nicht nachweisen.
vom üblichen Ort der Apokalypse in die Evangelien
Seine Beteiligung erscheint inzwischen zweifelhaft.
selbst verlagert worden. Hält man Schmidts Identifizierung des einen Eindringlings als reformierten
Geistlichen für richtig, werden nicht mehr nur die
Altgläubigen angegriffen.
50
51
20
JONA <PROPHET>
Der Prophet Jona
Ausgelegt durch Martin Luther
Erfurt: Melchior Sachse d. Ä., 1526. 8°
AvS, 2649
Nach 1524 stockte die Arbeit Luthers an der Übersetzung des Alten Testaments. Etliche prophetische
Bücher erschienen daher ab 1526 in Einzeldrucken,
so auch das Buch Jona. Zur selben Zeit rückte Cranach von rein ornamentalen Titelbordüren für die
Drucklegung von Luthers Schriften ab. Diese weisen nun immer häufiger eine szenische Gestaltung
auf. Bei der Titelrahmung der Cranachwerkstatt für
das Buch Jona wurde das Titelfeld verkleinert und
ganz nach oben verschoben, um mehrere Ereignisse
aus dem Leben des Propheten in einem Landschaftsraum darstellen zu können. Noch im Jahr der
Erstausgabe 1526 erschienen ein Dutzend Nachdrucke, darunter die hier vorliegende Ausgabe aus
der Offizin des Melchior Sachse in Erfurt. Er verzichtete bei seinem Nachschnitt der Cranachschen
Auch das Autorenbild des Evangelisten Lukas war-
Jost Amman zeigt den Evangelisten beim Nieder-
Titelrahmung ganz auf ein Schriftfeld, so dass ein
tet mit einem außergewöhnlichen Detail auf. Der
schreiben seines Evangeliums, begleitet vom Stier.
Titelholzschnitt entstand, über dem separat der
Evangelist gilt der Legende nach auch als Maler,
Die Muttergottes, häufig als seine Inspirationsquelle
Titel eingedruckt ist. Ansonsten hielt er sich genau
dem die Muttergottes öfter, mit und ohne Kind
in das Bild aufgenommen, ist abwesend. Statt ihres
an die Wittenberger Vorlage. Unten links wird Jona
Modell gestanden habe. So tritt im 15. Jahrhundert
Bildes steht auf der Staffelei ein Gemälde mit dem
über Bord geworfen und vom Walfisch verschlungen,
als zusätzliches Attribut neben Stier und Buch ein
Antlitz Gottes.
rechts unten spuckt dieser den Propheten wieder
aus. Darüber erscheint Jona dreimal im Disput mit
Mariengemälde. Lukas im Atelier wird zudem ein
eigenständiges Bildmotiv. Das neue Attribut wird
Lit.: Wort, Nr. 27; WLB E 436; New Hollstein, Amman book
Gott, oben rechts wohl seine Berufung, in der Mitte
auch als Beleg seiner Autorschaft der Kindheits-
illustrations I, S. 20-103, Nr. 6; Lechner, Gregor Martin: Lukas
Jona vor einer Stadt (Ninive?) und oben links der
geschichte Jesu im Lukas-Evangelium gewertet.
Evangelist. In: LCI VII, Sp. 448-464
Prophet unter der Staude. Da Sachse auf das Titelfeld verzichtet hatte, war es ihm möglich, den Holzschnitt am Ende des Buches nochmals einzudrucken.
Lit.: Cranach I, S. 352-358 und Nr. 244; Benzing, Nr. 22682280, bes. 2279; WLB E 152
52
53
Exp. 21
21
23
Biblia, deutsch
ALBRECHT DÜRER
Bd. 2. Nürnberg: Anton Koberger,
Johannes verschlingt das Buch
17. Febr. 1483. 2°
Holzschnitt, um 1496/98
Aufgeschlagen: Bl. CCCCCLXXVIIr, Die vier
Aus:
apokalyptischen Reiter, Holzschnitt, um 1478
Apocalypsis cum figuris
Bilder zur Apokalypse waren im Mittelalter in hoher
Folge angeregt. Da er aber auch die bei Koberger
Olim Dr.-Otto-Schäfer-Stiftung e.V.
Nürnberg: [Anton Koberger] für Albrecht Dürer,
Zahl aus Handschriften und Blockbüchern bekannt.
ausgelassene Illustration heranzieht, wird er zudem
1498. 2°
Im Buchdruck warten erst die Kölner Bibeln von
auf die Straßburger Grüninger-Bibel von 1485 zu-
MOS, D-172 (1498, lat.)
1478/79 (vgl. Exp. Nr. 9) mit einer Illustrations-
rückgegriffen haben, die eine vollständige Kopie der
folge für die Offenbarung des Johannes auf. Auf
Kölner Folge enthält.
22
ALBRECHT DÜRER
Exp. 23
Apocalypsis cum figuris
24
neun Holzschnitten werden 23 Szenen dargestellt.
Nürnberg: [Hieronymus Höltzel] für Albrecht
ALBRECHT DÜRER
Mit Ausnahme des einen Bildes zu den Posaunen-
Dürer dürfte mit seinen Illustrationen zur Apoka-
Dürer, 1511. 2°
Die Hure Babylon
engeln (Schramm VIII, Nr. 467) verwendete auch
lypse um 1496 begonnen haben, 1498 publizierte
Ausgestellt: Titelblatt mit dem Titelholzschnitt
Holzschnitt, um 1496/98, Separatdruck
Anton Koberger für seine Bibel von 1483 die Köl-
er sie im Eigenverlag in einer lateinischen und einer
Johannes erblickt die Muttergottes
MOS, D-177
ner Druckstöcke. Bei seinem Paten Koberger mag
deutschen Fassung. Sie sind mit dem Typenmaterial
der junge Albrecht Dürer diese Bilder zum ersten
und mit allergrößter Wahrscheinlichkeit auf einer
Mal gesehen haben. Nicht nur die eigentlichen
der Pressen Kobergers gedruckt worden. Seine sei-
Illustrationen zur Apokalypse, sondern auch alt-
tengroßen Holzschnitte in dem riesigen Format von
testamentarische Szenen haben ihn zu seiner eigenen
ca. 39 x 28 cm stehen dabei immer auf der rechten,
MOS, D-163 (1511, lat., 1. Ex.)
54
55
der biblische Text auf der linken Seite. Neben die
mache[n] bitter zewerden deinen bauch aber es wirt
vierzehn Textholzschnitte, die häufig mehrere Sze-
in deinem mund süß als das hönig. vnd ich nam das
nen vereinen, tritt noch das Blatt mit dem Marty-
buch von der hand des engels vnd verschland es vnd
rium des Johannes. Die lateinische Ausgabe ent-
es was in meinem mund süß als hönig. vnd da ich es
nimmt ihren Text der Vulgata, für die deutsche
het verschlunden. mein bauch erbittert. vnd er
Ausgabe übernimmt Dürer ihn aus der Koberger-
sprach zu mir. Du must widerumb weissagen den
Bibel. Dürer kann in diesen Holzschnitten den ma-
heyden. vnd den volckern. vnd den zungen. vnd
lerischen Holzschnittstil seines Lehrherrn Michael
vielen künigen.“ (Dürer, Apokalypse, Bl. [6]v). An
Wolgemut nochmals übertreffen und orientiert sich
diesem Blatt wird immer die stringente Umsetzung
dabei völlig an der Technik des Kupferstichs. Mit
der Vision des Johannes gerühmt: „Niemals zuvor
diesen Illustrationen wird der Holzschnitt endgültig
war der visionäre Charakter der Engelserscheinung
zu einem autonomen Bildmedium, das auch nicht
so überzeugend dargestellt worden“. (SMS II, S.
mehr der Kolorierung bedarf. Sie bescheren dem
90).
jungen Dürer den internationalen Durchbruch als
Künstler und dürfen als die künstlerisch bedeutend-
Das Blatt „Die Hure Babylon“ setzt sich aus vielen
sten Bibelillustrationen ihrer Zeit gelten. An Dürers
Bildelementen zusammen, die über mehrere Kapitel
Apokalypse führt in der Folge kein Weg vorbei,
der Apokalypse verstreut sind (XVII-XIX). Von
auch wenn die Künstler seiner Zeit die visionäre
rechts reitet als Protagonistin die Hure Babylon auf
Endzeitstimmung seiner Holzschnitte nicht mehr
einem scharlachroten Untier mit sieben Köpfen und
erreichen werden oder wollen.
zehn Hörnern heran. Den Pokal, der „vol vnmenschlicher sünde“ (Dürer, Apokalypse, Bl. [10]v,
Exp. 24
56
Aufgeschlagen sind in der Koberger-Bibel die vier
Kap. XVII) ist, hebt sie hoch gen Himmel. Die Aus-
apokalyptischen Reiter. Bei diesem Bild ist die Über-
führung, die „siben haubt sind sieben berg auff den
nahme der Grundstruktur der Komposition durch
das weib sitzet“ (ebd.), gilt als eine „deutliche An-
Dürer deutlich wahrzunehmen. Aus Dürers Folge
spielung auf das Dominitianische [sic!] Rom. Die
sind die Holzschnitte „Johannes verschlingt das
Identifizierung der babylonischen Hure mit dem
Buch“ und „Die Hure Babylon“ ausgestellt. Das
päpstlichen Rom war zur Dürerzeit so geläufig, daß
erste Blatt stellt einen Wendepunkt dar. Das Straf-
dieser Bedeutungsaspekt wohl auch hier angenom-
gericht gegen die Menschen ist in Dürers Zyklus
men werden kann“ (SMS II, S. 103). Die sieben
damit abgeschlossen, Kapitel XV und XVI wird er
Häupter können aber auch als die sieben Todsün-
nicht für seine Illustrationen heranziehen. Das Kapi-
den aufgefasst werden. Der Hure gegenüber steht
tel X, auf dem das Blatt „Johannes verschlingt das
eine abwartende Menge Bürger und Kaufleute, die
Buch“ beruht, lautet in der deutschen Ausgabe von
einst um sie gebuhlt haben. Ein Engel verkündet
1498: „vNd ich sahe einen andern starcken engel
den Fall der bereits brennenden Stadt. Ein weiterer
herabsteigen vom himel bekleidet mit den wolcken
Engel wirft symbolisch für den Untergang Babylons
vn[d] ein regenbog auff seim haubt. Vnd sein ant-
einen Mühlstein in das Meer. Links oben sprengt
litz war als die sun. vnd sein füß als die seul des fe-
eine himmlische Heerschar heran, die vom Ritter
wers. vnd het ein auffgethans buch in seiner hande.
‚Treu und Wahr’ angeführt wird. Sie entstammt
vnd er setzt sein gerechten fuß auf das mere aber
schon dem Kapitel XIX mit dem himmlischen Jubel
den lincken auff die erde [...] vn[d] er sprach zu
über das gefallene Babylon und der Vernichtung der
mir. Nim das buch vn[d] verschlind es. vn[d] es wirt
Heidenvölker.
57
25
Das Neue Testament deutsch
Wittenberg: [Melchior Lotter d. J. für Lucas
Cranach d. Ä. und Christian Döring, September
1522]. 2°
Aufgeschlagen: Johannes erblickt die sieben
Leuchter, Holzschnitt von Lucas Cranach d. Ä.
Olim Dr.-Otto-Schäfer-Stiftung e.V.
26
ALBRECHT DÜRER
Johannes erblickt die sieben Leuchter
Holzschnitt, um 1496/1498
Aus:
Apocalypsis cum figuris
Nürnberg: [Anton Koberger] für Albrecht Dürer,
1498. 2°
MOS, D-165 (1498, lat.)
Unter dem Titel Das Newe Testament Deutsch.
so dass bereits drei Monate später die zweite Auf-
Vuittenberg erschien im September 1522 Martin
lage erschien (Dezembertestament). Das September-
Luthers Übersetzung des Neuen Testaments, das
testament gilt nicht nur als Meilenstein in der
sogenannte Septembertestament. Auf Drängen
Geschichte der Bibelübersetzung, sondern förderte
seiner Wittenberger Freunde, vor allem Philipp
maßgeblich die Verbreitung der reformatorischen
Melanchthons (1497-1560), hatte Luther während
Lehre und die Entwicklung der deutschen Hoch-
der letzten elf Wochen seines Aufenthaltes auf der
sprache.
Wartburg das Neue Testament ins Deutsche überExp. 22
setzt. Als Grundlage für seine Übersetzung be-
Nur für die Apokalypse hat Luther erzählende Bil-
nutzte er vor allem die zweite Auflage (1519) des
der zugelassen, obwohl er in der Vorrede seine Ab-
griechisch-lateinischen Neuen Testaments des Eras-
lehnung des Buches deutlich zum Ausdruck bringt.
mus von Rotterdam (1466/69-1536), daneben
Der Reformator argumentiert, Apostel würden sich
Für die Erstausgabe schuf Dürer je einen deutschen
Lit. : SMS II, S. 59-66, Nr. 111, S. 69, Nr. 120, S. 90-91, Nr.
auch die Vulgata. Der Reihenfolge der biblischen
„nicht mit gesichten vmbgeben, sondern mit klaren
und einen lateinischen, in Holz geschnittenen Zier-
125, S. 101-103; Dürer II, Nr. 8, Nr. 10; Wort, Nr. 6; WLB E
Bücher im Urtext entsprechend, stellte Luther die
vnd durren wortten weyssagen“, und stellt für seine
titel. Für die zweite Auflage 1511 gab er dem Titel
22, E 34b; Doumit, S. 121-191; Reinitzer, S. 135-141; Hof-
Apostelgeschichte unmittelbar hinter die Evangelien.
Person fest, „meyn geyst kann sich yn[n] das buch
einen Holzschnitt bei. Er zeigt Johannes bei der
mann, S. 172, Nr. 44; Dürer, Albrecht / Johannes <Aposto-
Hebräerbrief, Jakobusbrief, Judasbrief und Offen-
nicht schicken“ (Bl. aa1r).
Niederschrift der Apokalypse auf Patmos mit seinem
lus>: Die Apokalypse. Faksimile der deutschen Urausgabe von
barung des Johannes stehen als nichtapostolische
Symbol, dem Adler. Er erblickt in einer Vision
1498 „Die heimliche Offenbarung Johannis“. Herausgegeben
Schriften am Schluss.
Maria als apokalyptisches Weib mit Sternenkrone.
von Ludwig Grote. München, 1970. (Germanisches National-
Sie ist mit dem Jesusknaben als Halbfigur auf einer
museum Nürnberg: Jahresgabe 1971); Schramm VIII (1924),
Nach mehrmonatiger Drucklegung erschien Luthers
Folge von 1498 zum Vorbild. Hatte Dürer jedoch
Mondsichel dargestellt.
Nr. 464-473; Landgraf/Wendland, S. 71-78; Eichberger/
Übersetzung rechtzeitig zur Leipziger Herbstmesse.
autonome Bilder geschaffen, ordneten sich die
Wendland, S. 65-86, 91-96
Das Septembertestament fand begeisterte Aufnahme,
Illustrationen Cranachs dem biblischen Text unter.
58
Die 21 Holzschnitte zur Apokalypse von Lucas
Cranach d. Ä. und seiner Werkstatt nahmen Dürers
59
Exp. 25
60
Exp. 26
61
„Denn bei Dürers über Buchgröße hinausgehenden
1527 erwarb Herzog Georg von Sachsen die
Bildschöpfungen, die sowohl als Einzeldrucke wie
Druckstöcke der Apokalypse um 40 Gulden von
in Buchform erschienen, ist der Text das absolut Se-
Lucas Cranach d. Ä. Sie dienten zur Illustration
kundäre; Cranachs Zyklus, obwohl ebenfalls blatt-
einer von ihm veranlassten und gegen Luther ge-
groß, ist begleitende und dienende Illustration für
richteten Ausgabe des Neuen Testaments von Hie-
den neugeschaffenen und sofort als kanonisch emp-
ronymus Emser (1478-1527). Neunzehn der 21
fundenen biblischen Text“ (Cranach I, S. 332). Die
Holzschnitte wurden dabei wieder verwendet. Nur
vierzehn Blätter Dürers mussten daher um sieben
die fünfte und sechste Illustration wurden durch
erweitert werden, um sie eindeutig einer Textstelle
Holzschnitte Georg Lembergers ersetzt, der auch
zuweisen zu können. Diese Holzschnitte erregten
für den restlichen Buchschmuck sorgte. Die Holz-
aufgrund ihrer offensichtlichen antirömischen Pole-
schnitte Cranachs liegen in der bereinigten Fassung
mik bald die Gemüter der Altgläubigen: Das Unge-
des Dezembertestaments vor, so dass das Unge-
heuer aus dem Abgrund sowie die Babylonische
heuer und die Babylonische Hure nicht mehr mit
Hure tragen eine Tiara, und die Stadt Babylon ist
der päpstlichen Tiara gekrönt sind. Die Gleichset-
deutlich als Rom gekennzeichnet. Für das Dezember-
zung Roms mit Babylon blieb aber erhalten (vgl.
testament wurden daher auf Protest Herzog Georgs
Exp. 25). Für die Vorreden zu den Evangelien schuf
von Sachsen (1471-1539) die Papstkronen getilgt.
Lemberger zusätzlich zu den Bildinitialen mit den
Autoren neue Illustrationen, die mit den Argumenta
Aufgeschlagen ist der von Lucas Cranach d. Ä.
Emsers korrespondieren: zu Matthäus die Heilige
selbst entworfene Holzschnitt „Johannes erblickt
Familie umgeben von Vertretern des Alten Bundes,
die sieben Leuchter“. Cranach orientiert sich schon
Lucas Cranach d. Ä.: Die Hure Babylon
bei diesem ersten Blatt stärker am biblischen Text
Holzschnitt aus dem Septembertestament, Exp. 25
als Dürer. Hatte dieser Johannes kniend vor Gott
zu Marcus den Auferstandenen mit dem Löwen, zu
Lukas den Jesuknaben vor dem Priester und zu
27
Johannes eine Trinitätsdarstellung. Damit sprengte
Das Neue Testament nach Laut der christlichen
die herzogliche Bibelausgabe biblische Bildtradition.
Boden. „Vnd als ich yhn sahe, fiel ich zu seynen
wahrte er seine künstlerische Selbständigkeit, mitun-
Kirche bewährtem Text
Vergleichbare Darstellungen waren etwa bei den
fussen als eyn todter“ (Bl. aa2v). Gott steht „mit
ter um den Preis „nüchterne[r] Lehrhaftigkeit“
Dresden: Wolfgang Stöckel, 1527. 2°
Illustrationen der Kölner Bibeln 1478/79 in die
fordernder Gestik“ (Cranach I, S. 332) aufrecht vor
(Zimmermann, S. 4). Allerdings gelten nur neun
Aufgeschlagen: Die Hure Babylon, Holzschnitt von
Autorenbilder der Evangelisten eingebunden, aber
Johannes, während er bei Dürer auf einem Bogen-
Illustrationen als seine Schöpfung, die restlichen
Lucas Cranach d. Ä., 2. Zustand mit den heraus-
nicht als autonome Darstellungen Christi, sondern
thron Platz genommen hat.
Blätter als Werkstattarbeit.
geschnittenen oberen Kronreifen der Tiara
als eine Art innerer Schau der Evangelienverfasser.
Auch neue Motive lassen sich in Cranachs Folge fin-
Lit.: 50 Jahre, Nr. 8; Kaiser Karl V., Nr. 18; Wort, Nr. 9; WLB
Aufgeschlagen ist der Holzschnitt mit der Hure
den, etwa das Blatt „Die zwei Zeugen und das Un-
E 71; Cranach I, S.331-340; einitzer, S. 130-134; Martin,
Babylon von Lucas Cranach d. Ä. Dieser übernimmt
tier aus dem Abgrund“. Diese Illustration geht
Peter: Martin Luther und die Bilder zur Apokalypse. Die Iko-
von Dürer nur das Hauptmotiv. Die beim Nürnber-
ebenfalls auf einen eigenhändigen Entwurf Cranachs
nographie der Illustrationen zur Offenbarung des Johannes in
ger Künstler eher abwartende Menge wendet sich
zurück. Nicht bei Dürer vertreten sind zudem die
der Lutherbibel 1522 bis 1546. Hamburg 1983 (Vestigia
hier dem Weib aktiv zu.
dargestellt , liegt er bei jenem flach ausgestreckt am
AvS, 3646
Blätter „Ernte und Weinlese der Engel“ oder „Der
bibliae 5), S. 19-120; Zimmermann, Hildegard: Beiträge zur
Brunnen des Abgrundes öffnet sich“. Cranach ver-
Bibelillustration des 16. Jahrhunderts. (Illustrationen und
zichtet im Gegenzug auf den „Lobgesang der Aus-
Illustratoren des ersten Luther-Testamentes und der Oktav-
erwählten im Himmel“ und den „Kampf des Heili-
Ausgaben des Neuen Testaments in Mittel-, Nord- und West-
gen Michael“ und wählt aus der Folge Dürers nur
deutschland). Straßburg, 1924. (Studien zur deutschen Kunst-
einzelne Szenen eines Holzschnittes aus. Damit
geschichte 226); S. 1-20
62
Lit.: Wort, Nr. 15; WLB E 177
63
28
Das Buch des Neuen Testaments deutsch
Augsburg: Johann Schönsperger d. J., [1523]. 2°
Aufgeschlagen: Die Versiegelung der
Hundertvierundvierzigtausend,
Holzschnitt von Hans Schäufelein
AvS, B 94
Die Nachdrucke des Septembertestaments orien-
Aufgeschlagen ist der Holzschnitts Schäufeleins
tieren sich bei der Apokalypse meist an der Holz-
mit der Versiegelung der Hundertvierundvierzig-
schnittfolge Cranachs. In dem Neuen Testament,
tausend, also der Auserwählten Gottes. Es sind je
das Johann Schönsperger d. J. 1523 in Augsburg
zwölftausend aus den zwölf Stämmen Israels:
auflegt, werden die Bilder zur Offenbarung meist
„Danach sah ich vier Engel an den vier Ecken der
von einem unbekannten Künstler seitengroß und
Erde stehen; sie hielten die vier Winde der Erde
detailgetreu kopiert. Dabei wird das Blatt „Die vier
fest, auf daß kein Wind wehe über das Land noch
Euphratengel töten ein Dritteil der Menschen“
über das Meer noch über irgendeinen Baum. Und
ausgelassen. Nur die fünf Holzschnitte, die Hans
ich sah einen andern Engel von Sonnenaufgang
Schäufelein beigesteuert hat, erlauben sich gewisse
heraufkommen; der hatte das Siegel des lebendigen
Freiheiten gegenüber dem Vorbild Cranach und ste-
Gottes [...] Er rief: ,Schädigt nicht das Land noch
hen stilistisch Schäufeleins einstigem Meister Dürer
das Meer noch die Bäume, bis wir den Knechten
sehr nahe.
unseres Gottes das Siegel auf ihre Stirn gedrückt
haben.‘ Und ich hörte die Zahl der Gesiegelten:
hundertvíerundvierzigtausend Gesiegelte aus allen
Stämmen der Söhne Israels.“ (Apk VII,1-4)
Lit.: Wort, Nr. 11; Schreyl I, Nr. 870-879, S. 147-148; WLB
E 86
64
65
29
ALBRECHT DÜRER
Die Heilige Familie mit der Libelle
Monogrammierter Kupferstich, um 1495
MOS, D-42
30
ALBRECHT DÜRER
Maria mit der Meerkatze
Monogrammierter Kupferstich, um 1498
MOS, D-30
Das Motiv der Muttergottes in der Landschaft hat
Etwa drei Jahre später greift Dürer das Motiv der
Albrecht Dürer immer wieder aufgegriffen. Bereits
Muttergottes auf der Rasenbank mit dem Kupfer-
kurz nach den Lehr- und Wanderjahren entstand
stich Maria mit der Meerkatze wieder auf. Beide
das Blatt „Die Heilige Familie mit der Libelle“.
Blätter sind häufig verglichen worden. Das ältere
Maria sitzt mit dem Christuskind im Arm auf einer
wurde dabei als ‚spätgotisch‘ bezeichnet und die
Rasenbank. Der Nährvater Joseph hat sich hinter
disparate Räumlichkeit der Landschaft bemängelt,
der Rasenbank niedergelassen und ist eingeschlafen.
das jüngere als ‚klassisch‘ charakterisiert und die
Vom Himmel herab blickt Gottvater mit dem Hei-
Harmonie von Raum und Körper gerühmt. Maria
ligen Geist auf die idyllische Szene herab. Der Gar-
mit der Meerkatze steht damit beispielhaft für die
ten, in dem die Rasenbank steht, ist von einer
künstlerische Entwicklung Dürers, die ohne das
Mauer umfangen und durch ein hohes, hölzernes
Vorbild italienischer Kunst nicht vorstellbar ist. Der
Tor verschlossen. Als hortus conclusus verweist er
Nürnberger Künstler kontrastiert seine italienisch
damit auf die Jungfräulichkeit Mariens. Der Dorn-
anmutende Madonna mit einem Nürnberger Wei-
busch im Garten, der Turm in der nahegelegenen
herhäuschen im Mittelgrund. Mit diesem turmähn-
Siedlung, das Meer, das Schiff, all das kann als
lichen Bauwerk, mit Flusslandschaft und der Stadt
marianisches Symbol aufgefasst werden – genauso
im Hintergrund lassen sich ähnliche marianische
wie das Insekt, das heute überwiegend als Libelle
Symbole wie auf dem Blatt mit der Heiligen Familie
identifiziert wird. Das um Joseph erweiterte Motiv
finden. Schoch sieht aber durch den „Naturalismus“
beruht auf Legenden und apokryphen Texten zur
der Darstellung „die traditionelle Bildsymbolik
Kindheit Jesu. Es „verbindet Motive der ‚Geburt
überlagert“ (SMS I, S. 72).
Christi‘ mit der ‚Ruhe auf der Flucht‘ und appelliert
an Empfindungen und Werte eines ‚bürgerlichen‘
Der Bildgehalt des jüngeren Blattes weist aber noch
Publikums. An seiner Ausbildung zum selbständi-
weitere Facetten auf. An die Rasenbank ist die na-
gen Andachtsbild im späten 15. Jahrhundert hatte
mensgebende Meerkatze angekettet. Der Affe er-
Dürer wesentlichen Anteil.“ (SMS I, S. 29).
scheint „in der christlichen Ikonographie häufig in
Exp. 29
66
67
Begleitung der Eva oder der Synagoge und verkör-
In Dürers Gemälde „Die sieben Schmerzen Mari-
pert das Laster, das Böse, sogar den Teufel. Der
ens“ (um 1494) erscheint die Meerkatze als Attribut
Singvogel, mit dem der Jesusknabe spielt, symboli-
der Schriftgelehrten bei dem Motiv „Der zwölfjäh-
siert dagegen die befreite Seele“ (SMS I, S. 72).
rige Jesus im Tempel“. Die Meerkatze als Repräsen-
Insgesamt kann man dann die Szene „als Symbol
tantin falscher Schriftauslegung ist damit möglicher-
des durch Christi Kreuzestod überwundenen
weise auch ein Gegenpol zu dem Buch, auf dessen
Bösen“ (Dürer I, S. 32) verstehen.
Rücken Mariens Linke ruht.
Lit.: SMS I, Nr. 2 und Nr. 20; Dürer I, Nr. 4 und Nr. 5
Exp. 30
68
69
31
ALBRECHT DÜRER
Maria als Königin der Engel
(Maria von zwei Engeln gekrönt)
Monogrammierter und datierter Holzschnitt, 1518
MOS, D-211
1518 griff Albrecht Dürer das Motiv der Marien-
reift und deren gekelterter Saft auf seine Passion
krönung zweimal auf: in einem Kupferstich, der nur
verweist. Die Maiglöckchen und Lilien in der Vase,
die Muttergottes mit dem Kind und die beiden
die ein Putto zu Maria hochhebt, sind als Symbole
Engel mit der Krone zeigt, und in einem vielfiguri-
ihrer Reinheit und Demut zu verstehen. Man darf
gen Holzschnitt „Maria als Königin der Engel“.
in dem Bild einen „Höhepunkt der Marienverherr-
Beide Male findet die Krönung auf Erden durch
lichung“ (SMS II, S. 446) sehen. Für Knappe klingt
Engel statt und nicht im Himmel durch den drei-
in dem Holzschnitt auch die Begeisterung humani-
einigen Gott.
stischer Marienhymnen nach, wie der des Nürnberger Karthäuser-Priors Georg Pirckheimer († 1505):
Die Muttergottes thront majestätisch in einer fest-
„Dich beten die Himmel an, Dir dienen die Teufel;
lichen Engelschar. Der Saum ihres voluminösen
Du drehst den Erdkreis, erleuchtest die Sonne,
Gewandes wird durch musizierende und Geschenke
regierst die Welt, bändigst die Hölle ...“ (Knappe,
darbringende Putten verdeckt. Rechts sind Engel
S. 31).
mit Trommel und Flöte herangetreten, auf der anderen Seite präsentiert ein Engelpaar Weintrauben.
Der Holzschnitt ist in der dekorativen bzw. höfi-
Darüber schweben zwei Engel, die die Krone über
schen Phase Dürers entstanden, in der er zahlreiche
ihrem mit einem Blütenkranz geschmückten Haupt
Aufträge für Kaiser Maximilian I. auszuführen hatte.
halten. Ein Wolkenband trennt sie von zahlreichen
Putten, die vom Himmel aus das Geschehen verfol-
Lit.: SMS II, Nr. 248; SMS I, Nr. 84, Dürer III, Nr. 18;
gen. Der Apfel in der Rechten weist Maria als neue
Knappe, Karl-Adolf (Hg.): Dürer – Das graphische Werk.
Eva aus. Die Weintrauben stehen für das Gleichnis
Wien, München, 1964, S. 31
von Maria als Weinrebe, an der Christus als Traube
70
71
32
ALBRECHT DÜRER
Joachim und Anna unter der goldenen Pforte
Monogrammierter und datierter Holzschnitt, 1504
Separatdruck aus der Folge des Marienlebens
MOS, D-191
Dürer begann mit seinen Arbeiten an der Folge des
Scham flieht Joachim zu seinen Herden aufs Land,
Marienlebens um 1501/1502. Bereits 1505 lagen
wo ihm ein Engel die Geburt Mariens verkündet
fast alle Holzschnitte vor, die er mit auf seine Italien-
und befiehlt, seine Frau Anna unter der Goldenen
reise nahm. Dort erregten sie großes Interesse und
Pforte zu treffen. Das dritte, hier ausgestellte Blatt
wurden sofort kopiert. Erst um 1510/11 schuf er
zeigt diese Begegnung. Das Paar umarmt sich, und
die restlichen Blätter, die er 1511 zusammen mit
in diesem Moment empfängt Anna Maria. Seit
der Großen Passion und der zweiten Auflage der
1439, seit dem Dekret des Basler Konzils, galt die
Apokalypse als die drei großen Bücher veröffent-
unbefleckte Empfängnis Mariens als unumstößlich,
lichte. Den Text zum Marienleben stellte der Nürn-
jegliche Hinterfragung dieser Lehrmeinung war ver-
berger Benediktiner und Humanist Benedictus
boten. Das Bild von der Begegnung unter der Gol-
Chelidonius zusammen. Es handelt sich dabei um
denen Pforte avancierte zum Symbol dieser Lehre,
eine Kurzfassung des Marien-Epos’ Parthenice prima
die auch von humanistischen Kreisen vehement pro-
des Karmeliters Giovanni Baptista Mantuanus
pagiert wurde. Auch die Verse des Chelidonius’
(1447-1516), das 1488 erstmals veröffentlicht wur-
bzw. Mantuanus’ betonen diesen Aspekt:
de und als das am weitesten verbreitete Marienleben
„Anna schließt Joachim an der Goldenen Pforte
seiner Zeit galt. Chelidonius musste nur dort stärker
wieder in ihre Arme und empfängt Maria.
in dessen Text eingreifen, wo Ereignisse nur kurz
Zum Eingang des besagten Tores, welches die Gol-
oder gar nicht beschrieben werden. Für den bei
dene Pforte heißt, kamen beide, am Ziel ihrer Wün-
Mantuanus fehlenden „Abschied Christi von seiner
sche. Sogleich warf sich die gesegnete Anna in die
Mutter“ überarbeitete Chelidonius dessen Klage
Arme ihres Mannes und beide frohlockten über die
Mariens unter dem Kreuz. Chelidonius hat daher
Auszeichnung ihrer künftigen Tochter, die, wie sie
nicht – wie meist angenommen – im Auftrag Dürers
von der Verkündigung des himmlischen Botens
einen Text für die fertigen Bilder erstellt. Mit der
wußten, eine mächtige Königin im Himmel und auf
Textwahl präsentiert sich Dürers Marienleben als
Erden werden sollte, Mutter des Königs, dessen er-
ausgesprochen modern, aber auch untypisch für ein
habene Majestät von Ewigkeit her war, ist und sein
neulateinisches, humanistisches Epos, denn dieses
wird, der in menschlichem Leib das Menschenge-
verzichtete in der Regel auf Illustrationen. In der
schlecht vom Makel der Erbsünde reinwaschen
Folge Dürers wird die Passion Christi ausgespart, da
sollte. Sie zweifelten also nicht, daß eine solche
diese bereits in der gleichzeitig erschienenen Großen
Tochter mit dieser Bestimmung nicht auf gewöhnli-
Passion thematisiert war.
che Weise zur Welt kommen könne, [...]“ (Marienleben, S. 107; Übersetzung Claudia Wiener).
Die Folge beginnt mit der Zurückweisung des Op-
72
fers von Joachim und Anna im Tempel, da das Paar
Lit.: Marienleben, S. 29-35, 107; SMS II, S. 214-221 und S.
bis ins hohe Alter unfruchtbar geblieben war. Aus
232-234, Nr. 169
73
33
34
FRATER PETRUS
BONAVENTURA <SANCTUS>
Nova legenda sanctae Catherinae
Die Legende des heiligen Vaters Franciscus
[Straßburg]: Johann Grüninger, 6. April 1500. 4°
Nürnberg: Hieronymus Höltzel für Caspar Rosen-
Aufgeschlagen:
thaler in Schwaz, 7. April 1512. 4°
Das Martyrium der Hl. Katharina, Holzschnitt
Aufgeschlagen: Stigmatisierung des Heiligen
MOS, OS 484
Franziskus, Holzschnitt von Wolf Traut
MOS, OS 254
Neben Barbara, Dorothea und Margareta gehört
die Heilige Katharina von Alexandrien zu den vier
Evangelium leben‘“ wollte, ist die Theologie Bona-
Hauptjungfrauen, mit Barbara und Dorothea seit
venturas auf Christus als „Ausgang und Mitte“
dem 14. Jahrhundert zu den vierzehn Nothelfern.
(Dettlof S. 51) konzentriert. Bonaventura hat eine
Katharina, Tochter des Königs von Cypern, „galt im
Legenda maior und eine Legenda minor des Or-
Mittelalter als die nach Maria ranghöchste Heilige“
densgründers Franziskus hinterlassen. Mit seinen
(http://inkunabeln.digitale-sammlungen.de/Aus-
Biographien, die frühere Viten weitgehend ablösten,
gabe_P-371.html). Aufgrund ihrer hohen Bildung
sollten Auseinandersetzungen um die Armutspraxis
ist sie die Patronin der Gelehrten, der Theologen
und die Strenge der Ordensregeln beigelegt wer-
und Juristen, der Schüler und Studenten, der Schu-
den. Im vorliegenden Druck liegt die ausführlichere
len, Universitäten, Bibliotheken und der Buchdruk-
Vita des Heiligen Franz vor. Sie ist mit über fünfzig
ker, aber auch der Mädchen und Jungfrauen, sowie
Holzschnitten des Nürnberger Künstlers Wolf Traut
aller Berufe die mit Klingen und Rädern zu tun
(um 1490-1520) geschmückt, die als dessen Haupt-
haben. Unter Kaiser Maxentius erlitt sie 306 ihr
Die vorliegende Nova legenda hat ein Frater Petrus
werk gelten. Der Holzschnitt mit der Stigmatisie-
Martyrium in Alexandrien. Nachdem sie sich dem
aus Italien im 14. Jahrhundert aus sechs früheren
rung des Heiligen Franz wird als Titelbild und auch
kaiserlichen Befehl verweigert hatte, heidnische
Fassungen kompiliert. Aufgeschlagen ist der Holz-
als Illustration zu den Kapiteln „Von seinen heyli-
Götzen anzubeten, und auch eine Disputation mit
schnitt mit dem Martyrium der Heiligen. Am rech-
gen wunden“ und „Die Wunderzaychen“ verwen-
fünfzig Philosophen sie nicht zum Abfall vom
ten Bildrand ist das durch himmlisches Feuer zer-
det und ist das zentrale Motiv der Holzschnittfolge.
christlichen Glauben bewegen konnte, wurde sie
störte Rad zu sehen. Zentral ist der Scharfrichter
Sie ist Beleg und Auszeichnung für die konsequente
zum Tod durch Rädern verurteilt. Engel zerstörten
mit dem Schwert postiert, vor ihm die kniende und
Nachfolge Christi durch den Heiligen Franziskus.
aber das Rad durch Feuer, wobei viertausend
betende Heilige.
Die Stigmatisierung des Heiligen Franz und ihre
Ungläubige umgekommen sein sollen. Schließlich
bildliche Darstellung hat Luther entschieden abge-
wurde Katharina mit dem Schwert hingerichtet. Die
Lit.: Kreis und Kugel, Nr. 37; Dürer I, Nr. 45; Assion, Peter:
Legende überlieferte zuerst allein ihr Martyrium, im
Katharina von Alexandrien. In: LCI VII (1974), Sp. 289-297;
Der Heilige Bonaventura (um 1217-1274) wurde
lehnt: „Daß man also S. Francisci Werk des Herrn
Westen entstand daneben die Geschichte von ihrer
http://inkunabeln.digitale-sammlungen.de/Ausgabe_P-
als Kind auf die Fürbitte des Franziskus von Assisi
Christi Wunderwerken und Leiden gleich gerechnet
Bekehrung und Frömmigkeit. Ihr vorangestellt
371.html
von schwerer Krankheit geheilt. Er schloss sich wäh-
und geachtet hat; welches eine große Gottesläste-
kann auch von Geburt und Kindheit der Königs-
rend seines Studiums der Theologie in Paris dem
rung ist gewesen“ (Hofmann, S. 153)
tochter berichtet werden. Zentraler Bestandteil der
Franziskanerorden an. 1257 wählte ihn der Orden
Bekehrungslegende ist die Vermählung Katharinas
zum Generalminister, 1273 wurde er zum Kardinal
Lit.: Dettlof, Werner: Bonaventura. In: TRE VII, S. 48-55;
mit Christus durch die Muttergottes selbst.
ernannt. Im Jahr darauf starb er in Lyon während
Hofmann, S. 153, Nr. 128; Meister um Dürer, S. 217, Nr. 390
des Konzils. Wie Franziskus „einfach ,nach dem
74
75
35
[PSEUDO-]EUSEBIUS VON CREMONA
Vom Leben und Sterben des heiligsten Hieronymus
Nürnberg: Hieronymus Höltzel, 14. Febr. 1514. 4°
Aufgeschlagen: Der heilige Hieronymus in der Felsengrotte, monogrammierter und datierter Holzschnitt von Albrecht Dürer, 1512
MOS, OS 272
Der Nürnberger Ratsschreiber Lazarus Spengler
geschlagenes Buch balanciert. Er scheint im Schrei-
(1479-1534) gab seine Übersetzung der Vita des
ben innegehalten zu haben, um das Kruzifix auf
Heiligen Hieronymus 1514 heraus. Er widmete sie
dem Felsen vor ihm zu betrachten. Sein Attribut,
dem einflussreichen Ratsherrn Hieronymus Ebner
der Löwe, ruht friedlich hinter ihm. Hieronymus
(1477-1532), der im Jahr der Drucklegung zum 2.
trägt ein einfaches Gewand, Kardinalsmantel und -
Losunger der Reichsstadt bestellt worden war, und
hut hat er abgelegt. Wie in der Kaltnadelradierung
entbot ihm dabei seinen ungeteilten Dienst. Seine
„Der Heilige Hieronymus neben dem Weidenbaum“
„lieb vnd hertzlich zunaygung […] zu dem glori-
aus demselben Jahr kombiniert Dürer das Motiv des
wirdigen grossen heyligen Hieronymo, als meinen
Buch- und Bibelgelehrten mit dem des frommen
sonderlich erwelten vn[d] furgeliebten patron“
Büßers. Damit werden die beiden Hauptaspekte aus
(Bl. A1r) habe ihn zu diesem Werk veranlasst. Die
der Vita des Hieronymus in einem Bild vereint.
Furcht vor Kritikern, die ihm eine solche Übersetzung „auß mangel billichs verstands“ nicht zutrau-
Lazarus Spenglers Übersetzung fußt auf einem
ten, habe ihn bewogen, die „angefangen vbung
vermeintlichen Brief des Eusebius von Cremona
solichs wercks, ain zeytlang in rwe [= Ruhe, d. A.]
(† 423), einem Schüler des Hieronymus’, den dieser
zestellen“ (ebd.).
nach dem Tod des Kirchenvaters verfasst haben soll.
Er ist aber – wie zwei weitere Briefe über das Leben
76
Die Rückseite des Titelblattes ziert der Holzschnitt
und Wirken des Hieronymus – Werk eines unbe-
„Der Heiligen Hieronymus in der Felsengrotte“,
kannten Autors um 1300. Mit ihnen setzt eine Ver-
den Albrecht Dürer bereits 1512 geschaffen hat.
ehrung des Kirchenvaters ein, die ihn weit über den
Trotz früherer Vermarktung als Einblattdruck und
Rang der anderen drei lateinischen Kirchenväter
durch Einzelabzüge darf man vermuten, dass der
erheben und ihn mit Johannes dem Täufer und
Holzschnitt von Anfang an als Illustration für die
den Aposteln gleichsetzen sollte. Spenglers Schrift
Übersetzung seines Freundes Spengler gedacht war,
markiert „die Kulmination der Nürnberger Hiero-
deren Drucklegung sich – wie aus der Vorrede her-
nymus-Begeisterung unmittelbar vor der Reforma-
vorgeht – verzögert hatte. Dafür sprechen auch die
tion“ (Hamm, S. 173). Sowohl Spengler wie Ebner
Maße des Holzschnittes, die dem Quartformat eines
sollten eine Dekade später zu den bedeutendsten
Buches angepasst, für einen Einblattdruck mit seit-
Befürwortern einer Einführung der Reformation in
lichen Textbeigaben aber eher zu breit sind.
der Reichsstadt zählen.
Der Heilige sitzt mit übereinandergeschlagenen
Lit.: Schauerte, S. 86, Nr. 26; Hamm, S. 170-183; SMS II,
Beinen in einer Felsengrotte, auf denen er ein auf-
Nr. 232; Dürer II, Nr. 7
77
36
Die Historie des Lebens, Sterbens
und der Wunderwerke Sankt Sebalds
Nürnberg: Hieronymus Höltzel, 1514. 4°
Aufgeschlagen: Der heilige Sebald, Holzschnitt
von Hans Springinklee
MOS, OS 1046
Die hystori des lebens: sterbens und wunderwerck des
Sebald soll ein Königssohn aus Dänemark gewesen
heyligen Peichtigers und grossen nothelffers Sant
sein, der seine Verlobung mit einer französischen
Sebalds, der von gepurt ain konig auß Tenmarck und
Prinzessin gelöst hatte, um als Einsiedler zu leben.
ain sonnierlicher Löblicher Patron und furbitter ist
Nach einer Wallfahrt nach Rom zog er sich wie-
der Stat Nüremberg, Alda er leibhafftig gar gnedigk-
derum als Einsiedler in die Nürnberger Gegend
lich Rastet erschien 1514 bei Hieronymus Höltzel
zurück, wo er auch als Künder des Glaubens wirkte.
in Nürnberg. Die fränkische Reichsstadt förderte
Über seinem Grab in der Peterskapelle wurde im
den Kult ihres historisch nicht belegbaren Stadthei-
13. Jahrhundert die Sebalduskirche errichtet.
ligen um so tatkräftiger, je bedeutender ihre Stellung im Reich wurde. Dessen Heiligsprechung im
Üblicherweise wird er daher als Pilger dargestellt, in
Jahr 1425 durch Papst Martin V. erreichte eine
der einen Hand einen Stab, in der anderen das Mo-
Nürnberger Delegation mit dem Verweis auf die
dell der Sebalduskirche. Sein Bild wird häufig mit
jahrhundertelange Verehrung Sebalds in ihrer Stadt
heraldischen Beigaben geschmückt, den Wappen
und dessen dort vollbrachten Wundertaten. Dies
von Dänemark, Frankreich und der Reichsstadt
legte „den Grundstein für eine Wallfahrt zum Grab
Nürnberg. Diese finden sich auch auf dem Holz-
in der Nürnberger Sebalduskirche“ (SMS III, S.
schnitt in Höltzels Druck aus dem Jahr 1514.
529), die mit Einführung der Reformation zu Ende
Früher Dürer zugeschrieben, gilt er heute als Werk
gehen sollte. Nürnberger Drucke seiner Ende des
von Hans Springinklee.
14. Jahrhunderts kanonisierten Legenden dienten
daher wohl in erster Linie als Andenken für Pilger.
78
Lit.: SMS III, S. 529-530, A 42
79
37
LEONHARD BECK
Images de saints et saintes
issus de la famille de l'empereur Maximilien I.
Wien: Franz Xaver Stöckl, 1799. 2°
Aufgeschlagen: Der heilige Sebald, Holzschnitt
von Leonhard Beck
MOS, OS 189
Zu den Buchprojekten Kaiser Maximilians I. zählt
Druck der Blätter wird noch um 1518 stattgefun-
dele sich um einen Hinweis auf die wunderbare
auch eine Fürstliche Chronik, die in vier Bänden die
den haben. Ein einziges Exemplar hat sich im Bene-
Speisung der Heiligen Willibald, Wunebald und
Genealogie des Habsburgers darlegen sollte. Sie
diktinerstift St. Paul in Kärnten erhalten.
Dionysius, des Evangeliers. Diesen war Sebald in
reichte zurück über die Franken und Merowinger
der Wüste begegnet, und sie hatten ihm ihren gro-
bis zum antiken Helden Hektor. Ergänzend sollte in
1522 gab Mennel eine Kurzfassung der Heiligenvi-
ßen Hunger geklagt. In einem Bittgebet an Gott,
zwei weiteren Büchern der Heiligen gedacht werden,
ten in Freiburg im Breisgau heraus. Danach erschien
das Sebald abseits verrichtete, spendete der Himmel
die mit seinem Geschlecht verwandt sind. Eine erste
ein zweiter Abzug der Holzschnitte mit den Texten
Brot und füllte ein Fass Wein, das Dionysius bereits
von Jakob Mennel 1513 zusammengestellte Fas-
aus seinem Seel unnd heiligen buch, Keiser Maximili-
geleert hatte. Braun deutet den Gegenstand in der
sung stieß beim Kaiser auf keine positive Resonanz.
ans altfordern. Hier trägt das Bildnis Sankt Sebalds
Rechten Sebalds als einen Aschenkuchen, also einen
Die Überarbeitung des Werkes dauerte bis Anfang
folgende Unterschrift: „Sant Sebaldus / künigs sun
Fladen, der in heißer Asche ausgebacken wird.
des Jahres 1518 und wurde nicht mehr publiziert.
von Dennmarckt / wirt mit grosser solennitet zuo
Nur Handschriften in der Österreichischen Natio-
Nueremberg gehalten / vnd ift fein heiliger tag /
Laschitzer schließt bei diesem Holzschnitt auch eine
nalbibliothek können heute über das Ausmaß der
auff den. XIX. tag. Augusti“ (Laschitzer, 1887, S.
Fehlinterpretation des Formschneiders nicht aus,
Fürstlichen Chronik und der Heiligen aus der „Sipp-,
212). Dieser Druck muss vor 1551 erfolgt sein.
der mit dem Heiligen Sebald und seinen Attributen
Mag- und Schwägerschaft“ Maximilians informie-
nicht vertraut gewesen sei. Dazu muss aber ange-
ren. Ursprünglich auf genau hundert Heilige festge-
Erst 1799 verlegte Adam von Bartsch (1757-1821)
merkt werden, dass der ,Staatsheilige‘ vielleicht
legt, beschrieb Mennel 1518 123 Heilige und 47
in Wien unter dem Titel Images de saints et saintes
nicht in derselben Art wie der Nürnberger Stadthei-
Selige. Mit den Bildnissen der Heiligen im Holz-
issus de la famille de l'empereur Maximilien I. eine
lige dargestellt werden sollte. Das genaue Verwandt-
schnitt wurde noch im Jahr 1516 begonnen. Denn
dritte Ausgabe. Sie ist am weitesten verbreitet und
schaftsverhältnis des Heiligen Sebald zu den Habs-
auf den erhaltenen Druckstöcken finden sich Prä-
wird hier ausgestellt. Bartsch war noch der Ansicht,
burgern ist nicht zu ersehen; es könnte sich um eine
sentationsvermerke von November 1516 bis Sep-
Hans Burgkmair d. Ä. sei Schöpfer der Holzschnitte
Verbindung zum dänischen Königshaus handeln,
Tracht und Attribute der Heiligen in der deutschen Kunst.
tember 1518, die aber nur die Namen der Form-
gewesen.
die hier in Anspruch genommen wurde.
Stuttgart, 1943, Sp. 640-642; Laschitzer, Simon: Die Heiligen
Beck anerkannt, nur ein Holzschnitt wird ihm abge-
Die Darstellung des Heiligen Sebalds weicht in
Lit.: Kaiser Maximilian I. und die Kunst der Dürerzeit. Ausstel-
lian I. In: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Al-
schrieben.
einem Punkt von der üblichen Ikonographie ab (s.
lung in der Albertina, Wien, 14. September 2012 bis 6. Januar
lerhöchsten Kaiserhauses IV (1886), S. 70-288 und V (1887),
Exp. 36). Statt des Modells der Sebalduskirche hebt
2013. Hrsg. von Eva Michel und Maria Luise Sternath. Mün-
S. 117-262
Eine erste Publikation der Heiligenbilder erfolgte
er in der Rechten eine hostienartige Scheibe empor,
chen, 2012, S. 165, 172-173; Hispania – Austria. Die Katholi-
wohl in Nürnberg. Dabei wurden den Abzügen nur
die er ehrfürchtig mit einem Tuch ergriffen hat.
schen Könige, Maximilian I. und die Anfänge der Casa de Au-
die Namen der Heiligen im Buchdruck beigegeben.
Dieses Attribut lässt sich in seiner Vita nicht defini-
stria in Spanien. Kunst um 1492. Innsbruck, Schloß Ambras,
Allein beim Nürnberger Stadtheiligen Sebald er-
tiv belegen. Joseph Braun übernimmt eine Vermu-
3. Juli – 20. September 1992. Wissenschaftliche Gesamtleitung:
scheint zusätzlich die Bitte „Ora pro nobis“. Der
tung Laschitzers als feststehendes Faktum, es han-
Artur Rosenauer. Milano, 1992, S. 315-323; Braun, Joseph:
schneider nennen. Als Zeichner ist heute Leonhard
80
aus der „Sipp-, Mag- und Schwägerschaft“ des Kaisers Maximi-
81
38
Gloriosorum christi confessorum Uldarici & Symperti:
necnon beatissimae martyris Aphrae, Augustanae
sedis patronorum quam fidelissimorum historiae
[Augsburg]: Silvan Otmar, 14. April 1516. 4°
Aufgeschlagen: Das Martyrum der heiligen Afra,
Holzschnitt von Leonhard Beck
MOS, OS 783
Im Spätmittelalter entstanden zunehmend Nahwall-
fig als Dirne bezeichnet wird. Im Traum ermahnt,
fahrten, die Heiligen einer Region galten. Neben St.
dass ein ewiges Königreich in Augsburg auf sie
Sebald in Nürnberg (vgl. Exp. Nr. 36) zogen die
warte, zieht sie dorthin. Vom legendären Augs-
Stadt- und Bistumsheiligen von Augsburg, Ulrich,
burger Bischof Narcissus bekehrt, erleidet sie um
Afra und Simpert, die Pilger in Südostdeutschland
304 das Martyrium durch den Feuertod.
an. Die schwäbische Diözese genoss seit 1451 sogar
das Privileg, den römischen Ablass, der den Besu-
Die Heilige Afra wird in der Regel in prächtigen
chern der sieben Hauptkirchen der Heiligen Stadt
Kleidern an einen Baum gefesselt dargestellt, neben
erteilt wurde, ebenfalls spenden zu dürfen. Der vor-
oder unter ihren Füßen ein Stoß brennendes Holz.
liegende Druck wurde vom Klerus der Augsburger
Die Krone kann sowohl ihre königliche Herkunft,
Kirche Sankt Ulrich und Afra in Auftrag gegeben
aber auch ihren Status als Märtyrerin anzeigen.
und enthält die Legenden aller drei Stadtpatrone.
Leonhard Beck hat in seinem Holzschnitt die
Der Heilige Ulrich (790-873) leitete das Bistum
zypriotische Prinzessin in eine aufwendige Architek-
Augsburg für fünfzig Jahre und hatte maßgeblichen
turrahmung im Stil der Renaissance gestellt und
Anteil am Sieg auf dem Lechfeld. Der beliebte Bi-
damit den repräsentativen Charakter des Bildes ge-
schof zog sich immer mehr aus der Politik zurück,
steigert. Auch ein fiktives königliches Wappen gibt
um spirituell und seelsorgerisch wirken zu können.
er der Heiligen bei. Dies dürfte im Sinne seiner Auf-
Bereits zwanzig Jahre nach seinem Tod soll er heilig
traggeber gewesen sein, die den Kult der Stadt-
gesprochen worden sein.
patrone, aber auch die Identifikation der Gläubigen
mit ,ihren‘ Heiligen fördern wollten. Neben der
Auch der Heilige Simpert (um 750-807) gilt als be-
vorliegenden lateinischen Fassung der Legenden-
deutender Bischof von Augsburg. Während Ulrich,
sammlung gab es natürlich auch einen deutsch-
aber auch Afra Heilige der katholischen Kirche sind,
sprachigen Druck.
blieb Simpert ein reiner Ortsheiliger. Seine Verehrung wurde 1450 für das Kloster St. Ulrich und
Lit.: Hamm, S. 274-275; Bigelmair, Andreas: Afra. In: LThK I,
Afra und 1622 für das Bistum erlaubt.
Sp. 169-170; Zoepfl, Friedrich: Ulrich (Udalrich). In: LThK X,
Sp. 454-456; Zoepfl, Friedrich: Sintpert. In: LThK IX, Sp.
82
Afra ist in der vorliegenden Legende in der Bearbei-
789-790, Zoepfl., Friedrich: Afra von Augsburg. In: LCI V, Sp.
tung des Augsburger Benediktiners Albertus (um
38-41; Das leben: verdienen: und wunderwerck der hailigen,
1200) eine Königstochter aus Zypern, die nach dem
Augspurger Bisthumbs bischoffen, sant Ulrichs, und Sym-
Tod ihres Vaters nach Rom flieht. Ihre Mutter weiht
prechts, auch der säligen martrerin sant Aphre. Augsburg,
sie hier dem Dienst der Venus, weswegen Afra häu-
1516
83
39
HEINRICH VON FRIEMAR D. Ä.
Passio domini litteraliter et moraliter ab Henrico de
Firmatia explanata
Landshut: Johann Weißenburger, [um 1516]
Aufgeschlagen Bl. B4v, C1r mit den Holzschnitten
Geißelung, Jesus vor Pilatus und Kreuztragung
MOS, OS 1317
Der Theologe Heinrich von Friemar d. Ä.
Der Erstdruck der Passion soll nach Panzers Anna-
(um 1245-1340) erhielt seine erste theologische
len 1514 in Paris erschienen sein, lässt sich aber
Ausbildung bereits vor 1265 in Bologna. Von 1290
nicht nachweisen. Die vorliegende Ausgabe druckte
bis 1299 war er Provinzial der deutschen Augusti-
Johann Weißenburger um 1516 in Landshut. Sie ist
ner. Danach ging er zum weiteren Studium an die
mit einer Folge von 14 kleinformatigen Holzschnit-
Universität Paris, wo er um 1305 den Magistergrad
ten zur Passion – vom Abendmahl bis zur Grable-
erwarb und anschließend auf einen theologischen
gung – geschmückt. Der Künstler ist unbekannt.
Lehrstuhl berufen wurde. Seit spätestens 1315
Der Titelholzschnitt zeigt in vier kreisrunden Me-
unterrichtete er Theologie am Augustinerkloster
daillons in den Ecken die vier Evangelisten am
Erfurt bis zu seinem Tod. Hier verfasste er wohl
Schreibpult mit ihren Symbolen. In der Mitte hält
den Großteil seiner zahlreichen Schriften. Sie wur-
der sitzende Jesusknabe die Leidenswerkzeuge.
den auch ins Deutsche übersetzt und „haben einen
Diese Arbeit wird Wolf Traut zugeschrieben.
spürbaren Einfluß auf das religiöse Leben des deut-
Johann Weißenburger verwendete diesen Holz-
schen Spätmittelalters ausgeübt“. (Zumkeller,
schnitt seit 1509 für kleinformatigere theologische
S. 408)
Drucke. Auch die Passionsfolge dürfte bereits früher
entstanden sein.
Obwohl seinen Predigten nahestehend richtet sich
Friemars Passio domini litteraliter et moraliter expla-
Lit.: Warnock, Robert G.: Heinrich von Friemar d. Ä. In: Ver-
nata an eine Leserschaft. Das belegt das Incipit so-
fasserlexikon III (1981), Sp. 731-737, bes. Sp. 731-732; Zum-
wohl der lateinischen Fassung wie der deutschen
keller, Adolar: Heinrich von Friemar (auch de Alemania). In:
Übersetzung: „Es beginnt die Erklärung des Lei-
NDB VIII (1969), S. 408; Meister um Dürer, Nr. 388; Stroick,
dens des Herrn durch den Magister Heinrich von
Clemens: Heinrich von Friemar. Leben, Werke, philosophisch-
Friemar zur Ehre Gottes und zur Erbauung der Le-
theologische Stellung in der Scholastik. Freiburg, Breisgau,
senden nach der Erklärung der vier Evangelien nach
1954. (Freiburger theologische Studien 68), S. 42-45; Panzer
dem doppelten Sinn, dem buchstäblichen und dem
VIII, S. 20, Nr. 763
moralischen“ (Stroick, S. 44). In den Erzählstrang
der Leidensgeschichte Jesu nach den Evangelien
werden daher Erläuterungen historischer und moralischer Art eingeflochten, sowie Hinweise zu den
Verhältnissen im Palästina der Zeitenwende. Der
Autor arbeitet auch mit eingestreuten Fragen und
deren schulmäßiger Beantwortung.
84
85
40
41
JORDANUS DE QUEDLINBURG
BRUDER BERTHOLD
Meditationes de vita et passione Jesu Christi
Horologium devotionis circa vitam Christi
[Magdeburg: Moritz Brandis, um 1498]. 16°
[Köln: Ulrich Zell, um 1488]. 16°
Aufgeschlagen: Christus am Ölberg. Holzschnitt,
Aufgeschlagen: Bethlehemitischer Kindermord und
um 1498 zum 2. Artikel
die Flucht nach Ägypten, altkolorierter Metall-
MOS, OS 1209
schnitt
MOS, OS 156
Der Augustiner Jordanus de Quedlinburg (um
1300-1370/80) gilt als einer der bedeutendsten
geistlichen Autoren seiner Zeit. Mit seinem Liber
42
Vitasfratrum hat er seinem Orden ein bis heute
BRUDER BERTHOLD
beachtetes Denkmal gesetzt. Zu den beliebten
Horologium devotionis circa vitam Christi
Schriften seiner Feder gehören die Meditationes de
Nürnberg: Friedrich Creussner, 11. Mai 1489. 8°
passione Jesu Christi, die nicht nur in mehr als 110
Aufgeschlagen: Vertreibung der Händler aus dem
Handschriften überliefert sind, sondern im Spät-
Tempel, Holzschnitt
mittelalter auch in zahlreiche Gebetbücher und
MOS, OS 96
Passionspredigten eingeflossen sind und so die
Frömmigkeit ihrer Zeit stark beeinflusst haben.
Der Verfasser des Horologium devotionis nennt sich
hundert in illustrierten Handschriften weite Verbrei-
Neben der lateinischen Fassung kursierten zahlrei-
Bruder Berthold und bezeichnet sich als Mitglied
tung. Die Beigabe von Bildern war bereits von Bert-
che niederländische und niederdeutsche Überset-
des Predigerordens. Vieles spricht dafür, dass er
hold gefordert worden. Mit zehn gedruckten Aus-
zungen. Der Hauptteil des Textes gliedert sich in 65
auch jener Bruder Berthold ist, der eine deutsche
gaben zwischen 1488 und 1510 wurde das Horolo-
kurze Artikel, vier davon mit längeren Einschüben.
Bearbeitung der Rechtssumme des Johannes von
gium zu einem der populärsten Erbauungsbücher
Freiburg vorgelegt hat. Dies ist allerdings nur dann
um 1500. Ulrich Zells Kölner und Friedrich Creuss-
Von den Meditationes existierten neun Ausgaben
möglich, wenn man ihn nicht mit dem um 1304 be-
ners Nürnberger Druck von 1488 bzw. 1489 zählen
der Inkunabelzeit. Sie sind vor allem von Gerard
zeugten Freiburger Dominikanerlektor Berthold
zu den frühesten Ausgaben. Der große Erfolg
Leeu in Antwerpen aufgelegt worden. Der Magde-
identifiziert. Denn das Horologium, das das Leben
führte auch zu einer Rückübertragung von Bert-
burger Drucker Moritz Brandis nutzte deren ikono-
und die Leiden Christi „von dem anbeginne seiner
holds Schrift ins Deutsche, die aber nicht auf die ur-
graphisches Programm als Vorlage für die Holz-
enpfencknüs bis an das ende“ (Steer, S. 4*) in 24
sprüngliche Fassung zurückgriff. Als Andächtiges
schnitte seiner hier vorliegenden Ausgabe. Neben
Kapiteln – analog den Stunden eines Tages – abhan-
Zeitglöcklein des Lebens und Leidens Christi erlebte
dem Titelholzschnitt ließ er 42 weitere Holzschnitte
delt, wird erst in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts
sie zwischen 1491 und 1495 sechs deutschsprachige
entstanden sein. Mit der Titelwahl und der Stunden-
Editionen. Das Horologium des Bruders Berthold ist
Illustrationen wurden mehrfach eingesetzt, so dass
Lit.: Adolar Zumkeller: Jordan von Quedlinburg. In: Verfasser-
einteilung, nicht aber inhaltlich, lehnt es sich an das
öfter gemeinsam mit den Meditationes de vita et
die Meditationes insgesamt über 75 Illustrationen
lexikon IV (1983), Sp. 853-861; Arnim, Nr. 198
nach den Antwerpener Drucken fertigen. Etliche
Horologium sapientiae des Mystikers Seusse an.
beneficiis salvatoris Jesu Christi des Thomas von
verfügen. Sie reichen von der Ölbergszene bis zur
Ursprünglich hatte Bertholdus seine Schrift, die er
Kempen und De spiritualibus ascensionibus des
Auferstehung. Eingestreut sind zudem Darstellun-
aus mehreren lateinischen Quellen kompilierte, auf
Gerardus de Zuthpania hergestellt und vertrieben
gen des Todes, des Jüngsten Gerichts, der Höllen-
Deutsch verfasst und als Sager oder mircker der
worden. Der Kölner Drucker Ulrich Zell hat eben-
strafen, des Sündenfalls, des Gnadenstuhls, der
tugent bezeichnet. Für ein gebildetes Publikum
falls alle drei Drucke um 1488 aufgelegt. Dem vor-
Gregorsmesse sowie Christus mit den Leidens-
übertrug er seine Erbauungsschrift ins Lateinische.
liegenden Exemplar seines Horologiums sind zumin-
werkzeugen.
In dieser Fassung fand das Horologium im 15. Jahr-
dest die Meditationes (vgl. Exp. 43) beigebunden.
86
87
Das Horologium Creussners beschränkt sich – der
43
Stundeneinteilung entsprechend – auf vierundzwan-
THOMAS VON KEMPEN
zig Holzschnitte. Nichtsdestotrotz reicht die Band-
Devotissimae Meditationes de vita, beneficiis,
breite der Illustrationen hier sogar von der Verkün-
et passione salvatoris Jesu Christi
digung bis zum Jüngsten Gericht. Die letzten drei
Augsburg: Sigismund Grimm und Marx Wirsung,
Holzschnitte in Creussners Druck fallen gegenüber
5. April 1520. 8°
den ersten 21 deutlich zurück. Diese Bilder betonen
MOS, OS 434
die Körperlichkeit der Figuren, die in klarer räumlicher Beziehung zueinander stehen und durch
Thomas von Kempen (1379/80-1471) wird die
Andeutung von Schatten über einen festen Stand
Schrift Meditationes de vita, beneficiis et passione sal-
verfügen. Die hohe Qualität der Illustrationen, die
vatoris Jesu Christi zugeschrieben. Seine Autorschaft
sich auch in den plastisch herausgearbeiteten Land-
ist wie bei allen 38 schon 1488 für ihn aufgeführten
schaftsformen, der differenzierten Darstellung der
Schriften umstritten. Nur für die Imitatio Christi,
Bäume und den schrägen Fluchtlinien der Innen-
dem bekanntesten und erfolgreichsten Werk, wird
räume widerspiegelt, hat zu vielen Vermutungen
der bedeutende Vertreter der Devotio moderna ge-
über den Künstler geführt: Vorgeschlagen wurden
meinhin als Verfasser anerkannt. Die Devotio mo-
Michael Wolgemut, Albrecht Dürer, aber auch der
derna ist eine spätmittelalterliche religiöse Bewe-
damals in Nürnberg wirkende Meister des Ulmer
gung, die sich um 1400 in den Niederlanden ent-
Terenz. Aufgeschlagen ist die „Vertreibung der
wickelt und bei der die Nachfolge Christi, eine
Händler aus dem Tempel“.
verinnerlichte Frömmigkeit und Weltverachtung im
Zentrum steht. Meditationen über das Leben und
Johannes Oecolampadius verwendet worden. Die
Lit.: Marienleben Nr. 7; Steer, Georg [u.a.] (Hg.): Die
Leiden Christi sind in der religiösen Praxis dieser
Motive der Illustrationen reichen von der Erschaf-
‚Rechtssumme‘ Bruder Bertholds. Eine deutsche abecedarische
Frömmigkeitsbewegung unerlässlich.
fung Evas bis zur Grablegung, daneben präsentieren
vier Holzschnitte das Monogramm Christi, die
Die Kölner Ausgabe verwendet zur Illustrierung 24
Bearbeitung der „Summa Confessorum“ des Johannes von
Holz- und 14 Metallschnitte, von denen sie einige
Freiburg. Bd. 1, Tübingen 1987, S. 1*-6*; Stadler, S. 118-
Die Meditationes sind um 1500 öfter gemeinsam
Kreuzesinschrift, die Wundmale und die schmerz-
zweimal verwendet. Sie reichen von der Verkündi-
121; Buchillustration, Nr. 33, 36; GW 4166-4177; Index Au-
mit dem Horologium des Bruders Berthold (vgl.
hafte Muttergottes. Obwohl die Folge nicht ohne
gung bis zum Pfingstwunder. Aufgeschlagen ist der
reliensis 118.027-118.030
Exp. Nr. 41-42) und der Schrift De spiritualibus
gelegentliche Anleihen bei der Kleinen Passion und
Metallschnitt mit dem Bethlehemitischen Kinder-
ascensionibus des Gerardus de Zuthpania hergestellt
dem Marienleben Dürers auskommt, bleibt sie im
mord, im Hintergrund ist die Flucht der Heiligen
und vertrieben worden.
Großen und Ganzen eine eigenständige Leistung
dieses bis heute nicht identifizierten Meisters. Aus-
Familie nach Ägypten zu erblicken.
Für die vorliegende Augsburger Ausgabe aus dem
gestellt ist ein Holzschnitt, der sowohl die Vorfüh-
Jahr 1520 schuf der Petrarcameister, einer der
rung bei Annas wie die Ankunft vor dem Palast des
fruchtbarsten und herausragendsten Buchillustrato-
Herodes illustriert. Die Bordüre weist als bestim-
ren der Dürerzeit, eine neue, 35 Holzschnitte um-
mendes Element einen Putto mit Peitsche auf, der
fassende Folge. Neun Illustration, die nur etwas
einen Pfau vor sich her treibt.
mehr als die halbe Seite des Büchleins füllen, weisen
88
eine eigene kleine Rahmung auf, die 26 fast blatt-
Lit.: Ruh, Kurt: Die niederländische Mystik des 14. bis 16.
großen Holzschnitte werden in separate Rahmun-
Jahrhunderts. München, 1999. (Geschichte der abendländi-
gen gesetzt, die von Bordüren illuminierter Stun-
schen Mystik 4), S. 187-188; Köpf, Ulrich: Thomas von Kem-
denbücher angeregt zu sein scheinen. Sie sind zum
pem. In: TRE XXXIII, S. 480-483; Musper, L 63, Nr. 320-
Großteil bereits im Jahr zuvor für eine Schrift des
354, 603-622, 628
89
44
STEPHAN FRIDOLIN
Schatzbehalter
Nürnberg: Anton Koberger, 8. November 1491. 2°
Aufgeschlagen: Kreuzigung, Holzschnitt von Wilhelm Pleydenwurff
MOS, OS 5
45
MICHAEL WOLGEMUT
Gefangennahme Christi
Probeabzug des Holzschnittes für Fridolins
Schatzbehalter, um 1491
MOS, OS 1660
Am 8. November 1491 erschien bei Anton Koberger
zugleich als umfangreiche Auslegung der zweiten
anonym das Erbauungsbuch der schrein oder schatz-
Kyrie-Bitte zu verstehen, während der dritte und
behalter der waren reichtümer des hails vnd der
letzte Teil des Schatzbehalters die Worte Christi
ewigen seligkeit. Ein handschriftlicher Eintrag im
während der Passion und am Kreuz heranzieht, um
Exemplar des Klosters Rebdorf benennt den Fran-
die neunfache Anrufung Gottes im Kyrie zu behan-
ziskaner Stephan Fridolin als Verfasser. Fridolin
deln und in vorbildliche Gebete umzusetzen.
wurde um 1430 geboren und ist erstmals im August
1460 als Prediger in Bamberg fassbar. Seit 1479
Allein der zweite Teil des Schatzbehalters ist aufwen-
übte er verschiedene Ordensämter in Nürnberg aus,
dig bebildert. Michael Wolgemut, sein Stiefsohn
unter anderem war er bis zu seinem Tode 1498 als
Wilhelm Pleydenwurff und ein unbekannter Geselle
Prediger und Beichtvater der Nürnberger Klarissin-
ihrer gemeinsamen Werkstatt zeichnen für die Ent-
nen tätig. Auf Wunsch der Klarissinnen und ihrer
würfe und Risse der 91 ganzseitigen Holzschnitte
Äbtissin Caritas Pirckheimer soll der Schatzbehalter
verantwortlich. Durch die mehrfache Verwendung
entstanden sein. Petra Seegets hat zuletzt vermutet,
einiger Druckstöcke erhöht sich die Zahl der Bilder
bedeutende Teile des Schatzbehalters habe Fridolin
auf 96. Die Illustrationen des Schatzbehalters gelten
bereits in Bamberg verfasst. Auf alle Fälle aber ent-
als ein Hauptwerk des malerischen Holzschnittes.
stand das Werk auf „bitt etlicher andechtiger per-
Dodgson hat in ihnen – in strengem Sinn – den
son“ (Bl. G6r). Später geht Fridolin genauer auf
ersten bedeutenden, eigenständigen Beitrag Nürn-
diese Bitte ein: „eyn edel fraw“ habe zu wissen be-
bergs zur Buchillustration gesehen. Erstaunlich ist
gehrt, „wye man yn den kyrieleyson. die drey per-
auch das große Format der Holzschnitte Wolgemuts
son in der heyligen drifeltigkeit vmb die barmhert-
mit ca. 25 zu 17,5 cm.
zigkeit anrüffen solt“ (Bl. Z5v). Die Schrift gliedert
90
sich in drei Teile. Der erste ist als allgemeine Einlei-
Vier der Holzschnitte dienen der Memorierung des
tung aufzufassen, der zweite und Hauptteil behan-
Inhalts. Da sich Fridolin mit seinem Werk vor allem
delt in einhundert Abschnitten, die Fridolin als
an Laien wenden möchte, werden die hundert Ab-
„Gegenwürfe“ bezeichnet, die Leiden Christi. Er ist
schnitte des zweiten Teils den Gliedern und Gelen91
ken der rechten und der linken Hand eingeschrie-
Michael Wolgemut werden von Bellm 33 Entwürfe
ben. So kann der Leser sich den Aufbau des Buches
zugeschrieben, darunter auch der für die in einem
einprägen und den wahren Schatz der Passion Chri-
Probedruck vorliegenden 57. Figur mit der Gefan-
sti behalten. Auch für den dritten Teil wurden zwei
gennahme Christi. Die auf Wolgemut zurückgehen-
solche mnemotechnischen Bilder geschaffen. Die
den Holzschnitte sind als zart, ruhig und ausgewo-
restlichen 87 Holzschnitte illustrieren die Mehrheit
gen, aber auch als steif und kraftlos im Vergleich zu
der Abschnitte, aber nicht alle hundert Gegenwürfe
den lebendigeren, dramatischeren und derberen
des zweiten Teils. Dabei verzichtete Fridolin vor
Entwürfen Pleydenwurffs charakterisiert worden.
allem bei abstrakt-theoretischen Erwägungen auf
Im Schatzbehalter selbst ist mit Christus am Kreuz
Bilder. Neben zahlreichen Illustrationen zum Leben
ein Holzschnitt nach einer Vorlage Pleydenwurffs
und den Leiden Christi finden sich viele alttesta-
aufgeschlagen.
mentarische Begebenheiten, die als Verweise auf die
Passion gelten. Fünfzehn Motive gehen auf die
Lit.: Seegets, Petra: Passionstheologie und Passionsfrömmigkeit
Capistrantafel in Bamberg zurück, deren Szenen
im ausgehenden Mittelalter. Der Nürnberger Franziskaner Ste-
Wolgemut in seinem Skizzenbuch festgehalten hat.
phan Fridolin (gest. 1498) zwischen Kloster und Stadt, S. 169313; Bellm, Richard (Hg.): Stephan Fridolin: Der Schatzbehalter. Ein Andachts- und Erbauungsbuch aus dem Jahr 1491. Bd.
1-2, Wiesbaden, 1962, Bd. 2; Stadler, S. 2-28; Dodgson I, S.
240-242
92
93
46
GIROLAMO DELLA VALLE
Jesuida
[Ingolstadt: Georg Wirffel d. J.
und Marx Ayer, 1497]. 4°
Aufgeschlagen: Kreuzigung, Holzschnitt
MOS, OS 1225
Girolamo della Valle (um 1420?-um 1494?) war ein
Erstmals hat der Augsburger Drucker Günther Zai-
Arzt, Humanist, Diplomat und Schriftsteller aus
ner die Jesuida um 1473 aufgelegt. Die ausgestellte
Padua. Sein berühmtestes Werk ist die Jesuida, ein
Ausgabe ist in Ingolstadt 1497 bei den Wandedruk-
biblisches Epyllion (Kleinepos). Sie blieb auch seine
kern Georg Wirffel d. J. und Marx Ayer erschienen.
einzige Schrift, die als gedrucktes Buch Verbreitung
Der schmale Druck enthält nur eine einzige Illustra-
fand. Sein Epos von der Auferstehung des Herrn
tion, Maria und Johannes unter dem Kreuz. Zum
blieb ungedruckt. Nach Vedova soll della Valle die
einen kam das humanistische, neulateinische Bibel-
Jesuida dem Humanisten und Bischof seiner Vater-
epos in der Regel ohne Bilder aus. Zum anderen
stadt, Pietro Donato (1380-1447) gewidmet haben.
dürfte der Werkstattfundus der Wanderdrucker
Wenn die neuesten angenommenen Lebensdaten zu
nicht übermäßig groß gewesen sein. Das traditio-
Girolamo della Valle und die Angabe Vedovas rich-
nelle Bild mag hier als bildliche Inhaltsanzeige ver-
tig sind, dann kann es sich nur um ein Frühwerk
standen werden, was für die Verwendung der Je-
handeln. Della Valle war Mitglied der medizinischen
suida als Schullektüre durchaus von Bedeutung ge-
Fakultät der Universität Padua und nach Vedova
wesen sein kann.
Sonderbotschafter Venedigs am Heiligen Stuhl.
Della Valles Schrift war eines der fünf Werke, die
Die Jesuida wählt als Auftakt eine Versammlung in
Benedictus Chelidonius für den Text zur Großen
der Unterwelt, auf der Pluto den Tod Jesu ankün-
Passion Dürers heranzog.
digt. Darauf folgt die Passionsgeschichte, bevor der
Dichter über Sterben und Leiden Christi meditiert.
Lit.: Czapla, Ralf Georg: Das Bibelepos in der Frühen Neuzeit.
Die Jesuida war gerade in Deutschland weit verbrei-
Zur deutschen Geschichte einer europäischen Gattung. Berlin,
tet, bevor sie von biblischen Großepen wie der Par-
2013, S. 125-130; http://www.mirabileweb.it/author/hiero-
thenice Mariana des Baptista Mantuanus (1447-
nymus-de-vallibus-n-1420-ca-m-1494-ca-/23017; Vedova,
1516) abgelöst wird. Sie war auch als Schullektüre
Giuseppe: Biografia degli scrittori padovani. Bd. 2, Padua,
aufgrund der „Verbindung von erbaulichem Inhalt
1836, S. 383-385; Jöcher, Christian Gottlieb: Allgemeines
und stilistischer Eleganz“ (Czapla, S. 129) beliebt.
Gelehr ten-Lexicon. Bd. 4: S-Z. Leipzig 1751, Sp. 1430
94
95
47
ULRICH PINDER
Speculum passionis domini nostri Jesu Christi
Nürnberg, [Privatdruckerei des Ulrich Pinder],
30. August 1507. 2°
Aufgeschlagen: Dornenkrönung Christi,
Holzschnitt von Hans Schäufelein
MOS, OS 287
Der Mediziner, Autor, Verleger und Humanist Ul-
Jüngste Gericht behandeln, bevor der eigentliche
rich Pinder (†1519) wurde vermutlich in Nördlin-
Schlussteil beginnt. Jeder dieser Stationen wird von
gen geboren, wo er von 1484 bis 1489 als Arzt
einem seitengroßen Holzschnitt eingeleitet, meist
nachgewiesen ist, bis Friedrich der Weise ihn zum
von der Hand Hans Schäufeleins. Drei weitere die-
Leibarzt nach Sachsen berief. Letzte Lebensstation
ser Illustrationen gelten als Werk des Hans Baldung
ist Nürnberg, wo er von 1493 bis zu seinem Tod
Grien, der auch für das eigentliche Passionsgesche-
am 1. Januar 1519 als Stadtarzt wirkte. Er gründete
hen eine zusätzliche Serie kleinerer Holzschnitte
mit dem Typenmaterial der Sodalitas celtica eine
entwarf. Sie sollen besonders bedeutsame Textstel-
eigene Druckerei, die sein späterer Schwiegersohn
len hervorheben. Formal greift Pinder damit die
Friedrich Peypus führte. In dieser Offizin erschien
Gestaltung des Schatzbehalters auf (Exp. 44). Auch
1507 das Speculum passionis. Als primäre Quelle
bei Fridolins Schrift war vor allem der Hauptteil
gibt Pinder Ludolf von Sachsens populäre und weit-
illustriert worden. Waren aber beim Schatzbehalter
verbreitete Evangelienharmonie an, sein Werk grün-
nicht alle hundert Abschnitte des zweiten Buches
det aber vielfach auf der 1501 in Nürnberg erschie-
bebildert, andere hingegen mit zwei Illustrationen
nenen Passio domini nostri Jesu Christi des Reform-
versehen worden, so lässt Pinder konsequent für
augustiners Reinhard von Laudenburg.
jede Station des Passionsgeschehens einen großen
Holzschnitt anfertigen und gibt dem Speculum be-
Das Speculum teilt sich in drei Teile. „Die methodi-
reits damit eine klare Struktur. Pinders Passionar gilt
sche Einleitung, als meditatio fructuosa angekün-
als eines der schönsten Holzschnittbücher des 16.
digt, führt in die verschiedenen Stufen und Ziele
Jahrhunderts und die Illustrationen als das Meister-
der Andacht über die Leidensgeschichte ein“ (Mari-
werk Schäufeleins. Der Dürerschüler konnte dabei
enleben, S. 78). So soll der Leser auf den Hauptteil
sicherlich auf den Fundus der Werkstatt zurückgrei-
vorbereitet werden, der in einzelnen Abschnitten
fen. Daneben sind aber auch starke Einflüsse des
die Evangelientexte zur Passion vom Gang zum Öl-
Kupferstichwerks Martin Schongauers und der Illlu-
berg bis zur Grablegung predigtartig kommentiert.
strationen zum Schatzbehalter spürbar.
Im ersten Teil ist daher nach der Einführung bereits
die Auslegung der Leidensgeschichte vom Einzug in
Lit.: Marienleben, S. 18-19 und Nr. 10; Keunecke, Hans-Otto:
Jerusalem bis zum Abendmahl beinhaltet. Auch der
Pinder, Ulrich. In: LgB2 VI (2003), S. 14; Lassnig, Ewald:
dritte und letzte Teil muss erst dem Weg Christi
Dürers „Melencolia-I“ und die Erkenntnistheorie bei Ulrich
vom Abstieg in das Reich des Todes bis zur
Pinder. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 57 (2008), S.
Himmelfahrt folgen und darüber hinaus noch das
51-95, S. 58 u. Anm. 42
Pfingstwunder, die Himmelfahrt Mariens und das
96
97
48
BENEDICTUS CHELIDONIUS UND ALBRECHT DÜRER
Passio Christi
Nürnberg: [Hieronymus Höltzel] für Albrecht
Dürer, 1511. 4°
Aufgeschlagen: Titelblatt mit dem Holzschnitt Der
Schmerzensmann von Albrecht Dürer
MOS, D-XVIII.1
Benedictus Chelidonius, Mönch im Nürnberger
und Strophen nach dem Vorbild horazischer Oden
Egidienkloster und bedeutender Vertreter des Klo-
oder auch senecanische Chorlyrik auf den neuen
sterhumanismus in der Reichsstadt, ließ seine Passio
christlichen Inhalt thematisch angemessen über-
Jesu Christi salvatoris mundi um 1508 in Straßburg
trägt“ (Marienleben, S. 168).
mit Holzschnitten von Hans Wechtlin drucken.
Dies war für eine neulateinische Bibeldichtung zu
Dürer entwirft für diese Dichtung 36 Text- und
dieser Zeit immer noch eine Besonderheit. Aller-
einen Titelholzschnitt. Bereits beim Titelholzschnitt
dings waren die Illustrationen ursprünglich für eine
mit dem Schmerzensmann fällt die genaue Abstim-
Publikation zum Leben Jesu angefertigt worden.
mung mit der Dichtung auf. Denn es scheint,
Bald nach dem Erstdruck muss sich der Benedikti-
Christus spreche „in effigie“ die Verse des Titel-
ner entschlossen haben, eine zweite Ausgabe seiner
epigramms: „Ach, der du Schuld an so großen
Passio mit Albrecht Dürer zu veranstalten. Die lange
Schmerzen bist, die ich als Gerechter erleiden muß,
gehegte Vermutung, Dürer habe zuerst die Holz-
ach, der du grausame Schuld am Kreuz, ach, an
schnitte geschaffen, und der Mönch anschließend
meinem Tod trägst, ach Mensch, es soll doch genü-
die Texte zu ihnen verfasst, muss ad acta gelegt wer-
gen, daß ich das einmal für dich ertragen habe:
den. Als Dürer um 1509 mit den Arbeiten an der
O laß doch ab, mich mit neuer Schuldenlast zu fol-
Kleinen Passion beginnt, ist die Dichtung des Cheli-
tern!“ (Marienleben, S. 48; Übersetzung: Claudia
donius’ längst vorhanden. Es handelt sich dabei um
Wiener).
ein äußerst ambitioniertes Werk. „Nicht in die
bibelepische Traditionslinie reiht sich Chelidonius
Auch der Druck stimmt Bild und Verse genau ab:
mit seiner Passio Jesu Christi salvatoris mundi ein,
Der Holzschnitt steht immer auf der prominenten
sondern er präsentiert sie als Folge von 37 Einzel-
rechten Seite, der Text passgenau auf der linken
gedichten in 18 verschiedenen Versmaßen. Wie im
Seite gegenüber. Chelidonius’ Passio ist zwar 1526
Titel betont wird, ist die Leidensgeschichte als Tat
in Köln und in den Jahren zwischen 1514 und 1586
des Erlösers in die Menschheitsgeschichte von der
mehrfach in Krakau nachgedruckt worden. Nie aber
Weltschöpfung über den Sündenfall bis zum Jüng-
hat sich ein Drucker an der konsequenten Anord-
sten Gericht eingeordnet. Dem Inhalt und der
nung von Bild und Text, wie sie Dürer in der Klei-
Stimmung der Einzelszenen nuanciert angepaßt,
nen Passion angewandt hat, orientiert. Weitaus öfter
kann er ein erstaunlich breites Spektrum antiker
als die Dichtung des Chelidonius’ wurden die Bilder
Verse zum Einsatz bringen, indem er für erzählende
Dürers rezipiert. Coelen geht davon aus, dass Lu-
Passagen und moralisch-tadelnde Kommentierung
ther sie meinte, als er „das alte Passional büchlein“
den Hexameter vorzieht, dagegen äolische Verse
(Coelen, S. 31) als Vorbild für die Illustrationen für
98
99
sein Passional von 1529 erwähnte. Allerdings sollte
nicatio aus dem Jahr 1518. Der päpstliche Bann
49
diese Schrift erst ab 1538 tatsächlich mit Kopien
sollte den Reformator dann 1521 tatsächlich treffen.
MARTIN LUTHER
Ein Sermon von der Betrachtung
nach Holzschnitten Dürers geschmückt werden
Lit.: Marienleben, S. 14, S. 168, Nr. 50; Lipowsky, Katrin und
des heiligen Leidens Christi
Claudia Wiener: Pia carmina cum figuris. Dürers Zusammenar-
Wittenberg: Johann Rhau-Grunenberg, 1521. 4°
Ein Motiv aus der Kleinen Passion findet sich schon
beit mit dem Dichter Benedictus Chelidonius. In: Marienleben,
Ausgestellt: Titelblatt mit Maria und Johannes unter
frühzeitig in einem Lutherdruck: der Schmerzens-
S. 39-55, S. 42-51; SMS II, S. 280-285, S. 286-287, Nr. 186;
dem Kreuz, Holzschnitt von Lucas Cranach d. Ä.?
mann. Der Leipziger Drucker Valentin Schumann
Coelen, S. 21-63; Dürer III, Nr. 22; WA I (1883), S. 634-643,
MOS, OS 1101
verwendete diesen als Titelholzschnitt für seinen
bes. S. 636
(vgl. Exp. 50-53).
Nachdruck von Luthers Sermo de virtute excommu-
Der Sermon von der Betrachtung des heiligen Leidens
Christi, der 1519 erstmals erschien, beinhaltet eine
scharfe „Kritik an der herkömmlichen Passionsfrömmigkeit“ (Mohr, S. 53). Zum einen wolle man sich
unter zu Hilfenahme von „bildelein und büchlein,
brieffen und creutzen“ (WA II, S. 136) bei der Versenkung in die Passion vor eigenem Leid schützen,
zum anderen erregten sich andere allein über die
Missetaten des Judas und der Juden: „Das mocht
wol nit Christus leyden, sondern Judas und der
Juden bösheyt bedacht heyßen“ (ebd.). Die wahre
Frucht der Betrachtung der Leiden Christi könne
nur in der „Selbst-, d. h. der Sündenerkenntnis“
(Mohr, S. 53) liegen. Der Mensch müsse darüber
zutiefst erschrecken und verzagen, dass er es selbst
sei, „der Christum alßo martert, dan deyn sund habens gewißlich than“ (WA II, S. 137). Nur durch
Da Martin Luther damals zumindest keinen Nutzen
die Gnade Gottes, nicht durch gute Werke oder Ab-
darin sah, sich mit Hilfe von „bildelein“ in die Leiden
lass könne er diese Erkenntnis erreichen und an-
Christi zu versenken, ziert den schmalen Druck nur
schließend frei werden, in dem er seine Sünden wie-
auf dem Titelblatt ein Bild mit Maria und Johannes
der Christus auflade: „Dan wirffestu deyn sunde
unter dem Kreuz. Diesen Holzschnitt weisen alle
von dir auf Christum, wan du festiglich gleubst, das
Drucke des Sermons aus der Wittenberger Offizin
seine wunden und leyden seyn deine sunde, das er
Rhau-Grunenberg seit der Erstausgabe 1519 auf.
sie trage und bezale ...“ (WA II, S. 140).
Dodgson hat ihn zwar als „not very good“ (Dodgson II, S. 278, Nr. 10) klassifiziert, er habe aber so-
Bis 1524 wurde diese Schrift in 25 deutschen
viel von Cranachs eigenem Stil, dass er keine Werk-
Drucken aufgelegt, nebst einer niederdeutschen,
stattarbeit sein könne. Es müsse sich um eine sehr
niederländischen und lateinischen Übertragung.
frühe Arbeit des Meisters selbst handeln.
Später sollte noch eine dänische Übersetzung
100
folgen. Dies gilt als Beleg, wie „sehr er [d.i. Luther]
Lit.: WA II (1884), S. 131-142; Benzing Nr. 312-340; Mohr,
damit dem geistlichen Bedürfnis des Volkes entge-
Rudolf: Erbauungsliteratur III: Reformation- und Neuzeit. In:
genkam“ (WA II, S. 131).
TRE X, S. 51-80, S. 53f.; Dodgson II, S. 278, Nr. 10
101
50
52
1517 wird Johannes Bugenhagen das neu gegrün-
auff der Cantzel, mit vielen vergeblichen worten,
ALBRECHT DÜRER
ALBRECHT DÜRER
dete biblische Lektorat des Prämonstratenserstiftes
wie sie möchten die zwietrechtigen Evangelisten
Das Abendmahl
Christus vor Kaiphas
Belbuck bei Treptow an der Rega übertragen. Dort
(wie sie meineten) vertragen. Solchs sahen und
Monogrammierter Holzschnitt um 1508/1509
Monogrammierter Holzschnitt um 1508/1509
wurde er mit dem betrüblichen Umstand konfron-
höreten guthertzige Menschen ungern, nemlich,
aus der Kleinen Passion
aus der Kleinen Passion
tiert, dass zur Passionszeit Evangelienkonkordanzen
das die heilige Schrifft sollte wider sich selbest sein,
Separatdruck
Separatdruck
benutzt wurden, die keine einheitliche Darstellung
und derwegen verdechtig, Die doch Gottes Wort
MOS, D-133
MOS, D-138
der Leidensgeschichte ermöglichten: „In vorzeiten,
ist, und bleibet war in ewigkeit“ (Exp. 53, Bl. A2r-
da die Capelane unnd Terminarien, einmal des jars
A3r).
51
53
musten die Passion Predigen, wurden Büchlein ge-
JOHANNES BUGENHAGEN
JOHANNES BUGENHAGEN
schrieben und gedruckt, darinnen zusammen war
Noch schlimmer stand es nach Bugenhagens Mei-
Das Leiden und Aufferstehung unsers Herrn Jesu
Das Leiden und Auferstehung unsers Herrn Jesu
gezogen die Historia oder geschicht des leidens
nung um die Auslegung der Auferstehung. „Dar-
Christi, aus den vier Evangelisten fleißig zusammen
Christi, aus den vier Evangelisten fleißig zusammen
Christi aus den vier Evangelisten, welchs darumb
umb verdros mich billich, das etlich wollten ... die
gebracht. Auch die Verstörung Jerusalems und der
gebracht. Auch die Verstörung Jerusalems und der
hies Concordantia quatuor Evangelistarum de Pas-
Schrifft verdechtig machen, besonders in dem orte,
Juden
Juden
sione Christi. Es waren aber offt in solchen Concor-
da unser höchster trost beschrieben ist“ (Exp. 53,
Wittenberg: Georg Rhau, 1542. 8°
Wittenberg: Johann Schwertel, 1575. 8°
dantjis, das ist, in solchen vereinigungen, wie sie es
Bl. A4v). Als bei seiner Bibellesung das Matthäus-
Aufgeschlagen: Bl. E8r: Abendmahl, Holzschnitt in
Aufgeschlagen: Bl. K2r: Christus vor Annas, seiten-
nenneten, solche Discordantie, das ist Zwiespaltung
evangelium an der Reihe war, beschloss Bugenhagen,
Anlehnung an das Abendmahl Dürers aus der Klei-
verkehrter Nachschnitt des Holzschnittes Christus
[...] Das war mir kein wunder von den Leuten, weil
die Geschichte vom Leiden und von der Auferste-
nen Passion
vor Kaiphas aus der Kleinen Passion Dürers
sie auch viel zwietracht macheten zwischen den
hung Christi gemäß den Evangelien für seine Hö-
AvS, B 1608
AvS, 2976
Evanglisten, unnd marterten sich und die Zuhörer
rerschaft neu zusammenzustellen. 1524 erschien
Exp. 50
102
Exp. 51
Exp. 52
Exp. 53
103
seine lateinisch verfasste Leidensgeschichte Jesu un-
anerkannt und 1529 eine Laienbibel – also eine Bil-
54
autorisiert in Nürnberg unter dem Titel Concordia
derbibel – gefordert. In diesem Jahr erschien erst-
Plenar
evangelistarum de resurrectione et ascensione domini
mals im Anhang seines Betbüchleins ein bebildertes
[Augsburg: Günther Zainer], 4. April 1474. 2°
im Druck. Mit Zustimmung Bugenhagens wurde
Passional, dessen Vorbild laut Luther „das alte Pas-
Aufgeschlagen: Gleichnis vom Pharisäer
darauf der Wittenberger Diakon Johannes Mantellus
sional büchlein“ (Coelen, S. 31) sei. Coelen hat es
und Zöllner, Holzschnitt
mit einer Übersetzung ins Deutsche beauftragt, die
mit Dürers Kleiner Passion aus dem Jahr 1511 iden-
MOS, OS 390
1526 im Druck vorlag: Die Historia des leydens und
tifiziert. Nachschnitte und Adaptionen von
der Aufferstehung unsers Herrn Jhesu Christi aus den
Dürers Passionsfolge finden sich seit 1538 im
Im Spätmittelalter verstand man unter einem Plenar
vier Evangelisten. Lateinische wie deutsche Drucke
Passional, aber auch in den beiden vorliegenden
„eine nach dem Kirchenjahr geordnete Sammlung
erschienen anfangs ohne Illustrationen. Erst die
Ausgaben von Bugenhagens Leiden und Auferste-
der biblischen Lesungen (Perikopen) für den Meß-
Ausgabe des Wittenberger Druckers Peter Seitz aus
hung unsers Herrn. Die Ausgabe von 1542, die bei
gottesdienst der röm.-katholischen Kirche, also im
dem Jahr 1534 weist eine Folge von 42 Holzschnit-
Geisenhof nicht verzeichnet ist, variiert Dürers
Grunde eine volkssprachliche Fassung des „lectiona-
ten zu Passion und Auferstehung auf. In dieser
Abendmahlsdarstellung mit der generellen Kompo-
rum plenarium“ (Heinzer, S. 32). Häufig ist es er-
Edition ist erstmals auch eine Abhandlung über die
sition, dem rechteckigen Baldachin und dem Lieb-
weitert – wie auch bei dem ausgestellten Druck –
Zerstörung Jerusalems beigegeben, den spätere
lingsjünger an der Brust Christi. In der Ausgabe von
durch die Auslegung der Evangelientexte. So
Ausgaben in der Regel übernehmen. Bereits seit
1575 finden sich neben älteren Holzschnitten sei-
bezeugt es auch das Plenar selbst: „... ein plenari
1530 hatte man das 53. Kapitel des Propheten
tenverkehrte, relativ getreue Nachschnitte, etwa
nach ortenung der heilige[n] cristelichen kirchen Jn
Jesaja aufgenommen.
Christus vor Annas, wobei hier aber die Vorführung
dem man hat epistel und ewangeli als die gesun-
Christi vor Kaiphas als Vorlage diente.
ge[n] und gelesen werden in dem ampt der heiligen
Seit der Ausgabe von Peter Seitz wurde kaum auf
messz/...“. Darüber hinaus wird betont, das es
eine Illustrierung des äußerst populären Werkes ver-
Lit.: Coelen, S. 21-63; Geisenhof, Georg: Bibliotheca Bugen-
„Auff eyn jeglich ewangeli an dem suntag ein be-
zichtet. Hatte doch Luther selbst bereits 1525 in
hagiana. Bibliographie der Druckschriften des D. Joh. Bugen-
sunder predigt“, (Bl. Ir) nämlich die Glossa enthält.
seiner Schrift Wider die himmlischen Propheten, von
hagen. Repr. of the ed. Leipzig 1908. Nieuwkoop, 1963.
Den Druck des ausgestellten Plenars hat der Augs-
den Bildern und Sakrament das Bedürfnis nach
(Quellen und Darstellungen aus der Geschichte des Refor-
burger Drucker Günther Zainer am 4. April 1474
sti auf. Sie werden auch nicht chronologisch einge-
einer Illustration der Passion Christi als berechtigt
mationsjahrhunderts 6), S. 102-173
beendet. Bereits im Jahr davor hatte das erste
setzt, sondern ordnen sich der Abfolge der Lesun-
deutschsprachige Plenar seine Presse verlassen. Für
gen unter.
diese Ausgabe hatte er eine Folge von 50 fast quadratischen Illustrationen in Holz schneiden lassen,
Aufgeschlagen ist der Holzschnitt zum Gleichnis
die jeweils beim Sonntagsevangelium eingerückt
vom Pharisäer und Zöllner (Lk 18,9-14). Die Illu-
werden. Ein seitengroßer Titelholzschnitt zeigte
stration aktualisiert die Geschichte, indem sie den
zudem Jesus Christus. Auch das Plenar von 1474
selbstgerechten und heuchlerischen Pharisäer mit
enthält diesen Buchschmuck bis auf eine Illustration,
einer Mönchskutte bekleidet und den um Gnade
deren Druckstock vielleicht schon verloren gegan-
bittenden Zöllner in zeitgenössischer weltlicher
gen oder beschädigt war. Die Illustrationsfolgen in
Tracht zeigt. Beide verrichten ihr Gebet in einer
den Plenarien, aber auch den Postillen und Evange-
christlichen Kirche vor einem Flügelaltar.
lienauslegungen sind meist umfangreicher als die
104
zur Vita Christi, nehmen sie doch auch zahlreiche
Lit.: Heinzer, F.: Plenar. In: LgB2 VI (2003), S. 32-33;
Gleichnisse, Heilungen und Unterweisungen Chri-
Schramm II (1920), S. 11-12, Nr. 299-349
105
55
GUILLELMUS PARISIENSIS
Postilla super epistolas et evangelia
Basel: Michael Furter, 1511. 8°
Aufgeschlagen: Der Sturm auf dem See Genezareth,
Holzschnitt von Urs Graf
AvS, B 1118
Die Postilla super epistolas et evangelia erschien allein
Bereits 1509 hatte Urs Graf für eine Ausgabe des
im 15. Jahrhundert in knapp hundert Ausgaben
Basler Druckers Adam Petri eine noch umfassendere
unter dem Namen des Dominikaners Guillelmus
Folge für die Postilla geschaffen. Petri fügte seinem
Parisiensis († um 1485/1486). Der Postille liegt
Druck die erste Ausgabe der Passio domini nostri
eine Schrift des Nürnberger Dominikaners Johannes
Jesu Christi des Daniel Agricola (um 1490-um
Herolt (um 1380?-1468) zugrunde, die Guillelmus
1540) bei. Für diese Passion schuf Urs Graf noch-
nur überarbeitet hat. Das Originalmanuskript blieb
mals 20 Holzschnitte. Auch Furter nimmt Agricolas
ungedruckt, während die Bearbeitung erstmals
Passio in seine Edition auf, bestellte aber bei Graf
1473 aufgelegt wurde. Herolt bezeichnete sich
keine neuen Entwürfe, sondern ließ die alten Holz-
selbst als discipulus, als Schüler. Seine Schriften
schnitte kopieren.
haben allein zum Ziel, Klerikern Materialien und
Hilfestellungen für die Predigt an die Hand zu
In der Postille sind die Illustrationen „Sturm auf
geben.
dem See Genezareth“ und „Das Gleichnis vom
Sämann“ aufgeschlagen. Das Exemplar der Stadt-
Ausgestellt wird eine Basler Ausgabe aus dem Jahr
bibliothek Schweinfurt ist gründlich studiert wor-
1511. Der erste Teil zu den Episteln weist keine Il-
den und über und über mit Annotationen versehen.
lustrationen auf, der zweite Teil zu den Evangelien
ist reich bebildert. Die insgesamt 58 Illustrationen
Lit.: GW X (2000), Sp. 426-430; Worstbrock, Franz Josef:
hat Urs Graf für die vorliegende Ausgabe entwor-
Herolt, Johannes. In: Verfasserlexikon 3 (1981), Sp. 1123-
fen. Einige werden wiederholt eingesetzt, dazu
1127; Hollstein XI (1977), S. 82-94, 107-113
kommen etliche ältere Holzschnitte.
106
107
56
JOHANNES GEILER VON KAYSERSBERG
Evangelia mit Auslegung des hochgelehrten Doctor
Kaysersberg und aus dem Plenarium
Straßburg: Johann Grüninger, 28. Aug. 1517. 2°
Aufgeschlagen: Bildinitiale D mit dem Zeugnis
Johannes’ des Täufers, Holzschnitt, um 1515?
MOS, OS 409
Das Evangelibuch des Straßburger Münsterpredigers
noch als „predica[n]t des hohen stiffts zu Straßburg
Geiler von Kaysersberg wurde posthum 1515 erst-
der zeit“ (Bl. IIv) bezeichnet wird. Der Buch-
mals aufgelegt. Ausgestellt ist die zweite Ausgabe
schmuck des Evangelibuchs setzt sich aus zahlrei-
von 1517, eine dritte und letzte Ausgabe erfolgte
chen Holzschnitten unterschiedlicher Größe, Quali-
1522. Im Gegensatz zum Plenar oder auch der Po-
tät und Entstehungszeit zusammen. Auch Dürers
stilla des Guillelmus fehlen die Episteln. Auch wird
Kanonblatt von 1493 findet hier seine vierte Ver-
mehrfach betont, dass die Auslegungen der Evange-
wendung. Auffällig sind eine Reihe großer Bild-
lien „gesamlet“ seien „von de[m] mund des wirdi-
initialen, die sicher nicht mehr als zeitgemäß gelten
gen hoch gelerten doctor Johannes Geiler vo[n]
konnten, aber so stimmig sind, dass sie wohl für das
Kaysersberg“ und noch „nit getruckt waren“ (Bl.
Evangelibuch angefertigt wurden. Aufgeschlagen ist
IIv). Diese Wendung zeigt auch an, dass die Evan-
die Bildinitiale D mit dem Zeugnis Johannes’ des
gelienauslegungen Nachschriften von Hörern sind –
Täufers.
wie der größte Teil der Schriften Geilers. Aus dem
Titel der Erstausgabe geht weiter hervor, dass die
Lit.: Dürer II, Nr. 24; Kraume, Herbert: Geiler von Kaysers-
Texte 1504 zusammengestellt wurden. Das mag
berg. In: Verfasserlexikon II (1980), Sp. 1141-1152
erklären, warum der 1510 verstorbene Geistliche
108
109
57
MARTIN LUTHER
Auslegung der Evangelien von Ostern bis auf Advent
Bearbeitet von Stephan Roth
Wittenberg: Georg Rhau, [1530]. 2°
Aufgeschlagen: Christus lehrt das Volk, Holzschnitt
des Monogrammisten AW
MOS, OS 1262
Bereits 1519 forderte Friedrich der Weise Luther
teils. Luthers Postillen verdrängten erfolgreich die
auf, eine Postille zu verfassen. Aber erst im März
spätmittelalterlichen Plenare und Evangelienbücher.
1521 konnten die Ennarrationes epistolarum et
Sie weisen anfangs keine Illustrationen auf. Erst für
evangeliorum, quas postillas vocant im Druck er-
die Magdeburger Ausgaben von 1529/ 1530 schuf
scheinen, die zudem nur die Adventszeit berück-
Hans Brosamer (1495-1554) umfangreiche Illustra-
sichtigten. Auf der Wartburg fasste der Reformator
tionsfolgen.
den Entschluss, die Postille ins Deutsche zu übertragen. Im März 1522 gab er eine überarbeitete
Der ausgestellte Band vereint Sommer- und Festpo-
deutsche Fassung der Adventspostille, im Monat
stille aus dem Jahr 1530, die Georg Rhau in Witten-
darauf die Weihnachtspostille heraus. Erst 1524
berg gedruckt hat. Sie enthalten Holzschnitte des
nahm Luther die Arbeit an der Postille wieder auf.
Monogrammisten AW, der im sächsischen Raum um
Im Herbst des folgenden Jahres erfolgte die Druck-
1525 bis 1545 gewirkt hat. Seine vierzig bzw. drei-
legung der Fastenpostille. Hier verwendete Luther
unddreißig Illustrationen zum Sommer- und Festteil
erstmals für die Auslegung bereits von ihm gehal-
sind dabei unabhängig von den Holzschnitten
tene Predigten. Noch 1525 wurden diese drei Po-
Brosamers. Im Festteil ist zudem eine Cranach-
stillen unter dem Titel Auslegung der Episteln und
Illustration aus dem Alten Testament eingefügt.
Evangelien vom Advent bis auf Ostern zur Winterpo-
Das Bild zum fünften Sonntag nach Trinitatis aus
stille vereint. Die fehlende Sommerpostille – von
der Sommerpostille zeigt die Berufung der ersten
Ostern bis auf Advent – stellte Stephan Roth (1492-
vier Jünger nach Lukas 5,1-11. Im Vordergrund ist
1546) aus Drucken und Nachschriften der Predig-
der lehrende Christus im Boot zu sehen. Im Mittel-
ten Luthers 1526 zusammen. 1527 gab er nach
grund der wunderbare Fischzug.
demselben Muster eine Postille für die vornehmsten
110
Feste im Jahr heraus, 1528 erschien eine von ihm
Lit.: Spehr, Christopher: Postillen. In: Luther-Lexikon, S. 551-
überarbeitete, unautorisierte Fassung des Winter-
556; Nagler I (1919), Nr. 1486, S. 662-664
111
58
Hortulus animae, zu deutsch Seelenwurzgärtlein
Nürnberg: Friedrich Peypus für Johannes Koberger,
8. Mai 1518. 8°
Aufgeschlagen: Titelblatt mit der Holzschnittrahmung Maria als Himmelskönigin von Hans
Springinklee
MOS, OS 11
Das Gebetbüchlein Hortulus animae, Seelengärtlein
Szo unchristliche narheyt ynn den gepettlin tzu gott
oder Seelenwurzgärtlein kommt Ende des 15. Jahr-
unnd heyligen, den eynfelltigen eyngetrieben ist,
hunderts auf. In Basel hatte man wohl bereits 1494
Und dennoch mit ablaß unnd rotten tittel hoch auf-
eine Ausgabe geplant, für die Dürer bereits erste
geblassen, dazu kostlich namen drauff geschrieben.
Holzschnitte angefertigt hatte. Diese sollte aber nie-
Eynß heyst Hortulus anime, das ander Paradißus
mals ediert werden. 1498 erschien in Straßburg ein
anime und szo fort an, das sie woll wirdig weren
erster Druck des Hortulus, stark beeinflusst von der
eyner starcken, gutter reformacion oder gar vertilget
dortigen Laienbewegung der Gottesfreunde. Bis
weren, wilchs urteyll ich auch felle ubir die Passional
1523 sollten über hundert weitere lateinische oder
odder legenden bucher, darynnen auch viel tzusatz
deutsche Ausgaben folgen. Das Seelengärtlein ist
der teuffel eyngeworffen“ (WA X,2 (1907), S. 375).
eine Mischung aus französischem Stundenbuch und
privatem Gebetbuch. Es enthält daher „einen Kalen-
Von den 62 Holzschnitten des ausgestellten Nürn-
der, das kleine Marienoffizium, die sieben Bußpsal-
berger Hortulus’ von 1518 stammen fünfzig von
men, die Allerheiligenlitanei, die Suffragien und das
Hans Springinklee, von denen 41 für diese Ausgabe
Totenoffizium; daneben auch Morgen- und Abend-
neu geschaffen wurden. Neun fanden bereits in
gebete, Beicht-, Meß- und Ablaßgebete sowie Ge-
einer früheren Auflage von 1516 Verwendung. Auf-
bete zur Verehrung der Wunden Christi“ (Kamme-
geschlagen ist das Titelblatt. Es zeigt Maria als
rer, S. 175). Im Hortulus findet auch die spätmittel-
Himmelskönigin auf der Mondsichel mit dem Chri-
alterliche Marienverehrung starken Niederschlag.
stuskind. Sie wird umgeben von Puttenköpfen, die
aus Wolkenbändern hervorlugen. Eine Bordüre mit
Das im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts so er-
Grotesken rahmt die Mariendarstellung und das
folgreiche Büchlein sollte aber die Reformation
darunter befindliche schmale Schriftfeld, in das der
nicht überleben. Gegen das Seelengärtlein und an-
Titel rot eingedruckt ist.
dere schädliche Büchlein übte Luther 1522 in der
Vorrede zu seinem Betbüchlein scharfe Kritik:
Lit.: Hollstein LXXV, Nr. 148, 166, 173, 175, 186-190; Holl-
„Unter andern viel schedlichen leren unnd buchlin,
stein LXXVI, S. 8-25, Nr. 199-239; Kammerer, Elsa: Hortulus
da mit die Christen verfuret unnd betrogen unnd
animae. Ein Marienbüchlein in Zusammenarbeit zwischen
untzehlich mißglawben auffkummen sind, acht ich
Nürnberg und Lyon (1511-1519). In: Marienleben, S. 175-
nit fur die wenigsten Die bettbuchlin, darynnen so
183
mancherley iamer von beychten und sunde tzelen,
112
113
59
Der Gilgengart
[Augsburg: Johann Schönsperger, um 1520]. 8°
Aufgeschlagen: Gottvater erscheint König David,
Holzschnitt von Jörg Breu
MOS, OS 684
Das Büchlein genant der Gilgengart (Liliengarten)
ten sind, „Maria auf der Rasenbank“ steht weiteren
ist von der Offizin Schönsperger in Augsburg um
Mariengebeten voran, „Gottvater erscheint König
1520-1521 in mindestens vier Auflagen gedruckt
David“ ist vor die sieben Bußpsalmen gesetzt und
worden. Für den Satz wurde eigens eine neue
„Anna Selbdritt“ leitet zu den Annengebeten über.
Schrifttype geschnitten, die eine verkleinerte Form
Aufgeschlagen ist der Holzschnitt „Gottvater er-
der berühmten Teuerdanktype für Kaiser Maximi-
scheint König David“, der Jörg Breu zugeschrieben
lian I. ist. Der Text wirkt daher wie handgeschrie-
wird.
ben. Der Eindruck eines kostbaren Manuskriptes
wird auch durch Rahmenbordüren um die Illustra-
Dem Schweinfurter Exemplar fehlen Titelblatt und
tionen und ausgewählte Textseiten unterstützt, die
zwei Holzschnitte. Es hat sich bisher keiner der vier
sich an Stundenbücher im flämisch-burgundischen
bekannten Ausgaben eindeutig zuordnen lassen.
Stil des 15. Jahrhunderts orientieren. „Damit wird
der Gilgengart, genau wie der Theurdanck, zu einer
Lit.: New Hollstein Breu I (2008), S. 127-129, Nr. 179-182;
nostalgischen Rekonstruktion spätmittelalterlicher
New Hollstein Beck II (2007), S. 266-267, Nr. 371; Lauter-
handschriftlicher Tradition“, urteilt Christiane Lau-
bach, Christiane: Das Gebetbuch als Garten. Der „Gilgengart“
terbach (S. 1). Sie vermutet daher im Gilgengart ein
für Kaiser Maximilian I. In: Germanisches Nationalmuseum:
Auftragswerk Kaiser Maximilians I., das erst post-
Kulturgut. Aus der Forschung des Germanischen Nationalmu-
hum ausgeführt wurde.
seums. III. Quartal 2004, H. 2, S. 1-2; Mazal, Otto: Gilgengartschrift. In: LgB2 III (1991), S. 173; Musper, L61, Nr. 44,
Den acht Abteilungen des Gilgengarts werden je ein
46, 48, 588-602; Clemen, Otto (Hg.): Der Gilgengart. Augs-
Holzschnitt vorangestellt. Musper hat alle Illustra-
burg, Hans Schönsperger, c. 1520. Zwickau, 1913. (Zwickauer
tionen für den Petrarkameister reklamiert, aber vier
Facsimiledrucke 16)
der Holzschnitte werden inzwischen Jörg Breu d. Ä.
und einer Leonhard Beck zugeschrieben. Die Darstellung einer Beichte leitet die Beicht- und Ablassgebete ein, „Maria als Himmelskönigin“ ist den Gebeten zur Muttergottes vorangestellt, eine Trinitätsdarstellung geht den Dreifaltigkeitsgebeten voraus,
mit der „Messe des Heiligen Gregor“ beginnen die
Passionsgebete, auf eine Abendmahlsdarstellung folgen die Gebete, die vor der Kommunion zu verrich-
114
115
60
JACOB OTTER
Betbüchlein für allerlei gemeine Anliegen der Kirche
Straßburg: Wendelin Rihel d. Ä., 1539. 8°
Aufgeschlagen: Die wunderbare Vermehrung des
Weins auf der Hochzeit zu Kanaa,
Holzschnitt von Hans Baldung Grien, 1537?
MOS, OS 1446
Jakob Otter (um 1485-1547) war nach seinem Stu-
Der Großteil der 36 Bilder zeigt Stationen aus der
dium in Heidelberg seit 1507 Sekretär des Straßbur-
Vita Christi von der Verkündigung bis zur Himmel-
ger Münsterpredigers Geiler von Kaysersberg und
fahrt Christi bzw. dem Pfingstwunder unter Einbe-
Herausgeber von dessen Schriften. Nach Geilers
ziehung von Gleichnissen und Wunderheilungen,
Tod 1510 setzte er seine Theologiestudien in Frei-
aber auch einige alttestamentarische Szenen sind
burg i. Br. fort. 1522 wandte er sich dem Protestan-
eingestreut. Die Holzschnitte gehören mit Aus-
tismus zu. Nach mehreren Stationen wurde er 1532
nahme des älteren Pfingstwunders einer wesentlich
durch die Vermittlung von Ambrosius Blarer (1492-
umfangreicheren Bildfolge an, die Rihel 1540 in sei-
1564) nach Esslingen berufen. Er gilt als der Refor-
ner Laienbibel verwenden sollte. Der Straßburger
mator der schwäbischen Reichsstadt. Otter nahm
Drucker griff damit Luthers Forderungen nach
auf oberdeutscher Seite an den Verhandlungen über
einer Bilderbibel für Laien frühzeitig auf. Bilder aus
die Wittenberger Konkordie teil.
der Laienbibel wurden nicht nur vorab in Otters
Betbüchlein, sondern auch in Martin Bucers Kate-
Sein Betbüchlein erschien 1537 erstmals in Straß-
chismus von 1537 verwendet.
burg bei Wendelin Rihel, ausgestellt ist die zweite
Ausgabe von 1539. Otters Betbüchlein zählt „zu
Ein Teil dieser Holzschnitte – vor allem die alttesta-
den eindrucksvollsten Werken der evangelischen
mentarischen Bilder – hat Mende Hans Baldung
Gebetsliteratur“ (Schröder, S. 155). Es war zugleich
Grien zugeschrieben, dabei aber die Frage nach der
mit „vil hübschen vn[d] schönen figuren“ ge-
Eigenhändigkeit bzw. der Werkstattarbeit offen ge-
schmückt. In der Vorrede betont Otter, er habe
lassen. Baldung gilt auch als Künstler der Titelbor-
„diese gebettlin auffs eynfaltigst gestelt vo[n] den
düre, die ebenfalls bereits Otters Betbüchlein ziert.
hauptarticklen vnsers heylige[n] Christlichen glau-
In die Architekturrahmung im Stil der Renaissance
bens/ vnd den fürnemsten wercke[n] Christi Jesu
ist unten Christus am Kreuz mit den beiden Schä-
vnsers heylands/ auch anderen dingen/ so gemey-
chern, oben der Auferstandene als Überwinder von
ner verstandt wissen vnd stetig vben solle. Das wol-
Tod und Teufel eingezeichnet. Seitlich halten Peter
lest du Christlicher leser annemen, vn[d] dich in
und Paul das Schriftfeld. Aufgeschlagen ist ein
deinem anligen vnnd beschwerden dadurch zur an-
Holzschnitt Baldungs mit der wunderbaren Ver-
Lit.: Thum, S. 97-102; Schröder, Tilman M.: Jakob Otter und
gen, 1999, S. 144-158; Zoepfl, Friedrich: Otter, Jakob. In
dacht fürdern“ (Bl. Vv). Er geht in seiner Vorrede
mehrung des Weines auf der Hochzeit zu Kanaa.
die Reformation in Esslingen. In: Hermle, Siegfried (Hg.): Re-
LThK VII, Sp. 1301; Mende, S. 62-64 und Nr. 471-525, 579-
formationsgeschichte Württembergs in Porträts. Holzgerlin-
693
nicht auf die Funktion der Illustrationen ein.
116
117
61
JOHANNES GEILER VON KAYSERSBERG
Alphabet in 23 Predigten
Straßburg: Johann Grüninger, 6. März, 1518. 2°
Aufgeschlagen: Du sollst Vater und Mutter ehren,
Holzschnitt von Hans Baldung Grien, 1516?
MOS, OS 1302
Hans Baldung Grien schuf für die Dekalogauslegung
dritte, vierte und sechste Gebot zu finden sind. In
des Marquard von Lindau († 1392) zehn Holz-
dem ausgestellten Exemplar sind vom selben Autor
schnitte, die der Straßburger Drucker Johannes
Die Sünden des Munds (1518) vorgebunden, in
Grüninger für seine Ausgabe von 1516 in Auftrag
denen die Illustration zum zweiten Gebot einge-
gegeben hatte. Sie gelten als Griens bedeutendste
setzt wird.
Buchillustrationen. Die Darstellungen werden von
den bildfüllenden Gestalten mit ausdrucksstarken
Aufgeschlagen ist in Geilers Alphabet der Holz-
Gesichtern dominiert. Zeitgenössische Tracht und
schnitt zum vierten Gebot „Du sollst Vater und
Innenräume verlegen die Szenen ab dem zweiten
Mutter ehren“. Sohn und Tochter, beide bereits er-
Gebot in den Alltag um 1500. Hans Baldung Grien
wachsen, knien vor den sitzenden Eltern. Zwischen
stellt meist die Übertretung der göttlichen Vor-
Vater und Sohn findet ein reger Disput statt, der
schrift dar.
seinen Grund vermutlich im fehlenden Respekt des
Sohnes hat. Die Mutter verschränkt ihre Arme reso-
Grüninger hat die Holzschnitte auch für andere
lut vor der Brust.
Publikationen genutzt, so etwa für Geiler von
Kaysersbergs Alphabet in XXIII predigen aus dem
Lit.: Thum, S. 95-97; 50 Jahre, Nr. 19; Buchillustration, Nr.
Jahr 1518, in dem die Holzschnitte für das erste,
68; Mende, Nr. 421-430
118
119
62
63
MARTIN LUTHER
MARTIN LUTHER
Der Zehn Gebote nützliche Erklärung
Deutscher Katechismus (Der große Katechismus)
Basel: Adam Petri, 1520. 4°
Wittenberg: Georg Rhau, 1532. 8°
Aufgeschlagen: Du sollst den Namen des Herrn,
Aufgeschlagen: 9. und 10. Gebot, Holzschnitte
deines Gottes, nicht missbrauchen, Holzschnitt
nach Lucas Cranach d. Ä.
MOS, OS 857
MOS, OS 641
Seine Predigten zu den zehn Geboten aus den Jah-
64
ren 1516 und 1517 formte Luther zu einer lateini-
MARTIN LUTHER
schen „fortlaufenden Auslegung des Dekalogs um“
Enchiridion. Der kleine Katechismus
(WA I, S. 394) und veröffentlichte diese 1518 unter
Leipzig: Valentin Bapst, 1544. 8°
dem Titel Decem praecepta Wittenbergensi praedicta
Aufgeschlagen: 4. Gebot, Holzschnitt nach Lucas
populo. Eine von Luther 1517 erwähnte deutsche
Cranach d. Ä.
Fassung gilt als verschollen, aber in Basel übertrug
MOS, OS 1263
der Hebraist, Geograph und Theologe Sebastian
Münster (1488-1552) das Werk des Reformators in
Luther empfand frühzeitig die Notwendigkeit, die
Katechismus geschaffen worden war, sondern viel-
die Volkssprache. Der dort ansässige Drucker Adam
hauptsächlichen Glaubensformeln für das Volk und
mehr an die Hausväter, denen nach altem Herkom-
Petri gab 1520 zwei Ausgaben dieser Übersetzung
die Pfarrer in prägnanter, leichtfasslicher Form als
men der Religionsunterricht der Kinder und des
heraus, die er mit je einem Holzschnitt zu jedem
Lehrbuch zu verbreiten. Kern dieser Unterrichtung
Hausgesindes oblag. Dieser bestand weitgehend aus
Gebot und einem Titelholzschnitt mit der Über-
waren die drei herkömmlichen Stücke: Das Vaterun-
dem Memorieren der Texte und Erläuterungen des
gabe der Gebote an Moses versah. Diese Illustratio-
ser, das Glaubensbekenntnis und die Zehn Gebote,
Vaterunsers, des Glaubensbekenntnisses und der
nen greifen eventuell auf ältere Vorlagen zurück.
die mit Erläuterungen versehen wurden. Eine
Zehn Gebote. Luther hatte den Text in Frage- und
knappe Auslegung jener Stücke war durch Luther
Antwortform gehalten, ein Wechselgespräch zwi-
Aufgeschlagen ist der Holzschnitt zum zweiten
schon 1520 in dem Büchlein Eine kurze Form der
schen dem fragenden Hausvater und dem memorie-
Gebot „Du solt nit üppiglich in munt nemmen den
Zehn Gebote, des Glaubens und des Vaterunsers her-
renden Kind beabsichtigend. Das dem Titel voran-
namen gottes dynes herren“. Zwei Landsknechte
ausgegeben worden. Diese Schrift übernahm Luther
gestellte Enchiridion (gr.-lat.: in der Hand) weist
spielen im Vordergrund an einem Tisch Karten. Der
1522 auch in sein Betbüchlein. Die Visitation der
den Kleinen Katechismus als stets zu nutzendes
Gewinner, der gerade ausbezahlt wird, hebt seine
kursächsischen Gemeinden 1527 brachte jedoch an
Handbuch aus.
Rechte zum Schwur zum Gekreuzigten empor,
Lit.: Thum, S. 57-59; WA I (1883), S. 394-398; Dommer,
den Tag, dass die Unkenntnis in Glaubensfragen
während ein dritter Landsknecht Christus sein
Arrey von: Lutherdrucke auf der Hamburger Stadtbibliothek
weiterhin groß war. In insgesamt 31 Predigten in
Für den Katechismus schuf Lucas Cranach eine
Schwert in die Brust stößt. Ein missbräuchlich zu
1516 - 1523. Leipzig, 1888, S. 226
der Stadtkirche zu Wittenberg behandelte Luther
Holzschnittfolge, die auf die vorreformatorischen
Gott schwörender Spieler kommt bereits in der De-
daher die Hauptstücke des christlichen Glaubens
Illustrationen mit ihren profanen Alltagsszenen zu-
kalogfolge des Augsburger Druckers Anton Sorg
ausführlich und bereitete somit den Deutschen
gunsten alttestamentarischer Historien verzichtet.
1478 vor.
(Großen) Katechismus vor. Er erschien am 23. April
Der erste Holzschnitt zeigt die Übergabe der Geset-
1529 im Druck. Als weitere Hauptstücke umfasste
zestafeln und den Tanz um das goldene Kalb. Die-
er nun Abendmahl und Taufe. Im selben Jahr wurde
ses Motiv war auch zuvor durchaus üblich. Das
auch Der Kleine Katechismus erstmals in Form eines
zweite Gebot wird durch die Steinigung eines
Tafeldruckes aufgelegt. Er sollte in aller Kürze als
Gotteslästerers angezeigt (Lv XXIV,16). Ein Mann,
Leitfaden dienen. Er wendete sich weniger an die
der am Feiertag Holz sammelt, repräsentiert die
gemeinen Pfarrer und Prediger, für die der große
Übertretung des dritten Gebots (Nm XV,32-36).
120
121
Noahs Trunkenheit steht für das vierte Gebot: Ham
immer wieder kopiert werden. Auch in den beiden
sieht, dass sein Vater im Rausch eingeschlafen war
ausgestellten Katechismen sind die Illustrationen
und sich entblößt hatte. Er erzählt es seinen Brü-
Kopien der Cranach’schen Originale. Die Dekalog-
dern Sem und Jafet. Diese betreten rückwärts mit
bilder sind „Cranachs einziger Holzschnittzyklus zu
einem Mantel das Zelt Noahs und bedecken ihn,
einem speziellen Stück protestantischer Kirchen-
ohne seine Blöße zu erblicken. Die Tötung Abels
lehre“ (Cranach I, S. 368) geblieben.
steht für das fünfte und die Geschichte von David
und Bathseba für das sechste Gebot. Der Diebstahl
Aufgeschlagen sind im Deutschen Katechismus die
des Achan (Jos VII,19-21) illustriert das siebte
Bilder zu den beiden letzten Geboten und im Klei-
Gebot. Die Verleumdung der Susanna durch die
nen Katechismus Noahs Trunkenheit als Vergleich
beiden Alten markiert das achte Gebot. Für das
zu Baldungs Holzschnitt zum vierten Gebot.
neunte Gebot wird die Teilung der Herden von
Jakob und Laban (Gn XXX) und für das zehnte
Lit.: Johannes Schilling: Katechismen. In: Lutherlexikon, S.
Josephs Flucht vor dem Weib Potiphars gewählt.
336-338; Cranach I, S. 366-369 und Nr. 255; WA XXX,1
Diese Holzschnittfolge sollte sich durchsetzen und
(1910), S. 426-474
122
123
65
Das Symbolum oder gemeine Bekenntnis der zwölf
Apostel, darin der Grund gelegt ist des christlichen
Glaubens, aufs kürzeste ausgelegt und erkläret
Wittenberg: Georg Rhau, 1539. 2°
Aufgeschlagen:
Das Martyrium des Apostels Thomas,
Holzschnitt von Lucas Cranach d. Ä., um 1512
MOS, OS 1023
Seit 1547 gab der Wittenberger Drucker Georg
geschaf fen. Dazu gesellen sich Holzschnitte anderer
Rhau seinen Hortulus animae oder Lustgarten der
Künstler, etwa aus Luthers Katechismen. Die alten
Seelen (vgl. Exp. Nr. 58) heraus, mit dem neben
Bilder mussten nun einem neuen Kontext angepasst
„einigen anderen ... Schriften die Andachtsliteratur
werden. Vor allem die Heiltumsillustrationen wur-
der neuen protestantischen Bürgergemeinden“
den umgearbeitet und beschnitten, „weil das Inter-
(Cranach I, S. 395) begründet wurde. Im Anhang
esse nicht mehr dem kostbaren Reliquienbehälter,
findet sich das Symbolum der zwölf Apostel – also das
sondern dem auf dem Schaustück angebrachten
Apostolische Glaubensbekenntnis. Dieses hatte
biblischen Thema gilt“ (Cranach I, S. 396). Mitun-
Rhau bereits ab 1539 separat aufgelegt. Beide Titel
ter erhielten die Bilder durch andere Überschriften
griffen damit vorreformatorische Formulierungen
einen neuen Bildinhalt. Ein Beispiel dafür ist im
auf. Der Hortulus animae stellte unter diesem alten
Symbolum die Verwendung des Holzschnittes mit
Titel aber reformatorisches und allgemein anerkann-
dem Martyrium des Paulus für die Darstellung des
tes christliches Schriftgut zusammen. Wie die ausge-
Todes des Matthäus. Das Bild zeigt aber eindeutig
stellte Ausgabe des Glaubensbekenntnisses war er
drei Quellen. Sie begannen an den Stellen zu spru-
für „die Leyen und einfeltigen“ (Bl. A1r) gedacht.
deln, an denen das abgeschlagene Haupt des Paulus
die Erde berührte. Beim Evangelisten Matthäus ist
Das Glaubensbekenntnis gliedert sich bei Rhau in
hingegen umstritten, ob und wie er das Martyrium
zwölf Artikel, während Luther das Credo in trinita-
erlitten hat. Die massiven Umformungen und Um-
rischem Sinne nur in drei Artikel eingeteilt hatte.
deutungen der Holzschnitte im Seelenlustgarten
Die alte Aufteilung war bei Rhau wohl der Illustra-
und Credo haben Dietmar Koepplin und Tilman
tion geschuldet, denn er zog die um 1512 entstan-
Falk die Frage aufwerfen lassen, „wie nahe man hier
dene Folge Cranachs d. Ä. mit dem Martyrium der
am Ausgangspunkt einer neuen protestantischen
Apostel zur Bebilderung heran. Auch der Buch-
Ikonographie steht“ (Cranach I, S. 396 und Nr.
schmuck des Hortulus animae setzt sich aus Holz-
274).
schnitten älterer Zeit zusammen. Zu einem großen
Teil stammen sie aus dem Wittenberger Heiltums-
Lit.: Cranach I, S. 395-396 und Nr. 274; Cranach II, Nr. 425-
buch, in dem 1509 die Reliquien der sächsischen
436; Wengert, Timothy: Glaubensbekenntnis. In: Luther-Lexi-
Kurfürsten beschrieben worden waren. Für diese
kon, S. 261-263
Schrift hatte Cranach ebenfalls die Illustrationen
124
125
1514 begann auch Dürer mit einer Apostelserie, die
Während Cranach den Apostel Thomas während
er allerdings nie fertigstellen sollte. Nach den Kup-
des Martyriums darstellt – ein Soldat sticht dem
ferstichen mit Paulus und Thomas geriet die Arbeit
Zurückweichenden gerade mit einer Lanze in die
ins Stocken und wurde erst 1523 wieder aufgenom-
Seite –, erscheint er auf dem Kupferstich Dürers als
men. Nun entstanden drei weitere Blätter mit
statuarische Gestalt mit wallendem Bart. In der Lin-
Simon, Bartholomäus und Philippus. Die Platte mit
ken hält er ein Buch, das allgemeine Attribut aller
Philippus hat Dürer drei Jahre später überarbeitet
Apostel, in der Rechten eine Lanze oder Saufeder
und deren Datierung in 1526 abgeändert. Damit
als individuelles Attribut und Hinweis auf sein Mar-
bricht die Folge ab. Allerdings hat Dürer in seinen
tyrium in Indien. Thomas wendet sein Gesicht ab,
beiden letzten Lebensjahren überhaupt keine Kup-
das wie ein Großteil seines Gewandes verschattet ist.
ferstiche mehr geschaffen.
Die imposante Erscheinung steht frei vor dem weißen Hintergrund, das Haupt umfangen von einem
Dass Dürer als Pedant zu Paulus nicht Petrus als
fast überdimensionierten Nimbus. Im Gegensatz
zweites Blatt geschaffen hat, hat Verwunderung aus-
dazu verzichtet Dürer bei den drei letzten Blättern
gelöst. Die lange Pause nach den beiden ersten
auf die Heiligenscheine. Er steigert die Monumen-
Kupferstichen führt Mende auf die Vielzahl bedeu-
talität der Figuren nochmals durch eine Verein-
tenderer Projekte und Aufträge zurück, die der
fachung der voluminösen Gewänder und durch die
Nürnberger Künstler in jener Zeit ausgeführt hat,
Aufgabe des Kontraposts. In diesem Zusammen-
den Abbruch der Arbeiten auf die generell verän-
hang ist „immer auf den neuen Ernst der jüngeren
derte Einstellung zu Marien- und Heiligenbildern,
Apostel hingewiesen“ und dies als möglicher Aus-
im besonderen aber auf die Einführung der Refor-
weis „für ein neues Verständnis des Heiligenbildes“
mation in Nürnberg im Jahr 1525. Die zwischen-
(SMS I, S. 231) verstanden worden.
zeitlich entstandenen Apostelfolgen von Hans Sebald Beham oder Hans Baldung Grien hätten
Der Apostel Bartholomäus aus dem Jahr 1523 trägt
66
67
zudem die Nachfrage weitgehend gesättigt. Ein
ebenfalls ein Buch und erhebt in der Linken ein
ALBECHT DÜRER
ALBECHT DÜRER
Blick auf die Buchgraphik dieser Zeit lässt eine ge-
Messer, mit dem ihm bei lebendigem Leib die Haut
Der Apostel Thomas
Der Apostel Bartholomäus
nerelle Verdrossenheit an der Darstellung der Apo-
abgezogen worden sein soll. Mit festem Blick schaut
Monogrammierter und datierter Kupferstich, 1514
Monogrammierter und datierter Kupferstich, 1523
stel nicht erkennen. In Titelrahmungen (Exp. 70-
er den Betrachter mahnend an. Der Baumstamm im
MOS, D-50
MOS, D-45
72) sind sie selbst in Wittenberg oft anzutreffen
Hintergund verleiht ihm noch größere Standfestig-
und scheinen eher ein willkommener Ersatz für die
keit.
Kirchenväter zu sein. In Lutherbibeln werden sie
von Anfang an zu Beginn der von ihnen verfassten
Lit.: SMS I, S. 189-190 und Nr. 74, 75, 95, 96, 100; Dürer
Evangelien und Briefe abgebildet. Und auch die
III, Nr. 9
Aufnahme der alten Folge Cranachs in das Apostolische Glaubensbekenntnis (Exp. 65) lässt nicht auf
eine Abnutzung dieser Motive schließen.
126
127
68
elemente seien erst mit dem Bau von Fontainebleau
De Biblie vth der vthlegginge Doctoris Martini Luthers
nach Frankreich gelangt – datierte sie den Holz-
Niederdeutsche Übertragung von
schnitt auf frühestens 1534. Sie stimmte allerdings
Johann Bugenhagen
zu, dass das Motiv „Gesetz und Gnade“ überkon-
Lübeck: Ludwig Dietz, 1533 / 1. April 1534. 2°
fessionell und über das 16. Jahrhundert hinaus ver-
Aufgeschlagen: Titelblatt mit der Holzschnittrah-
wendet wurde. Eine Entstehung sei aber trotzdem
mung Gesetz und Gnade (Gesetz und Evangelium)
im Wittenberger Umkreis anzunehmen. Der dezi-
von Erhard Altdorfer (Prager Typ)
diertere Gothaer Typ sei vor allem in Sachsen, der
MOS, OS 22
Prager Typ im restlichen Deutschland und weiten
Teilen Europas verbreitet gewesen. Das früheste da-
69
tierbare Bild ist ein Holzschnitt in einer Schrift des
MARTIN LUTHER
Urbanus Rhegius Vom heiligen Sakrament des Altars,
In primum librum Mose enarrationes
die 1525 in Leipzig gedruckt wurde. Diese Illustra-
Wittenberg: Peter Seitz d. Ä., 1544. 2°
tion antizipiert aber nur die rechte Seite des Motivs,
Aufgeschlagen: Titelblatt mit der Holzschnittrah-
die Seite der Gnade und des Neuen Bundes.
mung Gesetz und Gnade (Gesetz und Evangelium)
von der Cranachwerkstatt (Gothaer Typ), 1541
In der Mittelachse des Motivs „Gesetz und Gnade“
AvS, B 84
steht ein Baum. Er ist auf der linken Seite kahl, auf
der rechten steht er in vollem Laub. „Diese, auf
128
Das Bildthema „Gesetz und Gnade“ oder auch
mittelalterliche Bildtraditionen u. a. der Kreuzes-
„Gesetz und Evangelium“ galt lange Zeit als eines
allegorien rekurrierende Darstellungsform stellt
der wenigen, das als spezifisch protestantisches
neuerlich die öde Ausweglosigkeit des Gesetzes der
Motiv in der Reformation entwickelt wurde. In ihm
‚aufkeimenden‘ Hoffnung auf die Erlösung im
„findet die Zusammenarbeit von Künstler und
Neuen Testament gegenüber“ (Fleck, S. 16). Auf
Theologe […] ihren komprimiertesten Ausdruck“
den beiden Hälften des Bildes werden Szenen aus
(zit. nach Weniger, S. 115). Matthias Weniger hat
dem Alten und Neuen Testament gegenübergestellt.
dem 2004 widersprochen. Er war der Ansicht, die
Zur Seite der Gnade und des Neuen Bundes gehört
früheste Rezeption eines verschollenen Urtyps von
in der Regel die Kreuzigung als Verweis auf den
„Gesetz und Gnade“ in einem französischen Holz-
Opfertod Christi, der Sieg des Auferstandenen über
schnitt gefunden zu haben, der aufgrund seiner
den Tod, eventuell auch über den Teufel und die
Marke aller Wahrscheinlichkeit nach als Verlagspro-
sog. Emanuelszene. Letztere zeigt Maria auf dem
dukt des Pariser Humanisten und Kunsthändlers
Berg Zion, wie sie Christus in Form des Logos-
Geoffrey Tory (1480-1533) angesehen werden
knaben empfängt. Auf der Seite des Alten Bundes
dürfe. Er sei chronologisch vor den beiden Gemäl-
darf der Sündenfall nicht fehlen. Beim Prager Typ
den Lucas Cranachs d. Ä. aus dem Jahr 1529 anzu-
erscheint darüber die Übergabe der Gesetzestafeln
setzen, die sich in Gotha und Prag befinden und
an Moses, während der Gothaer Typ Moses mit den
nach denen die beiden Hauptvarianten von „Gesetz
Tafeln in einer Gruppe mit Propheten in der Nähe
und Gnade“ als Gothaer und Prager Typ bezeichnet
des Baumstammes platziert. Oberhalb von Adam
werden. Miriam Fleck hat zuletzt den zeitlichen
und Eva wirkt dann Jesus als Weltenrichter. Als
Vorrang des französischen Holzschnittes verneint.
weiteres Gegensatzpaar wird häufig die Darstellung
Aus stilistischen Gründen – bestimmte Schmuck-
der ehernen Schlange mit der Verkündigung an die
129
Hirten kombiniert. Die eherne Schlange kann
mung für die erste niederdeutsche Lutherbibel, die
aber auch in die Nähe der Gnadenseite rücken. Im
1533/1534 in Lübeck gedruckt wurde, vertreten.
unteren Teil des Bildes liegen die hauptsächlichen
Zum ersten Mal erscheint hier das Motiv „Gesetz
Unterschiede der beiden Bildvarianten. Beim Prager
und Gnade“ auf dem Titelblatt der Heiligen Schrift.
Typ sitzt der sündige Mensch mittig unter dem
1541 wurde zum einzigen Mal eine niederdeutsche
Baum, der Körper der Seite des Alten, der Kopf der
Lutherbibel in Wittenberg selbst aufgelegt. Die
Seite des Neuen Bundes zugewandt. Ein Prophet
Cranachwerkstatt schuf hierfür einen Titelrahmen,
und Johannes der Täufer verweisen ihn gemeinsam
der dem Gothaer Typ folgt und in der Hölle
auf den Gekreuzigten. Links unten steht dann auf
schmorende Würdenträger der alten Kirche zeigt.
der Seite des Gesetzes ein Sarkophag als Symbol des
Todes. Der Gothaer Typ scheidet die beiden Bild-
Lit.: Fantastische Welten. Albrecht Altdorfer und das Expres-
hälften stärker. Auf der Seite der Gnade verweist
sive in der Kunst um 1500. Städel Museum, Frankfurt am
Johannes der Täufer den Sünder wiederum auf
Main, 5. November 2014 - 8. Februar 2015, Kunsthistorisches
Christus am Kreuz. Ein Blutstrahl aus der Seiten-
Museum Wien, 17. März 2015 - 14. Juni 2015. Herausgege-
wunde trifft diesen und rechtfertigt ihn. Auf der an-
ben von Stefan Roller und Jochen Sander. München 2014, S.
deren Seite aber wird der Sünder von Tod und Teu-
94, Nr. 34; Fleck, Miriam Verena: Ein tröstlich gemelde: Die
feln in den Höllenschlund getrieben. Moses und die
Glaubensallegorie „Gesetz und Gnade“ in Europa zwischen
Propheten können diesem Geschehen nur tatenlos
Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Korb 2010. (Studien zur
zusehen. Beim Gothaer Typ kann dabei auch kon-
Kunstgeschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit 5),
fessionelle Polemik zum Vorschein kommen, wenn
S. 13-43, S. 444-445, Nr. 10, S. 457, Nr. 41, S. 461, Nr. 49;
bereits Papst und Bischof in der Hölle schmoren,
Reinitzer, Heimo: Gesetz und Evangelium. Über ein reforma-
oder ein Teufel in Kardinalstracht den Sünder ins
torisches Bildthema, seine Tradition, Funktion und Wirkungs-
Feuer treibt.
geschichte. 2 Bde., Hamburg 2006, S. 226, Nr. 200, S. 457458, Nr. 790, S. 464, Nr. 806; Büttner, Frank und Andrea
Johannes der Täufer als Mittler zwischen Altem und
Gottdang: Einführung in die Ikonographie. Wege zur Deutung
Neuem Testament spielt bereits in Predigten Lu-
von Bildinhalten. München 2006, S. 39; Weniger, Matthias:
thers eine bedeutende Rolle. Sie kommt stärker im
„Durch und durch lutherisch“? Neues vom Ursprung der Bil-
Prager als im Gothaer Typ zum Tragen: „Die
der von Gesetz und Gnade. In: Münchner Jahrbuch für Bil-
Schriftt tzeygt Johannes alßo, das er stehe ym mittel
dende Kunst 2004, S. 115-134; Mühlen, Reinhard: Die Bibel
des alltten und newen testaments, das er sey ein mit-
und ihr Titelblatt. Die bildliche Entwicklung lutherischer Bi-
ler tzwischen Mosi und Christo, das ist ein groß
beldrucke vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Würzburg, 2001
ding und uber alle werck zu heben“ (zit. nach
(Theologische Studien 19), S. 32-36; Gesetz und Gnade.
Mühlen, S. 36).
Cranach, Luther und die Bilder. Ausstellung im Cranach-Jahr
1994. Eisenach, Museum der Wartburg, 4. Mai - 31. Juli,
Der Prager Typ ist in der Ausstellung mit Erhard
Torgau, Schloss Hartenfels, 25. August - 6. November [1994].
Altdorfers (nach 1480-nach 1561) Holzschnittrah-
Eisenach 1994
130
131
70
IOANNES CHRYSOSTOMUS
In totum Geneseos librum homiliae sexagintasex
Basel: Andreas Cratander, September 1523. 2°
Aufgeschlagen: Titelblatt mit zwei
Metallschnittleisten von Hans Holbein d. J.
AvS, 3457
Die Genesisauslegung des Heiligen Chrysostomus
gedruckten Evangelienkommentare Commentarii
in der lateinischen Übersetzung des Basler Reforma-
initiatorii in quatuor evangelia. Das Bild greift
tors Johannes Oekolampadius (1482-1531) erschien
dezidiert Lefèvres Auffassungen auf. Im Kommentar
im September 1523 in Basel bei Andreas Cratander.
zu Matthäus (XVI,9) hatte er seiner Überzeugung
Die Titelblattrahmung setzt sich aus vier Leisten zu-
Nachdruck verliehen, „dass der in den Evangelien
sammen, von denen zumindest die obere und un-
und durch die Apostel verkündete Glaube der
tere von Hans Holbein d. J. entworfen und von
Schlüssel zur Erlösung sei.“ Darauf – so Christian
Jakob Faber in Metall geschnitten worden sind. Sie
Rümelin – „sei zurückzuführen, dass alle zwölf ur-
zeigen oben Christus als Fürbitter vor Gottvater
sprünglichen Apostel einen Schlüssel tragen. Als
und unten den Apostelabschied. Die seitlichen
dreizehnter ist Paulus zu ihnen hinzugestossen, und
Leisten bestehen aus von Putten gehaltenen Säulen.
Matthias ersetzt Judas Ischarioth“ (Holbein, S.
Bei späteren Titelblättern sind die Säulen durch die
453). Der Metallschnitt mit Christus als Fürbitter ist
vier Evangelistensymbole ersetzt.
in der vorliegenden Ausgabe eventuell das erste Mal
verwendet worden.
Die Leiste mit dem Apostelabschied ist für eine
Schrift des französischen Theologen und Huma-
Lit.: Holbein, S. 453-455, Nr. D-14; Hollstein XIVa (1988), S.
nisten Jacques Lefèvre d’Étaples (um 1450/55-
89, Nr. 53a, S. 102, Nr. 57a
1536) entstanden: die im März 1523 bei Cratander
132
133
71
MARTIN LUTHER
Auslegung der Episteln und Evangelien, die nach
Brauch der Kirche gelesen werden, vom Christtag bis
auf den Sonntag nach Epiphanie
Wittenberg: Johann Rhau-Grunenberg, 1522. 4°
Aufgeschlagen: Titelblatt
AvS, 2885
Ausgestellt ist der Erstdruck von Luthers Weih-
stille wird mit einer Bordüre versehen, die auf den
nachtspostille. Ihr vorgebunden ist in diesem Exem-
theologischen Inhalt verweist. Oberhalb des Schrift-
plar die Adventspostille in der ersten lateinischen
feldes erscheint der Gekreuzigte flankiert von den
und in der ersten deutschen Ausgabe von 1521 bzw.
Symbolen der Evangelisten Lukas und Johannes,
1522 (s. Exp. 57). Als Buchschmuck weisen alle
unterhalb das sächsische Wappen begleitet vom
drei Drucke nur eine Titelbordüre oder Zierinitialen
Markuslöwen und dem Engel des Matthäus. Seitlich
auf. Für die beiden Ausgaben der Adventspostille
rahmen Peter und Paul das Titelfeld. Die Bordüre
wählte der Drucker Johann Rhau-Grunenberg eine
trägt unten auch das Monogramm des Drucker IG
Rahmung der Cranach-Werkstatt mit spielenden
und die Datierung 1522.
und musizierenden Putten und den Wappen von
Sachsen und Wittenberg. Erst die Weihnachtspo-
134
Lit.: Cranach I, Nr. 214; Luther, Nr. 4 und Nr. 9
135
72
MARTIN LUTHER
Auslegung der Evangelien von Ostern bis auf Advent
Wittenberg: Hans Lufft, 1527. 2°
Aufgeschlagen: Titelblatt mit Holzschnittrahmung
von Georg Lemberger
AvS, 2139
Ausgestellt ist eine Ausgabe von Luthers Sommer-
Engelsgloriole umgeben, darunter der halb verweste
postille aus dem Jahr 1527, der eine Festpostille
Schädel Adams“ (ebd.). Die Gloriole trennt den
desselben Jahres nachgebunden ist (s. Exp. Nr. 57).
Gekreuzigten von Lukas und Johannes, die ihre
Auch ihr Buchschmuck beschränkt sich auf das
Evangelien im Freien niederschreiben. Johannes er-
Titelblatt. Die „besonders prächtige Titeleinfassung“
blickt zudem in einer Vision die Mutter Gottes.
(Reindl Bd. 2, S. 69) hat Georg Lemberger 1526
Ihre Symbole, der Stier und der Adler, werden vom
für eine niederdeutsche Gesamtausgabe der Lu-
Kreuz überschnitten. Die seitliche Rahmung glie-
ther’schen Evangelienpostille geschaffen. In der
dert sich in zwei Etagen. Oben links und rechts sind
Mitte oben erscheint Christus mit weit ausgebreite-
Petrus und Paulus postiert, darunter Judas Thad-
ten Armen, umgeben von einem Schriftband: „ITE
däus und Jacobus.
IN ORBEM, VNIVERSVM ET PREDICATE
EVANGELION“. Zwei Säulen trennen ihn von
Lit.: Reindl, Isabel Christina: Georg Lemberger, ein Künstler
den Schreibstuben der Evangelisten Matthäus und
der Reformationszeit – Leben und Werk. Bd. 1-2, Bamberg,
Markus und ihren Symbolen zu beiden Seiten.
2006, Bd. 2, S.69, Nr. 1526.1 (http://www.opus-bayern.de/
„Unten mittig“ steht „das Kreuz Christi, von einer
uni-bamberg/volltexte/2010/253/)
136
137
73
MARTIN LUTHER
Von der heiligen Taufe. Predigten
Wittenberg: Georg Rhau, 1535. 4°
Aufgeschlagen: Titeleinfassung mit dem
Löwenkampf Samsons. Holzschnitt
von Lukas Cranach d. Ä. und Werkstatt
AvS, B 355
Die Zusammenstellung einiger Predigten Martin
für diese Schrift entstanden, passt das Motiv gut zu
Luthers zum Sakrament der Taufe erschien 1535 in
der Thematik der Predigten. Gilt doch der Löwen-
drei Ausgaben bei Georg Rhau. Dass der Reforma-
kampf Samsons als typologischer Verweis auf die
tor die Sammlung nicht selbst veranlasst hat,
Überwindung von Tod und Teufel durch Christus.
schließt man aus einer Bemerkung in der Vorrede:
Die populäre Bordüre hatte Georg Rhau bis 1546
„Darümb las ich mir auch gefallen, das diese meine
in Gebrauch, von 1542 bis 1545 nutzte sie auch der
predigte, ausgehen, zu ehren der Heiligen Tauffe“
Wittenberger Drucker Nickel Schirlentz. Der Ent-
(Bl. a2v). Caspar Cruciger (1504-1548) ist als Her-
wurf der Löwenkampfszene wird Lukas Cranach d.
ausgeber dieser recht freien Mitschriften lutheri-
Ä. zugewiesen, der ornamentale Teil der Rahmung
scher Predigten vermutet worden.
gilt als Werkstattarbeit.
Der Drucker Georg Rhau schmückte alle drei Auf-
Die Predigten von der Taufe sind Teil eines Sam-
lagen mit einer Titelbordüre, die er bereits seit 1532
melbandes mit acht reformatorischen Schriften aus
verwendet hat. Das Titelfeld erscheint hier in einem
Wittenberg der Jahre 1531 bis 1540.
Architekturrahmen, darunter bleibt aber ein rechteckiges Feld frei für die Darstellung des Kampfes
Lit.: Cranach I, S. 387-388, Nr. 215, 216; Benzing, Nr. 3124-
Samsons mit dem Löwen. Obwohl sicherlich nicht
3126; Luther, Nr. 31; WA XXXVII (1910), S. XLIIIf.
138
139
74
Confessio fidei exhibita invictiss. Imp. Carolo V.
Caesari Aug. in Comitiis Augustae Anno
M.D.XXX. Addita est Apologia confessionis
Wittenberg: Georg Rhau, 1540. 4°
Aufgeschlagen: Titelblatt mit der Titelrahmung
Kampf Davids gegen Goliath, Holzschnitt der
Cranachwerkstatt, 1532?
MOS, OS 1144
Diese Ausgabe der Confessio Augustana, des Augs-
wiederum ein architektonisches Element die Bor-
burgischen Bekenntnisses, erschien 1540 mit der
düre.
Apologie Philipp Melanchthons in Wittenberg bei
Georg Rhau. Die Titeleinfassung der Cranach-
Georg Rhau verwendete die Einfassung von 1532
Werkstatt zeigt in einer weiten Landschaft, wie
bis 1541, Nickel Schirlentz nochmals 1542. 1534
David mit Mühe das Schwert Goliaths ergreift, um
findet man sie auch in Drucken von Hans Weiss.
ihm den Kopf abzuschlagen. Obwohl sich der Landschaftshintergrund bis zu Beginn des Titelfeldes
Lit.: Cranach I, S. 388, Nr. 265; Luther, Nr. 30
hochzieht, ziert mit dem Giebel über der Titelei
140
141
75
Kirchenordnung zum Anfang, für die Pfarrherrn in
Herzog Heinrichs zu Sachsen Fürstentum.
Wittenberg: Hans Lufft, 1539. 4°
Aufgeschlagen: Titelblatt mit der Titelrahmung
Guter Hirte
AvS, 3236
Mit der zweiten von Herzog Heinrich von Sachsen
Die Wittenberger Drucker Hans Lufft, Hans Weiss
(1473-1541) im Jahr 1539 angeordneten Kirchen-
und Joseph Klug hatten die Titeleinfassung zwi-
visitation wurde die vorliegende Kirchenordnung
schen 1533 und 1539 gleichzeitig in Gebrauch.
eingeführt, die später stark erweitert werden sollte.
Eventuell hat auch Georg Rhau den Druckstock
In seiner nur kurzen Regierungszeit führte Heinrich
zeitweise in Besitz. Die sächsische Kirchenordnung
den Protestantismus in seinem Fürstentum ein. Die
ist eine der letzten Schriften, die auf diese aussage-
Titeleinfassung lässt nur ein kleines Schriftfeld frei,
kräftige Bordüre zurückgreifen konnte. Sowohl das
darunter ist überlebensgroß Christus als guter Hirte
Motiv des guten Hirten als auch der Umstand, dass
mit einem Schaf über den Schultern dargestellt. An
Justus Jonas und Caspar Cruciger zu den Unter-
beiden Seiten und unten mittig finden sich Medail-
zeichnern der Vorrede gehören, lässt die Entschei-
lons, in die Embleme und Monogramme von füh-
dung für diese Bordüre als plausibel erscheinen.
renden Reformatoren eingezeichnet sind: oben links
Frühere Zuschreibungen des Holzschnittes an
die Lutherrose und ML für Martin Luther und dar-
Georg Lemberger oder gar Lucas Cranach d. Ä.
unter der Walfisch mit Jonas und II für Justus Jonas,
sind nicht aufrecht zu erhalten.
dem Lutheremblem gegenüber die eherne Schlange
und PM für Philipp Melanchthon, darunter die
Lit.: Luther, Nr. 38; Mejer, Wolfgang: Der Buchdrucker Hans
Harfe Davids und IB für Johannes Bugenhagen,
Lufft zu Wittenberg. 2. verm. Aufl., Leipzig, 1923, S. 24;
unten mittig die Taube mit dem Ölzweig über der
Dodgson II, S. 415, Nr. 5; Richter, Ludwig Aemilius: Die
Arche und CC für Caspar Cruciger. Das Emblem
evangelischen Kirchenordnungen des sechzehnten Jahrhun-
Crucigers überschneidet die Tallandschaft und den
derts. Urkunden und Regesten zur Geschichte des Rechts und
guten Hirten, so dass die unterschiedlichen Pro-
der Verfassung der evangelischen Kirche in Deutschland.
portionen nicht auf den ersten Blick offensichtlich
Nachdr. der Ausg. Weimar 1846. Bd. 1-2, Nieuwkoop, 1967,
sind.
Bd. 1, S. 307-315
142
143
76
MARTIN LUTHER
Omnia opera
Bd. 1., Wittenberg: Hans Lufft, 1545. 2°
Aufgeschlagen: Titelblatt mit der Titelrahmung
Luther und Kurfürst Johann Friedrich I. unter dem
Kreuz, Holzschnitt von Lucas Cranach d. J.
AvS, B 87
Ab 1539 gab der Wittenberger Drucker Hans Lufft
die deutsche Gesamtausgabe der Werke Luthers heraus, die 1559 mit dem zwölften Band abschließen
sollte. Seit 1545 folgte die lateinische Reihe in sieben Bänden. Für diese zweite Ausgabe beauftragte
er Lucas Cranach d. J. mit einer neuen Titelrahmung. Das Schriftfeld ist seitlich und oben von Wolkenbändern und Puttenköpfen geziert. An den vier
Ecken sind Medaillons mit den Evangelistensymbolen angebracht. Im breiteren unteren Streifen ist
mittig der gekreuzigte Christus dargestellt. Zu
seinen Seiten knien betend Martin Luther und der
sächsische Kurfürst Johann Friedrich I. (1503-
Lucas Cranach der Jüngere: Titelholzschnitt mit Luther und dem
1554). Im Jahr darauf schuf Cranach für eine Aus-
Kurfürsten betend unter dem Kreuz für eine Ausgabe des Neuen
gabe des Neuen Testaments einen Titelholzschnitt,
Testaments 1546, die deutsche Werkausgabe Luthers und andere
auf dem nur die untere Szene mit Kruzifix, Refor-
Schriften; hier aus dem Dritten Teil der deutschen Werkausgabe,
mator und Kurfürst wiederholt wird. Seit 1548 er-
AvS, 3476
schien dieser Holzschnitt auch auf den Titelblättern
der deutschen Gesamtausgabe. Weite Verbreitung
durch Original und zahlreiche Kopien verhalfen die-
(WA Bibel II, S. 487). Immerhin hatte aber Luther
sem Bild zu einem großen Bekanntheitsgrad, der
noch einen Probedruck des Neuen Testaments
„spitzfindige Luthergegner“ auf den Plan rief, die
durchgesehen und gebilligt. Ebenso muss ihm die
„darin den Beweis sehen wollten, ‚dass Luther das
weit weniger bekannte Vorgängerversion von 1545
Kruzifix [d. h. also ein Bild] anbete‘ “ (Cranach I.,
bekannt gewesen sein.
S. 411). Noch die Weimarer Ausgabe der Werke
Luthers wies zu Anfang des 20. Jahrhunderts diesen
Lit.: Cranach I, S. 411, Nr. 283 und 284; WA Bibel II (1909),
Vorwurf gewunden zurück: „Sicher darf man Lu-
S. 686-687
ther nicht persönlich für dieses immerhin mißverständliche Bild verantwortlich machen, da es sich zu
seinen Lebzeiten nicht findet. Und schließlich kniet
der Kurfürst und Luther ja nicht vor dem Kreuze,
sondern neben ihm, in seinem Schutz und Schirm“
144
145
MEHRFACH VERTRETENE KÜNSTLER UND AUTOREN
147
JOST AMMAN
15, 18, 19
LUCAS CRANACH D. J.
Erlangung des Meisterrechts in
Augsburg
(* 4. Oktober 1515 Wittenberg
(* Ende 1497/Anfang 1498 Augsburg,
um 1515
zahlreiche Aufträge für Kaiser Maxi-
† 25. Januar 1586 Wittenberg)
† Herbst 1543 London)
Zeichner, Visierer, Holzschnittzeichner, Radierer,
milians I.: Weißkunig, Theurdanck
Maler und Graphiker
Maler, Zeichner für den Holz- und Metallschnitt
Holzschneider und Maler
und die Fürstliche Chronik (Heilige
Lehre in der väterlichen Werkstatt,
1561
des Hauses Habsburg)
in die er nach Abschluss der Ausbil-
Lehre bei seinem Vater, dem Maler
dung eintrat
Hans Holbein d. Ä.
(getauft 13.6.1539 Zürich
begraben 17.3.1591 Nürnberg)
Ausbildung in den Techniken des
Holzschnitts und der Radierung bei
Virgil Solis in Nürnberg
1562
Übernahme der Werkstatt Solis’
1564
Illustrationsfolge zur Bibel
LUCAS CRANACH D. Ä.
2, 11, 25, 27, 65, 73,
1537
Teilhaber der väterlichen Werkstatt
74
seit 1549
Ratsherr der Stadt Wittenberg,
(* 1472? in Kronach, Oberfranken
† 16. Oktober 1553 in Weimar)
HANS BALDUNG GRIEN
2, 60, 61
76
HANS HOLBEIN D. J.
1503
1550
mit dem Vater in Luzern tätig
Eintritt in die Basler Malerzunft
1520
Basler Bürgerrecht
1522
Illustrationsfolge zum Hortulus
Maler und Graphiker
ALBRECHT DÜRER
Hans Maler
Wanderschaft
(* 21.5.1471 Nürnberg, † 6.4.1528 Nürnberg)
1501-1504
Aufenthalt in Wien
Maler, Graphiker und Kunsttheoretiker
1505
Berufung zum Hofmaler Friedrichs
1510
culum passionis domini nostri Jesu
Christi
Umzug vom Schloss in die Stadt
1, 22-24, 26, 29-32,
animae
35, 48, 50, 52, 66-67
ab 1522/23
seit 1486
Wittenberg
zahlreiche Illustrationen für die
Basler Nachdrucke des Steptembertestaments
Lehre bei seinem Vater, dem
des Weisen von Sachsen
in der Werkstatt Dürers tätig
der Werkstatt von Hans Herbst
1519
Maler, Zeichner, Holzschnittzeichner und
vor/um 1507 Illustrationen zu Ulrich Pinders Spe-
Übersiedlung nach Basel, Mitglied
1517
† September 1545 Straßburg)
1503/07
1515
Übernahme der Werkstatt
Ausbildung bei seinem Vater,
Malerlehre in Straßburg
und für das Kunstgewerbe
zeitweise Bürgermeister
(*1484 / 1485 Schwäbisch-Gmünd
Kupferstecher
13, 70
Goldschmied Hans Dürer
1526/28
Englandreise
Lehre zum Maler bei Michael
1531
Zürcher Bibel mit Holzschnitten
Wolgemut
zum Alten Testament nach Entwür-
Wanderschaft mit Aufenthalt u.a.
fen von Holbein
1512
Holzschnittfolge mit dem Marty-
in Colmar, Basel und Straßburg
1532
Übersiedlung nach England
brecht von Brandenburg
1519-1549
Ratsherr der Stadt Wittenberg
1494/95
Italienreise
1538
Historiarum veteris instrumenti
1509
Rückkehr nach Straßburg
1520
Kupferstich „Martin Luther als Au-
1498
Dürer publiziert auf eigene Kosten
icones (Bilder zu den Geschichten
seit 1512
in Freiburg im Br. tätig
gustinermönch in der Nische“
die Apokalypse
des Alten Testaments)
1516
Dekalogillustrationen
Erwerb einer Apotheke
1505/07
Italienreise
1517
Bürgerrecht in Straßburg
Verlagsgemeinschaft mit Christian
seit 1509
Ratsherr der Reichsstadt Nürnberg
Döring
1511
Publikation der drei Großen Bücher
HANS SCHÄUFELEIN
(Marienleben, Große Passion, Apo-
(* um 1482/83 am Oberrhein (?)
rium der Apostel
In Halle, Saale, tätig für Kardinal Al-
um 1537/40 Illustrationen zur Laienbibel des
Wendelin Rihel, 1540
1545
1522
37, 38
1537/44
Maler, Buchmaler, Zeichner für Holzschnitt
Ausbildung bei seinem Vater,
1550
Holbeins d. Ä.
† zwischen 11.11.1539 und 13.9.1540 Nördlingen)
Meisterstiche
Maler, Zeichner für Holzschnitt und Glasmalerei
tionen für Bibelausgaben und
um 1515
zahlreiche Aufträge für Kaiser
1503/1507
Maximilian I., darunter der
vor/um 1507 Illustrationen zu Ulrich Pinders
mehrmals Bürgermeister von Wittenberg
1520/21
folgt Cranach Johann Friedrich dem
1525/28
1552
148
Speculum passionis domini nostri
Reise in die Niederlande
Jesu Christi
Drucklegung der kunsttheoretischen
Werke
Wanderschaft
1509
in der Werkstatt Hans Holbeins
d. Ä. tätig
Cranach zieht mit seinem Landes-
1513
herrn in die neue Residenzstadt
1514/15
Weimar
in der Werkstatt Dürers tätig
Triumphwagen
Augsburg
Georg Beck
Mitglied der Werkstatt Hans
kalypse) und der Kleinen Passion
1513/14
Großmütigen in dessen Exil nach
dem Maler und Miniaturisten
28, 47
In der Folge zahlreiche IllustraSchriften Luthers
(* um 1480 Augsburg,
† zwischen dem 14. und 18.10.1542 Augsburg)
Illustration und Verlag von Luthers
Septembertestament
Ratsherr der Reichsstadt Straßburg
LEONHARD BECK
1490/94
Gründung einer eigenen Werkstatt
zahlreiche Aufträge für Kaiser Maximilians I. Triumphzug, Weißkunig,
149
Theurdanck
Niederdeutsche
1515
Bürgerrecht in Nördlingen
nach 1520
Konzentration auf den
Buchholzschnitt
1535
1546
MARTIN LUTHER
7, 11, 12, 15, 18-20,
Mitglied der theologischen Fakultät
25, 27, 28, 49, 57,
der Universität Wittenberg
62-64, 68, 71-73, 76
Grabrede auf Martin Luther
(* 10. November 1483 Eisleben
† 18. Februar 1546 Eisleben)
HANS SPRINGINKLEE
36, 58
BENEDICTUS CHELIDONIUS OSB
Theologe und Reformator
(BENEDIKT SCHWALBE)
1501-1505
Studium an der Universität Erfurt
1505
Eintritt in das Augustinerkloster
32, 48
(* zwischen 1490 und 1495 in Nürnberg
(* um 1460 Nürnberg, † 8. September 1521 Wien)
† um 1522/1540)
Dichter, Humanist, Abt des Wiener Schotten-
Maler, Zeichner für den Holzschnitt
klosters
1512/1515
1480/90
um 1515
in der Werkstatt Dürers tätig
zahlreiche Entwürfe für die Ehrenpforte, den Triumphzug und Weißzahlreiche Holzschnitte für den
1507
Priesterweihe
Egidienkloster
Theologiestudium in Erfurt und
Elegie auf den Tod des Conrad
Wittenberg
Celtis
1510
Romreise
um 1508
Erstausgabe seiner Passio Jesu Christi
seit 1512
Lehrtätigkeit an der Universität
Hortulus animae im Auftrag des
salvatoris mundi in Straßburg, ge-
Verlegers Koberger
widmet Willibald Pirckheimer
1517
Thesenanschlag
Dürers Kleine Passion, Große Passion
1519
Entwicklung eines Reform-
1511
JOHANN BUGENHAGEN
† 20. April 1558 Wittenberg)
Texten von Chelidonius
1513/14
programmes
1521
1518
Übersetzung des Neuen Testaments
Abt des Wiener Schottenklosters
1522
Bildersturm in Wittenberg unter
Andreas Karlstadt
Studium Universität Greifswald
Rektor der Stadtschule Treptow,
Exkommunikation, Reichsacht und
„Entführung“ auf die Wartburg
Wechsel an das Wiener Schottenkloster
Theologe, Reformator Norddeutschlands und Weggefährte Luthers
Wittenberg
und Marienleben erscheinen mit
11, 51, 53, 68
(* 24. Juni 1485 Wollin
1501/04
Hl. Anna
Eintritt in das Nürnberger
1508
kunig Kaiser Maxilians I.
1516/21
Erfurt nach einem Gelübde an die
JOHANN GEILER VON KAYSERSBERG
Rega
Im September wird das Neue
Testament gedruckt
6, 56, 61
1523/24
Drucklegung der ersten drei Teile
1509
Priesterweihe
(* 16.3.1445 Schaffhausen, † 10.3.1510 Straßburg)
1517
Lektorat des Prämonstratenserstiftes
Theologe und Volksprediger
Belbuck bei Treptow, Rega
seit 1460
Studium in Freiburg i. Br.
1525
Heirat mit Katharina von Bora
1521
Übersiedlung nach Wittenberg
1470
Priesterweihe
1529/30
Kleiner und Großer Katechismus
1523
Stadtpfarrer von Wittenberg
1471
Wechsel an die Universität Basel
1525
Trauung Luthers mit Katharina von
1475
Promotion zum Dr. theol.
Bora
1476
Rektor der Universität Freiburg i. Br.
1530
Augsburger Bekenntnis
Kirchenordnungen für die Stadt
1478/86
Prediger an der St.-Lorenz-Kirche
1534
Abschluss der Bibelübersetzung
in Straßburg
seit 1545
Edition der Gesamtausgabe der
seit 1528
Braunschweig, für Hamburg, Lübeck, Pommern, Dänemark, Schles-
seit 1486
Prediger am Straßburger Münster
wig-Holstein, Braunschweig-Wol-
(Posaune des Straßburger Münsters)
fenbüttel, Hildesheim
Geiler vermittelt Humanisten wie
1533
Promotion zum Dr. theol.
Sebastian Brant und Jakob Wimphe-
1533/34
Übertragung der Lutherbibel ins
sowie Beifügung des Passional Christi zum Betbüchlein
Lutherschriften
ling nach Straßburg
1506
150
des Alten Testaments
Drucklegung der Passio Christi
151
ABKÜRZUNGS- UND LITERATURVERZEICHNIS
153
Abkürzungen
Buchillustration
Dürer I
Eichenberger/Wendland
AvS = Stadtarchiv Schweinfurt
Fünf Jahrhunderte Buchillustration. Meisterwerke
Schneider, Erich (Bearb.)
Eichenberger, Walter und Henning Wendland
MOS = Museum Otto Schäfer
der Buchgraphik aus der Bibliothek Otto Schäfer.
Dürer als Erzähler. Holzschnitte, Kupferstiche und
Deutsche Bibeln vor Luther. Die Buchkunst der
SakrB = Sakristeibibliothek der Evangelisch-Lutheri-
Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, 11. Sep-
Radierungen aus der Sammlung-Otto-Schäfer-II.
achtzehn deutschen Bibeln zwischen 1466 und
schen Kirchengemeinde St. Johannis, Schweinfurt
tember bis 15. November 1987, Bayerische Staats-
Ausstellung vom 10. 12. 1995 - 31. 3. 1996, Bi-
1522. Hamburg 1977
bibliothek München, 4. Februar bis 16. April 1988.
bliothek Otto Schäfer, Schweinfurt. Mitarbeit: Anna
Katalog und Ausstellung Eduard Isphording unter
Scherbaum, Georg Drescher. Schweinfurt 1995
Mitarbeit von Manfred von Arnim. Nürnberg 1987.
GW
Gesamtkatalog der Wiegendrucke. Bd. 1-, Leipzig
Alle Bibelzitate, sofern nicht anders vermerkt, nach:
(Ausstellungskataloge des Germanischen National-
Dürer II
Arenhoevel, Diego, Alfons Deissler und Anton
museums Nürnberg: Serie A) / (Bayerische Staats-
Schneider, Erich und Anna Scherbaum (Bearb.)
Vögtle (Hg.)
bibliothek München: Ausstellungskataloge 42)
Dürer. Die Kunst aus der Natur zu »reyssenn«.
Hamm
Die Bibel. Die Heilige Schrift des Alten und Neuen
[u. a.] 1925-
Welt, Natur und Raum in der Druckgraphik. Holz-
Hamm, Berndt
Bundes. Deutsche Ausgabe mit den Erläuterungen
Cranach
schnitte, Kupferstiche und Radierungen aus der
Religiosität im späten Mittelalter. Spannungspole,
der Jerusalemer Bibel. Freiburg, Basel, Wien 1968
Koepplin, Dieter und Tilman Falk (Hg.)
Sammlung-Otto-Schäfer-II, Ausstellung vom 28.
Neuaufbrüche. Herausgegeben von Reinhold Fried-
Lukas Cranach. Gemälde, Zeichnungen, Druckgra-
09. 1997 - 25. 1. 1998, Bibliothek Otto Schäfer,
rich und Wolfgang Simon. Tübingen 2011. (Spät-
phik. Ausstellung im Kunstmuseum Basel, 15. Juni
Schweinfurt, Ausstellung vom 15. 2. 1998 - 26. 4.
mittelalter, Humanismus, Reformation 54)
bis 8. September 1974. 2 Bde., Basel, Stuttgart
1998, Stadtmuseum Amberg. Schweinfurt 1997
Abgekürzt zitierte Literatur
1974-1976
Hofmann
Dürer III
Hofmann, Werner (Hg.)
50 Jahre
Coelen
Schneider, Erich und Anna Scherbaum (Bearb.)
Luther und die Folgen für die Kunst. Hamburger
Kostbare Drucke und Einbände aus sechs Jahrhun-
Coelen, Peter van der
Dürer, Himmel und Erde. Gottes- und Menschen-
Kunsthalle, 11. November 1983 - 8. Januar 1984.
derten. Dauerpräsentation aus Anlaß des 50jährigen
Bilder aus der Schrift. Studien zur alttestamentli-
bild in Dürers druckgraphischem Werk. Holz-
München 1983
Bestehens der Bibliothek Otto Schäfer. 18. März
chen Druckgrafik des 16. und 17. Jahrhunderts.
schnitte, Kupferstiche und Radierungen aus der
2001 - 12. Januar 2003. Bearbeitet von Georg Dre-
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Dodgson, Campbell
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Catalogue of early German and Flemish woodcuts
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Index Aureliensis. Catalogus librorum sedecimo
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1911
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Stuttgart 1984
saeculo impressorum. Abt. 1, Bd. 1-, Baden-Baden
Ehe
1965-
Rautenberg, Ursula (Hg.)
Doumit
Über die Ehe. Von der Sachehe zur Liebesheirat.
Kaiser Karl V.
Benzing
Doumit, Amin
Eine Literaturausstellung in der Bibliothek Otto
Diller, Stephan (Hg.)
Benzing, Josef (Bearb.)
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Kaiser Karl V. und seine Zeit. Katalog zu den Aus-
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St. Katharinen 1997
1993. Schweinfurt 1993
stellungen 12. März - 11. Juni 2000 Bibliothek
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Otto Schäfer Schweinfurt, 15. Juli - 15. Oktober
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2000 Historisches Museum Bamberg. Bamberg
graphica Aureliana 10,16,19)
2000. (Veröffentlichungen des Stadtarchivs
Schweinfurt 14)
154
155
Kreis und Kugel
Marienleben
Nagler
Wolfenbüttel, 1983. (Ausstellungskataloge der Her-
Rautenberg, Ursula (Hg.)
Wiener, Claudia, Anna Scherbaum und Georg
Nagler, Georg Caspar
zog-August-Bibliothek Wolfenbüttel 40)
Kreis und Kugel. Illustrierte Bücher der Bibliothek
Drescher (Hg.)
Die Monogrammisten und diejenigen bekannten
Otto Schäfer. Eröffnungsausstellung vom 21. Okto-
Andachtsliteratur als Künstlerbuch. Dürers Marien-
und unbekannten Künstler aller Schulen, welche
Ritter! Tod! Teufel?
ber 1991 bis zum 17. Mai 1992. Schweinfurt 1991
leben. Eine Ausstellung der Bibliothek Otto Schäfer
sich zur Bezeichnung ihrer Werke eines figürlichen
Breul, Wolfgang (Hg.)
zu einem Buchprojekt des Nürnberger Humanis-
Zeichens ... bedient haben etc. 5 Bde., München
Ritter! Tod! Teufel? Franz von Sickingen und die
Landgraf/Wendland
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Edited by Hans-Martin Kaulbach. 2 Bde., 2007
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Begleitpublikation. Nürnberg 2015
Jörg Breu the Elder and the Younger. Compiled
by Guido Messling. Edited by Hans-Martin Kaul-
Schramm
bach. 2 Bde., 2008
Schramm, Albert
Der Bilderschmuck der Frühdrucke. 23 Bde., Leip-
Lexikon für Theologie und Kirche. 2., völlig neu
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bearb. Aufl., Sonderausg. 14 Bde., Freiburg 1986
Müller, Uwe, Georg Drescher und Michael Bucher
Panzer
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(Bearb.)
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Luther
Matthäus Merian d.Ä. – Ätzkünstler und Verleger.
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Schreyl
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Musper
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Schreyl, Karl Heinz
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Musper, Heinrich Theodor
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Hans Schäufelein. Das druckgraphische Werk.
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SMS
stellung 17. Februar bis 6. Mai 2012, Bayerische
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baum (Bearb.)
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WA
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Werke. Kritische Gesamtausgabe (Weimarer
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Ausgabe)
Abt. 4. Schriften. 61 Bde., Unveränderter
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Nachdruck. Weimar 2003-2007
Stadler, Franz J.
Michael Wolgemut und der Nürnberger Holz-
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schnitt im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts.
Luther, Martin
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Werke. Kritische Gesamtausgabe (Weimarer
Kunstgeschichte 161)
Ausgabe)
Abt. 2. Deutsche Bibel 1522-1546. 12 Bde.,
Thum
Unveränderter Nachdruck. Weimar 2001
Thum, Veronika
Die Zehn Gebote für die ungelehrten Leut’.
Beim Literaturnachweis WA und WA Bibel werden
Der Dekalog in der Graphik des späten Mittelalters
nicht die Nachdruckjahre, sondern die ursprünglichen
und der frühen Neuzeit. München, Berlin 2006.
Erscheinungsjahre angegeben.
(Kunstwissenschaftliche Studien 136)
Wendland
TRE
Wendland, Henning
Krause, Gerhard und Gerhard Müller (Hg.)
Bibelillustration. In: LgB2, I (1987), S. 354-362
Theologische Realenzyklopädie. Studienausgabe.
36 Bde., Berlin, New York 1993-2006
WLB
Bd. 1-17 = Teil 1, 1993
Strohm, Stefan (Bearb.)
Bd. 18-27=Teil 2, 2000
Die Bibelsammlung der Württembergischen
Bd. 28-36=Teil 3, 2006
Landesbibliothek Stuttgart. Abt. 2, Bd. 1. Die
deutschen Bibeldrucke 1466-1600. Stuttgart 1984
Verfasserlexikon
Wachinger, Burghart (Hg.)
Wort
Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserle-
„Das Wort sie sollen lassen stahn“. Bibeln aus
xikon. Zweite völlig neu bearbeitete Auflage. 14
Schweinfurter Bibliotheken. Ausstellung im
Bde., Berlin, New York 1978-2008
Gunnar-Wester-Haus und in der St. Johanniskirche,
31. Oktober 1996 - 1. Dezember 1996, und in
Vom ABC bis zur Apokalypse
der Bibliothek Otto Schäfer, 3. Dezember 1996 -
Wagner, Bettina (Hg.)
2. Februar 1997. Schweinfurt 1996. (Veröffent-
Vom ABC bis zur Apokalypse. Leben, Glauben und
lichungen des Stadtarchivs Schweinfurt 11)
Sterben in spätmittelalterlichen Blockbüchern. Aus-
158