he Might have Been Snatched by aliens

wErnEr KiEwEg
he Might have Been Snatched by aliens
eine grammatische struktur per dramagrammar inszenieren
Pete erscheint nicht zum Abendessen
– die Familie macht sich Sorgen. In einer kleinen Inszenierung der Situation
stellen die Lernenden Vermutungen
an, was mit ihm passiert sein könnte
und wenden die Struktur modal verb
+ past perfect dabei funktional an,
ohne die Regeln zu kognitivieren.
LErngruppE: sekundarstufe i
idEE: Vermutungen über vergangene
ereignisse ausdrücken
METhodE: inszenierung (dramagrammar)
MaTEriaL: worksheet
1 What might have happened to pete?
(s. 28)
material
2 a conversation at dinner (s. 29)
evaluation sheet
3 Was the performance convincing?
(s. 28)
26
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Sollte man Schülerinnen und Schülern
mit Lernschwierigkeiten überhaupt
eine kognitive Durchdringung von
grammatischen Strukturen als Lernhilfe anbieten? Diese Frage ist nicht
einfach zu beantworten: Das Spektrum möglicher Antworten reicht von
der Forderung nach einen völlig grammatikfreien Fremdsprachenunterricht
über die unterschiedlichen Ansätze einer von den Lernenden selbst eingeforderten Bedarfgrammatik (grammar
on demand) bis hin zu alternativen
Methoden, die andere Formen des
Erkennens von Regelhaftigkeiten ermöglichen. Allen Ansätzen ist jedoch
gemein, dass die traditionelle Grammatik mit ihrer terminologisch anspruchsvollen Metasprache nicht in
Frage kommt.
Ein geeignetes Verfahren hingegen wirkt lernepisodisch nachhaltig, kodiert Lerninhalte mehrfach, ermöglicht handlungs-, aufgaben- und
kommunikationsorientiertes Lernen,
schließt den Lerndispositionen der
Schülerinnen und Schüler entsprechende kognitive Hilfen ein (Reflexion
über Sprache) und ist für die Lernenden relevant and meaningful. Die
Inszenierung von grammatischen
Strukturen bietet sich hier als ein
überzeugendes Lernarrangement an.
Das Lernen wird immer dann nachhaltiger, wenn die Kinder häufig die
Gelegenheit bekommen, das zu Erlernende handlungsorientiert zu erleben
bzw. das Gelernte szenisch darzustellen. Mit Hilfe von dramagrammatischen Unterrichtsmethoden werden
grammatische Strukturen praktisch
erlebbar aufbereitet und die bewusste
Thematisierung der Grammatik (kognitive Analyse) an einem passenden
didaktischen Ort in den Lernprozess
integriert. Diese Methode eignet sich
selbst für recht anspruchsvolle Strukturen wie solche, die Vermutungen
über vergangene Ereignisse ausdrücken: He might have missed the bus.
Einen konkreten Lernanlass
wahrnehmen
Das folgende Beispiel geht von einem
Textinput aus. Die Lernenden haben
den Auftrag, das Gespräch einer Familie am Abendtisch sich still lesend zu
erschließen (➔ worksheet 1, S. 28). Dabei
geht es zunächst um das globale Erfassen der Situation (Wer spricht mit wem
über was, wann und wo, aus welchem
Anlass und mit welcher Absicht?).
Den Lernenden werden in dieser Phase auf zwei neue Strukturen aufmerksam: „He might have …“ bzw. „He
might have been …“, die in einer lernpsychologisch verantwortbaren Dichte
im Text erscheinen. Eine grammatikalische Vorabklärung deren Form und
Funktion findet nicht statt.
Text szenisch aufführen
In Gruppen bereiten die Lernenden
eine szenische Aufführung des Dialoges vor. Sie erarbeiten die Stimmungslagen der Personen (nervous,
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Foto: nild/photocase.com
a bit naive etc.) sowie eine passende
Sprechweise, Körperhaltung und Gesten. Hinzu kommt eine Ausstattung
der Szene mit Requisiten (table and six
chairs, a large wall clock, plates, paper
cups and cutlery).
Eine der Gruppen agiert freiwillig vor der Klasse. Dabei fällt auf,
dass die beiden neuen Strukturen sowohl formal als auch funktional einer gewissen Klärung bedürfen. Dies
ist insbesondere für solche Lernende
bedeutsam, die eine bis dato unbekannte Struktur nicht ohne Weiteres
präsensuativ (also ohne Klärung) richtig anwenden können.
alle sitzen am Esstisch, nur petes platz ist noch leer. per modal verb + past perfect
stellt die Familie Vermutungen an, wo er wohl steckt
grammatik klären
Die formale und funktionale Erläuterung der beiden Strukturen werden im
Unterrichtsgespräch erarbeitet (Tafelanschrieb mit Farbkreide, OHP-Folien
oder White Board, ➔ Kasten 1, rechts).
Das Tafelbild wird von den Lernenden
in ihr phrasebook übernommen. Auf
eine akribische grammatische Terminologie (modal verb, passive voice,
past participle) kann unbesorgt verzichtet werden. Das Gedächtnis speichert sogenannte Verstehenseinheiten
(chunks) wesentlich leichter als isolierte Wörter oder gar grammatische Regeln.
dialog fortführen,
grammatik anwenden
Nach dieser mehr kognitiv ausgerichteten Unterrichtsphase sollen die
lernenden eigenständige Vermutungen formulieren und in den Dialog
einbauen. Die grammatische Struktur
wird damit in den Lernprozess mühelos integriert und angewendet.
Weitere Aufführungen durch einzelne Gruppen sind durchaus möglich, wobei man allerdings die deutlichen Grenzen der Motivation und
Ausdauer beachten sollte. Damit auch
alle zuhörenden Mitschüler aktiviert
werden, kann man ➔ evaluation sheet 3
(S. 28) anbieten, das nach einer Darbietung ausgefüllt und für ein Evaluierungsgespräch genutzt wird.
1
Vermuten, was passiert sein könnte
Vermuten, was jemandem
passiert sein könnte
He might have missed the bus.
He might have been kidnapped.
Er könnte den Bus verpasst haben.
Er könnte entführt worden sein.
ausblick
Die Inszenierung von grammatischen
Strukturen gelingt bereits in der
Grundschule, wo man als Inszenierungsinstrument gewöhnlich eine liebenswerte Handpuppe zum Einsatz
bringt (Legutke / Vogt 2011). In der Sekundarstufe I lassen sich dramapädagogische Methoden mühelos mit
kognitiven Betrachtungen von sprachlichen Regelhaftigkeiten verbinden,
denn die Reflexion über Sprache ist ein
natürlicher Teil der Inszenierung. Für
Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten bietet diese Methode
(dramagrammar) zahlreiche Erleichterungen zum Verstehen und Anwenden an, z. B. kontextgebundene Verwendung der Redemittel (authentische
Sprechanlässe), ein „Sich-Einbringen“
in die Kleinform einer Performance,
die Möglichkeit zum ganzheitlichen
Lernen und nebenbei auch der Erwerb
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Vermuten, was jemand
getan haben könnte
eines basalen Wissens über Inszenierungen per se (Fachsprache und Wirkung von theatralen Mitteln, vgl. Schewe 1993). Allein schon deswegen ist das
sogenannte dramagrammar hochgradig empfehlenswert.
Literatur
Hallet, Wolfgang (2010): „Performative Kompetenz.“ In: Surkamp, Carola (Hrsg.): Lexikon
Fremdsprachendidaktik. Stuttgart: Metzler.
237 – 238.
Hallet, Wolfgang (2010): „Performative Kompetenz und Fremdsprachenunterricht“. In: Scenario 1, 2010. Online unter: http://publish.ucc.
ie/scenario/2010/01/hallet/02/de
Legutke, Michael / Vogt, Steffi (2011): „Die Handpuppe als Inszenierungsinstrument im Englischunterricht der Grundschule“. In: Küppers,
Almut / Schmidt, Torben / Walther, Maik (Hrsg.)
(2011): Inszenierungen im Fremdsprachenunterricht – Grundlagen, Formen, Perspektiven.
Braunschweig: Diesterweg. 80 – 92.
Schewe, Manfred (1993): Fremdsprachen inszenieren. Zur Fundierung einer dramapädagogischen Lehr- und Lernpraxis. Oldenburg: BIS.
dr. werner Kieweg
Akademischer Direktor an der Universität
München i. R. und Fortbildungsreferent
27
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worksheet
1
name
date
What might have happened to Pete?
1. Read the conversation and try to get an idea of the situation
(Who? Where? When? What happened?)
2. Get together in groups of six.
a. Match the character traits with the correct person.
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y
evalutation sheet
3
a bit cheek
strict
anxious
down-to-e
arth
aive
g
-goin
easy
tn
a bi
b. Each of you chooses a role.
Perform the conversation at the dinner table several times.
Make the situation clear
– by the way you use your voice: volume, fluency, rhythm, stress,
intonation, pauses, silence.
– by your posture (sitting upright or relaxed), your gestures
(e.g. drumming your fingers on the table) and facial expression.
name
date
Was the performance convincing?
Evaluate your classmates’ performance.
(0 points = must be improved, 1 point = good, 2 points = excellent).
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body language
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posture
0
1
2
gestures
0
1
2
facial expression
0
1
2
eye movements
0
1
2
fluency
0
1
2
prosody
0
1
2
correctness
0
1
2
language
Total number of points:
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material
2
name
date
A conversation at dinner
Mum, Dad, Tom, Lisa and Grandma are sitting at the dinner table.
One seat hasn’t been taken yet.
It’s already ten to eight. Pete is always back by seven at the latest.
I wonder what kind of excuse he’ll come up with this time.
Well, don’t worry. He might have missed the bus, you know.
The buses run every twenty minutes from the city centre.
He might have taken the wrong bus. I took the wrong bus once …
Never. He’s not a child any more, he’s sixteen.
He might have met some friends. That’s not unusual, is it?
Okay. But why hasn’t he called yet?
He might have lost his mobile. Shit happens.
Nonsense! He might have lost his money. So he’s walking back home.
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Zeichnungen: Hendrik Kranenberg
He might have been snatched by aliens.
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Be serious, Tom. That’s not funny.
Hold on. You’re right. He might have been kidnapped.
I’ll phone the police.
The door opens and Pete comes in, pulls up a chair and sits down.
Pete: Hi folks. Sorry I’m late. What’s for dinner? I’m starving.
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