Lothar Trolle JONA (nach Inge Müller) (c) henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 2015. Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Alle Rechte am Text, auch einzelner Abschnitte, vorbehalten, insbesondere die der Aufführung durch Berufs- und Laienbühnen, des öffentlichen Vortrags, der Buchpublikation und Übersetzung, der Übertragung, Verfilmung oder Aufzeichnung durch Rundfunk, Fernsehen oder andere audiovisuelle Medien. Werknutzungsrechte können vertraglich erworben werden von: henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH Alte Jakobstraße 85/86 10179 Berlin [email protected] Tel.: 030 - 4431 8888 Da ist der Vater, der sagt (als er nach Stunden (in denen er sehnsüchtigst erwartet wurde) nach Hause kommt) WOHNUNGEN SIND KNAPP. Der Onkel scheint es aber besser zu wissen, jedenfalls kuckt er (als er sagt: WOHNUNGEN SIND NICHT NUR KNAPP, ES GIBT ÜBERHAUPT KEINE, DIE REGIERUNG HAT EINFACH ANDRE SORGEN ... (usw.)) den Vater an mit einem Blick „Ich stehe hier für die Regierung und was habt ihr für Ahnung, was es so gibt zwischen Himmel und Erden ...“, aber daraufhin der Vater (?) (und dabei durchaus den Blick des Onkels erwidernd (Motto: ABER BEINAHE HÄTTE ICH …) „Einen Tag früher und ich hätte sie gehabt, zwei Zimmer, Küche, Bad. Am Fünfzehnten wäre sie bezugsfertig ...!“ (usw.), und das ist der Augenblick an dem sich (sie blättert gerade in ihrem Wandkalender) die Großmutter zu Wort meldet: „Am fünfzehnten, das wäre ja schon Montag!“, aber da wird der Onkel (“Du mit deinem Kalender, der ist doch vom vorigen Jahr, der stimmt doch gar nicht mehr! ... (usw.)) nun doch ( ) ( ), doch die Großmutter („Aber am Feiertag hat er gestimmt. (usw.)) ( ) ( ) und da klopft es von draußen an die Wohnungstür, und es ist die Großmutter, die aufsteht, die Tür öffnet und der Mutter, die in der Tür steht, die Kohlenschaufel (mit der sie gegen die Tür geklopft hat) abnimmt. DIE GROSSMUTTER (zur Mutter (die jetzt ...): “Am Montag zieht ihr um! “(DIE MUTTER: „Was?“) (doch da wird der Vater nun etwas ärgerlich). „Erschreck sie doch nicht wegen nichts, sie in ihrem Zustand. Heute ist der 10. Januar. Und was nicht sicher ist, ist nicht sicher ... ! (usw.) und da schlägt der Onkel sein Lehrbuch über Motorkunde (in dem er die ganze Zeit gelesen hat) nun doch zu): ZUSTAND? HEISST DAS ETWA, IHR SETZT UNS JETZT NOCH EINEN SIEBTEN MIETER REIN. ISTS HIER NICHT SCHON ENG GENUG! HEISST DAS ETWA ...! DAS DRAHTGESTELL MIT DER WASCHSCHÜSSEL. DER AUSGUSS UND DARÜBER DER SPIEGEL. EIN HERD. (1 ½ ZIMMER (MIT KÜCHE) und am Tisch in der Küche (den die Großmutter um ihr Bügelbrett verlängert hat) sitzt die Familie und ... ( ), doch da beugt sich die Mutter (Elsa Pallas) (sie hält einen Stapel Steingutteller an ihren Leib gepresst, sie ist gerade dabei den Tisch zu decken) über den Tisch und – erstarrt (in dieser Bewegung, und da rutschen auch schon vom Stapel Teller, schlagen gegen die Tischkante und nun zerschellen noch weitere Teller am Boden, doch die junge Frau steht noch immer leicht nach vorn über den Tisch gebeugt und kuckt nach ... ( hat sie etwa soeben etwas gehört und will nun herauskriegen, was sie da eben gehört hat) und das ist der Moment, an dem der Großvater (hinten in der Küchenecke, wo er sitzt und versucht seine Stiefel auszubessern) sein leises Pfeifen (mit dem er jede seiner Tätigkeiten begleitet), unterbricht, nun nicht mehr an seinen Stiefeln herumflickt. sondern nun über seine Brillengläser auf die Scherben da unten auf den Fliesen (vor dem Tisch) schielt und dann – weiterarbeitet (jetzt sogar mit einem etwas lauteren Pfeifen) aber die Großmutter, die Großmutter, ist inzwischen mit zwei (so weit ist die Entfernung vom Herd zum Küchentisch) schnellen Schritten 3 zur Stelle, schiebt der Tochter (die noch immer am Tisch seht und ..., einen der Küchenstühle so in die Kniekehlen, so dass die nicht anders kann als ( ) ( ) und als dann (... kurz vor ... Uhr) (von der Aufregung (er brauchte, um ein Taxi, das ihn zu einer Hebamme fährt, zu finden(er fand es dann Ecke ...) fast eine Stunde (die Großmutter später: „Die Miete ist noch offen, aber du gibst Geld für ein Taxi aus!“) (denn bei der Hebamme musste er natürlich einen Teil des Geldes im Voraus bezahlen)) (und den vier Treppen) atemlos) der Vater in die Wohnung stürzt, ist sie schon dabei) ( ) ( ) (DIE GROSSMUTTER: „Du warst so laut, dass man Angst haben musste, von den Wänden platzt der Kalk.“) ( ) ( ).DIE GROSSMUTTER (als dann der Vater (nachdem er ...) schließlich an das Bett zu seiner Frau tritt und fragt: (Ist es schon da?“) (und sie sie so anhebt, dass er (der Vater) sie sehen kann (und fragt: („Ein Mädchen?“)): SCHÖNER SIND SIE ZUERST ALLE NICHT! (usw.) DIE (DICKE) HEBAMME (ABER DER PREIS BLEIBT. FÜNF MARK, WENN ICH GLEICH MITKOMME.) (grunzt, stellt sie auf halbem Weg zum Bett ihre Hebammentasche am Boden ab und wälzt sich weiter auf Vater zu (der inzwischen auf einen Stuhl gesunken war und ... und ... und ... ÜBER IHR DIESER HIMMEL, / IST DER NICHT VIEL ZU HOCH / DA DRÜBEN AUF DEN DÄCHERN DIE KATZEN (WIE DIE AUF DEN DACHFIRSTEN HERUMSPAZIEREN) DENEN REDET KEINER EIN, ES GIBT NICHTS, WAS NICHT AUCH NACHTS AM HIMMEL LEUCHTET UND DIE LASSEN SICH NICHT ENTGEHEN, WAS DA NACHTS SO ALLES GETRÄUMT WIRD und SIE (VIELLEICHT IST SIE DOCH EIN VOGEL, VIELLEICHT IST SIE DOCH EIN VOGEL) (der auf einem Zweig wippt, gerade seine Flügel ausbreitet,) also ... hoch den Kopf zum Abflug ... ein Flügelschlag und dann. eins. zwei. drei ... und ( ) JA, DA DRÜBEN (IM PARK) DIE BÄUME, DIE HABEN ETWAS, WAS SIE AUFRECHT HÄLT WAS SIE NICHT IMMER WIEDER HINFALLEN LÄSST (man erwartet von ihr, dass sie endlich läuft) ( ) ( ) OBEN IN DER PAPPEL (DER EICHE (?)) EIN LUFTBALLON. (WIE LANGE DER SCHON DORT HÄNGT UND WIE LANGE WIRD ER WOHL DORT NOCH HÄNGEN AN SEINER DRAHTSCHNUR) doch da ein Windstoß und der Ballon ... ( ) ( ) GIFF ... GIFF ... GIFF ... (die nackten Fußsohlen in der Wärme des Sandes (mit ihren Zehen mit der Wärme spielend) steht sie (die Wärme die in ihr aufsteigt, ihre Zunge in Bewegung setzt) ganz in sich versunken (alles um sich herum vergessend, auf nichts mehr achtend usw.) und - singt (es singt in ihr, (ihr Kehlkopf ruckt, zuckt, spielt (beim Atemholen) mit dem Atem) GIFF-GIFF-GIFF-GIFF-GIFF-GIFF (oben (im Geäst) der Fink (ruckt, zuckt, bewegt den Kopf, äugt (das ist seine Antwort) widmet sich (da sein Herumäugen nichts gebracht hat (?)) dem Fressbaren in der Baumrinde zu, macht eine kurze Bewegung und ... (erschöpft von den Tönen (und den Tränen) (und aufgetan wie ein Kienapfel) liegt im Sand (DA LIEG ICH NUN, ABER VERSUCHT NUR, MICH ANZUFASSEN, VERSUCHT NUR MICH AUFZUHEBEN ... DA 4 STECH ICH ZU MIT MEINEM STACHELN, ... BEISSE ZU MIT MEINEN SCHLECHTEN ZÄHNEN, ... ICH BIN EIN WOIF, ICH BIN EIN WOLF, NA LOS, WER TRAUT SICH JETZT, SICH ANZULEGEN MIT EINEM WOLF ( ) ( ) WIE ALT BIST DU? „Sieben, aber das wissen Sie doch!“ ... (WARUM FRAGEN DIE LEUTE MICH IMMER NACH ETWAS, WAS SIE EIGENTLICH WISSEN? - VIELLEICHT WEIL SIE ES SO GENAU NICHT WISSEN, WEISST DU IMMER ALLES GENAU? - NEIN, ABER ICH FRAGE AUCH NICHT ( ) ( ) MUTTERS AUGEN MUTTERS AUGEN (sind ganz weiß, also wird sie sie gleich ( ), doch gerade in dem Augenblick geht jemand an ihnen vorbei, also packt Mutter sie am Handgelenk und zerrt sie fort und sie (HANDGELENK BRICH AB, HANDGELENK BRICH AB, DANN ZEIGT MUTTER DEN LEUTEN MEINE HAND: „HIER, SO BÖSE IST MEIN KIND, SÖ BÖSE IST MEIN KIND ( ) ( ) ICH BIN KEIN BÖSES KIND ICH BIN KEIN BÖSES KIND AUCH WENN SIE DAS IMMER WIEDER BEHAUPTEN (sie lässt es nun geschehen, dass ihr der Hund (den der Kohlenhändler (vom Kohlenplatz mit dem Loch im Zaun, durch das man unbemerkt ...) auf der Straße aufgelesen (und dem die Katze ein Auge ausgekratzt hat) (DER DACHTE WIRKLICH, WENIGSTENS DIE KATZE IST MEIN FREUND, NUN KANN ER MIT EINEM AUGE AUFPASSEN, DASS KEINER VON MEINEN KOHLEN KLAUT) nun doch den Knochen (mitsamt dem Papier, in das er eingewickelt war) ihr aus der Hand reißt und – erst einmal verschwindet (HUND, ICH BIN SO WENIG BÖSE WIE DU BÖSE BIST) (und da kommt er auch schon zurück zu ihr, die da auf dem Holzstapel sitzt, nähert sich ihr mit eingezogenem Schwanz, beschnuppert ihre Hand (HUND, HUND, ICH BIN NICHT BÖSE HUND, NUN KOMM NOCH NÄHER, SPRING SCHON MIR AUF DEN SCHOSS, LECK MIR VOM GESICHT DIE TRÄNEN ...) ( ) VON OBEN (VON IHREM BALKON AUS) kuckt sie zu, wie unten die Mutter aus der Haustür tritt, nun die Schritte geht, um (an dem vorbei, was da vor dem Haus angepflanzt wurde) den Gehweg zu erreichen, und jetzt hat sie den Gehweg erreicht und nimmt die Richtungsänderung vor, um hin nach ... zu gehen und da - ist sie auch schon unten auf der Straße, drückt sich auch schon (DASS DIE MICH JA NICHT SIEHT) hinter einen der Bäume, die da am Gehweg stehen, kuckt nun (ICH BIN EIN EICHHÖRNCHEN, VERSTECK MICH HINTER EINEM BAUM, DOCH SEHE ALLES) zu, wie da vorn die Mutter ihren Weg fortsetzt, nun (um nach ... zu gehen) rechts abbiegt, und da geht’s los, und jetzt (denkt sie) biegst du rechts ab, Mutter und überquerst die Straße ... und tatsächlich biegt die Mutter rechts ab und überquert die Straße, erreicht den Gehweg der anderen Straßenseite, und da denkt sie, und jetzt Mutter geht’s links weiter, geht s Richtung ..., und tatsächlich die Mutter geht, nachdem sie die Straße überquert hat, nun links weiter, geht hin nach ..., und dann denkt sie, und jetzt Mutter, erreichst du da vorn die Straßenecke ..., ja, jetzt ist es sie, die bestimmt, was hier gemacht wird, jetzt ist es sie, die hier 5 bestimmt ... und da denkt sie ... und jetzt Mutter gehst du nach ... und jetzt Mutter, ist es soweit, dass du ( ) ( ) WAS MAN WILL IST IM HIMMEL DOCH WIE KOMME ICH IN DEN HIMMEL ETWA AUF DIESEM SONNENSTRAHL, DER DA DURCH DIE GARDINEN FÄLLT (und da ist sie auch schon losgelaufen) SCHNELLER, LOS, SCHNELLER, SONST VERBRENNST DU DIR NOCH DIE FUSSOHLEN ODER BLEIBST (WIE EINE FLIEGE AM FLIEGENPAPIER) KLEBEN (UND DANN SCHNAPPT SICH DER VOGEL GREIF DER DA OBEN AUF DEM SCHORNSTEIN DES KRAFTWERKS RUMMELSBURG SCHON MIT SEINEN FLÜGELN FLATTERT, DICH ... GLEICH GLEICH FLATTERT AUF UND ...), aber sie will nicht, sie will nicht von einem Vogel gefressen werden (UND WEHE DU KUCKST DICH BEIM LAUFEN UM WER SICH BEIM LAUFEN UMKUCKT WIRD EIN STEIN), und sie will kein Stein werden, sie will in den Himmel (UND WER DA OBEN AUS DEM FENSTER KUCKT WER IST DAS, ETWA SIE SELBER DIE SICH BEIM LAUFEN ZUKUCKT) und soll sie jetzt etwa stehenbleiben vor diesem großen Sonnentor, bei dem sie eben angekommen ist, vor diesen schwarzen Scheiben, doch da - öffnet sich vor ihr auch schon diese Tür (UND DA WEICHT ES VOR IHR ZURÜCK LANGSAM WIE HEILIGABEND DIE STUBENTÜR UND SIE HÖRT DEN HOHEN DÜNNEN TON DEN SIE AUCH HEILIGABEND HÖRT GEHÖRT HAT UND DER UM EINEN KURZEN BLICK AUF DEN CHRISTBAUM ZU WERFEN KLETTERT AN DER TAPETE NACH OBEN BIS ZUR DECKE UND SCHLÜPFT NUN GEBLENDET VON DEN VIELEN VIELEN KERZEN IN IHR OHR KLINGT UND ZITTERT VOR ANGST BIS AUCH SIE VOR ANGST ZITTERT ZITTERT UND ZITTERT UND KEINEN SCHRITT WEITERGEHEN KANN NICHT EINEN SCHRITT ABER STEHT SIE NICHT VOR DEM HIMMELSTOR EIN SCHRITT EIN EINZIGER SCHRITT UND SIE IST (WAHRSCHEINLICH MUSS SIE JETZT BETEN (NUR WER BETEN KANN KOMMT IN DEN HIMMEL ALSO ... DOCH SO SEHR SIE SICH AUCH ANSTRENGT IHR FÄLLT NICHT EIN WAS SIE DA BETEN KÖNNTE IN IHREM KOPF IST KEIN EINZIGES GEBET IN IHREM KOPF SINGT ZITTERT NUR DIESER TON UND DA STOTTERT SIE LOS:„LIEBER HIMMEL LIEBER HIMMEL ICH MÖCHTE KARRENPAULE SEHEN! AMEN!“ - „DANN TRITT EIN!“ DA HAT EBEN WER GESAGT ZU SEHEN IST KEINER ALSO - DA GEHT SIE (STEHE AUF UND WANDLE) SCHRITTCHEN FÜR SCHRITTCHEN WEITER ABER WOHIN EBEN HATTE SIE IHN DOCH NOCH GEHÖRT - IST DER TON VERSCHWUNDEN VOR IHR IST JETZT WIEDER DIE STRASSE UND HINTEN AM ENDE DER STRASSE STEHT KARRENPAULE UND RUFT:„GURKEN!“, RUFT IHR (DIE ER VOM WEITEM GEGRÜSST HATTE) VON DER ECKE ... ZU:„HABE ICH DIR NICHT GESAGT, IM HIMMEL DARF UNSEREINER EINMAL MACHEN WAS ER WILL!“ SAGT ER UND KIPPT SEINE KARRE MIT DEN 6 GURKEN UND DEN ... UND DEN ... UM UND WILL MIT IHR IN DIE WELT SIE ABER WILL VON IHM WISSEN:„KARRENPAUL, BIST DU TOT! KARRENPAUL, WARUM BIST DU TOT!“ DOCH DA WIRD KARRENPAUL BÖSE („DAS HAT DIR DER TEUFEL GESAGT!“) STAMPFT MIT SEINEM HOLZBEIN AUF DASS DIE GANZE STRASSE ERZITTERT UND VERSCHWINDET (BEVOR SIE MIT IHREM RUFEN „KARRENPAUL, DAS GLAUBE ICH NICHT! KARRENPAUL, DAS GLAUBE ICH NICHT! KARRENPAUL, BLEIB HIER“ ZU ENDE IST) VOR IHREN AUGEN IN DER ERDE (IM ASPHALT DER STRASSE ( ) ( ) MIT SEINER FLIEGENKLATSCHE „EIGENBAU“ (sie ist aus Leder und obwohl der Schmutz und Fliegendreck von Jahren an ihr klebt, hat die Mutter sich bis heute nicht getraut, sie zu säubern) ist GROSSVATER (im Wohnzimmer) unterwegs, ist hinter Fliegen her (d. h. er klettert auf einen Stuhl und schlägt (saß da ... nicht eine Fliege), d. h. er klettert vom Stuhl auf den Tisch und ... (zerschlägt einen von den vier Schirmen der Lampe) ( ) ( ), d. h. Großvater kriecht auf dem Teppich herum und ( ) ( ), d. h. Großvater klettert auf das Fensterbrett und - fällt (gerade in dem Augenblick, als die Mutter (mit Besuch!) ins Zimmer tritt (die Gardinenstange samt Store mit sich reißend) zu Boden, strampelt sich (da er bei dem Sturz offensichtlich unverletzt geblieben war) die Gardine von den Füßen, rappelt sich auf, klemmt sich das Monokel ins rechte Auge und tritt mit dem Monokel im Auge vor die Mutter (und sagt: TOCHTER, DU SOLLTEST DEINE GARDINEN ÖFTER WASCHEN ( ) ( ) GROSS WIE DER BÜCHERSCHRANK fährt GROSSVATER (wie er es immer tut, steht Besuch ins Haus) mit dem Zeigefinger über das oberste Brett des Bücherschranks und hält (nach Abschluss dieser Aktion) den Zeigefinger (an dem jetzt Staub zu sehen ist) der Mutter vor die Nase (TOCHTER, HEISST ES NICHT, ICH HALTE UNSER HAUS SAUBER! STAUB IST DAS ENDE ALLER DINGE! (AUS STAUB BIST DU UND ZU STAUB SOLLST DU WIEDER WERDEN ...) (und „MIR ENTGEHT NICHTS. KEIN STAUBKÖRNCHEN. KEIN FLECK! KEIN PFÜTZCHEN! KEIN DRECKCHEN! SAUBERKEIT IST ERSTE BÜRGERPFLICHT! DAS HABE ICH MEINEN SOLDATEN BEIGEBRACHT UND DAS GILT AUCH FÜR MEINE KINDER (und wischt sich den Finger an seiner Hose sauber, dieser grauen Flanellhose mit ihrer schwertartigen Bügelfalte und den Borten an der Seite, so dass sie aussieht, wie die Hose eines Generals ...) und die Mutter (holt ein Staubtuch (zuvor muss sie noch (sie ist so klein, dass sie nie und nimmer mit den Händen da nach oben reicht) vor dem Bücherschrank eine Trittleiter aufbauen (wischt (obwohl der, wie alles in der Wohnung vor Sauberkeit glänzt) UND WAR AN GROSSVATERS FINGER ÜBERHAUPT STAUB ZU SEHEN) den Schrank ab (und Großvater (groß wie der Bücherschrank) lässt sie dabei keineswegs aus den Augen und sie (MUTTER WARUM MACHST DU DAS GROSSVATER ICH KÖNNTE DICH ...) ballt die Fäuste, so dass ihre Knöchel immer weißer werden) DER GROSSVATER (hat 7 durchaus gesehen, was sie da mit ihren Händen ...) WAS HÄLST DU DA IN DEN H ÄNDEN! (lässt ihre Hände nun nicht mehr aus den Augen) HÄNDE HER! (brüllt er, doch sie macht keinerlei Anstalten) HÄNDE HER! (brüllt Großvater noch einmal, sie rührt sich aber noch immer nicht) UNGEHORSAM! BEFEHLSVERWEIGERUNG! DARAUF STEHT TODESSTRAFE! LOS, AN DEN OFEN! DU WIRST JETZT ERSCHOSSEN! (packt sie an den Schultern und schiebt sie vor den Kachelofen) tritt dann zurück an den Tisch, nimmt sich dort vom Tisch, was da vom Abend liegengeblieben war (ein Lineal (?)) und zielt mit dem Lineal auf sie (FEUER FREI! SCHUSS! (und sie lässt sich, („bevor sein Schuss gefallen war“) wie ein Stück vor dem Ofen fallen) DER GROSSVATER: (lacht, hebt sie auf (TAPFER! SCHADE, DASS DU KEIN JUNGE BIST! (tätschelt anerkennend ihren Rücken) nun DIE MUTTER die nun ebenfalls ihre Fäuste in Augenschein genommen hat (WAS HÄLST DU DA IN DEN HÄNDEN)) SIE: NICHTS! (PASS AUF, GLEICH WIRD SIE MICH SCHLAGEN) (und da holt die Mutter auch schon aus, aber der Großvater: ( ) ( ) (LASS SIE. ZWING SIE NICHT. SIE IST VON MEINEM SCHROT UND KORN. DAVON HAST DU KEINE AHNUNG (kratzt sich (ausgiebig!) am Kopf, (den Bart), lässt sich aufs Sofa fallen und sie ... ( ) ( ) ... DEN GANZEN NACHMITTAG hatte es geregnet, doch nun scheint die Sonne und sie ist nun unterwegs in STADTRANDNÄHE (auf einem Weg neben dem rechts Felder sind und der noch dunkel ist von der Nässe) (und sie riecht WILDEN WERMUT, THYMIAN, SAUERAMPFER PECHNELKE, ZITTERGRÄSER, SCHNECKEN usw. und will das können, was ihr Großvater kann, mit der Nase riechen, was die Augen nicht sehen ( Großvater hatte, als man zusammen in der Kneipe saß, Zigeunerfranze auf den Kopf gesagt, ich rieche, in deiner Jackentasche befindet sich Hartgeld, und dann hatten beide getrunken, bis der Großvater gerochen hatte, nun befindet sich kein Geld mehr in den Taschen von Zigeunerfranze. Und dabei ist Großvaters Nase nicht einmal besonders groß, Großvaters Nase ist eher klein, auffallend schmal, aber seine Nasenflügel sind ständig in Bewegung), aber er mit seiner Nase weiß Bescheid, er riecht es, geht da jemand an ihnen vorbei: „Na, hast du es gerochen? - „Das war Schmieröl! Und das Leder! Und das Zement!“ (der war ein Schlosser, der Schuster und der Maurer usw.)) und so geht sie an den Feldern entlang, bewegt ihre Nasenflügel und übt ... und ... JOHANNISKRAUT ... LABKRAUT ... GEISSFUSS … STERNMIERE ... WIESENLATTICH ... NATTERNGEZÜCHT ... KAMILLE ... ( ) ( ) IM GEMÜSELADEN DAS GETRATSCHE DER FRAUEN, ... das Scheppern der Ladenkasse (langweilig, schon besser draußen auf der Straße das Gerassel des Pferdewagens (und das Geklapper der Pferdehufe aufs (Kopfstein)pflaster (tak ... tak ... tak ... als würden Taler aufs Pflaster fallen), müde stakt das Pferd dahin und (als zählte es so seine Schritte) nickt stumm mit dem Kopf (WIEVIEL SCHRITTE WIRD ES INZWISCHEN WOHL GEGANGEN SEIN. SECHZIG ... SIEBZIG ... BEI HUNDERT FÄLLT ES BESTIMMT TOT 8 UM) also da zählt sie mit einundsiebzig ... zweiundsiebzig ... dreiundsiebzig ... ( ) ( ) DRAUSSEN EIN WETTER (STRÖMENDER REGEN, WINDBÖEN, DIE DEN LEUTEN DIE HÜTE VON DEN KÖPFEN REISSEN, IHNEN DIE REGENSCHIRME EINKNICKEN usw.) WIE VON IHR ERFUNDEN (sie hat Stubenarrest (ja in diesen Ferien hat sich alles gegen sie verschworen, doch wie zu sehen ist DER HIMMEL IST AUF IHRER SEITE DIE SINTFLUT KOMMT DIE SINTFLUT KOMMT (sie spuckt gegen die Scheibe) ( ) ( ) UNTEN AUF DER STRASSE (fünf Häuser weiter) darf sie (eben hatte sie dem Pferd des Milchmanns den Futtersack umgehängt) (und musste nicht einmal betteln) MIT DER KLINGEL DES MILCHMANNS KLNGELN (KLINGELKLINGELKLINGELKLINGEL) „MILCHMANN! MILCHMANN! (der ist jetzt dabei weiterzufahren) MILCHMANN, WIE HEISST DU! - „HASE!“ - „AUF WIEDERSEHEN, HASE! HASE, ICH VERSPRECHE DIR, WIR SEHEN UNS BALD WIEDER!“. ... AUF DEM STADTPLAN (den sie neulich ...) war die Straße gerade und platt, doch jetzt, (da sie unterwegs ist Brot (?) zu holen) balanciert sie über ... ( sind das unter ihr (das Kopfsteinpflaster) Berge, Täler, und dann dieser Teer, der so klebrig ist, bei dem man Angst haben muss, bald steckt man in ihm fest, kriegt die Schuhe nicht mehr heraus ... und da fällt der Straße auch noch ein, über sie herzufallen, sie biegt um die Ecke und vor ihr ist plötzlich Urwald, und da rechts in der Lücke zwischen Nummer … und der Nummer über dem Hoftor von Nummer .., was da so glänzt, sich in der Ferne auftürmt zu einem Gebirge, ist das etwa schon das Meer, und um sie herum wird gerannt, gelaufen ... nach einem Platz in der nächsten Straßenbahn oder ( ) ( )AUF DEM HOF (ZWISCHEN DEN MÜLLTONNEN) EINE WEISSE BLUME (jeden Morgen bringt sie Wasser, doch die Blume will nicht, will nicht größer werden, will kein Blatt mehr bekommen, und wenn sie blüht, dann nur Stunden, bestenfalls einen Tag (und bald nach ihrem Blühen verliert sie dann auch schon alle Blätter und steht da als ein vertrockneter Stengel), sie will das nicht sehen, sie will das nicht sehen, doch geht sie an ihr vorbei, kuckt sie trotzdem hin, also reißt sie sie mitsamt ihrer Wurzel aus, aber dann ... im Mai, im Mai, als auf dem Beet des Hausbesitzers blau, blau die Blumen blühten, blühte inmitten des Blaus des Hausbesitzers ( ) ( ) RUDI MIT DEM GELBEN GESICHT („Mutter, wer sind die gelben Leute, die man nie auf der Straße trifft) IST IN DIE SANDGRUBE GERUTSCHT (die Sandgrube ist tief und unten ist sie schön kühl und sie spielen nun schon wieviel Wochen am liebsten in der Sandgrube) (UND GANZ HELL IST UNTEN AN IHREM BODEN DER SAND) (DA MUSS WASSER DRUNTER SEIN, ALSO GRABEN SIE (MIT BLOSSEN HÄNDEN) (DAS IST IN DIESEM SOMMER IHR LIEBSTES SPIEL), doch jetzt steht Rudi tief bis zum Hals in der Sandgrube und wenn er sich anstrengt nach oben zu kommen, rutscht er mitsamt dem Sand immer wieder ab, und sie, die oben am Rand der Grube stehen machen alles, dass nun noch mehr Sand in die Grube rutscht, doch Rudi wehrt sich, 9
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