Präsentiert 60 Adelboden-Jubiläum Das Fred-Rubi-Memorial wird Das allein wäre eine Ehrenmeldung wert: Adelboden ist neben Wengen und Kitzbühel der einzige Ort, der jedes Jahr im Weltcup-Kalender steht. Und die «Skitage» von Adelboden, wie sie offiziell heissen, sind wie die Lauberhorn- oder Hahnenkammrennen um einiges älter als der Weltcup, der erst 1967 aus der Taufe gehoben wurde. Schade ist, dass die Zusatz-Affiche «Fred-Rubi-Memorial» in Vergessenheit geraten ist. 66 Snowactive januar 2016 Es ist eine Reverenz an jenen Mann, ohne den es die Skirennen in Adelboden nicht geben würde: Fred Rubi. Und es fing an, wie grosse Geschichten oft beginnen, mit einem speziel len Ereignis – einem kapitalen Sturz. Es war an den Weltmeisterschaften 1954 in Åre. Karl Erb, der Doyen der Skijournalisten, erinnert sich: «Fred wollte, nachdem er an den Olympischen Spielen 1952 als Vierter eine Medaille knapp verpasst hatte, das in Åre unbedingt nachholen und riskierte schon im Training viel. Statt wie heutzutage mit Netzen war die Piste in einer Waldpartie mit einer Schneemauer abgesi chert. Doch diese wurde pickelhart. Und aus gerechnet dort stürzte Fred Rubi und prallte kopfvoran in die Wand.» Die Konsequenz: Er hebliche Rückenverletzungen, das Ende der Karriere. Was sportlich für ihn eine Tragödie bedeutete, bildete beruflich so etwas wie eine Initial zündung. Denn fast zur gleichen Zeit war er, studierter Nationalökonom und später wäh rend 20 Jahren SP-Nationalrat, zum Kurdirek tor in Adelboden berufen worden. Noch am Krankenbett in Åre fachsimpelte er mit Erb über die Idee eines Skirennens in Adelboden. Es war noch die Pionierzeit im alpinen Ski sport. PREMIERE 1955 Ein Jahr später fand bereits das erste Rennen statt, ein Slalom, in dem der Zermatter Martin Julen, der Vater von Olympiasieger Max und Intersport-CEO Franz Julen, vor Adrien Duvil lard (Fr) und Georges Schneider (Sz) gewann. Der Schnellste, der Franzose François Bonlieu, verpasste den Sieg wegen eines Torfehlers, der damals nicht zur Disqualifikation führte, son dern mit einer Zeitstrafe von fünf Sekunden belegt wurde. ERSTER RIESENSLALOM Drei Jahre später, 1958, fand der erste Riesen slalom statt, dessen Läufe damals noch auf zwei Tage verteilt waren. Als Sieger ging der spätere Olympiasieger Roger Staub hervor, ob wohl ihn ein Hund auf der Piste beinahe zu Fall brachte. Mit Rupert Suter, der Grossvater der heutigen Weltcup-Fahrerin Jasmina Suter, schaffte es ein weiterer Schweizer aufs Podest, als Dritter zeitgleich mit dem Franzosen Charles Bozon. In den Adelbodner Chroniken ist Rupert Suter aber «verloren» gegangen. Er erscheint nirgends. Fotos: zVg. SKANDAL und DDR-TRIUMPH 1960 kam es mitten im Kalten Krieg zu einem Polit-Skandal, weil Adelboden getreu der da maligen Gepflogenheiten die gesamtdeutsche Olympiaflagge hisste. Die Ostdeutschen reis ten unter Protest ab. Ein Jahr später kehrten sie zurück, klassierten sich gleich zu dritt in den Top Ten und stellten mit Eberhard Riedel sogar den Sieger. Es ist der einzige DDR-Sieg in der alpinen Skigeschichte. WELTCUP-START 1967 Die ausgezeichnete Organisation der bisheri gen Rennen verhalf Adelboden auf Anhieb zum Weltcup-Status. Jean-Claude Killy lancierte dort seine einmalige Siegesserie, die ihn zu zwei Weltcup-Gesamtsiegen und dem Olym pia-Triple in Grenoble führte. 1968 fand aus Witterungsgründen ein Riesenslalom mit zwei Läufen an einem Tag statt, ein damals revolu tionäres Ereignis. Es siegte wieder Killy – vor den beiden Schweizern Edi Bruggmann und Stefan Kälin. MATTLE MIT NUMMER 39 Schon damals besass Adelboden den Ruf, dass sich dort nur absolute Spitzenkönner durch setzen. Nobody Werner Mattle durchbrach 1972 diese Regel, indem er auf der Tschen Rubi konnte gut damit leben, weil dafür die Kurzaufzeichnung am Abend in der Tages schau eine viel höhere Einschaltquote erreich te. KONKURRENZRENNEN In jener Zeit wuchs im Schweizerischen Skiver band Opposition gegen den fixen Platz von Adelboden im Weltcup-Kalender. Andere Re gionen wollten ebenfalls Rennen. So wurden auch Ebnat-Kappel, Laax und Les Diablerets berücksichtigt. Adelboden kam die Gunst der Stunde entgegen: Als ein Riesenslalom von Eb nat-Kappel aus Witterungsgründen nach Davos verlegt und schliesslich auch dort abgesagt wer den musste, landete er wieder in Adelboden, als zweites Rennen binnen Wochenfrist. Beide Male siegte Pirmin Zurbriggen. PROBLEM TSCHENTENALP UND KUNSTSCHNEE Der Weltcup in Adelboden war auch vor 30 Jahren ein grosser Renner. tenalp mit der Startnummer 39 die gesamte Konkurrenz überraschte. Zwei Wochen später bestätigte er sich an den Olympischen Spielen in Sapporo mit dem Gewinn der Bronzemedail le. Sonst hat – ausser Richard Cyprien – in Adelboden nie einer gewonnen, der nicht auch anderswo siegte. Der Franzose ist auch der einzige Co-Sieger. Er gewann 2011 ex-aequo mit Aksel Lund Svindal. Marc Berthod übertraf 2007 Mattle, indem er sensationell mit der Nummer 60 siegte, aber in einem Slalom. fünf mal STENMARK UND HIRSCHER Ingemark Stenmark und Marcel Hirscher sind die erfolgreichsten Adelboden-Teilnehmer. Beide gewannen je fünf Mal, Stenmark nach dem er zuvor dreimal hintereinander Zweiter geworden war. Auf vier Siege brachte es Gustav Thöni, auf je drei Benjamin Raich und Pirmin Zurbriggen. Stenmark feierte alle Erfolge im Riesenslalom, Hirscher zwei im Riesenslalom, drei im Slalom. Slaloms werden in Adelboden im Rahmen des Weltcups erst ab 2000 ausge tragen, seit dem Event ein Weekend-Termin zugestanden wurde. TV-PREMIERE Erst 1982 wurde der Adelbodner Riesenslalom erstmals vom Fernsehen live ausgestrahlt. Da er jeweils am Montag nach den Lauberhorn rennen stattfand, war aus technischen Grün den eine Übertragung nicht möglich. OK-Chef Der Status von Adelboden wackelte aber im mer noch, zumal man in der Schweiz dem Kunstschnee skeptisch gegenüberstand. Die Tschentenalp diente als ideale Ausweichpiste für das Chuenisbärgli. Die FIS akzeptierte die schwer zugängliche Tschentenalp, auf welcher der Zielraum nur auf Ski erreichbar war, nur noch auf Zusehen hin und verfügte 1994 ein definitives Verbot. In drei von fünf Jahren fand der Adelbodner Riesenslalom deshalb «aus wärts» in Veysonnaz und Crans-Montana statt. WACHTABLÖSUNG Fred Rubi kämpfte vergeblich um die Tschen tenalp. Sie war in der Tat von der Weltcup-Ent wicklung überholt worden. So blieb es Rubi vergönnt, das letzte Rennen vor seinem Rück tritt als OK-Präsident in seinem Adelboden er leben zu dürfen. Es fand im Wallis statt. Drei Jahre später starb Fred Rubi im Alter von 71 Jahren. Ein vierköpfiges OK mit Peter Willen, damals Gemeindepräsident, Roland Lymann, damals Kurdirektor, sowie den beiden ExRennfahrern Erwin Josi und Hans Pieren hat ten die Regie übernommen. Ihr erstes Rennen 1995 fiel im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser – Absage wegen Schneeregens. FÜNFZIGFACHES BUDGET Peter Willen ist immer noch OK-Präsident, jetzt mit teilweise andern Mitarbeitern. Das Budget ist auf über drei Millionen Franken gewachsen, das 50-fache Budget der Anfangsjahre. Schon damals hatte Nationalökonom Rubi die dama ligen 60 000 Franken, von denen zur Hälfte die Gemeinde aufkam, als gut investiertes Geld betrachtet. Aufgrund einer Analyse entsprach das einem Werbewert von 500 000 Franken. Auch dieser dürfte sich verfünfzigfacht haben. Pioniere zeichnen sich nicht nur durch Taten drang, sondern auch durch Weitsicht aus. In 60 Jahren hatte Adelboden nur zwei Chefs – das spricht auch für Kontinuität und Kompetenz. Richard Hegglin Januar 2016 Snowactive 67
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