Fotoessay im Schweizer LandLiebe: Alles im - start

Gefrorenes Naturschauspiel auf
dem stillgelegten
Rheinlauf bei
­Diepoldsau SG.
Wasserschloss Schweiz
Alles im Fluss
Wasser kann als Schnee vom Himmel fallen, zu Eis gefrieren
oder tosend eine Felswand hinunterstürzen. Kein Wunder,
ist Fotograf Roland Gerth von diesem Element fasziniert.
Fotos Roland Gerth Text Christine Zwygart
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Wasser, Eis und Schnee –
eine Materie in drei Gestalten
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Einer der schönsten
Wasserfälle der Schweiz:
Der Bergli­stüber ist von
der Klausenpass­strasse
aus zu erreichen. Dies ist
der mittlere der drei Fälle
des Fätschbachs, und er
liegt auf Glarner Boden.
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Die glatte Wasseroberfläche
verdoppelt das Naturschauspiel
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Morgenstimmung oberhalb der Göscheneralp
im Kanton Uri: Im namen-­
losen ­Tümpel s­ piegelt sich
die Dammakette.
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«Am Computer veredle ich
Fotos, aber verändere sie nicht»
REISEN UND FOTOGRAFIEREN
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Auf der Berner Seite des
Sustenpasses liegt der Steinsee.
Über ihm strahlen die Felsen
des Sustenhorns im Sonnenlicht, dazwischen sucht sich der
Steingletscher seinen Weg.
Die allererste Kamera hat Roland
Gerth von seinem Grossvater
­erhalten – «ein uraltes Ding mit
einem Balgen und mit Rollfilmen».
Das Fieber hat den Buben damals
sofort gepackt: eine aussergewöhn­
liche Perspektive suchen, den Bild­
ausschnitt geschickt wählen und
etwas festhalten, das beim Betrachten
ein Gefühl auslöst. Bis im Jahr
2001 unterrichtete er als Lehrer
an der Mittelstufe in Thal SG,
dann wagte er den Schritt in die
Selbstständigkeit und machte sein
Hobby zum Beruf. Seine Landschafts­
bilder verkauft der Fotograf heute
an Magazine, Firmen und Verlage.
So sind aus seinen Arbeiten bisher
unter anderen 33 Fotobände und
mehr als 100 Kalender entstanden.
Seine Reisen finanziert Roland Gerth
selber. Zehn bis zwölf Wochen pro
Jahr ist er irgendwo auf der Welt
unterwegs, fotografiert faszinierende
Fotograf in
Action. Roland
Gerth liebt es,
in der Natur
unterwegs zu
sein und sein
Sujet ins Visier
zu nehmen – wie
hier beim Klusbach in Appenzell Ausser­
rhoden. Mehr
Informationen:
www.rolandgerth.ch
Meeresküsten, brodelnde Lavaflüsse oder dampfende Dschungel.
«In meinem Archiv fehlen einzig noch
Bilder aus Südamerika», erzählt er.
Eine entsprechende Exkursion ist
für dieses Jahr geplant, sodass er
dann von allen Kontinenten Fotos
im Angebot hat.
LICHT UND EMOTIONEN
Ein Bild ist für Roland Gerth
dann gut, wenn es das Auge zum
Verweilen einlädt. «Gerade bei
einem Kalender ist es wichtig, dass
das Sujet dem Betrachter einen
Monat lang etwas bietet – und nicht
bereits nach dem ersten Blick lang­
weilig wirkt.» Gerth will Emotionen
auslösen, nicht nur schöne Land­
schaften dokumentieren. Dabei ist
ihm ein guter Aufbau des Motivs
wichtig. Vordergrund, Mitte, Hinter­
grund – alles muss stimmen. Sein
Markenzeichen sind spektakuläre
Lichtverhältnisse, die er mit seiner
Canon EOS-1Ds Mark III festhält.
Wenn ein Foto – scheinbar zufällig –
idyllisch oder mystisch aussieht,
steckt in der Regel viel Arbeit und
Erfahrung dahinter. «Ich kenne
in der Schweiz geeignete Standorte
weitab der üblichen Touristenpfade
und weiss, wann das Licht dort
ideal ist.» Oft macht sich Roland
Gerth bereits am Abend vorher auf
den Weg, übernachtet in seinem
Camper, im Zelt oder unter freiem
Himmel, damit er für prächtige
Foto Nathalie Gerth
E
r ist seit Jahren auf
der ganzen Welt unter­
wegs, um die Einzig­
artigkeit der Natur
mit seiner Kamera
­einzufangen. Zurück in der Heimat,
kommt Roland Gerth immer wieder
ins Staunen – und Schwärmen: «Die
Schweiz ist zwar ein kleines Land,
aber enorm vielfältig.» Die Bergwelt
in Graubünden, die Weite des Juras,
das südländische Flair im Tessin:
Die Unterschiede der Regionen sind
gross. Und somit auch der Reichtum
an Sujets, die der 59-Jährige sozu­
sagen vor der Haustür realisieren
kann. Besonders ein Element hat
es dem St. Galler angetan: «Wasser
fasziniert mich in all seinen Formen.»
Unbekannte, überraschende Perspek­
tiven von Seen, Flüssen, Tümpeln,
Gletschern und Wasserfällen hat er
für sein Buch «Faszination Berg­
wasser» (AS-­Verlag) fotografiert. Ent­
standen ist daraus eine Art visuelle
Liebeserklärung an das Wasserland
Schweiz.
Morgenstimmungen rechtzeitig vor
Ort ist. «Wenn mir ein wirklich gutes
Bild gelingt, spüre ich das immer
sofort. Dann kribbelt es im Bauch.»
Nicht zu unterschätzen ist der
­Aufwand, der nach dem eigentlichen
Fotografieren ansteht: die Bear­bei­
tung der Bilder am Computer. Seine
Devise ist dabei: veredeln, nicht
­verändern. «So wie ich das Sujet in
Erinnerung habe, so bearbeite ich
die digitalen Daten auch.»
ABENTEUER UND HEIMAT
Wer oft in der Wildnis unterwegs
ist, erlebt natürlich auch aben­
teuerliche Momente. Auge in Auge
mit giftigen Schlangen in Tasmanien,
eine Autopanne in einem abgelegenen
Teil des Death Valleys in Kalifornien
oder ein Schritt zu viel rückwärts
direkt in das kochende Wasser eines
Geysirs in Island – «wichtig ist,
auch in Ausnahmesituationen immer
einen kühlen Kopf zu bewahren».
Und so hat Gerth bis jetzt immer
Lösungen in brenzligen Situationen
gefunden.
Sein Traumprojekt? «Die vier
­Elemente.» Wasser, Erde, Luft und
Feuer – dazu realisiert der Fotograf
im Moment weltweit Bilder für einen
aufwendig gestalteten Kunden­
kalender. Bereits im Mai erscheint
sein neuster Fotoband, der einmal
mehr die Schönheit der Schweiz
ins Zentrum rückt: faszinierende
Wälder und Bäume. C
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