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„Niemals aufgeben!“
Zeltgottesdienst am Sonntag, 2. August 2015
beim Sportfest des SV Spielberg
Pfarrer Theo Breisacher, Spielberg
4:0 müsste eigentlich reichen, wenn ... Ja,
wenn es das Spielberger Herzschlagfinale
nicht gäbe: In der 92. Minuten gelingt
gegen Freiberg doch noch der erlösende
Treffer. Spielberg ist in die Regionalliga
aufgestiegen und der Bahlinger SC nur auf
dem zweiten Platz.
„Niemals aufgeben“: Ich hatte dieses Thema
übrigens schon viel früher im Kopf, als mir
nämlich die Karikatur mit dem Frosch im Hals
eines Storches über den Weg lief. Doppelt
schön, dass dieses Motto nun auch zur besten
Saison der Spielberger ersten Mannschaft
passt: Die meisten Tore geschossen, die
meisten Spiele gewonnen und an 31 von 34
Spieltagen auf dem ersten Platz! Das ist schon
phänomenal für unser Dorf. Herzlichen Glückwunsch an unsere Mannschaft auch von
dieser Stelle! Und gestern ist die Mannschaft,
wie ich hörte, bereits mit einem Auswärtssieg
in die Regionalliga gestartet.
Als ich in jenen Tagen im Mai zu Besuch in
meiner Heimat Bahlingen war, herrschte in
den Zeitungen natürlich ein ganz anderer Ton:
Da war die Enttäuschung riesengroß: Man
klagte über den unglaublichen Dusel der
Spielberger und über das Pech der eigenen
Mannschaft, dass ihnen der erhoffte Titel noch
in der letzten Minute weggeschnappt wurde.
Aber inzwischen hat der Bahlinger SC ja den
Weg über die Relegation geschafft – die beiden Mannschaften sind erneut in der gleichen
Liga vereint. Und ich als Pfarrer von Spielberg
und gebürtiger Bahlinger komme in keinen
Loyalitätskonflikt.
* Begrüßung:
Ein herzliches Willkommen zum Zeltgottesdienst beim SV Spielberg! Ich freue mich, dass
Sie alle hier sind und wir wieder so viele sind –
bei diesem etwas anderen Gottesdienst! Und
ich wünsche uns, dass es ein richtig guter
Sonntag wird, wie die Band eben gespielt hat!
„Niemals aufgeben“: Es ist die 89. Minute
und die Zeit läuft den Spielern langsam
davon. Es steht 1:2 für die gegnerische
Mannschaft. Doch das entscheidende Tor
will einfach nicht reingehen. Soll die
Mannschaft am Ende doch noch mit leeren
Händen da stehen? Beim direkten Konkurrenten am Kaiserstuhl fühlt man sich
schon als Meister der Amateuroberliga: Ein
„Niemals aufgeben“: Darum soll’s gehen heute
Morgen – natürlich nicht nur beim Fußball.
Und ob es bei diesem Motto nicht doch auch
Ausnahmen gibt.
1
Vater im Himmel, du kennst jeden, wie er
heute morgen hergekommen ist: fröhlich und
beschwingt oder voller Sorgen. Motiviert und
voller Tatendrang oder mutlos und enttäuscht,
weil wieder eine Menge schief gegangen ist.
* Votum & Gebet
Laufen lernt man durch Hinfallen: Das ist eine
alte Weisheit. Vielleicht sollten wir das auch
als Erwachsene wieder viel mehr beherzigen,
dass nicht Hinfallen das Schlimmste ist,
sondern das Liegenbleiben. Und vielleicht
könnten wir dadurch auch mit unseren
Misserfolgen etwas lockerer umgehen.
Schenke du jedem von uns das, was er oder
sie gerade braucht. Lass uns deinen Segen
spüren. Und segne unsere Gemeinschaft hier
im Zelt. Amen.
Beim Propheten Jesaja im Alten Testament
gibt es dazu einen wunderschönen Vers:
* Hinführung zum Thema
„Gott wird weder müde noch kraftlos.
Seine Weisheit ist unendlich tief. Den
Erschöpften gibt er neue Kraft, und die
Schwachen macht er stark. Selbst junge
Menschen ermüden und werden kraftlos,
starke Männer stolpern und brechen
zusammen.
Liebe Gäste, liebe Gemeinde: Ein Mann
kommt zur Polizei und möchte eine
Vermisstenanzeige aufgeben: „Meine Frau
ist gestern zum Shoppen in die Stadt
gefahren, aber hinterher nicht wieder nach
Hause gekommen.“ Polizeibeamter: „Wir
brauchen eine Personenbeschreibung. Wie
groß ist Ihre Frau?“ Ehemann: „Weiß ich
nicht. Hab ich nie nachgemessen. So
mittelgroß.“ Polizist: „Schlank? Vollschlank? Korpulent?“ Ehemann: „Hm, ich
würde sagen: schlank. Oder nein, eher
vollschlank.“
Aber alle, die ihre Hoffnung auf den Herrn
setzen, bekommen neue Kraft. Sie sind wie
Adler, denen mächtige Schwingen wachsen. Sie gehen und werden nicht müde, sie
laufen und sind nicht erschöpft.“ (Jesaja 40)
Niemals aufgeben, weil Gott uns immer wieder
auf die Beine hilft. Im Namen dieses
Gottesdienst möchten wir diesen Gottesdienst
miteinander feiern: Im Namen Gottes des
Vaters Gottes, des Vaters, und des Sohnes
und des Heiligen Geistes. Amen.
„Augenfarbe?“ – „Sie wollen aber auch
Sachen wissen: Keine Ahnung, welche
Augenfarbe meine Frau hat.“ – „Haarfarbe?“ – „Wechselt ständig!“ – „Welche
Kleidung trug Ihre Frau, als Sie sie zum
letzten Mal gesehen haben?“ – „Ja, wenn
ich das noch wüsste: Ich glaube, sie hatte
ein Kleid an. Oder waren’s Jeans mit einem
Pulli?“ Polizist: „Ist sie mit öffentlichen
Verkehrsmitteln in die Stadt gefahren oder
mit dem PKW?“ – Ehemann: „Mit meinem
eigenen Auto: Einem metallic schwarzen
Audi A8 mit 3 Liter V6 Motor, 320 PS, 8
Stufen Tiptronic Automatikgetriebe, LED
Xenonlicht, 20 Zoll Alufelgen, Alcantara
Ledersitze – ja und an der Fahrertür ist
leider ein klitzekleiner Kratzer“.
Wir wollen mit Gott sprechen und beten:
Allmächtiger, ewiger Gott, du hast ein realistischeres Bild von uns als wir selber: Du
rechnest damit, dass es nicht immer nur
aufwärts geht im Leben. Du kennst uns und
weißt, wie schnell wir müde und kraftlos
werden können. Du gehst barmherzig mit uns
um, auch wenn nicht immer alles so super
läuft.
Dafür danken wir dir und bitten dich zugleich:
Hilf doch, dass wir auch mit uns selber
barmherziger umgehen können. Lass uns bei
Misserfolgen nicht verzagen, sondern wieder
aufstehen und in deiner Kraft weitergehen.
Plötzlich muss der Mann ganz bitterlich
weinen. Darauf der Polizist: „Machen Sie
sich mal keine Sorgen: Wir finden ihr Auto!
Ganz sicher!“ 
Da zeigt sich dann doch, was man wirklich
liebt! Niemals aufgeben: Sicher hat man die
Frau bei dieser präzisen Beschreibung auch
bald gefunden! –
Wir danken dir, dass wir hier im Zelt Gottesdienst feiern dürfen. Lass uns deine Nähe
spüren. Schenke uns offene Ohren, damit wir
hören und verstehen, was du uns sagen willst.
2
Vor 150 Jahren lebte in Amerika ein Mann,
der schien viele Jahre lang vom Pech
verfolgt: Sieben Mal verlor er bei Wahlen
zum Senat, zum Repräsentantenhaus und
zum Vizepräsidenten. Sieben Mal! Und
auch privat musste er zahllose
Rückschläge verkraften.
Jahren verkaufte sich das Buch sieben
Millionen Mal.
So könnte man noch viele Beispiele aufzählen:
Die meisten großen Persönlichkeiten sind auf
dem Weg zum Erfolg regelmäßig auf die Nase
gefallen. Und sie wären nicht so erfolgreich
geworden, wenn sie sich durch ihr Scheitern
hätten entmutigen lassen.
Wer war’s? Wer kennt diesen Pechvogel?
Es ist niemand geringeres als Abraham
Lincoln: Heute gilt er als einer der größten
Präsidenten der Vereinigten Staaten. Sein
Portrait ziert bis heute die Fünf-DollarNoten. Trotz seiner vielen Niederlagen ließ
er sich nicht entmutigen: Mit 52 Jahren
wurde er zum Präsidenten gewählt. Vier
Jahre später wird er im Amt bestätigt.
Heute wird vor allem die Abschaffung der
Sklaverei mit seiner Person in Verbindung
gebracht. Da konnte auch sein Tod ein Jahr
später nichts daran ändern, als er bei
einem Attentat ermordet wurde.
Doch eine Garantie auf Erfolg ist das natürlich
auch nicht: Es gibt auch genügend Gegenbeispiele. Wie viele Teilnehmer der Olympischen
Spiele standen auch im Laufe einer langen
Karriere kein einziges Mal auf dem Treppchen
oder wurden in den Zeitungen erwähnt? Wie
viele Ski-Springer oder Ski-Rennläufer kennen
auch nach Karriere-Ende nur die Experten?
Der Fußballer Michael Ballack ist ein berühmtes Beispiel dieser „Unvollendeten“: Sein
großer Traum, nicht nur Meistertitel, sondern
auch eine Weltmeisterschaft oder eine
Europameisterschaft zu gewinnen oder mit
seiner Mannschaft den Champions-LeagueTitel gingen nicht in Erfüllung. Auch er glaubte
an sein großes Ziel. Auch er musste sich
immer wieder aufrappeln – doch der ganz
große Erfolg blieb ihm verwehrt.
„Niemals aufgeben“: Viele berühmte Persönlichkeiten haben ihre Fähigkeiten und Talente
erst auf dem Boden ihrer Niederlagen voll
entwickelt. Wenn man heute zurückblickt,
staunt man meistens nur über ihre Erfolge.
Meistens wird dabei übersehen, wie viele
Niederlagen zu überstehen waren, bis sich der
Erfolg endlich eingestellt hat.
„Niemals aufgeben“ heißt also nicht, dass der
Erfolg vorprogrammiert wäre. Manchmal muss
man seine Ziele korrigieren und neu definieren. Mit dem Kopf durch die Wand kommt
man in den seltensten Fällen zum Ziel. Vor
allem muss man eine neue Einstellung zu
seinen Niederlagen finden: Man muss es
lernen, mit seinem Scheitern konstruktiv
umzugehen.
Bei einem Kulturforscher habe ich eine
interessante Beobachtung gefunden: Er ist der
Frage nachgegangen, ob es im Blick auf das
Scheitern kulturelle Unterschiede zwischen
den Völkern gebe:
Das deutsche Modell beschreibt er folgendermaßen: „Du hast einen Versuch, nutze ihn
oder du verschwindest in der Versenkung.“
Wer bei uns einmal gescheitert ist, der hat es
schwer, dass man ihm aufs Neue Vertrauen
entgegen bringt. Der trägt es oft wie ein
Brandmal an der Stirn: Verlierer-Typ.
Noch ein Beispiel: Der Autor des Buches
„Die Möwe Jonathan“, Richard Bach,
wurde von achtzehn Verlegern abgelehnt:
Achtzehn Mal erhielt er die Auskunft, sein
Manuskript sei es nicht wert, gedruckt zu
werden. Erst der neunzehnte Verleger
wagte den Schritt und veröffentlichte das
Buch im Jahr 1970. Und es wurde ein
Riesenerfolg: Allein in den ersten fünf
Völlig anders die Einstellung in den USA: Nicht
das Scheitern ist hier das Problem, sondern
wenn einer aufgibt, wenn einer aufhört zu
3
Wir sind verloren!“ Er hörte mit dem
Schwimmen auf, da alles ja eh keinen Sinn
hatte, und ertrank bald darauf.
kämpfen. Ein Held ist in Amerika, wer trotz
Widrigkeiten und trotz Niederlagen immer
wieder aufsteht. Warum? Weil in jeder Niederlage auch die Chance steckt, es noch einmal
zu versuchen und das nächste Mal besser zu
machen. „Niemals aufgeben“: Es sollte uns
nachdenklich machen, dass wir gerade in
unserem Land die Latte oft unwahrscheinlich
hoch anlegen. Gemessen werden die
Menschen oft ausschließlich am Erfolg. Selbst
wer scheitert und es noch einmal versucht,
trägt einen Makel mit sich.
Der andere Frosch aber sagte sich: „Meine
Lage ist zwar hoffnungslos; aber aufgeben
tue ich deshalb noch lange nicht. Ich
schwimme, so lange ich kann!“ Und so
stieß er sich kräftig mit seinen
Hinterbeinen ab und schwamm in der
Kanne umher. Von links nach rechts und
von rechts nach links. Immer weiter. Er
schwamm und schwamm und schwamm.
Allerdings möchte ich heute Morgen ja nicht
den Vortrag eines Motivationstrainers halten,
sondern mit Ihnen überlegen, was der Glaube
zu diesem Thema zu sagen hat.
Plötzlich spürte er an seinen Füßen eine
feste Masse. „Was ist denn das“, dachte
der Frosch? Das war ja gar keine Milch
mehr! Und tatsächlich: Durch das Treten
hatte er die Milch zu Butter geschlagen.
Noch eine Weile schwamm er mit kräftigen
Schlägen weiter. Dann nahm er einen
großen Satz und sprang in die Freiheit! –
Dazu gleich mehr. Zunächst sehen wir aber
ein kleines Anspiel zum Thema: Zwei Frauen
suchen im Garten nach einem vergrabenen
Goldsäckchen. [es folgt ein Stück unserer
Anspielgruppe und ein Lied der Band]
* Ansprache
Haben Sie auch noch ein Goldsäckchen im
Garten vergraben? Sagen Sie mir wo, dann
komme ich vorbei. Den Wasserturm haben wir
ja schon. Fehlt nur noch der Birnbaum: Zwölf
Schritte in Richtung Wasserturm ... Vielleicht
sind Sie ja steinreich und wissen es gar nicht!
Niemals aufgeben: Auf einem Bauernhof
stand einmal eine große Milchkanne. Zwei
Frösche kamen vorbei und waren
neugierig, was da wohl in dieser Kanne sei.
Also sprangen sie mit einem riesigen Satz
in die Kanne hinein, mussten aber sofort
feststellen, dass dies keine gute Idee
gewesen war. Die Kanne war nämlich halb
voll mit Milch.
Da schwammen die beiden Pechvögel nun
also in der Milch und wussten nicht, wie sie
da jemals wieder heraus kommen sollten.
Über den Rand zu springen, war
aussichtslos. Die Wände waren viel zu
hoch und viel zu glatt. Schnell wurde ihnen
bewusst, dass sie in einer tödlichen Falle
saßen.
Niemals aufgeben: Vermutlich eine der
bekanntesten Mutmach-Geschichten. Der
Frosch hatte letztlich überhaupt keine Idee,
wie er jemals dieser Milchkanne entkommen
könnte. Aber er gab die Hoffnung nicht auf –
und wurde gerettet.
Der eine der beiden Frösche schwamm
vielleicht eine halbe Stunde hin und her. Da
verließ ihn der Mut. „Ach“, sagte er: „Hier
kommen wir nie im Leben wieder heraus.
Ich glaube, wir werfen oft viel zu schnell die
Flinte ins Korn. Wir lassen uns oft viel zu
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schnell durch Rückschläge entmutigen. Und
vor lauter Angst, sich zu blamieren, wagen wir
viel zu wenig. Doch die großen Probleme und
Herausforderungen unserer Zeit löst man nicht
durch Abwarten, sondern dadurch, dass man
etwas wagt und ausprobiert.
heimlich in der Nacht festnehmen und ihm den
Prozess machen könnten.
Ob der Verrat von Judas so viel schlimmer war
als die Verleugnung von Petrus, das sei nun
mal dahingestellt. Interessanter finde ich, wie
beide mit ihrem Scheitern umgehen: Petrus
findet den Weg zurück: Die Einsicht in seine
Schuld macht den Weg frei zu einem neuen
Anfang. Genau diesen Weg findet Judas nicht
mehr: In seiner Verzweiflung greift er zum
Strick. Er hat auch die letzte Hoffnung
verloren.
Niemals aufgeben: Ich frage mich allerdings,
ob diese anrührende Geschichte mit den
beiden Fröschen wirklich ausreicht, wenn man
einmal richtig tief drin sitzt: Wenn man beruflich einfach nicht mehr auf die Beine kommt:
Wenn man sich mit Verlegenheitsjobs über
Wasser halten muss, weil das Arbeitsamt
sonst die Unterstützung kürzt, aber der ganz
große Wurf einfach nicht dabei ist.
Niemals aufgeben: Vielleicht ist ja gerade das
der entscheidende Punkt an unserem
Glauben: Gott liebt uns nicht, weil wir so toll
wären oder weil wir uns immer so heldenhaft
verhalten würden. Nein, ihm sind wir unendlich
wichtig, obwohl wir so sind, wie wir oft sind.
Oder wenn die eigene Ehe in eine tiefe Krise
geraten ist und man kämpft und kämpft und
man trotzdem nicht spürt, dass es eine
Änderung bewirkt. Oder wenn einer gegen
seine Sucht ankämpft und einfach nicht davon
loskommt. Und irgendwann müde wird und
keine Kraft mehr hat zum Weiterkämpfen.
Wie ein roter Faden zieht sich das durch die
ganze Bibel: Gott schreibt Geschichte mit
Versagern. Gott baut sein Reich mit Gescheiterten. Die bekanntesten Persönlichkeiten in
der Bibel haben fast alle einen dunklen Fleck
in ihrer Biografie. Sie fühlten sich vom Auftrag
Gottes überfordert, ob wir nun an Mose, an
Jeremia oder an den Apostel Paulus denken.
Oder wenn einer mit einer schweren Krankheit
geplagt ist und auch nach Wochen keine
Besserung erkennbar ist. Wenn die Ärzte zwar
ständig etwas Neues ausprobieren, man aber
deutlich spürt, dass sie immer ratloser werden
und man irgendwann das Schlimmste
befürchten muss.
Doch das ist gerade das Besondere, vielleicht
auch das Ermutigende: Unsere Misserfolge
sind für Gott kein Hindernis. Wir müssen uns
nicht ständig beweisen, wie toll wir sind und
was wir alles leisten können. Wir müssen nicht
ständig unsere Erfolge aufzählen, um vor
anderen wichtig zu erscheinen. Wir müssen
uns nicht ständig aufplustern, um größer zu
sein. Deshalb könnten wir als Christen
eigentlich viel lockerer und viel entspannter mit
dem umgehen, was schief gegangen ist. Nicht
weil wir es auf die leichte Schulter nehmen
würden. Nicht weil wir unsere Fehler verharmlosen wollten. Sondern weil unser Lebenswert
nicht daran hängt. Weil uns das Scheitern
nicht zu einem schlechten Menschen macht!
Kann uns die Geschichte vom unermüdlichen
Frosch dann die Kraft und Motivation geben,
die wir brauchen? Vor allem: Welche Rolle
kann der Glaube in solchen Situationen
spielen?
Ich musste an Petrus denken und an die wohl
schwerste Niederlage in seinem Leben: Es
war jene Geschichte mit dem Gockler: mit dem
krähenden Hahn, der ihn aus allen Träumen
riss. Dreimal behauptete er stocksteif, Jesus
überhaupt nicht zu kennen, obwohl er zu seinem engsten Kreis gehörte. Eine Geschichte
vielleicht gerade für uns Spielberger – wenn
man uns schon „Gockler“ nennt.
Ich glaube, das Schlimmste und das Gefährlichste, was uns in einer Krise passieren kann,
ist es, wenn uns der Teufel einredet, dass wir
eh zu nichts zu gebrauchen sind. Wenn wir
uns selber Vorwürfe machen, dass wir doch
nur ein nutzloser Kerl sind und zu nichts zu
gebrauchen sind. Dann geschieht genau das,
wofür wir Deutsche so anfällig sind: Wir
machen unseren Wert von unserem Erfolg
abhängig. Wir fühlen uns gut, weil wir
Ich habe mir überlegt, was Petrus eigentlich
von dem anderen Jünger, dem Judas unterscheidet: Beiden gemeinsam war ja ein ganz
schlimmer Fehler: Beide hatten auf der ganzen Linie versagt. Petrus hatte seinen Freund
Jesus verleugnet und in dessen schwerster
Stunde schmählich im Stich gelassen. Judas
hatte den Feinden Jesu verraten, wo sie ihn
5
erfolgreich sind – und solange wir erfolgreich
sein. Doch letzten Endes ist das eine gefährliche Falle: Wer sein Selbstwertgefühl am
Erfolg fest macht, der ist verloren, wenn die
Spirale einmal abwärts geht. Und bei jedem
von uns geht es irgendwann auch einmal
abwärts.
„Von jetzt an sollst du nicht mehr Jakob
heißt. Du hast schon mit Gott und mit
Menschen gekämpft und immer gesiegt.
Darum heißt du von jetzt an Israel –
Gotteskämpfer.“ Dann segnete er Jakob.
Der Glaube hat eine andere Botschaft: „Für
Gott bleibst du wichtig und wertvoll, auch
wenn einmal alles schief gelaufen ist. Er gibt
dir die Kraft wieder aufzustehen und weiterzumachen. Er schenkt dir eine Hoffnung, trotz
Rückschläge und Misserfolge weiterzumachen!“ –
Damit sind wir bei einer zweiten Geschichte
aus der Bibel, die wunderbar zu unserem
Thema passt: Niemals aufgeben, das war
auch das Lebensmotto von Jakob im Alten
Testament. Er war ja der Enkel des Stammvaters Abraham ganz am Anfang der
Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel.
Weil er seinen Bruder betrogen und seinen
Vater eiskalt angelogen hatte, hatte er ins
Ausland fliehen müssen. Doch Jakob hatte
Glück: Als Heimatloser im fremden Land hatte
er seine Frau kennen gelernt – oder besser:
seine Frauen. Und nach vielen Jahren kehrte
er als vermögender Viehhirte wieder in seine
Heimat zurück. Und doch wurde ihm das Herz
immer schwerer, als er daran dachte, dass er
bald seinem Bruder gegenüber stehen würde
und dieser ihn möglicherweise immer noch
umbringen wollte, weil er so sauer auf ihn war.
Um ihn günstig zu stimmen, schickte ihm
Jakob wertvolle Geschenke voraus: Doch
seine Angst blieb. Dazu lese ich uns ein paar
Verse aus 1. Mose 32:
So hat sich der Maler Rembrandt den Kampf
Jakobs mit jenem Unbekannten vorgestellt.
Ich muss gestehen: Eine etwas seltsame
Geschichte. Wir wissen nicht, was das genau
für ein Mann war, mit dem er gekämpft hat. Ob
es ein Unbekannter war? Ob es ein Engel
war? Oder es Gott selbst war in diesem
Engel? Jedenfalls ist sich Jakob hinterher
sicher, dass er mit Gott gekämpft hatte.
Erstaunlicherweise kommt an der entscheidenden Stelle unser Motto vor: Niemals
aufgeben. Als der Morgen dämmerte und der
Mann gehen wollte, sagte Jakob zu ihm: „Ich
lasse dich nicht eher los, bis du mich
gesegnet hast!“
Jakob schickte seine Viehherden voraus,
blieb aber selbst über Nacht im Lager auf
der anderen Seite des Flusses ... Plötzlich
stellt sich ihm ein Mann entgegen und
kämpfte mit ihm bis zum Morgengrauen.
Als der Mann merkte, dass er Jakob nicht
besiegen konnte, gab er ihm einen so
harten Schlag auf das Hüftgelenk, dass es
ausgerenkt wurde. Dann bat er: „Lass mich
los, der Morgen dämmert schon!“
Warum erzähle ich das alles? Ich glaube nicht,
dass es besonders christlich ist, wenn man
sich niemals von seinen Plänen abbringen
lässt und ständig verbissen weiterkämpft.
Manchmal zeigt einem Gott vielleicht gerade,
dass man sich verrannt hat. Dass die Ziele,
die man sich gesetzt hat und so verbissen
verfolgt, nicht unbedingt die Besten sind.
Dieses Motto „Niemals aufgeben“ kann auch
grottenfalsch werden, wenn man mit dem Kopf
Aber Jakob erwiderte: „Ich lasse dich nicht
eher los, bis du mich gesegnet hast!“ „Wie
heißt du?“ fragte der Mann. Als Jakob
seinen Namen nannte, sagte der Mann:
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durch die Wand will. Wenn es nur noch darum
geht, den eigenen Willen durchzusetzen.
Wenn aus der Beharrlichkeit irgendwann
Sturheit wird.
aufgeben“. Wir sollen Gott zwar nicht unseren
eigenen Willen aufzwängen. Wir sollen bereit
werden, dass Gottes Wille in unserem Leben
geschieht – auch wenn dies noch so schmerzhaft sein mag. Aber zugleich dürfen wir
hartnäckig darum bitten, dass Gott uns gerade
in solchen Situationen segnet. Dass er uns die
Kraft schenkt, seinen Willen zu akzeptieren.
Deshalb gehört zu diesem Dranbleiben an
einer Sache auch die Bereitschaft, dass wir
uns korrigieren lassen. Dass wir merken, wo
wir uns vielleicht verrannt haben. Und wo es
nicht mehr sinnvoll ist, endlos weiterzukämpfen. Manchmal ist es besser, ein großes
Projekt scheitern zu lassen, als verbissen
weiterzumachen. Manchmal ist es sinnvoller,
wir lassen unsere Träume sausen und
schauen auf das, was im Bereich des
Möglichen ist.
Mit diesem Gedanken möchte ich gerne
schließen: In solchen Situationen, wo wir
selber kein Land mehr sehen, wo wir auch
Gottes Wille überhaupt nicht verstehen
können, da dürfen wir mit ihm „kämpfen“. Da
dürfen wir im Gebet mit Gott ringen und
beharrlich und hartnäckig beten.
Manchmal müssen wir es vielleicht auch
akzeptieren, dass eine schwere Krankheit
nicht mehr besser wird und wir nicht mehr
gesund werden. Da wäre es kein guter Rat,
wenn wir auf Teufel komm raus weiterkämpfen
würden und niemals aufgeben. Und über der
Todesanzeige würde dann stehen: „Gekämpft
und doch verloren!“ Das wäre dann wahrlich
ein bitterer Abgang!
Bei allem Optimismus und bei aller Beharrlichkeit, gibt es auch Situationen, da müssen
wir uns damit abfinden, dass wir nicht ewig auf
dieser Welt sind. Da sollten wir nicht mehr
gegen die Krankheit ankämpfen, sondern uns
darauf vorbereiten, Abschied zu nehmen von
dieser Welt. „Niemals aufgeben“ wäre an
dieser Stelle dann ein schlechtes Motto.
Nicht fordernd und nicht frech, aber beharrlich:
„Lieber Gott, ich sehe diesen unendlich
schweren Weg vor mir. Ich habe Angst davor
und ich weiß nicht, wie ich das alles schaffen
soll. Aber ich lasse dich nicht los. Du musst
mir dabei helfen. Du darfst mich jetzt nicht
allein lassen. Ich brauche deinen Segen und
deine Kraft, sonst bin ich verloren!“
„Niemals aufgeben“: Da stimmt das Motto
wieder. Von manchen Zielen und von manchen unserer Träume müssen wir uns zwar
verabschieden. Aber eines dürfen wir
erwarten – um eines dürfen wir bitten ohne
müde zu werden: Dass Gott uns segnet –
gerade auf den Wegen, die uns nicht gefallen.
Amen.
Eines dürfen wir in solchen Situationen aber
immer noch – und deshalb habe ich die
Geschichte von Jakob erzählt: Er kämpft mit
Gott. Das ist schon eine ungewöhnliche, fast
vermessene Situation. Jakob kämpft mit Gott
und letztlich auch gegen Gott und seinen
Willen. Und er kämpft von Stunde zu Stunde
verbissener: Zunächst kämpft er, weil er
seinen eigenen Willen durchsetzen will. Und
doch spürt er immer deutlicher, dass Gottes
Weg mit ihm in eine andere Richtung
weitergeht.
* Segen
Gott wecke in dir die Sehnsucht nach der
Freiheit des Glaubens.
Gott schenke dir Mut, dein Leben und
deine Zukunft ganz in seine Hand zu legen.
Gott stärke in dir das Vertrauen, das
stärker ist als aller Zweifel.
Gott schenke dir die Erfahrung, dass er
sein Versprechen ganz sicher erfüllen wird.
Deshalb ruft Jakob am Ende nicht: „Mein Wille
soll geschehen! Ich will meinen Dickkopf
durchsetzen!“ Sondern: „Ich lasse dich nicht
eher los, bis du mich gesegnet hast! – Ich bin
bereit, Gott, für deinen Weg, aber du musst
mir deinen Segen geben!“
So segne dich der dreieinige Gott: der
Vater, der Sohn und der Heiligen Geist.
Amen.
Und an dieser Stelle stimmt unser Motto dann
wieder ohne Einschränkung: „niemals
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