Es war so schön zu leben Predigt – Gründonnerstag 2015 Lies: Johannes 13,1-15 „Es war so schön zu leben, da du lebtest" das ist ein kleines Wort des chilenischen Dichters Pablo Neruda. Das ist ein Abschiedswort, ein trauriges Wort in Erinnerung an einen lieben Menschen, der nicht mehr da ist und der jetzt fehlt. Viele von uns haben solch eine Trauer, mit der sie leben müssen: Da ist ein Mensch, der einmal ganz nah zu ihnen gehörte und der ihnen jetzt fehlt. „Es war so schön zu leben, da du lebtest." Seit vergangener Woche fehlen 150 Menschen ihren Familien und ihren Freunden, weil einer sie alle in den Tod gerissen hat.“ „Es war so schön zu leben.“ Es liegt Schmerz darin über das Vergehen, aber auch soviel Sehnsucht nach einem schönen Leben. Jeder von uns kennt diese Sehnsucht. Die Jünger im Abendmahlssaal haben soviele Bilder, Erinnerungen, Gefühle, die sie mit Jesus verbinden. Da ist soviel Freundschaft und Liebe zwischen ihnen gewachsen. Da ist soviel Sehnsucht wachgeworden. Es hat eigentlich gerade erst begonnen. Aber alle spüren: Es wird etwas passieren. So wie es war, ist es schon vorbei. Sie müssen etwas loslassen und Abschied nehmen, was ihnen gerade erst lieb und kostbar geworden ist. Es war so schön mit Jesus zu leben. Es ist so schwer, das jetzt schon loszulassen. Was tut Jesus in dieser Trauer, in diesem Abschied, in dieser Sehnsucht? Er tut wie immer nur etwas ganz Kleines, Unscheinbares. Das ist so typisch für ihn: wie er das Große im Kleinen verbirgt, wie er Gott in einer einfachen menschlichen Geste aufleuchten lässt. Er steht auf. Er gießt Wasser in eine Schüssel und beginnt, den Jüngern die Füße zu waschen. So erzählt es der Evangelist Johannes. Füße zu waschen ist die Arbeit eines Sklaven. Und das tut jetzt Jesus für seine Jünger. Er macht sich zum Sklaven. Er macht sich niedrig und klein. Jesus zeigt ein letztes Mal, was er immer verkündet und gelebt hat: Wer unter euch der erste sein will, der soll der Diener aller sein. Das ist das erste, was Jesus zeigt: Dienen. Das Leben wird schön, wenn wir aufeinander achten, wenn wir aufmerksam sind, wenn wir Freude daran haben, dem anderen etwas abzunehmen und zu helfen. Wieviel Gelegenheiten haben wir dazu im Alltag! Aber wie oft verpassen wir das – eben weil wir nicht aufmerksam sind, weil wir nur auf uns selber achten, weil wir vor lauter Sorgen und Hektik den anderen gar nicht mehr sehen. Ja, man muss schon von sich selber wegschauen können, wenn das Leben schön werden will. Füße zu waschen hat auch ganz viel mit Nähe und Zuwendung zu tun. Vielleicht war Jesus seinen Jüngern noch nie so nahe, noch nie so zärtlich zugewandt wie jetzt in diesem Augenblick. Vielleicht erinnert er sich an die Frau aus Betanien, die vor ihm niederkniete und salbte seine Füße mit dem kostbarsten Öl, das es damals gab. Nähe und Zuwendung schenkt Jesus und zeigt, wie sie das Leben schön machen. Es ist keine verlorene Zeit, die Eheleute oder Freunde miteinander verbringen. Es ist kostbare Zeit, die Eltern oder Großeltern ihren Kindern schenken: miteinander zu essen, miteinander zu spielen, miteinander Hausaufgaben zu machen, miteinander zu reden. Ich habe bei einer Familie angerufen und der Sohn hat gesagt: Können Sie vielleicht später noch einmal anrufen, wir sind gerade beim Essen. Das hat mich berührt, welchen Wert da eine Familie ihrer Nähe am Tisch gibt und sie nach außen beschützt. Papst Franziskus hat in seiner ersten Predigt von dieser Nähe in der Familie gesprochen, in der einer den anderen hütet: „Die Eheleute hüten einer den anderen. Beide zusammen hüten als Eltern die Kinder. Bis die Kinder einmal ihre altgewordenen Eltern hüten.“ Suchen wir diese Nähe immer wieder, weil sie das Leben so schön macht! Katholische Pfarreiengemeinschaft Simmern | www.pg-simmern.de 1 Der aufmerksame Dienst und die liebevolle Nähe, es kommt im Abendmahlssaal alles aus dem Mahl. „Es fand ein Mahl statt,“ so beginnt alles. In Brot und Wein schenkt Jesus die Zeichen zu seinem Gedächtnis. Wir feiern das Abendmahl immer wieder, um nicht zu vergessen, dass er lebte, und dass unser Leben von ihm her seinen Sinn bekommt und schön wird. Und Brot und Wein sagen, es ist nicht nur Vergangenheit sondern Gegenwart: lebendige, leibhaftige Gegenwart! Er lebt! Er sieht dich und mich mit der gleichen Liebe, mit der er die Jünger gesehen hat. Er ist da, wenn du Hilfe brauchst, niemals fern, immer ganz nah. Seine Gegenwart ist das innerste Geheimnis und macht unser Leben schön. Deswegen darf es uns auch nie langweilig werden, die Eucharistie zu feiern, weil sie uns doch immer wieder zu dem führt, der unser Glück ist. Und damit wir es einmal am Ende gerade im Blick auf Jesus sagen können: Es war so schön zu leben, da du lebtest! © Pastor Lutz Schultz Katholische Pfarreiengemeinschaft Simmern | www.pg-simmern.de 2
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