Bericht 2 BR - Berufliches Schulzentrum Kulmbach

Persönlich erstellt für: SMV-Berufsschule (60016268)
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MONTAG, 29. JUNI 2015
Kulmbach Stadt
Ein Prosit auf die Partnerschaft
Die Verbindung der Kulmbacher Berufsschule mit der Millionenstadt am Marmarameer lebt. Daniel Gerstner hat
dadurch sogar sein privates Glück gefunden. Vor 30 Jahren war die Ankunft der ersten türkischen Schüler noch ein Problem.
BURSA
VON UNSERER MITARBEITERIN
SONJA ADAM
Kulmbach — Daniel Gerstner ist
zertifizierter Baumkontrolleur,
hat einen eigenen Baum- und
Gartenservice. Mit seiner Frau
und den beiden Kindern lebt er
in Stockheim bei Kronach. Doch
dass Gerstner sein Glück gefunden hat, verdankt er nur der
Partnerschaft zwischen Kulmbach und der türkischen Stadt
Bursa. Denn dort lernte er seine
heutige Frau Emel kennen.
„Sie war 1992 hier, ich war
1993 in Bursa“, erzählt Daniel
Gerstner die außergewöhnliche
Geschichte einer Partnerschaft.
„Wir waren damals beide 25 Jahre alt. Dass wir zusammenkamen, hat sich halt so ergeben“,
erzählt Gerstner. Kulturelle Unterschiede hat er nicht zu spüren
bekommen. Denn die Familie
seiner Frau war westlich orientiert, sehr weltoffen. „Außerdem habe ich ja auch ein Jahr als
Bauleiter in der Türkei gelebt
und gearbeitet. Ich kann türkisch“, sagt er nicht ohne Stolz.
Hochzeit – gar nicht so einfach
2002 wurde geheiratet. „Das
war aber gar nicht so einfach“,
erinnert sich Gerstner. Denn die
Familie der Braut bestand auf eine traditionelle türkische Hochzeit – mit mehr als 300 Gästen.
„Das war ein riesiges Fest. Aber
geheiratet haben wir ohne
Imam. Wir haben uns dann in
Deutschland standesamtlich eine Woche später trauen lassen
und haben in der Plassenburgkapelle geheiratet“.
Inzwischen hat das Ehepaar
zwei Kinder – Ronja-Aylin (9)
und Enya-Su (6). Beide sind katholisch und wachsen zweisprachig auf. „Mit meiner Frau sprechen sie türkisch, mit mir
deutsch. Und wenn der Papa
türkisch spricht, dann wissen die
beiden ganz genau, dass sie was
angestellt haben“, sagt Daniel
Gerstner und grinst. Er ist der
lebendige Beweis dafür, wie zeitgemäß die Partnerschaft zwischen Kulmbach und Bursa ist.
Sie wird längst nicht nur von der
Berufsschule getragen, sondern
von der ganzen Stadt.
„Angefangen hat alles damit,
dass wir plötzlich türkische
Schüler in der Schule hatten –
und wirklich auch Probleme.“
Schulleiter Joachim Meier macht
gar keinen Hehl aus den schwie-
rigen Anfängen. Immer wieder
gab es unterschiedliche Auffassungen und sprachliche Schwierigkeiten. Oft waren die verschiedenen Sichtweisen auch
den verschiedenen Kulturen geschuldet. „Wir haben in Kulmbach den Austausch mit der türkischen Gemeinde gesucht, und
das hat hervorragend funktioniert“, sagt Meier.
Auch Hartmut Schuberth war
von Anfang an dabei. Er weiß
noch, wie sich aus der Not, die
Schüler zu integrieren, langsam
ein Konzept entwickelt hat.
„Die ganze Partnerschaft begann mit Schulfesten“, erzählt
Schuberth und erinnert an Cetin
Özdoruk. „Als ich 1980 aus beruflichen Gründen von Hannover nach Kulmbach kam, war ich
bestürzt, welche Ablehnung die
meisten Kulmbacher den türkischen Mitbewohnern entgegenbrachten. Ich gründete das
deutsch-türkische Organisations-Komitee für ein gegenseitiges Kennenlernen, um die türki- Höhepunkt in der partnerschaftlichen Entwicklung war die Hochzeit von Daniel Gerstner und Emel. Geheiratet
schen Jugendlichen in den Schu- wurde nach traditioneller türkischer Art, über 300 Gäste nahmen an dem Riesen-Fest teil. Eine Woche später
len, Lehrstellen sowie Sportver- folgte die standesamtliche Trauung und die Zeremonie in der Plassenburg-Kapelle.
Foto: privat
einen unterzubringen“, erinnert
sich Özdoruk noch haargenau.
Schnell fielen die Bemühungen auf fruchtbaren Boden.
Denn der Leiter der Hans-Wilsdorf-Berufsschule, Peter Josch,
wollte die gegenseitige Verständigung fördern. Erst wurden
Multi-Kulti-Schulfeste gefeiert,
dann entwickelte sich eine
Schulpartnerschaft. Inzwischen
gibt es auch einen Praktikantenaustausch, daran ist auch die
Fachoberschule beteiligt. Auf
Unesco-Ebene machen sogar
Kindergärten mit.
Cumalikizik hat Kultstatus
„Auch für uns ist die Begegnung
ein interkultureller Austausch
geworden mit großer persönlicher Bereicherung“, sagt Hartmut Schuberth. Er ist auch nach
seinem Ausscheiden aus dem
Schuldienst über den UnescoClub im Jubiläumsjahr wieder
mit von der Partie und will die
menschlichen
Begegnungen
nicht missen. Die Verständigung
zwischen Deutschen und Türken funktioniert meist über die
englische Sprache.
Besondere Höhepunkte in der
Partnerschaftsgeschichte waren
Sammelaktionen nach einem
schweren Erdbeben und der
Wiederaufbau des Dorfes Cu-
Schulleiter Joachim Meier sorgt Auch der Spaß kommt in der Partnerschaft nicht zur kurz – wie hier bei
dafür, dass die türkische Flagge im einer Bootsfahrt am Bosporus im Jahr 2008. Die Verbindungen mit BurBeruflichen Schulzentrum weht.
sa leben von persönlichen Begegnungen.
malikizik. Inzwischen hat das
Dorf durch die Erhaltung der
700 Jahre alten Kultur „Kultstatus“ erreicht.
Heute um 18 Uhr ist Festakt
„Wir hoffen jetzt nur, dass die
Partnerschaft
weiterlebt“,
wünscht sich der Leiter des beruflichen Schulzentrums, Joachim Maier jetzt, kurz vor dem
Jubiläum. Denn momentan sind
in der Türkei viele Positionen
durch den Regierungswechsel
neu besetzt – die Ansprechpartner ändern sich.
Zum Festakt „30 Jahre Partnerschaft zwischen dem Beruflichen Schulzentrum Kulmbach
und der Tophane Teknik Lise se
Endüstri Meslek Lisesi Bursa,“
der am heutigen Montag um 18
Uhr in Kulmbach stattfindet,
werden jedenfalls viele Gäste aus
Bursa erwartet.
Mehr Fotos
Weitere Bilder von der Partnerschaft finden Sie im Internet
kulmbach.inFranken.de
Chronik: Die vier Phasen der Verbindung mit Bursa
Phase 1: 1970 – 1985
Schulleiter Peter Josch setzte
sich für die internationale Zusammenarbeit und Völkerverständigung ein; Hartmut Schuberth knüpfte Kontakte zu in
Kulmbach lebenden griechischen und türkischen Familien.
Das Ergebnis: gemeinsame
Schulfeste.
Architekt Cetin Özdoruk, der
in der Kulmbacher Firma Plafog
beschäftigt war, galt als Bindeglied zwischen der Berufsschule
und dem damaligen deutschtürkischen Organisationskomitee und baute eine Brücke zwischen Kulmbach und Bursa. Es
entstand ein erster Kontakt zur
Berufsschule in Bursa.
1985 fand die erste Begegnung zwischen der Tophane
Teknik Lisesi ve Endüstri Meslek Lisesi und DSI-Nilüferspor
aus Bursa als Schüleraustausch
statt: Eine 33-köpfige Delegation (13 Lehrer, 17 Schüler, drei
Vertreter des ATS) flog erstmals
nach Istanbul. Von dort ging es
mit Schiff und Bus in das weit
entfernte Bursa.
Phase 2: 1986 – 1994
Der Schüleraustausch weitete
sich aus und etablierte sich.
Schon bald wurde er zum Praktikantenaustausch, zunächst nur
mit der Berufsschule.
Die Leitung des Projekts
übernahm auf deutscher Seite
Hartmut Schuberth (Foto), der
gleichzeitig die Funktion des
Unesco-Koordinators an der
Hans-Wilsdorf-Schule innehatte. In Bursa oblag die Projektleitung Oya Bozkurt.
Im Jahr 1992 folgte die Unterzeichnung des offiziellen Partnerschaftsvertrags.
Phase 3:
1995 – 2000
Das alte osmanische
Dorf
Cumalikizik
wird sachgerecht saniert.
1995 wurde
die Festveranstaltung „10 Hartmut
Jahre Partner- Schuberth
schaft mit der
Tophane-Schule“ in Kulmbach
durchgeführt. 1996 nahm erstmals die Fachoberschule am
Austauschprojekt teil. 1997
übergab die langjährige Verantwortliche für den Praktikantenaustausch, Oya Bozkurt, die
Leitung an Hüseyin Köse.
Im August 1998 startete das
Gemeinschaftsprojekt „Cumalikizik“: Wiederaufbau eines alten osmanischen Dorfes mit der
Hilfe und Unterstützung der
Unesco-Clubs Kulmbach-Plassenburg, des UNESCO-Club
Bursa, des Beruflichen Schulzentrums Kulmbach und der
Tophane Meslek Lisesi Bursa,
gesponsert von den Lions-Clubs
in beiden Städten.
1998 und 1999 wurde der
Partnerschaftsvertrag zwischen
den Städten Kulmbach und Bursa in den Rathäusern unterzeichnet.
Nach dem schweren Erdbeben in der Marmara-Region nahe Bursa ruft das BSZ Kulmbach
1999 zu einer Hilfsaktion auf.
12 000 Mark in bar werden gespendet.
Phase 4: 2000 bis 2015
Die Partnerschaft wird erwachsen. 2002 arbeiten drei Mitglieder des Unesco-Clubs Kulmbach, unter anderen die Studen-
tin Sandra Bali und Stefan Eidelloth von der FOS, während ihrer
Ferien zwei Wochen an der Renovierung des Projekthauses in
Cumalikizik. Eine besondere
Anerkennung erfährt das BursaProjekt 2006 im Rahmen des
Walter-Mertineit-Preises der
Deutschen Unesco-Kommission. 2010 weitet sich die Partnerschaft auf die beiden UnescoKindergärten „Die KITA“ in
Kulmbach und „ÇEK“ in Bursa
aus. Zum 25-jährigen Bestehen
des Austausches wird ein Festakt
in Bursa veranstaltet – eine 43köpfige Delegation aus Kulmbach besucht die türkische Partnerstadt.
Im Jahr 2013 geht UnescoKoordinator Hartmut Schuberth
in den Ruhestand und übergibt
die Leitung des Projekts an Silke
Scheffold und Christof Pöhlmann.
so
BAUAUSSCHUSS
Landkreis
investiert in
Schulen
Kulmbach — Der Bauausschuss
des Kreistags trifft sich zu seiner nächsten Sitzung am morgigen Dienstag um 14 Uhr im
großen Sitzungssaal des Landratsamts. Dabei geht es vor allem um Baumaßnahmen an
Kulmbacher Schulen. Es geht
um eine Reihe von Investitionen. Unter anderem steht der
Neubau der Pausenhalle am
Markgraf-Georg-FriedrichGymnasium auf der Tagesordnung. Ferner wird der Sanitärbereich im Fachklassentrakt
renoviert. Beim Caspar-Vischer Gymnasium wird die
Zweifach-Sporthalle
saniert
und der Ganztagsbereich neu
gebaut. In der Carl-von-Linde
Realschule ist das Parkett im
Werkraum verbraucht. Am Beruflichen Schulzentrum muss
die Stromversorgung erneuert
werden. Die Kreisstraßenmeisterei Leuchau bekommt
ein neues Fahrzeug für den
Straßenmeister und einen neuen Pritschenwagen mit Doppelkabine. Außerdem muss
Streusalz für den Winter gekauft werden.
red
PLASSENBURG
Kunst aus
Franken
Kulmbach — Die Frist, um
Kunstwerke einzureichen, ist
abgelaufen, und die Jurierung
hat stattgefunden. 163 ausgewählte Werke von 107 Künstlern sowie die Sonderausstellung von Eberhard Seifert haben ihren Platz auf der Plassenburg gefunden – in der Jahresausstellung des Bundes Fränkischer Künstler. Sie wird am
nächsten Sonntag um 11.15
Uhr im Festsaal der Plassenburg eröffnet. Umrahmt wird
die Feier mit Musik vom Duo
Jamini. Die Ausstellung des
Bundes Fränkischer Künstler
ist bis zum 5. September täglich
von 10 Uhr bis 17 Uhr zu besichtigen.
red
CAFÉ CLATSCH
Geschichte
vom Endsieg
Kulmbach — Heiner Wiegels tragisch-komische „Geschichte
vom Endsieg“ wird heute um
19.30 Uhr im Café Clatsch geboten, wenn wieder die Theatergruppe „Buschklopfer“ in
Aktion tritt und aus Werken
verstorbener Kulmbacher Literaten liest. Dazu passend die
Mundartgeschichte von Fritz
Schmidt „Dem Hitler sei
Pimpf“, eine heiter-nachdenkliche Situationsbeschreibung
der Zeit des Nationalsozialismus in Kulmbach aus dem
Blickwinkel eines Zehnjährigen. Schon ein wenig älter, aber
köstlich zu hören: Die „Kulmbacher Schlumperliedla“ von
Elise Gleichmann, alles wundervoll vorgetragen von Cosima und Johannes Asen, Bärbl
und Günter Zeller und Frank
Walther. Ein echtes Hörerlebnis. Der Eintritt im Café
Clatsch ist frei.
red