II Fatima Arslantas

Hallo, ich bin Fatima und ich bin jetzt das erste Jahr im Atelier Litera. Besonders
geholfen hat mir hier das Feedback, was ich von gleichaltrigen Schreibbegeisterten
wie von professionellen Schriftstellern bekommen habe.
Ich lese heute einen Auszug aus meinem grossen Projekt, einem eigenen FantasyRoman, vor. Es geht um ein Waisenmädchen namens Jenny, das eigentlich per Zufall
durch ein Portal in eine fremde Welt gelangt. In dem Ausschnitt, den ich lese, ist sie
gerade dort angelangt.
Vorerst jedoch möchte ich noch ein kurzes Schattengedicht von mir vorlesen.
--------------------------------------------------------------Langsam bahnte sich Jenny einen Weg durch die Menschenmasse. Sie wurde
von allen Seiten kritisch beäugt. Wahrscheinlich, weil ich andere Kleidung
trage, dachte Jenny.
Ihr wurde plötzlich bewusst, dass sie eigentlich überhaupt keine Ahnung hatte,
was sie hier machen sollte und wohin sie gehen sollte, wo sie wohnen sollte!
Langsam breitete sich die Verzweiflung in Jenny wie Gift aus. Was sollte sie tun?
Zögernd ging sie auf eine Gruppe Menschen, die in ein Gespräch vertieft waren,
zu. Unsicher tippte sie einer Frau, die ihr hellblondes glattes Haar zu einem
strengen Knoten geschlungen hatte, auf die Schulter.
„Ähm... Entschuldigen Sie, bitte...“
Die Frau drehte sich ihr zu und musterte sie. „Ja?“
„Ich bin nicht von hier... Könnten Sie...?“ Doch die Frau hatte etwas hinter ihr
entdeckt. Ihre Gesichtszüge entgleisten. „Nicht jetzt... Sie kommen ! Lauf!“,
rief sie und rauschte mit ihren Freundinnen davon, während sie ununterbrochen
nach einem gewissen „Miro“ rief und fluchte, weil sie ihn nicht fand. Ein kalter
Luftzug streifte Jenny. Sie sah sich um. Es wurde dunkler, Aufruhr kam in die
Menschen.
Mütter nahmen ihre Kinder an die Hand und zogen sie in die Hochhäuser,
Babys kreischten, Menschen riefen wild durcheinander. Und Jenny stand dort
wie angewurzelt, um sie herum rannten Leute in alle Himmelsrichtungen. Sie
wurde angerempelt und geschubst, doch sie bemerkte es kaum. Sie nahm alles
nur noch wie durch einen Schleier wahr. An der Stelle, an der sich die
Schlüsselbeine trafen, brannte sich ein Schmerz ein. Jenny wusste was es war.
Sie wusste es, sie musste nicht hinschauen. Es war ein Mal. Ein Mal in Form
eines Sterns.
Jenny schaute starr geradeaus. Ihre Hand näherte sich dem Mal. Als Jenny es
berührte, spielte sich eine grausame Szene vor ihrem inneren Auge ab.
Eine dünne Frau in einem karminrotem Umhang und ebenso rotem kurzen Haar
- man sah sie nur von hinten - liess einen riesigen schwarzen Skorpion auf eine
am Boden kauernde Gestalt los. Der Skorpion kroch auf die Gestalt zu. Sein
giftiger Stachel bohrte sich in dem Körper. Ein gellender Schrei ertönte. Und
ein hämisches Lachen.
Jenny keuchte. Sie hatte gerade jemanden sterben sehen. Sie wusste nicht, wer
es war. Aber sie wusste, dass sie etwas damit zu tun hatte.
Sie war nun alleine. Ein Wind kam auf. Direkt vor Jenny wirbelte Asche auf,
wirbelte schneller und schneller... und dann fuhr ein Feuerstrahl genau auf diese
Stelle nieder und eine schreckliche Kreatur wurde sichtbar. Sie schwebte knapp
einen Meter über dem Boden, hatte Teufelshörner, spitze Zähne und schien
gänzlich aus Feuer zu bestehen. Das Gesicht war das einer Frau – es war völlig
ausgemergelt und erfüllt mit purem Hass.
Es war eine einzige Fratze – aus Feuer.Rund um Jenny wiederholte sich der
Prozess und es erschienen immer mehr von diesen Kreaturen... Jenny blickte
sich gehetzt um. Sie machte einen Schritt zurück, stolperte und wäre fast
hingefallen. Aaah!
Noch einmal sah sie sich um – es gab keinen Ausweg mehr. Die Kreaturen
hatten sie
eingekesselt.
Jenny war gefangen.
Die Feuerwesen kamen Jenny immer näher und tanzten um sie herum. Dabei
lachten und kicherten sie hämisch. Oh mein Gott, was sind das für Wesen? Was
wollen die von mir?
Jenny versuchte sich zu bewegen, doch es ging nicht. Sie versuchte alles, doch
sie konnte keinen Muskel bewegen. Sie war wie gelähmt.
Die Kreaturen setzten sich nun in Bewegung und ein besonders grosses Wesen
packte Jenny am Arm. Ihr lief ein Schauer über den Rücken und sie bekam eine
Gänsehaut. Die Hand war eiskalt. Jedes Lebewesen mit so einer
Körpertemperatur würde sofort sterben...
Sie hatte Angst. Sie hatte so schrecklich Angst.
Jenny wurde mitgeschleppt. Vor, hinter und neben ihr waren diese Wesen, sie
johlten und sangen. Das Wesen, das Jenny schleppte, flüsterte ihr mit einer
zischelnden, grausamen Stimme ins Ohr: „Ssso, Kleinesss, jetzt kommst du zu
Schlirigina, sssie wird dich foltern, sssie wird dich töten! Wir wollen doch nicht,
dasss das Gute siegt, oder? Hahaha!“
Die Angst verwandelte sich in Panik. Foltern, töten! Kurz vorher hatte sie ein
normales Leben geführt, ja, etwas anderes gab es nicht! Und jetzt sollte jemand
sie foltern und umbringen wollen! Warum, warum? Ich wollte das alles nicht!,
dachte Jenny. Sie war verzweifelt und verwirrt.
Sie riss sich zusammen. Nein, so weit war sie noch nicht. Irgendetwas wurde
hier gespielt, und sie würde es nicht darauf ankommen lassen. Sollten sich diese
Freaks ein anderes Opfer suchen, das sie hineinlegen konnten. Aber nicht mit
ihr. Vielleicht war sie in Dreharbeiten für einen Film gelandet oder jemand
wollte sie so richtig auf den Arm nehmen. Nur – dass es niemanden gab, der
Jenny auf den Arm nehmen wollte. Natascha oder Mrs. Aspir – die hatten
ungefähr so einen Sinn für Humor wie ein Stein.
Aber was sollte sie tun? Sie war doch vollkommen bewegungsunfähig. Denk
nach, denk nach!
Nichts mehr fiel ihr ein und das Einzige, was sie tun konnte, war schreien.
Vorsichtig versuchte Jenny die Lippen zu bewegen.
Mist, es klappt nicht! Ihr schossen die Tränen in die Augen. Aber musste es
wirklich so enden?