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Von Anforderungslisten zu vernetzten Produktmodellen
– am Beispiel der Gebäudeautomation
Dr.-Ing. Oskar von Dungern
enso managers gmbh, Berlin
Unterschleißheim, 1.März 2016
2
Zusammenfassung
Ein innovativer Hersteller der Gebäude-Automation will sein erfolgreiches Produkt-Portfolio
durch eine Familie drahtlos vernetzter Sensoren, Aktoren und Steuerungen erweitern. Dazu
sind 120 systemfähige Geräte zu entwickeln. Zugleich sind minimale Entwicklungskosten und
-zeit gefordert, um die Vermarktungsziele in einem schnell wachsenden Markt zu erreichen.
Ausgangspunkt ist eine Liste von 1300 Anforderungen – doch ist nicht klar, ob sie umsetzbar
sind, wie groß die Lücken und wo die Kostentreiber verborgen sind, wieviel Aufwand für die
Entwicklung zu veranschlagen ist.
Ein interdisziplinäres Team aus Produkt-Managern, Ingenieuren der Fachrichtungen Mechanik,
Elektronik und Software sowie Testern modelliert die Produktstruktur, identifiziert mehrfach
verwendbare Komponenten, definiert eine übergreifende System-Architektur und ordnet
schließlich die Anforderungen den Komponenten zu.
Nach 5 Monaten ist klar, dass über 90% Prozent der Anforderungen umsetzbar sind, welche
Entwicklungskosten eingeplant werden müssen und welche offenen Fragen noch zu klären
sind. Die Lastenhefte für alle 120 Geräte werden aus dem Gesamtmodell erzeugt. Entwickler
und Tester nutzen eine gemeinsame Referenz vernetzter Anforderungen und KonzeptDiagramme.
3
Themen heute
11.
Übergreifende Produkt-Konzeption – worum geht es?
22.
Stand der Technik – wo stehen wir heute?
33.
Das Prinzip der semantischen Vernetzung
44.
Ein wenig Methodik
55.
Ein Beispiel aus der Gebäudeautomation
66.
Ergebnisse und Nutzen
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Themen heute
11.
Übergreifende Produkt-Konzeption – worum geht es?
22.
Stand der Technik – wo stehen wir heute?
33.
Das Prinzip der semantischen Vernetzung
44.
Ein wenig Methodik
55.
Ein Beispiel aus der Gebäudeautomation
66.
Ergebnisse und Nutzen
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Mechanik
Elektronik
Software
?
Verhalten
Komposition
Übergreifende Produkt-Konzeption ?
Anforderungen
1
Für 120
vernetzte Geräte
• Konsistent ?
• Machbar ?
• Qualitätsgesichert ?
Spec
Spec
Spec
Spec
Spec
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Themen heute
11.
Übergreifende Produkt-Konzeption – worum geht es?
22.
Stand der Technik – wo stehen wir heute?
33.
Das Prinzip der semantischen Vernetzung
44.
Ein wenig Methodik
55.
Ein Beispiel aus der Gebäudeautomation
66.
Ergebnisse und Nutzen
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2
Anforderungsmanagement heute
Wie stellen Sie
- Vollständigkeit
- Widerspruchsfreiheit
- Realisierbarkeit
sicher ?
Wie identifizieren Sie
die Kostentreiber ?
2006:
Anforderungslisten
1996:
Textdokument
Wie stellen Sie Bezüge
zwischen
- Anforderungen
- Funktionen
- Bauteilen
her ?
Wie sichern Sie
die Qualität Ihrer
Lastenhefte ?
8
2
System-Modellierung heute
Warum gibt es so viele ‚offene Enden‘ ??
9
2
Analyse
• Anforderungslisten alleine lassen keine Qualitätsaussage zu
• System-Modellierung ist meist sehr detailliert und braucht Erläuterung
• Die Werkzeuge unterstützen die Erstellung konsistenter Spezifikationen kaum
• Qualität hängt von Disziplin und Geisteskraft ab
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Themen heute
11.
Übergreifende Produkt-Konzeption – worum geht es?
22.
Stand der Technik – wo stehen wir heute?
33.
Das Prinzip der semantischen Vernetzung
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Ein wenig Methodik
55.
Ein Beispiel aus der Gebäudeautomation
66.
Ergebnisse und Nutzen
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Verhalten
Komposition
Übergreifende Produkt-Konzeption !
Anforderungen
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Mechanik
Elektronik
Software
Modell
Kern
Für 120
vernetzte Geräte
• Konsistent !
• Machbar !
• Qualitätsgesichert !
Spec
Spec
Spec
Spec
Spec
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3
Diagramme sind Sichten des Modells
Komposition
Eigenschaften:
• Wenige offene Enden
• Aussagekräftig in allen Sichten
• Teilweise automatisch
ermittelte Beziehungen
• Für systematische Modellprüfung
Modell
Kern
Verhalten
Anforderungen
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3
Dokumente mit aktiven Verweisen ausleiten
Komposition
Mechanik
Elektronik
Software
Modell
Kern
Verhalten
Anforderungen
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Themen heute
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Übergreifende Produkt-Konzeption – worum geht es?
22.
Stand der Technik – wo stehen wir heute?
33.
Das Prinzip der semantischen Vernetzung
44.
Ein wenig Methodik
55.
Ein Beispiel aus der Gebäudeautomation
66.
Ergebnisse und Nutzen
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Vom Auge zum Bit: Vier Ebenen der Informationsdarstellung
1. Dokumente sind
Informationsträger
(Medium/Format)
2. Notationen
bestimmen das Aussehen
3. Integriertes Modell
fasst den logischen Inhalt
4. Ganz abstrakt wird alles durch
Objekte und Relationen
gespeichert
✶ ↯ ■ ● ♦
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4
Logische Bedeutung automatisch in semantisches Netz überführen
Modellkern mit
semantisch
verknüpften
Elementen
Accepter
● Devis
Graphische
Darstellung,
Sicht
Client
■
Service comptable
■
‚enthält‘
■ Accepter
‚signalisiert‘, falls …
♦ [valider]
‚löst-aus‘
■ Établir facture
‚schreibt‘
● Facture [émise]
18
4
Fundamental Modelling Concept *
• Pläne (▣) mit 5 fundamentalen Modellelement-Typen ( ■, ●, ♦, ✶, ↯ )
• Mehr logische Stringenz verbessert Einsicht und Ausdruckskraft
• Gemeinsame und vernetzte Modellelemente knüpfen ein semantisches Netz
• Unser Ansatz: Verbreitete Diagrammtypen verwenden (BPMN, SysML, …)
* Prof.Dr. Siegfried Wendt, Gründungsrektor des Hasso-Plattner-Instituts, Potsdam
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Modellelemente in verschiedenen Plantypen (wieder) verwenden
▣
■
●
♦
✶
↯
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Themen heute
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Übergreifende Produkt-Konzeption – worum geht es?
22.
Stand der Technik – wo stehen wir heute?
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Das Prinzip der semantischen Vernetzung
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Ein wenig Methodik
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Ein Beispiel aus der Gebäudeautomation
66.
Ergebnisse und Nutzen
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Beispiel: Dimmer als Teil eines Hausautomatisierungs-Systems
• System mit 120 Produkten/Geräten
mit Bedienteilen, Steuerungen,
Sensoren und Aktoren
• Kabel- und/oder funkvernetzt
(Musterbild)
27
5
Bediensequenzen für den Dimmer aller Bauformen
▣ Prozess
Notation:
BPMN
■ Akteur
♦ Ereignis
■ Akteur
28
5
Systemaufbau des Unterputz-Dimmers
▣ Komposition
Notation:
FMC Blockdiagramm
● Zustand
■ Akteur
29
5
Komponenten und Schnittstellen des Dimmer-Moduls
▣ Komposition
Notation:
FMC Blockdiagramm
Mechanik
Elektronik
Software
■ Akteur
● Zustand
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5
Verhalten der Dimmer-Steuerung
▣ Zustandsmaschine
Notation:
Petri-Netz
♦ Ereignis
■ Akteur
● Zustand
31
5
Aufgabe hierarchisch gliedern
Übergreifende Konzeption
• Gesamtaufgabe gliedern
• Widerspruchsfreiheit,
Vollständigkeit und
Realisierbarkeit prüfen
• Zusammenhänge sichtbar
machen
Fachliche Konstruktion
• Innere Strukturen entwerfen
• Schnittstellen definieren
Simulation
Mechanical
CAD
Electronic
CAD
Software
Design
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5
Zusammenhänge nachvollziehbar machen
W
S
=
C
S
S
=
manuell erzeugt
automatisch erzeugt
(nur eine kleine Auswahl gezeigt)
T
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Themen heute
11.
Übergreifende Produkt-Konzeption – worum geht es?
22.
Stand der Technik – wo stehen wir heute?
33.
Das Prinzip der semantischen Vernetzung
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Ein wenig Methodik
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Ein Beispiel aus der Gebäudeautomation
66.
Ergebnisse und Nutzen
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Projektergebnisse und Erfahrung
• Nach 5 Monaten
• stand die Produktarchitektur,
• waren die Systemkomponenten identifiziert,
• 95% der 1300 Anforderungen zugeordnet
• Daraus wurden die Entwicklungsaufgaben abgeleitet und im Aufwand geschätzt
• und die Realisierbarkeit wurde im Rahmen des Budgets bestätigt.
• Einige erfahrene Ingenieure hatten durchaus Schwierigkeiten, ihre bislang
weitgehend selbstbestimmte Arbeitsweise aufzugeben:
• Fast alle konnten durch Coaching und Zuspruch einbezogen werden,
• wenige mussten in klassische Projekte versetzt werden.
• Interdisziplinäre Projektarbeit funktioniert nicht auf Anordnung.
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6
Nutzen der semantischen Vernetzung von Produktmodellen
• Arbeitsergebnisse verschiedener Disziplinen zusammen führen
• Darin übergreifend suchen und navigieren
• Identische Elemente in verschiedenen Diagrammen finden und konsolidieren
• Logische Beziehungen zwischen Modellelementen verfügbar machen
• Fehler oder Verletzung von Entwurfsregeln erkennen, teilweise automatisch
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6
Bessere Einsicht und höhere Qualität !
2016:
Vernetzte
Produktmodelle
2006:
Anforderungslisten
1996:
Textdokumente
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Auf Standards setzen
Internationale Web-Standards
• (X)HTML, CSS, PNG, SVG, PDF, Unicode, HTTP(S), ….
• Web-Services
OMG ReqIF (Requirements Interchange Format)
• Daten mit weit verbreiteten RM-Tools (DOORS, Integrity, …)
austauschen
• ReqIF-Daten direkt bearbeiten – nicht nur zum Transport nutzen
Codex of PLM-Openness (ProSTEP iViP e.V.)
• Dokumentierte Schnittstellen, Erreichbarkeit aller Daten
• Offen für Erweiterungen durch Dritte
HIS Abstimmprozess für Anforderungen
• Je 2 Attribute ‚Status‘ und ‚Kommentar‘ für OEM und Lieferant
• Rollenspezifische Editierberechtigung
Automotive SPICE
• Prozesse ENG.1-4 (Requirement-Management) unterstützen
• Referenzen für ENG.7-10 (Test-Management) bereit stellen
44
Literatur
[1] Object Management Group: OMG Systems Modeling Language (OMG SysML™), Version 1.3, June
2012. http://www.omg.org/spec/SysML/1.3/.
[2] Boehm, B., Valerdi, R.; Honour, E.: The ROI of Systems Engineering: Some Quantitative Results, 2007
[3] Elm, J.P.: A Study of Systems Engineering Effectiveness: Building a Business Case, 2012
http://resources.sei.cmu.edu/asset_files/specialreport/2012_003_001_34067.pdf
[4] Systems Engineering: Produktentwicklung erfindet sich neu. UNITY AG, 2014,
http://www.unity.de/studien/?file=1A1030B0
[5] Wendt, S.: Ein grundlegender Begriffsrahmen für das Wissensmanagement im Software-Engineering.
In Proceedings „Knowtech“ Dresden 2001. http://www.community-ofknowledge.de/fileadmin/user_upload/attachments/f25.pdf
[6] Knöpfel, A.; Gröne, B.; Tabeling, P.: Fundamental Modelling Concepts – Effective Communication of IT
Systems. ISBN-13: 978-0-470-02710-3. John Wiley & Sons, Chichester, 2005
[7] Dungern, O.v.: Integration von System-Modellen mit fünf fundamentalen Elementtypen.
GfSE Tag des Systems Engineering, Ulm 12-13.11.2015 http://reqif.de/files/resources/enso-m/documentsde/TdSE-2015_Dungern_Modellintegration-mit-fuenf-fundamentalen-Elementtypen.pdf
[8] Kaufmann, U., Pfenning, M.: 10 Theses about MBSE and PLM.
http://gfse.de/Dokumente_Mitglieder/ag_ergebnisse/PLM4MBSE/PLM4MBSE_Position_paper_V_1_0.pdf
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Kontakt
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+49 173 670 9958
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