Das Märchen vom Bücherkönig

Das Märchen vom Bücherkönig
Es war einmal vor langer Zeit, da lebte in einem fernen Land ein König. Er hatte ein
herrliches Schloss auf der Spitze eines Berges. Und darin lebte er mit seiner
wunderschönen Tochter, der Prinzessin. Zum Schloss hinauf führte eine Treppe, die
hatte 26 Stufen. Diese Stufen bestiegen jeden Tag viele, viele Leute aus dem Dorf,
denn der König hatte in seinem Schloss tausende von Büchern. Die durften die Leute
aus dem Dorf alle lesen, wenn sie ihre Arbeit getan hatten.
In der Nähe lebte aber im dunklen Wald eine böse Hexe. Die hasste alle Bücher
und jeden, der lesen konnte. Den König mit seinen vielen Büchern hasste sie am
allermeisten. Sie überlegte lange, wie sie dem König etwas Böses antun konnte.
Schließlich hatte sie eine Idee.
Sie mischte sich unter die Dorfleute, die die Treppe zum Schloss hinaufstiegen und
niemand erkannte sie. So gelangte sie ins Schloss und in den großen Büchersaal des
Königs. Dort saß die Prinzessin und las in ihrem Lieblingsbuch.
„Tausend Jahre sollst du schlafen und solange soll niemand dieses Schloss
betreten“, schrie die Hexe und schwang den Zauberstab. Da fiel die Prinzessin in
einen tiefen Schlaf.
Der König ließ seine weisen Männer rufen, aber sie konnten die Treppe zum Schloss
nicht betreten. Jedes Mal, wenn sie es versuchten, richtete sich eine gläserne Wand
vor ihnen auf.
Der König schickte Boten im ganzen Land herum, aber niemand konnte den Fluch
der Hexe aufheben. Da versprach der König in seiner Not, wem es gelänge, bis ins
Schoss vorzudringen und die Prinzessin zu erlösen, der sollte die Prinzessin heiraten
und König werden.
Viele kamen und versuchten es, aber alle wurden von der gläsernen Wand daran
gehindert, die Treppe zum Schloss hinauf zu steigen.
Als der König schon fast die Hoffnung aufgegeben hatte, kam aus dem entferntesten
Ende des Reiches ein junger Bursche. Er trug einen schweren Rucksack auf dem
Rücken. Den öffnete er und entnahm daraus viele Bücher. Der Bursche sagte: „Da die
Hexe Bücher so sehr hasst, kann ihr Fluch nur mit Büchern bekämpft werden.“ Er
setzte sich auf den Boden, dicht vor die gläserne Wand und fing an, in seinem Buch
zu lesen. Er las und las und als er das Buch zu Ende gelesen hatte, ging er auf die
gläserne Wand zu – und siehe da, die Wand zog sich ein Stück zurück und der
Bursche konnte sich auf die erste Stufe setzen. Doch weiter kam er nicht. Und so
legte er sich auf die erste Stufe zum Schlafen hin. Am nächsten Tag las er wieder
ein Buch, und wieder wich die Wand um eine Stufe zurück. So ging es viele, viele
Tage, bis er schließlich am 26. Tag auf der obersten Stufe stand. Da nahm er sein
Lieblingsbuch und las es. Als er das letzte Wort gelesen hatte, zerbröckelte die
gläserne Wand in 1000 Stücke. Der Busche ging in den Büchersaal des Königs, wo
die schöne Prinzessin gerade ihre Augen aufschlug.
Die Prinzessin heiratete den Burschen und der alte König übergab ihm seinen Thron.
Und die Leute im Land konnten wieder so viele Bücher lesen, wie sie wollten. Und
wenn sie nicht gestorben sind, dann leben und lesen sie noch heute.