Mannschaft (April 2016): Batman und Robin im

HORIZONT Popkultur
HORIZONT
(E
- Popkultur
in Freund für Deadpool wäre gros-
sartig!) Mit diesen Worten äusserte
sich Hollywoodstar Ryan Reynolds
zúm Privatleben der Comicfigur
<Deadpool>>, die er im gleichnamigen Kinof,lm mimt.
Die Figur stammt aus dem Superheldenuniversum
des Marvel-Verlags und gehörte einst der berühmten
<X-Men>-Garde an. Das Interessante an Deadpool abgesehen davon, dass er reihenweise Bösewichte
vermöbelt und mit Vorliebe derbe Sprüche klopft: Er
ist der erste pansexuelle Superheld überhaupt. Und
daraus wird auch kein Geheimnis gemacht, wie das
Statement von Ryan Reynolds zeigt. Dieser wäre denn
auch sofort dabei, wenn ihm in einer Fortsetzung ein
Liebhaber zur Seite gestellt würde, wie er auf dem roten
Teppich einer Premierenfeier er zählte.
Deadpool
Text:
Markus Stehfe
Wiccan und Hulkling,
ein offen schwules
Paar und Teil der
<Young Avengersr.
N¡cht hetero - na und?
Diese offen kommunizierten amourösen Präferenzen des Protagonisten sind in der heutigen Filmwelt
zwar noch aussergewöhnlich genug, um Aufmerksamkeit zu erregen. Der Popularität des Streifens taten sie
aber keinen Abbruch. Bereits am
bi, transgender oder asexuell sind. Die meisten von ihnen
sind eher unbekannt und meist nur eingefleischten Comicfans ein Begriff. Zwei davon: <Wiccan> und <Hulklinp. Die beiden sind ein offen schwules paar und Teil
dercYoungAvengers).DiesesteheninengerVerbindung
zu den berühmten <Avengers>, denen tlet¿en wie Iron
Man, Thor oder Captain America angehören und deren
Abenteuer und ruhmreiche Taten in den letzten Jahren
gleich in mehreren kommerziell erfolgreichen Hollywood-Adaptionen erzählt wurden. Bisher eher unbekannt, erfreuen sich Wiccan and Hulkling nun einer
wachsenden Popularität: Nebst ihren Auftritten in den
Comic-Heften werden sie zum Beispiel im neuen LegoVideogame <Marvel's Avengers> als spielbare Figuren
eingeführt.
Konservative Leserschaft
Die grossen Verlage wagen es also zunehmend, ihre Heldinnen und Helden zu outen. Das ist insofern erfreulich,
als die <Mainstream-Comics der gesellschaftlichen Ent-
wicklung hinterherhinken, gerade im SuperheldenBereich>, sagt Kevin Clarke. Er hat zusammen
im Februar Es wird befürchtet, ein
moderner und offener
brach
umgang mit LGBT_Fragen
mehrere Rekorde. ,";i'o#
startwochenende
lockte er das Publikum in scharen
allzu
vor die Leinwand, der Film
rr
mit
sechs
Co_Kuratorinnen und _kuratoren
die Ausstellung <supereueeroes>
konzipierr, die im <schwulen Munoch bis Ende
:""i:,:
le.rtin
us-amerikani,.n".*,.,,.n;o,- könntãvieleComicfais',i:ilïiïiij'-T:,:::î,rοX;
magazinForbeshat<Deadpool>>in übgrfordgrn.
Kasten). <Die Leserschaft in den
den Vereinigten Staatenunter anUSA ist zumTeil sehrkonservativ>,
derem das erfolgreichste Kinodebüt aller bisherigen
X-Men-Filme hingelegt, und Ryan Reynolds wirkte bis
anhin noch in keinem Film mit, der am Eröffnungswochenende mehr Geld in die Kassen spülte.
(Batmanund Robin
im Bet[ das wäre der
Durchbruch!>
Batwoman ist lesbisch, Green Lantern schwul und Deadpool
pansexuell. Seit mehreren |ahren werden in der Welt des Mainstream-Comics immer wieder Superhelden und -heldinnen
geoutet. Es ist ein Trend, der nicht zuletztvon Hollywoods Topregisseuren befeuert wird.
vielen
2016
eincanderesVerständnisvonsexualitäbvorherrsche.<Die
bekannten Verlage machen sich bisweilen Sorgen um die
Loyalität dieser Leserinnen und Leser.> Es wird beftirchtet,
Deadpool - einer von
ein allzu moderner und offener Umgang mit LGBT_Fragen
Deadpool ist prominentes und jüngstes Beispiel in einer könnte viele Comicfans überfordern und vergraulen. Ein
immer länger werdenden Reihe von Mainstream-Comic- Beispiel für diese Angst sieht Kevin in der teils stiefmütHelden und -Heldinnen, deren sexuelle Orientierung
terlichen Behandlung des Themas durch die Fachpresse,
der Heteronorm abweicht. Vor rund vier ]ahren
auch in deutschsprachigen Gefilden. <Führende deutsche
Beispiel schaffte es <Green Lantern> in die Schlagzeilen, Comiczeitschriften haben anfangs weder unsere
der bekannte Star aus dem Verlagshaus DC. <Coming- <SuperQueeroes>-Ausstellung noch die ganzensuperhelout eines Superhelden> odercGreen Lantern ist ab sofort den-Outings derletztenJahre behandelu, sagtder
49-lähschwul>> titelten etwa Spiegel Online oder der Tages- rige. Die Mainstreammedien hätten diesbezüglich sehr
Anzeiger, nachdem Autor James Robinson ohne grosses viel weniger Berührungsängste gezeigt und auf unBrimborium angekündigt hatte, Green Lantern werde
komplizierte Art und Weise über das Thema berich-
von
zum
Green
Lantern
in
der Neuauflage der Serie <einfach schwul sein>. Mit tet.
(Batwoman) ist eine weitere berühmte DC-Heldin homosexuell. Im Comicalltag heisst sie Kate Kane, zoo6
wurde sie als lesbisch geoutet.
Bereits r99z outete sich Marvel-Held <Northstar> und
im Jahr zotz führte er in Nummer 5r der <Astonishing
X-Men>-Serie seinen Freund gar vor den Traualtar.
Northstar wurde damit zum ersten Mainstream-Superhelden, der seinen gleichgeschlechtlichen Partner ehelichen durfte. Im Marvel-Universum tummeln sich zahlreiche weitere LGBT-Charaktere. Auf der Internetseite
marvel.wikia.com werden in eigens eingerichteten Kategorien sämtliche Figuren aufgelistet, die schwul, lesbisch,
+2 April
erklärt Kevin. Die Grosszahl der Fans lebe im mittleren
Westen und damit in Gebieten des Landes, in denen noch
Wachsender Rückhalt
Die Sorgen um eine Abkehr der konservativen Leser
wirkten sich lange Zeit auch auf die Comicmessen aus.
In den Ausstellungshallen der sogenannten <Comic
Cons> hätten queere Comics bis vor Kurzem nichts
verloren, sagt Kevin. Erst in jüngster Vergangenheit
entwickle sich die Szene langsam dahingehend, dass
auch Anbieter von LGBT-Werken mit ihren Ständen an
den Comic Cons vertreten seien. <Immer mehr Fans stehen zu diesem Teil der Community, lassen queere Inhal-
te zu oder heissen sie gar willkommen), erklärt Kevin.
April 2016 43
HORIZONT
- PoPkullur
Einer seiner Co-Kuratoren, der US-amerikanische Comicexperte Justin Hall, sagte es gegenüber queer'de so:
<Die amerikanische Comicindustrie hat die queeren
Superhelden nicht sofort mit offenen Armen aufgenommen.> Bis zu den vielen Coming-outs der jüngsten Vergangenheit sei es ein langer Weg gewesen'
Hollywoodregisseuren und X-Men sei Dank
Ein Weg, der nicht zuletzt von Hollywoodregisseuren
geebneiwurde. Einer von ihnen ist der offen bisexuelle
áryan Singer, der bei mehreren X-Men-Filmen Regie
dass
führte. In Interviews hat er schon mehrfach betont'
zeneine
Bisexueller
und
als
Jude
seine eigene Identitât
Minderheiten'
mit
Umgang
den
trale Filmthematik,
stark geprägt habe. Im Gespräch mit dem US-amerika-
er die nicht
verschiedensten Paralleluniversen>, erklärt
Funktionsund
Gesetze
verstehenden
zu
ganz einfach
nischen Moderator Charlie Rose zum Beispiel sagte
Singer, in den Filmen gehe es nebst <all den Kostümen
und Spass>
ur-,J Kämpfen sowie dem ganzen Spektakel
Vorschädliche
Um
Fragen'
um wichtige philosophische
Aussenseiter
ein
Gefühl,
urteile zum Beispiel, um das
zu sein, und um die blinde Angst
mancher Leute vor Unbekanntem. Viele junge Menschen, die
ihren Platz in der Welt suchen,
würden von diesen Themen angesprochen.
Gerade auch LGBT-Teenager
de-ln
Disein Prinzip, das sich zum Beispiel auch in vielen
in
ney-Zeichentrickfilmen findet (Mannschaft berichtete
ist der Kasder Septemberausgabe). Klassisches Beispiel
der
unverfroren>'
,.rlr.hlug.. <Die Eiskönigin - Völlig
Gabe'
die
über
sich um Prinzessin Elsa dreht' Sie verfügt
verlangen
Eis, Frost und Schnee zt erzeugeî' Ihre Eltern
vervon ihr, dass sie ihre Zauberkraft unterdrückt und
Mitmenihren
borgen hält, was Elsa zunehmend von
schen isoliert - bis sie, als Erwachsene, aus dem
elterlichen Schloss entflieht und ihre Kräfte
endlich raus- und zulässt. Die Parallelen zu
einem Coming-out liegen auf der Hand'
Test bestanden - vorerst
Trotz implizit queerer Botschaft, der Erfolg
der X-Men-Serie blieb nicht aus und auch die
Lantern
öffentlichen Outings von Deadpool, Green
worden'
oder Batwoman seien gut aufgenommen
dürfte
sagt Kevin. Auf die grossen Comicverlage
dies ermutigend wirken'
LanWobei: Gerade das Coming-out von Green
tern muss laut Kevin Clarke etwas relativiert betrachtet werden. <Es gibt verschiedenste Versionen
in
und Varianten des Green Lantern, und das erst noch
44 April
20Ìô
von
LGBTI
*
-C
om ic -Held f - innen>>
Batman
grosse, kommerzielle Publikum für einen bekannten
Ichwulen Superhelden schon bereit wäre, kann gemäss
Kevin noch nicht mit Sicherheit gesagt werden'
<Singer zeigte den Verlagen,
dass man LGBT-Themen
ansprechen und
behandeln kann, ohne
dies exPlizltzutun.>
können sich mit den Problemen
Letzteren
der X-Men identifizieren, handelt es sich bei
wäh<sich
Kräfte
doch um Menschen, deren besonderen
Welt
der
vor
sie
die
rend der Pubertät entwickeln und
beschreibt'
Hall
verheimlichen müssen>, wie es Justin
auf
Es fällt nicht schwer, dieses Konzept der X-Men
Verden
zeigte
<Singer
queere Art und Weise zu lesen'
und behanlagerr, dass man LGBT-Themen ansprechen
Dies ist
Kevin'
so
tun),
kann, ohne dies explizit zu
Batwoman
auch auf
del der letzten Jahre und die zunehmende Akzeptanz
das
Homosexualität zurückzuführen' Und trotzdem: Ob
DerAnlass
bist Du.
<SuperQueeroes - Unsere
erklärt
welsen der Comicwelt' Als offiziell schwul
zorr
der
Lantern'
Green
derjenige
wurde nicht
flaKinoleinwände
die
über
publikumslvirksam
Helgrünen
des
Frühfassung
eine
ckerte, sondern
Neuaufladen, den nur wenige kannten' Für eine
einfach
nun
Figur
diese
wurcle
ge des Comics
<Beim
dargestellt'
homosexuell
verjüngt und
gewissich
es
handelt
Lantern
schwulen Green
sermassen um eine Testversion, die aufzeigen
soll, wie das Publikum einen homosexuellen
Helden aufnimmt>, fasst Kevin zusammen'
Immerhin, der Test verlief gut' Das ist sicherlich
Wanden bemerkenswerten gesellschaftlichen
Die Fledermaus darf noch nicht
faus
Bei keinem Geringeren als Batman, einem der ganz grossen
Wonderwoman and HornY DYke,
O 201 1 Helena Janecic
BAT
Comic-Helden, böte sich ein solches Coming-out jedenfalls an'
Seit Jahrzehnten wird darüber
wohl schwul sei
Fledermausmann
debattiert, ob der
nach getaner
auch
Robin
Gehilfen
und mit seinem
im wahrsten
stecke
Decke
einer
Heldenarbeit unter
Sinne des Wortes.
Vor ein paar Jahren setzte Grant Morrison' seit
zoo6 offizieller Batman-Autor, diesen Diskussionen im
Prinzip ein Ende. In einem vielbeachteten Interview
mit dem Playboy äusserte sich Morrsion dahingehend'
nicht
dass Batman <sehr, sehr schwul ist>, wobei das
zu
nicht
einfach
sei
Vielmehr
sei.
abschätzig gemeint
schwul
vollkommen
<<ganzeKonzept
leugnen, dass das
ist>.
Tatsächlich ist mit Blindheit geschlagen, wer dies
hinvon der Hand weisen will: Bruce Wayne, der Mann
Zeitam
seine
der
ter Batman, ist ein ewiger Junggeselle,
jungen
liebsten mit seinem älteren Butler sowie dem
jeden
anliegenden'
eng
Mann verbringt und in einem
ihn
das
um
Kostüm,
Muskel zur Geltung bringenden
Nacht
für
Nacht
beneidet,
jeder Fetischparty-Besucher
hat
auf Schurkenjagd geht. Trotz alledem: Der DC-Verlag
bestätigt'
nicht
immer
Batmans Homosexualität noch
Batman und Robin offiziell als schwul geoutet
<Dass
Kevin
werden, ist die Urangst vieler Comicfans>' sagt
zusamRobin
und
Clarke. Für ihn steht fest: <Batman
men im Bett, das wäre der Durchbruch'>
Wann dieser Durchbruch erfolgt - und ob er überhaupt
erfolgt -, ist unklar. Doch die Zeichen stehen gut' dass
auch Batman bald einmal zu seiner gleichgeschlechtlichen Orientierung stehen darf. Nach all den Jahren und
all den guten Diensten, die er der Welt erbrachte, hätte
er es mehr als verdient. @
wr¡n
4
.t
Batman, Archiv Schwules
Museum*
7HE
Noch bis Ende Juni zeigt das <schwule Museum'u Berlin
in einer Sonderschau dìe Geschichte queerer ComicHeldinnen und -helden. Dieser Begriff wird dabei bewusst
weìt gefasst: uDie Ausslellung soll zeigen, dass mit Superheldencor¡ics nìcht nur die US-amerikanischen Klassiker
gemeint sind, sondern dass auch Alltagsgeschichten vot-l
LGBTI-Personen Heldengeschichten sein könnenr, sagt
Kevin Clarke, Vorstandsmitglied des Schwulen Museums
und Co-Kurator der Ausstellung'
queerer Cor¡ics
So werden zr-rm Beispiel auch die Autoren
wichtige
LGBTI-Thenur
nicht
Arbeit
ihrer
in
ciie
vorgesteìlt,
viel
nren ansprechen und diskutieren, sondern oft auch
gegen Vorurteile tind
sich
um
benÖtigten,
Mut
urrcl
Kraft
von
Diskriminierung durchzusetzen Nebst den Arbeiten
auch die
weniger bekannten Cornicschaffenden werden
etwa
gezeigt'
queeren Comicszene
Werke von Stars cier
Japaners
diejenigen des Fintretr Tom of Finland' des
Ralf König'
Gengoroh Tagame oder des Deutschen
mehrköpfiges Team von
Hinter der Ausstellung sleht e¡n
aus Ländern wie Spanien'
Kuratorinnen und Kuratoren' die
Schweiz stammen
Deutschland, den USA oder der
www.schwulesmtlseum de
www.rhomberg.ch/acg