Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG

Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG
… eine Tarifauseinandersetzung um Schutz und
Sicherheit …!
WSI Tarifpolitische Tagung 2015
Düsseldorf, 8. Oktober 2015
Stephan Teuscher,
Bereichsleiter für Tarifpolitik im
Bundesfachbereich Postdienste, Speditionen und
Logistik
Gründung von
DHL Delivery Gesellschaften

Unter dem Dach der „DHL Delivery GmbH“ wurden Januar 2015 insgesamt
49 DHL Delivery Regionalgesellschaften gegründet:
Handelsregister:
•
„Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung logistischer Dienstleistungen,
insbesondere Beförderung und Zustellung von Paketsendungen.“
 Damit wurde der Vertrag zum Schutz vor Fremdvergabe Von
Zustellbezirken gebrochen:
− „Die Fremdvergabe von Zustellbezirken vom Unternehmen Deutsche
Post AG an ein anderes Unternehmen (auch innerhalb des
Konzerns) ist bis zum 31.12.2015 ausgeschlossen.
Abweichend hiervon können im Pilotbetrieb bis zu maximal 990
Paketzustellbezirke vom Unternehmensbereich Brief der Deutschen
Post AG an andere Unternehmen vergeben werden.“
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Das aktuelle Tarifniveau bei der DPAG ist
Ergebnis von Tarifvereinbarungen zwischen
Postvorstand und ver.di aus April 2013
Post-Vorstand begründet
Vorgehen mit Personalkosten der
Wettbewerber
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Vertrag „Ausschluss
Fremdvergabe“ Teil des
Schutzpaketes seit
Oktober 2000
 Der Vertrag „Ausschluss der Fremdvergabe in der Zustellung“ wurde
erstmals 20.10.2000 vereinbart.
 Der Vertrag wurde seit dem Jahr 2000 fünf mal angepasst und verlängert,
letztmalig am 05. Oktober 2011 - Es erfolgte eine Verlängerung bis
31.12.2015!
 ver.di hat Klage gegen den Vertragsbruch der DPAG eingereicht!
 1. Kammertermin vor dem Arbeitsgericht erst am 26. August 2015!
 Es besteht keine Aussicht auf rechtskräftige Entscheidung der Gerichte
vor dem 31.12.2015!!!
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Tarifkommission
 Wie reagiert ver.di auf den Vertragsbruch?
 Welche Reaktion auf den Vertragsbruch kann unsere Mitglieder
mobilisieren?
 Wie werden wir auseinandersetzungsfähig ohne eine unzulässige
Tarifforderung zu stellen?
 Können wir Sachverhalte die bis zum 31.12.2015 geregelt sind (z.B.
Kündigungsschutz, Fremdvergabeschutz, Ratioschutz), bereits jetzt in die
Verhandlungen mit einbeziehen?
 Ausschluss Fremdvergabe Briefzustellung und Kündigungsschutz
sowie erweiterter Rationalisierungsschutz gilt bis zum 31.12.2015!
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Zulässigkeit von
Tarifforderungen
 Streiks zur Abwehr von unternehmerischen Entscheidungen zur
Fremdvergabe oder Standortverlagerung sind in Deutschland
unzulässig.
• Im „Kernbereich der Unternehmensentscheidungen“ sind nur freiwillige
Tarifvereinbarungen zulässig! Tarifforderungen die den Kernbereich von
Unternehmensentscheidungen berühren, sind damit keine zulässigen Tarifziele
(Verzicht auf Betriebsänderung etc.).
• Unternehmerische Entscheidungen werden damit aus der Erstreikbarkeit
ausgeklammert.
• Die durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierte „Tarifautonomie“ wird von der durch Art. 12
Abs. 1 GG geschützten „Unternehmerfreiheit“ verdrängt!
 Auch wenn zulässige Streikbeschlüsse gefasst werden, es der
Gewerkschaft aber ersichtlich um andere Ziele geht, lässt sich ein
Streik nicht mit Hinweis auf die Forderung im Streikbeschluss
rechtfertigen und wäre unzulässig!
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Zulässigkeit von
Tarifforderungen

LAG untersagt am 09.09.2015 Streiks der Cockpit e.V. weil nicht
tarifvertraglich regelbare Ziele der Gewerkschaft verfolgt wurden!
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ver.di reagiert mit
Tarifforderung

Tarifforderung § 22 „Arbeitszeit“ wurde durch Tarifkommission am
12.03.2015 beschlossen.

Der einseitige Vertragsbruch der DPAG wird durch eine tarifpolitische
Forderung nach einer Wochenarbeitszeitverkürzung auf 36 Std. bei vollem
Lohnausausgleich kompensiert (Volumen 6,5 %).

Das Ziel ist: Schutz und Sicherheit muss wieder hergestellt werden
oder die Delivery kommt vom Tisch!

Tarifkommission hat am 12.03.2015 die Entgelttabellen des ETV DPAG
fristgerecht zum 31.05.2015 gekündigt, Friedenspflicht endet am 01.06.15.

ver.di fordert in den Tarifverhandlungen zum Entgelt eine Entgelterhöhung
von 5,5 % bei einer Laufzeit von 12 Monaten.

Schutz und Sicherheit hat höchste Priorität!
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Tarifverhandlungen

1. Eröffnungsrunde am 19.03.2015
•
•
Tarifverhandlungen zur Arbeitszeit bei der Deutschen Post AG werden eröffnet.
Warnstreiks ab 1.April!
… in den weiteren 4 Verhandlungsrunden gab es keinen Fortschritt!


6. Verhandlungsrunde 01. + 02.06.2015
•
ver.di macht umfassendes Gesamtangebot
•
Fortschreibung des Schutzpaketes vom 01.01.2016 bis 31.12.2020,
•
Rückführung DHL Delivery,
•
Anpassung der Entgeltstufen (24 Monate auf 36 Monate),
•
Entfristungen, Übernahme Azubi,
•
moderate Entgelterhöhung und Beibehaltung der WAZ von 38,5 Std.
•
Erklärungsfrist bis zum 04.06.2015 verstreicht!
Ver.di erklärt das Scheitern der Verhandlungen und ruft ab 8.Juni zum
unbefristeten Streik auf!
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ver.di Tarifangebot
•
Das ver.di-Tarifangebot vom 01.06.2015 hatte die Funktion für unsere Mitglieder
erkennbar eine Verlängerung der Schutzverträge vorzuschlagen, ohne dass dazu
explizit eine Tarif-Forderung (unzulässige Tarifforderung) gestellt wird. Die
Verhandlungen waren nach Ablehnung des Angebotes gescheitert!
•
Nach 3 Wochen unbefristetem Streik fordert ver.di die Post AG zu einer weiteren
Verhandlungsrunde auf.
•
Der Streik von mehr als 32 000 Beschäftigten wird bis zu einer Lösung fortgesetzt.
•
3. – 5. Juli In einer 7. Verhandlungsrunde gelingt es zu einem umfassenden
Ergebnis zu kommen.
•
5. Juli In der Sitzung Tarifkommission wird von der Tarifkommission eine
Mitgliederbefragung verworfen – was sollen die Mitglieder bei dieser schwierigen
Sachlage gefragt werden?!
•
Die Tarifkommission stimmt dem Verhandlungsergebnis einstimmig zu
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Verhandlungsergebnis
 Schutz und Sicherheit für Beschäftigte der DPAG (1)


Ausschluss Kündigungen/Rationalisierungsschutz bis 31.12.2019
•
betriebsbedingte Kündigungen,
•
betriebsbedingte Änderungskündigungen
•
Erweiterter Rationalisierungsschutz
•
bis zum 31.12.2019 verlängert (48 Monate!)
Schutz des Arbeitsplatzes Paketzustellung DPAG unbefristet
•
7.700 Paketzusteller der Deutschen Post AG erhalten mit arbeitsvertraglicher Nebenabrede
unbefristete Garantie für Tätigkeit in Paketzustellung!
•
Die Nebenabrede ist ordentlich nicht kündbar!
•
Versetzung zum Zwecke der Fremdvergabe von Zustellbezirken wird ausgeschlossen!
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Verhandlungsergebnis
 Schutz und Sicherheit für Beschäftigte der DPAG (2)

Ausschluss Fremdvergabe Brief-, Verbundzustellung, Abteilung Verkehr bis
31.12.2018 verlängert!
•
Bis zum 31.12.2018 (36 Monate) wird die Fremdvergabe von Zustellbezirken in der Brief- und
Verbundzustellung ausgeschlossen (auch s.g. Inselbezirke)!
•
Klarstellung im Vertrag, dass mit dem Ausschluss der Fremdvergabe von Zustellbezirken bis zum
31.12.2018 „alle Zustellebzirke der Brief- und Verbundzustellung im UB PeP ausschließlich von
der DP AG betrieben“ werden!
•
Eigenbeschäftigungsquote von mindestens 2.600 Arbeitseinheiten im Transport (Abt. Verkehr)
wird unverändert bis 31.12.2018 (36 Monate) verlängert!

Gegenleistungen aus altem Schutzpaket werden fortgeführt!
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Verhandlungsergebnis
 Perspektive für befristete Beschäftigte / Azubi DPAG

Befristet Beschäftigte die am 01.07.2015 länger als 24 Monate befristet sind
werden bei Eignung entfristet (ca. 5.000 Beschäftigte)!

Auszubildende des Prüfungsjahrganges 2015 werden bei Eignung im UB PeP
unbefristet und vollbeschäftigt übernommen!
•
FKEP erhalten das Wahlrecht ein unbefristetes Arbeitsplatzangebot in Vollzeit bei DHL Delivery
oder DP AG anzunehmen.
•
Dieses Wahlrecht erhalten auch die noch befristeten FKEP des Prüfungsjahrganges 2014.
•
Wahl wird schriftlich dokumentiert!
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Verhandlungsergebnis

Entgelterhöhung
•
400 € Einmalzahlung an Arbeitnehmer mit Entgeltanspruch (Ersatzleistungen) im Oktober 2015
− 200 € Azubi + BA-Studenten Oktober 2015 (Ausnahme Einstellungsjahrgang 2015)

•
+ 2 % ab 01.10.2016 - Entgelttabellen / Besitzstandstabellen / Azubi + BA- Vergütungen
•
+ 1,7 % ab 01.10.2017 - Entgelttabellen / Besitzstandstabellen / Azubi + BA- Vergütungen
•
Laufzeit bis zum 31.01.2018
Postzulage
•

Die bis zum 31.05.2015 bestehende Postzulage (4% der individuellen Besoldung + 10,42 €
(monatlich) für Beamte A2 bis A8 wird bis zum 31.01.2018 weiter gewährt.
ATZ Beamte
•
Postspezifische Regelungen zur ATZ Beamte werden auf Grundlage Neufassung PostPersRG
übertragen! Rücklage Einkommensabhängige Aufstockung auf 40 Mio € erhöht.
•
Im Zusammenhang mit Anpassung ATZ Bea (Übergangsregelungen) Einmalzahlung von 300 € für
Oktober 2016 (aktive Beamte August 2016) vereinbart!
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Übersicht Ergebnis Schutz
Thema der
Verhandlungen:
Schutz vor
Beendigungs- und
Änderungskündigungen
Stand vor Streik
Angebot der Post AG
Ergebnis / Vertrag:
Schutzvertrag endet
am 31.12.2015
Verlängerung bis
31.12.2018
Verlängerung bis 31.12.2019
Verlängerung TV 444
(Sozialplan) für Alle
Vertrag läuft bis
31.12.2015
Kein Angebot, kein Schutz
Verlängerung bis 31.12.2019
(48 Monate)
Absicherung der
vorhandenen
Paketzusteller
Gründung DHL
Delivery Januar 2015,
kein Schutz der
Paketzusteller
Kein Angebot, Verlust
weiterer Arbeitsplätze
durch Überleitung
Paketzustellung
Individueller unbefristeter
Schutz der Paketzusteller
DPAG
Kein Angebot;
(48 Monate)
Schutz vor
Fremdvergabe in der
Brief- Verbund- und
Inselzustellung
Schutzvertrag endete
am 31.12.2015
Ausweitung der Delivery ab
01.01.16 wurde nicht
ausgeschlossen
Schutz vor Fremdvergabe bis
31.12.2018 verlängert !
Klarstellung, dass alle
Zustellbezirke Brief u.
Verbund (Insel) in PeP von
DPAG betrieben werden!
Sicherung
Eigenleistung
Transport
Schutzvertrag endete
am 31.12.2015
Kein Angebot, alle
vorhandenen Fahrer
schutzlos ab 1.1.2016
Vertrag wird unverändert bis
31.12.2018 verlängert
Unbefristete
Übernahme der
Auszubildenden und
Befristeten
Keine Regelung, seit
2014 kaum
Entfristungen in der
Zustellung
Azubi Übernahme in Vollzeit
unbefristet mit Wahlrecht
Änderungen im
Entgelttarifvertrag
DPAG
DPAG fordert neues
„wettbewerbsfähiges“
Entgelt für
Beschäftigte DPAG
Keine Eingriffe in das
Entgeltsystem! Bisherige
Entgelttabellen werden weiter
angehoben!
Bundesfachbereich Postdienste, Speditionen und
Logistik
Entfristungen bei >24 Monate
Befristung u. Eignung
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Arbeitskampf bei der
Deutschen Post AG

Die Interessen unserer Mitglieder mussten mit einem Arbeitskampf
durchgesetzt werden. Dieser Streik war der schwerste in der Geschichte
der Deutschen Post AG
•
Der Arbeitskampf hat über drei Monate gedauert (1. April 2015 bis 7. Juli 2015)
•
In der Zeit vom 1. April 2015 bis 30. Mai 2015 fanden bundesweit jeweils auf einen oder mehrere
Tage befristete Streiks statt. In der Zeit vom 8. Juni bis 7. Juli fand ein unbefristeter Streik statt.
•
Beteiligt waren die Tarifbeschäftigten und Auszubildende aller 49 Produktionsniederlassungen
einschließlich der Internationalen Post (Paketzusteller, Briefzusteller, Verbundzusteller,
Verteilkräfte in den Briefzentren und Paketzentren, die Fahrer, Bereiche der Postfachverteilung
sowie das Postkundentelefon).
•
Es befanden sich am Ende der Auseinandersetzung über 32 000 ver.di-Mitglieder im unbefristeten
Ausstand.
•
Insgesamt wurde an 46 Tagen gestreikt.
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Arbeitskampf bei der
Deutschen Post AG
 Die Deutsche Post AG hat mit einer Vielzahl von Maßnahmen
versucht, das Streikrecht auszuhöhlen
• Einsatz von Verwaltungskräften aus dem Unternehmen in den Brief- und
Paketzentren
• Beamteneinsätze
• Sonntagszustellung (ohne Antrag auf Genehmigung)
• Einsatz von Leiharbeitnehmern
• Einsatz von Werkvertragsunternehmen
• Spontane befristete Einstellungen
• Einsatz von Konzernbeschäftigten aus Polen, aus den Niederlanden, aus der DHL
Delivery GmbH bei der Deutschen Post AG
Hier besteht aus Sicht von ver.di ein politischer Handlungsbedarf.
Das Streikrecht darf in einer Demokratie nicht zum Papiertiger verkommen!
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Wir, die ver.di-Mitglieder haben das erreicht:
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