Hessischer Rundfunk hr2-kultur Redaktion: Inge Kämmerer 1965 – Der Pop wird volljährig The Who: “My Generation“ (5) von Klaus Walter Sendung: 10.07.2015, hr2-kultur Autor: Klaus Walter Sprecherin: Karmen Mikovic Sprecher: Vincent Glander Producing: Klaus Walter hr2hr2-kultur / Bildung Copyright Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der Empfänger darf es nur zu privaten Zwecken benutzen. Jede andere Verwendung (z.B. Mitteilung, Vortrag oder Aufführung in der Öffentlichkeit, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verteilung oder Zurverfügungstellung in elektronischen Medien, Übersetzung) ist nur mit Zustimmung des Autors/der Autoren zulässig. Die Verwendung zu Rundfunkzwecken bedarf der Genehmigung des Hessischen Rundfunks. 1965 – Der Pop wird volljährig – The Who: „My Generation“ (5) Mose Allison Allison Young man blues 0.20 Sprecher: Ein junger Mann besitzt nichts in der Welt von heute, In den alten Tagen, da war ein junger Mann noch ein starker Mann, aber heute ist es der alte Mann, der das ganze Geld hat und ein junger Mann besitzt nichts in der Welt von heute Autor: Dieses Klagelied vom mittellosen jungen Mann stammt aus den Fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts und wird gesungen von Mose Allison, dem amerikanischen Jazz- und BluesPianisten. In England hört ein gewisser Pete Townshend das Lied, er ist zwölf, dreizehn, noch nicht einmal ein junger Mann, aber er identifiziert sich mit dem jungen Mann aus dem Lied von Mose Allison. Fünfzehn Jahre später ist Pete Townshend Gitarrist und Chef einer großen Rockband. Diese Band gibt 1970 ein Konzert in der englischen Industriestadt Leeds, und sie spielt den „Young Man Blues“. The Who Young man blues Autor: Pete Townshend spielt Gitarre, Roger Daltrey singt den „Young Man Blues“ “The Who” 1970 auf ihrem Album „Live At Leeds“. Zu dieser Zeit haben viele britische Bands ältere Songs von amerikanischen Blues-Sängern im Repertoire. Der „Young Man Blues“ von Mose Allison hat allerdings eine ganz besondere Bedeutung für „The Who“, so Pete Townshend: Sprecher: „Ohne Mose Allison hätte ich `My Generation´ niemals geschrieben.“ 1.40 Seite 2 1965 – Der Pop wird volljährig – The Who: „My Generation“ (5) The Who My Generation (Anfang bis 0.29) Sprecher: Die Leute wollen uns niedermachen, bloß weil wir hier rumhängen. Was sie da tun, das sieht so schrecklich kalt aus, Ich hoffe ich sterbe, bevor ich alt werde. Autor: The Who im Herbst 1965, „My Generation“, die Mutter aller Songs über den Konflikt der Generationen. Pete Townshend, der Autor von „My Generation“ ist zwanzig und spricht für eine Jugend, die sich nicht verstanden fühlt von ihren Eltern. Aus heutiger Sicht ist nicht mehr so ganz klar, was zuerst da war: „My Generation“ oder das gesellschaftliche Phänomen, das wir als Generationskonflikt kennen: Ich will sterben, bevor ich so alt werde wie ihr, Oder: Ich will sterben, bevor ich so werde wie ihr. Keith Moon nimmt den Song beim Wort. Moon ist der keinem Exzess abgeneigte Schlagzeuger von „The Who“: auch begabt in anderen Disziplinen des Rock´n´Roll: Fernseher-aus-dem-Hotelzimmer-werfen, oder auch Luxus-Limousinen-in-den-Pool-fahren. Keith Moon also tritt mit zweiunddreißig ab, neue Drummer kommen und gehen, „The Who“ machen weiter. Bei den Olympischen Spielen 2012 in London haben sie ein Heimspiel: 3.00 Sprecher: “1.00 Uhr: Dann treten die Altrocker von The Who zum musikalischen Finale an. Pete Townsend kann's noch. Und da ist sie, die legendäre Windmühle. Stadionfeuerwerk zu „My Generation“. Konfetti für alle.” Autor: So heißt es am 12. August 2012 im Taz-Liveticker zur Olympia-Abschlussfeier in London. Die Windmühle – das ist die berühmt-berüchtigte kreisende Armbewegung von Pete Townshend, mit der Windmühle traktiert er seine Gitarre, bevor er sie zum guten Schluss vollends zerschmettert. Die Zeitschrift Rolling Stone wählt „My Generation“ auf Platz elf unter den größten Songs der Pop-Geschichte. 50 Jahre nach seiner Entstehung ist das Lied immer noch der Höhepunkt eines jeden Konzertes von „The Who“. Pete Townshend und Roger Daltrey, die beiden Überlebenden der Band, sind inzwischen siebzig. Wenn sie heute „My Generation“ spielen, dann herrscht zwischen den Generationen: Friede, Freude, Eierkuchen. Fans von 17 bis 97 sind sich einig: vielleicht doch lieber alt werden vor dem Sterben. 4.00 Seite 3 1965 – Der Pop wird volljährig – The Who: „My Generation“ (5) They Might Be Giants I hope that I get old before I die (0.10) Sprecher: “Ich hoffe, ich werde alt, bevor ich sterbe” Autor: „They Might Be Giants“, das amerikanische Komikerduo, dreht den Spieß um und landet ein paar wohlfeile Lacher: I hope that I get old before I die. Die Retourkutsche stammt aus dem Jahr 1987, da ist längst klar: Rockmusik ist Entertainment für die ganze Familie. Die Sechziger sind vorbei, der Generationskonflikt, wie wir ihn kannten, ist passé. 4.40 Sprecherin: "Ich bin aufgewachsen mit der Gewissheit, dass alles schon passiert ist. Die Beatles, die Beach Boys, Beethoven. Dass Elvis in Amerika den McCarthy-Ismus zerquetscht hat, dass die Beatles John F. Kennedy gewählt haben und die Rolling Stones für Aufstieg und Fall von Robert Kennedy verantwortlich waren. Und kurz danach beendeten die Doors im Handstreich den Vietnam-Krieg. Kurz gesagt, ich wuchs auf mit der Gewissheit: ich bin zu spät geboren." Autor: So beginnt „Route 666 - On The Road To Nirvana”, das Generationen-Buch der amerikanischen Autorin Gina Arnold. Aber dann…5.10 Nirvana Smells like Teen spirit (15/4.00) Autor: Dann kommt eine neue Band und Gina Arnold ist vielleicht doch nicht zu spät geboren. „Smells Like Teen Spirit“ von Nirvana, für einen Moment ist er wieder da – der Spirit des Aufruhrs, das gute alte: Wir gegen Sie. Sprecher: „Ich hoffe ich sterbe, bevor ich Pete Townshend werde.“ Seite 4 1965 – Der Pop wird volljährig – The Who: „My Generation“ (5) Autor: Schreibt Kurt Cobain in sein Tagebuch. Townshend, der Erfinder von „My Generation“ überlebt, Cobain erschießt sich, bevor er Townshend wird, am 5.April 1994, mit 27 Jahren. 5.55 Kristof Schreuf My Generation Autor: Eine späte, gewissermaßen dialektische Auflösung der Altersfrage im Pop verdanken wir Kristof Schreuf. Der Berliner Musiker singt 2010 „My Generation“ aus der Perspektive des Mittvierzigers. A Capella, ohne großes Rock´n´Roll-Pathos, und zu einer neuen Melodie. Schreuf singt „My Generation“ zur Melodie von „Scarborough Fair“, den alten Folksong hatten in den Sechzigern Simon & Garfunkel populär gemacht. Simon & Garfunkel Scarborough Fair Autor: So kommentiert Schreuf ziemlich clever die ewige Zwickmühle von Pop & Leben: I hope I die before I get old, schön und gut, aber jetzt bin ich schon so weit gekommen. Also doch, so weh es auch tut: I hope that I get old before I die. Seite 5
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