Der Mond ist aufgegangen Ulrike Hansen Der Mond ist aufgegangen Ulrike Hansen Kunsthaus Fischer 27.09. – 24.10.2015 Vollmond, Eitempera auf Leinwand, 80 x 160 cm, 2014 Abb. Einband: Der Mond ist aufgegangen, Eitempera auf Leinwand, 70 x 200 cm, 2015 Blumen in Starkow, Eitempera auf Leinwand, 50 x 70 cm, 2015 Kleines Boddenhaus, Eitempera auf Leinwand, 55 x 70 cm, 2015 4 5 Gelbes Feld, Eitempera auf Leinwand, 100 x 150 cm, 2015 Travemünde, Eitempera auf Leinwand, 140 x 200 cm, 2015 6 7 Weiße Flecken Goethes Gartenhaus, Eitempera auf Leinwand, 30 x 40 cm, 2014 Rotes Dach in Starkow, Eitempera auf Leinwand, 50 x 55 cm, 2015 Am Anfang steht immer die weiße Leinwand. Sehr gerne gebe ich ihr, bevor ich die ersten Farbflecken setze, einen lasierten Grundton, mal warm, mal kalt, je nachdem wie das Wetter draußen ist, wie ich im Moment gestimmt bin oder was meiner ersten Bildidee gerade entgegenkommt. Das kann Ocker, Giftgrün, Orange, erdig oder bläulich sein. Oder sie bleibt einfach weiß – aber nicht lange. Ich beginne mit breitem Pinsel und setze großzügig farbige Flecken und Bewegungen auf die Leinwand. Im Hinterkopf gibt es eine Bildidee, inspiriert von wirklichen Landschaften, erlebt und erfahren, einen bestimmten Wetterklang oder auch nur die Erinnerung einer skurrilen Ansammlung von Heuballen, die mir wie überdimensionierte Klopapierrollen erschienen. Manchmal habe ich ein Foto oder eine Skizze gemacht, manchmal eine Abbildung irgendwo zufällig gefunden, in der Zeitung, im Internet, eine empfangene Postkarte - all dies, beiläufig begegnet, kann Impuls für ein Bild sein. Aus den ersten Flecken und Pinselstrichen entsteht nun nach und nach ein Geflecht von Farben und Flächen, die sich miteinander verzahnen, verdichten und zu einem bestimmten Klang hinstreben. Und auch das Bildthema verändert sich im Laufe des Malprozesses. Die anfängliche Idee wird in Frage gestellt und wird teilweise kaputt gemalt, wenn sie zu fest geworden ist. Manchmal wird sie zu einer neuen Idee, geboren aus dem Malprozess, oder nach diversen Verwandlungen lande ich wieder bei meiner ersten Idee, die nun einige malerische Veränderungen auf dem Buckel hat. Genau diesen Prozess kann ich nicht vorhersehen, dafür gibt es kein Rezept. Nach ihm suche ich. So kann es passieren, dass die Heuballenrollen auch schon mal verschwunden waren, der Himmel einmal rosa war, die Wiese war vielleicht ein Strand. Und nun liegen sie wieder da. Wer mag, denkt dabei an Klopapierrollen, an Schneekugeln, an Wäschestücke, an Heuballen oder einfach nur an weiße Flecken. Ulrike Hansen, September 2015 Heurollen, Eitempera auf Leinwand, 57 x 70 cm, 2015 8 9 Spaziergang an der Steilküste, Eitempera auf Leinwand, 70 x 200 cm, 2015 10 11 Paar unterm Schirm, Eitempera auf Leinwand, 60 x 60 cm, 2008 12 Roter Strand, Eitempera auf Leinwand, 150 x 200 cm, 2015 13 Strandhütten, Eitempera auf Leinwand, 50 x 180 cm, 2015 14 15 Weiden in Starkow, Eitempera auf Leinwand, 70 x 100 cm, 2015 Pfarrgarten in Starkow, Eitempera auf Leinwand, 100 x 120 cm, 2015 16 17 Boddenlandschaft Alles auf diesem Bild ist weit und offen. Der Bildrand ist nur Scheingrenze dieser Offenheit: die stille Landschaft wird sich nach beiden Seiten fortsetzen. Die vorherrschende Waagerechte, unterstützt durch das breite Bildformat, schafft eine große Ruhe, die sich dem Betrachter mitteilt. Die Malerin hat in diesem Bild eine norddeutsche Boddenlandschaft erkennbar dargestellt. Das Bild ist aber mehr als eine Abbildung des weiten Boddens. Unser Blick wird in die Tiefe geführt durch fast parallele Farbschichten: Grünes Gras im Vordergrund, dann ein orange-gelber Schilfgürtel, leuchtendes Wasser in differenziertem hellen Blau, wieder ein schmaler grüner Landstreifen und wieder Wasser, diesmal fast weiß von der gespiegelten Wolke. In der Ferne erst folgt in der Mitte auf dem nächsten Grünstreifen ein “Bildgegenstand”, eine sich erstreckende niedrige Baumgruppe in Dunkelgrün, der kräftigsten Farbei des Bildes. Diese erhebt sich kaum über die waagerechte Linie des Horizontes und verknüpft doch die Landschaft mit dem in vielen Blautönen gestalteten Himmel, über den eine weit ausgestreckte weiße Wolke zieht, lebendig durch pastellartige zartbunte Farbtönungen. Und wer genau hinsieht, entdeckt am fernen Horizont den hohen Kirchturm von Barth. Je länger ich mir dieses Bild anschaue (auf dem eigentlich nicht viel “drauf” ist), um so mehr entdecke ich in der großen Stille vielfältige Farbnuancen, die ich nicht benennen kann, da hier das Farbenspiel allen Wörtern überlegen ist. Dieses Bild könnte mein Lieblingsbild sein. Wenn es nicht noch all die anderen Bilder gäbe! Boddenlandschaft grün, Eitempera auf Leinwand, 60 x 200 cm, 2015 18 Rolf Jürgen Hansen 19 Gelbe Körbe, Eitempera auf Leinwand, 80 x 100 cm, 2015 Bademeister , Eitempera auf Leinwand, 100 x 120 cm, 2015 20 21 Im Mondlicht, Eitempera auf Leinwand, 80 x 100 cm, 2015 22 Steilküste im Frühling, Eitempera auf Leinwand, 80 x 100 cm, 2015 23 Mondscheinbar, Eitempera auf Leinwand, 55 x 70 cm, 2015 Tanzstunde am Strand, Eitempera auf Leinwand, 70 x 100 cm, 2015 24 25 Rapsfeld, Eitempera auf Leinwand, 40 x 50 cm, 2008 Stockrosen, Eitempera auf Leinwand, 140 x 195 cm, 2014/15 26 27 Wie wenig geht? ... auf dem eigentlich nicht viel “drauf ” ist, ... schreibt einige Seiten zuvor mein Schwiegervater über ein Bild seiner malenden Tochter. Dies kann ich, als malender Ehemann, mit fachlichem Blick nur bekräftigen.Viel ist da nicht drauf, jedenfalls weniger als man sieht. Ulrike Hansen geht doch sehr ökonomisch mit den eingesetzten Mitteln um, die Pinsel sind eher groß und grob und doch hat sie eine innewohnende Präzision, die nicht von der Schärfe des Werkzeugs, sondern von der sparsamen, aber genauen Setzung kommt. Lässt man sich auf das Bild ein, so gewinnt es zusehends an Lebendigkeit und ruft in uns etwas ab. Es beginnt ein Imaginieren, das Wenige, was „drauf“ ist, bemächtigt sich sehr schnell unserer Vorstellungskraft und verführt die Phantasie und Erinnerung. So erkennen fremde Menschen, die mit Ulrike und ihrem Umfeld nie etwas zu tun hatten, in den Bildern plötzlich ihre Familienmitglieder oder selbst erlebte Situationen wieder. Es wird etwas ausgelöst, das auf der Leinwand gar nicht da ist. Der Betrachter traut der Malerin und vertraut ihr mitunter dann auch etwas oder sich selbst an. So entsteht ein lebendiges Wechselspiel aus Erinnerung, Erkennen und Wiederfinden. Was wäre, wenn mehr oder gar zu viel drauf wäre? Es wäre, so vermute ich, ein Weniger an Bild, ein Weniger an Freiheit auch für den Betrachter. Es wäre definiert, und im schlimmsten Fall wäre es kleinlich ausformuliert und verlöre noch dazu an Reiz und Flüchtigkeit. So befreien die mitunter abrupten und zerstörerischen Übermalungen, die sich hin und wieder während des Schaffensprozesses urplötzlich ereignen, die Malerin aus dem Gefangensein. All zu fest Gewordenes verflüssigt sich unter dem neuen Farbauftrag und wirkt weiter, zumindest als Untermalung. Das Bild hat seine Geschichte. Gerade dieses Zurückfinden in die Freiheit, in die Vereinfachung und Entgrenzung gibt dem Bild die Entwicklung – es pubertiert sozusagen. Es wird einfacher und zugleich komplexer, es reduziert sich auf das bildnerisch Notwendige, und im glücklichsten Fall ist die Malerei auch noch großzügig und locker vorgetragen. Es geht, so empfinde ich, um das Ausloten von: wie viel geht, wie viel ist notwendig? Oder gar: wie wenig geht noch, ohne den Verweis auf die Welt zu verlieren? Durch den Verzicht auf zu viel Detaillierung und Ausformulierung eröffnet sich für die Malerin ein Mehr an Farbigkeit und großzügiger Setzung. Zugleich lässt dieser Verzicht auch den notwendigen Raum für die Vorstellungskraft des Betrachters. Gelingt das Bild, dann landet der Fesselballon schwebend und punktgenau in dieser Balance. Jürgen Reichert Großes Wasser, Eitempera auf Leinwand, 100 x 200 cm, 2014/15 28 29 Kühe am Wasser, Eitempera auf Leinwand, 60 x 100 cm, 2015 Bodden erdig, Eitempera auf Leinwand, 70 x 100 cm, 2015 30 31 Strandhafer gelb, Eitempera auf Leinwand, 60 x 80 cm, 2015 Boddenhaus, Eitempera auf Leinwand, 70 x 80 cm, 2015 32 33 1963 1982/86 1982/86 1987/93 1993 seit 1998 Sportstrand, Eitempera auf Leinwand, 55 x 70 cm, 2015 34 in Köln geboren Studium der Malerei an der Fachhochschule Köln / Prof. F. Dank Studium der Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf Studium der Malerei an der Hochschule der Künste Berlin Meisterschülerabschluss bei Prof. Gonschior Atelier in den Gerichtshöfen, Berlin Wedding 2006 Galerie Halbach, Celle (E) (K) Galerie Carstensen, Hamburg (E) 2005 Kunstraum, Bad Honnef (E) Galerie Carstensen, Hamburg Galerie classico, Berlin 2003 Galerie Thorsten Billib, Berlin (E) 2002 Remise Degewo, Berlin (E) Ausstellungen (Auswahl) Galerie classico, Berlin 2001 Galerie Taube, Berlin 2015 Galerie K, Bad Kreuznach (E) 2000 Galerie am Savignyplatz, Berlin (E) ae Galerie Potsdam 1998 Galerie am Savignyplatz, Berlin (E) Kunsthaus Fischer Stuttgart · Torstraße 23 · 70173 Stuttgart 2014 Galerie Gondwana, Berlin (E) Fisch für alle Rathaus Bad Honnef (E) Galerie Halbach, Celle (E) (K) 1997 Galerie Taube, Berlin Siebengebirgsmuseum Königswinter „Rheinromantik“ 1996 Galerie am Savignyplatz, Berlin (E) Kunsthaus Menzel, Bad Honnef (E) Galerie Taube, Berlin art Karlsruhe, Kunsthaus Fischer 1995 Galerie Taube, Berlin 2013 art Karlsruhe, Kunsthaus Fischer Rathaus Bad Honnef Kunstblick, Balingen (E) 1993 Galerie Taube, Berlin Galerie Palz, Saarlouis (E) Rathaus Bad Honnef (E) 2012 Kunstraum Bad Honnef (zusammen mit J.Reichert) art Karlsruhe, Kunsthaus Fischer (E) = Einzelausstellung, (K) = Katalog Galerie Carstensen, Hamburg (E) Galerie Stewner, Lübeck (E) Galerie Schwarzbach, Wuppertal (mit M. Heiermann und J. Reichert) Galerie Gondwana, Berlin (E) 2011 Kunsthandlung Menzel, Bad Honnef (E) art Karlsruhe, Kunsthaus Fischer Galerie K, Bad Kreuznach (E) Galerie Klüber, Weinheim (E) Galerie Gondwana, Berlin (zusammen mit J.Reichert) 2010 art Karlsruhe, Kunsthaus Fischer (one-artist-show) Galerie Bengelsträter, Iserlohn (zusammen mit H.J.Billib) Galerie Halbach, Celle (E) (K) Galerie Besch, Saarbrücken Galerie Gondwana, Berlin (E) 2009 Kunsthaus Fischer, Stuttgart (E) (K) Palais am Festungsgraben, Berlin Schwartzsche Villa, Berlin Steglitz (E) (K) Galeriebuchhandlung Sigrid Zabel, Seeheim-Jugenheim (E) Kunstverein Norden (E) Galerie Holger Carstensen, Hamburg (E) Galerie Gondwana, Berlin (E) 2008 Raum Berlin, Galerie Peters-Barenbrock Galerie Besch, Saarbrücken (E) Kunstverein Zingst (E) Müvészetek Háza, Csikász Galéria,Veszprém (K) Galerie Gondwana, Berlin (E) www.ulrike-hansen.de 2007 Kunsthaus Fischer, Stuttgart (E) (K) copyright by Ulrike Hansen und den Autoren Galerie Peters-Barenbrock, Ahrenshoop Fotografie, Satz und Layout: J. Reichert MARKUS KRAUSHAAR Kunsthaus Fischer Stuttgart Malerei · Graphik · Skulptur Torstraße 23 · 70173 Stuttgart T +49 (0) 711 / 24 41 63 M +49 (0) 173 / 30 76 892 F +49 (0) 711 / 236 03 66 E [email protected] I www.kunsthaus-fischer.de Bank: Postbank Stuttgart Kontonummer: 2829 03 702 Bankleitzahl: 600 100 70 35
© Copyright 2024 ExpyDoc