St. Petersburg Polytechnical University, 2015-16 - AAA

Erfahrungsbericht
Name: C o r i n n a F e r v e r
Studiengang und –fach: GBM
Austauschjahr: Wintersemester 2015/16
Gastuniversität: St. Petersburg State Polytechnical University
Stadt: St. Petersburg
Land: Russland
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Die Erfahrungsberichte werden von Studierenden verfasst und spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Universität Augsburg wider. Für den Inhalt des Berichts ist der/die Verfasser/in verantwortlich. Das Akademische Auslandsamt behält sich vor, ggf. Änderungen vorzunehmen.
Das Visum
Meine Einladung der Universität, die man zur Beantragung des Visums benötigt, kam erst am
19. August bei mir hier in Augsburg an. Mein Flug war für den 23. August gebucht. Von daher blieb mir nichts Anderes übrig als ein Blitzvisum zu beantragen, welches deutlich teurer
als ein Visum ist, welches normalerweise fünf Arbeitstage braucht, bis man es bekommt. Ich
habe mein Visum in München im russischen Visazentrum (http://www.vhsgermany.com/main.php?id=contact5&lang=de) beantragt. Da ich direkt morgens um 9 Uhr da
war konnte ich mein Visum um 13 Uhr dort auch schon wieder abholen. Man sollte unbedingt
darauf achten, dass auf der Versicherungspolice der Auslandskrankenversicherung explizit
auch Russland draufsteht, der Vertrag allein hat bei mir nicht gereicht, obwohl die Versicherung natürlich auch für Russland galt. Das hier in Deutschland ausgestellte Visum hatte eine
Dauer von 90 Tagen und berechtigte uns nur zur einmaligen Einreise.
In Sankt Petersburg angekommen beantragten wir alle direkt das Multivisum, welches allerdings länger brauchte als 90 Tage. So konnten wir die ersten drei Monate gar nicht ausreisen
und zum Beispiel nicht nach Finnland und Schweden reisen. Uns wurde gesagt, dass der
Stempel, der zeigt, dass wir das Visum beantragt haben, reicht, falls wir kontrolliert werden
und kein gültiges Visum im Pass haben. Glücklicherweise sind wir alle aber nie in die Situation gekommen ohne gültiges Visum kontrolliert zu werden.
Die Ankunft in Sankt Petersburg
Unsere Ansprechpartner vor Ort waren Anastasia Sidorova und Elizaveta Sukhova. Mitarbeiterinnen des „International Academic Mobility Department“. In Russland wird meistens ziemlich kurzfristig geplant und genauso gaben auch die Beiden die Informationen heraus. So bekamen wir erst einen Tag vor der Anreise eine E-Mail mit der Information, dass wir am Flughafen von einem russischen Studenten abgeholt werden und von diesem zu unserem Studentenwohnheim gebracht werden. Das Abholen hat am nächsten Tag auch ohne Probleme geklappt. Wir haben sofort mit dem russischen Studenten eine russische SIM-Karte gekauft und
sind mit einem Taxi zum Wohnheim gefahren. Mit Bus und Metro wäre das auch möglich
gewesen, aber da die Fahrt selbst mit dem Taxi zum Wohnheim noch eine Stunde dauert wollten wir nicht mit dem vielen Gepäck den langen Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln nutzen. In Russland wurden wir immer wieder darauf hingewiesen niemals mit inoffiziellen Taxen zu fahren. Also niemals zu irgendjemandem, der am Straßenrand steht und fragt, ob man
ein Taxi braucht, einsteigen. Am besten einfach eine App von einem russischen TaxiUnternehmen herunterladen und lieber fünf Minuten warten.
Wohnen im Studentenwohnheim
Sobald man eine Zusage der Universität für einen Austauschplatz bekommt, hat man auch
schon sicher einen Platz in einem Zimmer. Man muss sich also nicht extra für einen Wohnheimsplatz bewerben und um die Unterkunft kümmern. Die Angestellten im Studentenwohnheim sprechen -wie die meisten Russen- nur Russisch, von daher war beim Check-in die Hilfe
des russischen Studenten sehr nützlich. Das Studentenwohnheim, in dem wir gewohnt haben,
wurde erst dieses Jahr fertig gestellt und war dementsprechend modern und sauber. Zur Universität braucht man zu Fuß ca. 15 Minuten und die nächste Metrostation liegt auch nur 5 Minuten entfernt. Das Zimmer, in dem auch ein großer Kühlschrank steht, teilt man sich zu dritt.
Jeder hat einen eigenen Schreibtisch, Nachttisch und einen eigenen Schrank. Zu sechst teilt
man sich das Bad und die Dusche. Die Bettwäsche bekommt man vor Ort und man kann sie
auch so oft man will abgeben und bekommt dann neue Wäsche, man muss diese also nie selber waschen. Waschmaschinen und Trockner gab es im Erdgeschoss und ein Waschgang kostete 100 Rubel. Die Miete betrug dieses Semester durch den guten Wechselkurs bedingt nur
80 Euro pro Person im Monat. Den Betrag kann man entweder bar oder mit Karte im IMOP
(Институт международных образовательных программ) bezahlen. Einen Gemeinschaftsraum im Wohnheim gab es leider nicht, aber da die Zimmer sehr groß waren konnte man dort
auch gut gemütlich zusammensitzen. Alle Austauschstudenten haben auf einer Etage gewohnt
und die Zimmer waren meistens nach Nationen aufgeteilt. Ich habe mit einer Finnin und einer
Deutschen zusammengewohnt. Das fand ich persönlich sehr schade, da man auf dem Zimmer
so kein Russisch gesprochen hat und nicht so leicht Kontakt zu Russen knüpfen konnte, wie
wenn man mit Russen gemischt zusammengewohnt hätte.
Da die meisten russischen Studenten im Wohnheim noch nicht volljährig sind gelten im
Wohnheim deutlich strengere Regeln als in Deutschland. Generell darf das Wohnheim zwischen 1 und 6 Uhr nachts nicht verlassen werden, wenn man sich allerdings nett gegenüber
den Empfangsdamen verhält, wird da auch mal eine Ausnahme gemacht. Familie und Freunde
dürfen auch im Wohnheim schlafen. Dafür muss man ein paar Tage vorher bei der Wohnheimsmanagerin einen Zettel ausfüllen und man zahlt dann ca. 20 Euro pro Nacht für ein
Zimmer, in dem drei Leute schlafen können.
Die Universität
Die Universität „Санкт-Петербургский Политехнический Университет Петра Великого“
ist wie die Universität Augsburg eine Campus-Uni und alles ist sehr gut zu Fuß erreichbar.
Ich habe Kurse aus dem internationalen Masterstudiengang „International Management and
Business Development in Russia“ gewählt. Der Kurswahlprozess war ziemlich schwierig.
Vorab hat man keine Informationen über stattfindende Kurse bekommen und für das Learning
Agreement habe ich mich erst einmal nach den Fächern gerichtet die Kommilitonen in den
Semestern zuvor gewählt hatten. Vorort sollte dann eine Informationsveranstaltung stattfinden, in der der Stundenplan eines jeden Austauschstudenten besprochen wird. Nach 5 Studenten hatte allerdings der Fakultätsvorsitzende keine Zeit mehr und die Sitzung wurde abgebrochen und wir gebeten uns selber um unsere Stundenpläne zu kümmern. Letztendlich habe ich
auch alle Kurse zusammenbekommen, die ich brauchte. Das waren die folgenden Kurse: Corporate Finance, Entrepreneurship, International Market Research, Russian Language Level
B1, Russian Civilization, Management of Investments und Modern Strategic Analysis. In
Russland wird das Unileben sehr wenig bis gar nicht über das Internet organisiert. Man muss
einfach persönlich bei den Professoren vorbeigehen und nachfragen, ob ein Kurs stattfindet
und wenn ja wann und wo. Generell hat man sehr viel Kontakt zu den Professoren. Die Kurse
sind meistens sehr klein, sodass meistens nur 15 Studenten in einem Kurs sind. In Russland
dauert eine Vorlesung 180 Minuten, das kann teilweise sehr anstrengend sein, dafür hat man
das Fach dann aber auch nur einmal die Woche und kann seinen Stundenplan so zusammensetzten, dass man beispielsweise freitags immer frei hat und an den Wochenenden gut reisen
kann. Es werden sehr viele Präsentationen gehalten und die Unterrichtsgestaltung ist sehr viel
aktiver. Die Beteiligung fließt in den meisten Fächern auch in die Endnote mit ein. Die Klausuren sind alle sehr gut machbar und es wird nichts verlangt, was man nicht können könnte.
Die Masterkurse sind dort auf jeden Fall auch für Bachelorstudierende sehr gut geeignet.
Auf der Website https://sites.google.com/a/kafedrapik.ru/ibd_2015/home gibt es ein paar Informationen der wirtschaftlichen Fakultät und einen kleinen Einblick in die wirtschaftlichen
Fächer, die angeboten werden.
Viele von uns wollten auch am Unisport teilnehmen, das gestaltete sich aber sehr schwer, da
viele Trainer wollten, dass wir zusätzlich eine russische Krankenversicherung abschließen,
wenn wir mitmachen wollen. Letztendlich haben die meisten von uns sich dann im Fitnessstudio Еврофитнес an der Metrostation Академическая angemeldet. Die Mitgliedschaft hat
für ein halbes Jahr ungefähr 100 Euro gekostet und das Studio hatte ein vielfältiges Angebot
und eine Sauna zu bieten.
Die russische Sprache
Ich habe vor meinem Russland Aufenthalt hier in Augsburg alle vier Russisch-Sprachkurse
belegt. Beim Einstufungstest, den jeder am Anfang in der ersten Woche in Russland machen
muss (außer den Studenten, die Slawistik studieren) wurde ich in Level sechs von sieben eingestuft. Sehr viele Austauschstudenten konnten kein einziges Wort Russisch bevor sie nach
Russland kamen. Man sollte also keine Angst davor haben, dass man zu schlecht Russisch
spricht, um in Sankt Petersburg zu studieren. Da man ohne Russisch nicht weit kommt lernt
man sehr schnell vor Ort und alle Studenten sind gut durch ihr Semester mit mehr oder weniger Russisch gekommen. Die Sprachkurse an der Universität für uns waren sehr anspruchsvoll, aber haben dafür auch sehr viel gebracht. Pro Kurs war man nur zu sechst und so musste
man viel mitdenken und hatte die Möglichkeit viel zu sprechen und den deutschen Akzent
schnell loszuwerden.
Die Kultur
Als viertgrößte Stadt Europas und mit ihren ca. 5 Millionen Einwohnern hat Sankt Petersburg
eine Menge an Sehenswürdigkeiten zu bieten. Die gesamte Innenstadt ist UNESCO Weltkulturerbe und deshalb darf dort nichts Neues gebaut werden. Aus diesem Grund sieht die Stadt
ganz anders aus als andere europäische Großstädte. Es gibt keine Hochhäuser, sondern nur
sehr viele wunderschöne prächtige Bauten aus Zarenzeiten. Überall in der Stadt verteilt findet
man große Parks und Plätze. Die meisten Museen und Sehenswürdigkeiten sind kostenlos für
Studenten. Man sollte unbedingt dem Peterhof, dem Katharinenpalast mit Bernsteinzimmer,
der Peter und Paul Festung, in der die Zaren bestattet sind und in der jeden Tag um 12 Uhr
morgens nach Tradition eine Kanone abgefeuert wird, der Eremitage und dem Marinskii Theater einen Besuch abstatten. Wir haben uns den Nussknacker im Marinskii Theater angeschaut und diese Vorstellung war mein absolutes Highlight. Nachts sind vor allem die sich für
die Schiffe öffnenden Brücken ein Erlebnis, das man mindestens einmal gesehen haben sollte.
Natürlich findet man in Sankt Petersburg auch außergewöhnlichere Dinge wie zum Beispiel
ein Wodka-Museum. Ein Fußballspiel von Zenith und ein Eishockeyspiel der SKA sollte man
sich auch nicht entgehen lassen.
Was ich auch nur jedem empfehlen kann, der ein bisschen Lust auf Action hat ist in Russland
Fallschirmspringen zu gehen. Wir haben uns im September als es noch warm genug war an
einem Tag einen Kleinbus gemietet und sind zum Fallschirmspringen in den Süden Sankt
Petersburgs nach Гатчина zum Гатчинский авиационно-спортивный клуб gefahren. Dort
haben wir dann für 100 Euro Sprung und Video/Fotos von dem Sprung bekommen und haben
auch mal russische Höhenluft geschnuppert.
Natürlich sollte man wie in jeder Metropole auch ein gutes Auge auf seine sieben Sachen haben. Mir persönlich wurde nichts geklaut, aber einigen Kommilitonen wurden Handy, Portemonnaie und Reisepässe geklaut. Daher den Reisepass immer zuhause im Wohnheim lassen!
Eine Kopie des Reisepasses reicht in jedem Nachtclub und bei jeder Polizeistelle als Ausweisdokument in Russland völlig aus. Die Registrierungskarte (nicht zu verwechseln mit der
Migrationcard  die Bürokratie in Russland ist manchmal etwas gewöhnungsbedürftig) sollte
man allerdings immer bei sich tragen. Falls die verloren geht ist das aber kein Problem, dann
bekommt man einfach eine neue ausgestellt.
Mein persönliches Fazit
Für mich war das Auslandssemester in Russland eine wunderbare Zeit, an die ich immer gerne zurückdenken werde. Wenn ich mich noch einmal entscheiden müsste würde ich mich
wieder für Sankt Petersburg entscheiden. Man sollte keine Angst vor dem großen unbekannten Russland haben, sondern einfach ins kalte Wasser springen. Im Wintersemester verpasst
man natürlich die weißen Nächte, dafür lernt man die Stadt aber ohne riesengroße Touristenströme kennen. Als ich im August ankam lag die Temperatur bei +25 Grad und im Januar lag
sie dann bei zeitweise -25 Grad. So sieht man die Stadt von all ihren Seiten und verbringt eine
tolle Zeit in einem Land das von außen ganz anders aussieht als von innen. Das Universitätsniveau kann mit dem deutschen nicht mithalten, aber die Erfahrungen, die man macht prägen
einen sicherlich für immer. Ich habe sehr viel über mich dazu gelernt und die russische Mentalität hat mir einiges beigebracht. Einerseits lernt man die Nerven zu bewahren in Situationen, in denen es manchmal unmöglich erscheint und andererseits solange zu nerven bis man
bekommt was man will und braucht.
Ich bedanke mich bei allen, die es mir ermöglicht haben dieses Semester in Russland verbringen zu können und bin sehr dankbar für die tollen Erfahrungen und die Menschen, die ich in
dieser Zeit im Ausland kennengelernt habe.