Segway & Co.: Vieles ist verboten

DOSSIER
Segway & Co.:
Vieles ist verboten
Motor-Skateboards, selbstbalancierende Einräder und
andere Elektro-Spassfahrzeuge erfreuen sich grosser
Beliebtheit und waren auch begehrte Geschenke zu
Weihnachten. Doch die Geschenke haben ihre Tücken,
denn diese neuartigen Spielzeuge sind oft nicht für die
Strasse zugelassen.
TEXT ALINE BEAUD, DINO NODARI | FOTOS EMANUEL FREUDIGER
L ocker und entspannt
fährt er vor uns her.
Die Hände cool in
den Hosentaschen,
beschleunigt er, wird wieder
langsamer, um daraufhin
zwischen den Pfeilern eines
Gebäudes Slalom zu fahren.
Er bremst und setzt einen
Fuss auf den Boden. Nicolas
Saramon demonstriert, wie
das elektrische Einrad funktioniert. «Solche Fahrzeuge
könnten zur Lösung von
Verkehrsbehinderungen und
Umweltverschmutzung in
den Städten beitragen», ist
der Genfer Informatiker
überzeugt. Seit drei Jahren
verkauft er solche elektrischen Einräder. Als Vorreiter
auf diesem Gebiet vertreibt
Nicolas Saramon jährlich
rund fünfzig Fahrzeuge,
deren Preis sich zwischen
1000 und 2500 Franken
bewegt – Tendenz steigend.
Seit Kurzem sind auch Media
Markt und Galaxus – um nur
einige zu nennen – auf diesem Markt vertreten. Beide
bieten zwischen 20 und 40
Produkte an. Kein Wunder,
wenn auch schon Justin Bieber auf einem Elektro-Skateboard gesichtet wurde.
Warum also diese trendigen
Fahrzeuge nicht auch in der
Schweiz verkaufen? Aus dem
einfachen Grund, dass sie auf
unseren Strassen nicht alle
zugelassen sind.
Theorie und Praxis
Vielnutzer Nicolas Saramon
bedauert das Verbot der
elektrischen Einräder.
Seit dem 1. Juni 2015 sind
die Elektro-Spassfahrzeuge
Leicht-Motorfahrrädern oder
→
sonstigen MotorfahrräFebruar 2016 | touring
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dern gemäss Artikel 18 der
Verordnung über die technischen Anforderungen an
Strassenfahrzeuge (VTS)
gleichgestellt. Dies hat zur
Folge, dass diese Geräte auf
der Strasse und auf den Radstreifen zu verkehren haben.
Auf Trottoirs und in Fussgängerzonen sind sie verboten.
Ausserdem müssen sie die
technischen Anforderungen
an die entsprechenden Fahrzeug-Kategorien erfüllen.
Tun sie das nicht, sind sie im
Strassenverkehr verboten
und dürfen nur auf Privatgelände eingesetzt werden. Die
den Motorfahrrädern gleichgestellten Geräte müssen
ausserdem angemeldet sein.
Dies gilt für die ganze
Schweiz. So viel zur Theorie.
Doch in der Praxis herrscht
ein Riesendurcheinander.
Experten in diesem Bereich
werden das Merkblatt des
Bundesamtes für Strassen
(Astra) zur Hand nehmen,
in dem die wichtigsten technischen Vorschriften für
diese Fahrzeugtypen aufgelistet sind. Alle anderen
müssen sich damit begnügen,
sich von den Händlern gut
informieren zu lassen und
diese zu fragen, ob das jeweilige Fahrzeug die Vorgaben
erfüllt, welche Leistung es
hat und ob es für die Strasse
zugelassen ist. «Das ist eine
sehr komplexe Thematik»,
betont Marco Cortesi, der
Sprecher der Stadtpolizei
Zürich. «Man muss sich vor
dem Kauf gut informieren.»
Zur Klärung der Situation hat
die Zürcher Polizei online
einen Flyer veröffentlicht,
auf dem angegeben ist, welche Fahrzeuge zugelassen
sind und welche nicht.
Teurer Spass
«Das elektrische Einrad von
einem meiner Kunden wurde
konfisziert», erklärt Nicolas
Saramon. «Ein anderer
Kunde wurde lediglich gebeten, mit dem Bus nach Hause
zu fahren.» In Zürich ist die
18 touring | Februar 2016
Polizei etwas strenger. Gemäss Marco Cortesi sind sich
die Leute nicht bewusst, dass
neben einer Verzeigung auch
noch Verfahrenskosten und
Schreibgebühren anfallen
können. So kommt rasch eine
gesalzene Rechnung zusammen. Dabei sind mögliche
Schäden oder Unfälle noch
nicht einmal miteinbezogen.
«Allein in diesem Jahr gab es
schon mehr als 30 Unfälle
mit solchen Fahrzeugen in
Zürich», sagt Cortesi. Es gibt
also auch versicherungstechnisch gesehen ein Problem.
Ohne angemessene Deckung
setzen sich die Nutzer dieser
Geräte grossen Risiken aus.
Last Mile Surfer
von Volkswagen
Ski fahren auf Teer
Immer neue Fahrzeuge mit
Elektroantrieb kommen auf
den Markt, eine Übersicht ist
nur schwer zu bekommen.
Wie also sieht die Lösung in
diesem Durcheinander aus?
Beim Astra arbeiten die technischen und juristischen Experten an einer Klärung der
Bestimmungen und der Problematik bezüglich dieser
Fahrzeugtypen», bestätigt
der Astra-Sprecher Guido
Bielmann. Er stellt aber auch
klar: «Ein Elektro-Spassfahrzeug muss den Vorschriften
der Kategorie Leicht-Motorfahrräder oder Motorfahrräder im Sinne von Artikel 18
der VTS entsprechen. Tut es
dies nicht, ist es nicht für die
Strasse zugelassen.» Nicolas
Saramon seinerseits hält an
seinen elektrischen Einrädern fest. «Das Einrad ist die
Zukunft», erklärt er voller
Begeisterung. Mit dem Ziel,
dafür zu sorgen, dass die
Rechte der Nutzer dieser Geräte Anerkennung finden, hat
er den Verein Swiss-wheelers.
com gegründet. Er wünscht
sich, dass das Astra eine
neue, für diese Geräte spezifische Fahrzeug-Kategorie
schafft. Schliesslich möchte
Nicolas Saramon auch weiterhin – in seinen Worten –
mit dem Einrad «auf dem
Asphalt Ski fahren!» ◆
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