„Bin meinem Burnout dankbar!“

„Bin meinem
Burnout dankbar!“
„Ein Burnout ist nicht das Ende der Karriere, sondern der Anfang der persönlichen Entwicklung“, spricht Unternehmer und
Investor Werner Gröbl aus Erfahrung. Im BUSINESS Monat
verrät er Wege aus dem – vielfach immer noch tabuisierten
– Lebenstief. Text: Wolfgang Schober, Fotos: Krok, KK
H
einzelt aufgetreten, aber die Intervalle wurden
erzrasen,
Schweißausbrüche,
steimmer kürzer, die Belastung dadurch immer
chender Kopfschmerz, Schwindelgeschlimmer“, erinnert sich Gröbl an die Mitte
fühle. Die körperlichen Leiden des
der 80er Jahre . Der Jungunternehmer tat, was
Werner Gröbl mitten in seinen Zwanzigern kaer als Kind gelernt hatte zu tun, wenn es einem
men ebenso heftig wie unerwartet. Es war eine
schlecht geht: Er ging zum Arzt! Der Beginn
Phase großer beruflicher Erfolge, aber auch des
eines Spießroutenlaufs. „Der eine diagnostiprivaten Glücks. Die Firma Gröbl Möbel, die
zierte zu hohen, der andere zu niedrigen Blutder Liebocher mit 19 Jahren aufgrund einer Pardruck. Der dritte gab mir
kinson-Erkrankung seines
Aufputsch-, der vierte BeVaters als jüngstes von fünf
ruhigungsmittel. Der fünfte
Kindern übernahm, florierte
riet mir, die Amalgamplomwie nie zuvor. Das zu Beginn
Durch meinen offenen Umben entfernen zu lassen.“
hoch verschuldete Möbelgang mit dem Thema sprechen
haus entwickelte sich unter
mich immer wieder Unternehmer Unterm Strich: Gröbl war
ratlos wie eh und je. Und
dem neuen Geschäftführer
an, denen es grad ähnlich ergeht.“
machte sich langsam Sorausgesprochen dynamisch:
Werner Gröbl
gen um seine psychische
Mit neuem Managementstil,
Gesundheit. „Bin ich noch normal?“ „Aber, hör
innovativem Marketing, geänderter Sortimentsschon auf“, beschwichtigten Freunde, „du hast
politik sowie bewusstem Fokus auf Controlling
wahnsinnigen Erfolg, du hast eine Familie, ein
schaffte der blutjunge Unternehmer binnen weeigenes Haus, alle schauen auf zu dir. Was soll
niger Jahre den Turnaround. Eine neue Filiale
mit dir nicht stimmen?“
nach der anderen schoss aus dem Boden, Gröbl
Möbel wurde die Nummer eins am heimischen
Burnout, ohne es zu wissen
Möbelmarkt. Kurzer Zahlenvergleich: Lag der
Noch wusste Gröbl freilich nicht, was ihm fehlFirmenumsatz zu Beginn bei 8 Mio. Euro (80
te. Vielleicht lag es auch daran, dass es den BeMitarbeiter), erreichte er Ende der 90er knapp
griff, der seinen damaligen Zustand am besten
200 Mio Euro (1.100 Mitarbeiter).
bezeichnet, noch gar nicht gab. „Heute weiß ich:
Eine Bilderbuchkarriere! Das filmreife Leben
Ich hatte ein Burnout, ohne es zu wissen“, so
eines mit Talenten gesegneten Sonntagskindes
Gröbl, der in seinem manischen Drang, alles für
– eigene Familie, Traumhaus
den Erfolg der Firma zu geben, einer Ressource
mit Pool und Garten – in einem
zu wenig Aufmerksamkeit widmete: sich selbst.
Alter, in dem andere ihre KarriMeine Panikattacken waren
„Mit 21 habe ich begonnen zu bauen, ohne eine
ere erst beginnen! Könnte man
zeitweise so stark, dass ich dach- meinen. Und dennoch: Herzra- Ahnung davon zu haben, was ein Fundament
te, es z’reißt mir den Schädel.“
ist. Ich freute mich riesig, dass ich die
sen, Schweißausbrüche, Kopfgeplanten Baukosten dennoch um 20 %
schmerz, Schwindelgefühle. „Die
unterschritt.“ Das Fundament fürs eigeSymptome sind anfangs nur ver-
„
„
Business Monat
29
Werner
Gröbl
Geboren:
20. Mai 1963
Nach 18 Jahren
an der Spitze
von Gröbl Möbel
und erfolgreicher
Expansion verkaufte der Liebocher
das Unternehmen
gewinnbringend.
Heute
Geschäftsführer von
111conventuring,
Investor, Querdenker
und Netzwerker.
Gröbl
war verheiratet,
3 Kinder.
Werner Gröbls Tipps zur Burnout-Vorsorge
• Darauf achten, was und wer DIR Lebensfreude, sprich Lebensenergie, gibt oder nimmt!
• Schritt für Schritt aufhören Dinge zu tun, gegen die sich DEIN Inneres wehrt.
• Klar definierter (Business) (Lebens)plan, der sozial und menschenwürdig ist – für Chef, Lebenspartner, Mitarbeiter, Freunde. DEIN Plan ist die Landkarte, die vor Verirrung schützt und DEINE Zukunft visualisiert.
• Lebe und arbeite für die Verwirklichung DEINES Lebensideals – DEINER Lebensmission.
• DU musst Erfolge feiern! Mit Freude leben und auch anderen Lebensfreude und Erfolge gönnen!
• Pausen machen, um in DICH zu gehen, um über DEIN Leben über DEINE Lebensaufgabe nachzudenken
• Den Wandel als notwendig verinnerlichen, mit DEINEM Leben tanzen lernen (mit Licht und Schatten – beides
braucht seinen Gegenpol)
• DEINER eigenen Intuition folgen und alte Muster loslassen, noch besser entsorgen.
• DIR DEINER Stärken aber auch Schwächen bewusst werden, dazu stehen.
Dank überwundenem Burnout
heute stärker
denn je: Werner
Gröbl mit Lebenspartnerin
Alexandra.
ne Wohlergehen war damit freilich nicht
gelegt, die Kosten für den persönlichen
Energiehaushalt längst überschritten.
Jahrelang gelang es Gröbl erfolgreich, die Symp­
tome zu ignorieren. Die Panikattacken waren
nun bereits so stark, dass der Unternehmer
dachte, „es zerreiße ihm den Schädel“.
habe ich mir mein Umfeld angeschaut, sowohl
im privaten wie im Firmenbereich: Wer tut mir
gut? Wer entlastet mich? Wer sind die Energiegeber, wer die Energieräuber? Von Jammerern
habe ich mich getrennt, andere versuchte ich zu
fördern!“
Letzteres hält Gröbl heute für einen der
entscheidenden Punkte im Leben eines UnterHilfe für Manager
nehmers: „Durch meinen offenen Umgang mit
Am absoluten Tiefpunkt angelangt, bot ihm
dem Thema sprechen mich heute viele Unterdas Leben Hilfe von unverhoffter Seite. Ausgenehmer und Manager an, die keine Scheu haben,
rechnet ein Rechtsanwalt brachte den entscheisich mir mit ihren Krisen anzuvertrauen, da ich
denden Stein ins Rollen. „Ich weiß, was dir fehlt,
die Erfahrungen ja selbst gemacht habe. Immer
ich kenne das und sage dir eins: Du musst dein
wieder berichten diese von ärtzlichen RatschläLeben ändern, von grundauf!“, sprach’s und
gen á la „Da müssen Sie halt zurückstecken“,
reichte ihm ein Taschenbuch, Joki Kirschners
aber keine Ahnung haben, wie sie das machen
„Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner!“ Lustlos
sollen. Hier Wege aufzuzeigen, wie man sich
blätterte Gröbl zu Beginn in dem Büchlein – und
Freiräume schaffen kann, ohne den Erfolg des
begriff erst im Laufe der darauffolgenden WoUnternehmens zu gefährden, halte ich für eine
chen die Bedeutung der darin enthaltenen Lewesentliche Hilfe.“ Voraussetzung dafür: ein
bensweisheiten und die positive Sprengkraft für
wertschätzendes Leben den Mitarbeitern und
sein Leben.
Mitmenschen gegenüber. Nur eine der Erkennt„Nach und nach wurde mir bewusst, was ich
nisse, die Gröbl aus seinem Burnout schöpfte. So
mir und meinem Körper über Jahre zugemutet
wie er im Rückblick seiner größten Lebenskrise
hatte.“ Ernährung, Bewegung, Lebenseinstelüberhaupt sehr viel Positives abgewinnen kann:
lung – Punkt für Punkt begann Gröbl, sein Le„Ich kann den Symptomen nur dankbar sein. Sie
ben umzukrempeln. „Ich
zeigen einem die Schwerschaffte es, mein Cordon
punkte anders zu setzen,
bleu mit Pommes immer
sich auf das Wichtige im
Ich kann den Symptomen
als Schnellster runterzuLeben zu konzentrieren,
heute nur dankbar sein. Sie zeischlingen. Und war noch
noch nie hat jemand am
unheimlich stolz darauf.“
Sterbebett geklagt: ,Ich hab
gen einem, die Schwerpunkte im
Seine Ess- und Trinkkultur
zu wenig Zeit in der Firma
Leben anders zu setzen.“
stellte Gröbl ebenso um
verbracht’“, so Gröbl, der
Werner Gröbl
wie sein Sportprogramm:
in diesen Jahren auch seine
Statt Tennisspielen auf Match begann er zu lauDrittelphilosophie (ein Drittel Beruf/ung, ein
fe. „Aber nicht, um für einen Marathon zu traDrittel Familie/Partnerschaft, ein Drittel Zeit
nieren. Nicht gegen die Uhr, sondern rein für
für sich) entwickelte und bis heute danach lebt.
mich.“ Parallel dazu beschäftigte er sich mit Au„Heute kann ich aus vollster Überzeugung sagen.
togenem Training und legte vermehrt gezielte
Ein Burnout ist nicht das ein Ende der Karriere,
Pausen vom Alltagsgeschäft ein. „In denen ich
sondern Anfang seiner persönlichen Entmich immer wieder fragte: Will ich das? Will
wicklung! Wer bereit ist, an sich zu arbeiich das wirklich, was ich mache?“ Als nächstes
ten, wird den inneren Wandel schaffen.“
„