Maskerade und Narrendiplom – Goethes jecke - Goethe

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16. Nov. 2015, 14:47
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Neue Ausstellung
Goethe zwischen Maskerade und Narrendiplom
Goethe war ein Karnevalist – ein bisschen jedenfalls. Er liebte
Verkleidungen, schrieb über den närrischen Ausnahmezustand und
hatte ein Narrendiplom. Aber er plädierte für geordneten Regelverstoß.
Von Dorothea Hülsmeier
Karneval und Klassik, närrischer Ausnahmezustand gegen Ordnung und Regeln – Goethe
konnte beides. Dass ausgerechnet Deutschlands größter Dichter Johann Wolfgang von
Goethe (1749–1832) eine jecke Seite hatte, ist wenig bekannt.
Schon der junge Goethe verkleidete sich gern, durchtanzte mit seiner umschwärmten Lili
Schönemann die Maskenbälle in seiner Geburtsstadt Frankfurt. Goethe besaß sogar ein
Narrendiplom vom Niederrhein. Als Minister organisierte er am Hof von Weimar
Maskenzüge und erschien mal als Schweizer Bauer, mal als Ritter oder als Schlaf. Bis zu
seinem Alterswerk "Faust II" ist der Karneval präsent – als "Mummenschanz".
Passend zur jetzt eingeläuteten fünften Jahreszeit widmet das Goethe-Museum in der
rheinischen Karnevalshochburg Düsseldorf dem Hang Goethes zur Tollheit eine Ausstellung
mit zahlreichen originalen Handschriften und Dokumenten. "Ohne Fastnachtstanz und
Mummenspiel ist im Februar auch nicht viel", heißt etwa ein Monatsspruch Goethes aus dem
Jahr 1814 – für den ausgewiesenen Klassik-Experten und Museumsleiter Christof
Wingertszahn war das allerdings "eher Gelegenheitsdichtung" des Autors von "Werther" und
"Faust".
Goethe hatte laut Wingertszahn "großen Spaß an derb-drastischen Fastnachtstücken". Als
Mittzwanziger schrieb er das kleine Drama "Hanswursts Hochzeit" mit einer langen
Personenliste aus unanständigen Schimpfnamen in zuweilen derber Fäkalsprache. Das Buch
wurde erst nach seinem Tod gedruckt – anstelle der Kraftausdrücke standen Pünktchen.
Mit einer Truppe junger Leute organisierte Goethe dann als Staatsmann die wohlgeordneten
Maskenzüge am protestantischen Hof von Weimar. Mit dem Karneval als Volksfest machte
er erst auf seiner Italienreise ab 1786 Bekanntschaft. Das wilde Treiben auf den Straßen
Roms habe in ihm "ein widriges Gefühl" verursacht, sagt Wingertszahn. Denn schließlich
wollte sich Goethe in Rom der Kunst widmen. Beim zweiten Karneval schaute er dann in
faszinierter Abneigung genauer hin, es entstand 1789 die ethnologische Studie "Das
Römische Carneval".
20 Fragen an das Kölner Festkomitee
Fast 30 Jahre vergingen seit der Italienreise, bis Goethe sich als älterer Dichter Köln
zuwandte. 1824 baten ihn die Kölner um einen Beitrag für ihren reformierten Karneval.
Goethe als Klassiker mit Hang zu Regeln fand das interessant, "weil es darum ging, ein
Volksfest in eine seriöse Ordnung zu bringen", sagt Wingertszahn. 20 Fragen stellte Goethe
bei seiner akribischen Recherche an das Kölner Festkomitee. Vom Gürzenich über die
bedeutendsten Masken bis zu den "Eigenthümlichkeiten" wie den "Cölnischen Funken" wollte
er alles genau wissen.
Wingertszahn räumt zugleich mit einem Gerücht auf: Goethe besuchte nicht den Kölner
Karneval – auch nicht inkognito, wie es mancherorts zu lesen sei. Stattdessen schrieb
Goethe das Lobgedicht "Der Cölner Mummenschanz", wobei er auch da seine Vorbehalte
gegen zu ausgelassenes Treiben formuliert: "Löblich wird ein tolles Streben, wenn es kurz ist
und mit Sinn."
Dass das niederrheinische Dülken, das heute zu Viersen gehört, den Geheimrat 1828
ungefragt zum Mitglied der dortigen Narrenakademie kürte und ihm ein Narrendiplom verlieh,
war dem Doktor ehrenhalber dann doch zu närrisch. Zwei Orden – einen Mond und eine
Windmühle – schickten ihm die Dülkener nach Weimar, dazu Fragen wie "Wie kann man mit
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"Goethe war darüber nicht amüsiert", sagt Wingertszahn. Der alte Dichter packte Orden und
Diplom in einen Karton und schrieb einen Zettel dazu: "Rheinische Absurditäten". Goethe
nannte sich zwar bisweilen "Fastnachts-Goethe", aber er war nach Worten von
Wingertszahn eben doch nur "in Ansätzen" ein Karnevalist.
Die Ausstellung "Goethe und der Karneval" mit zahlreichen originalen Handschriften
und Dokumenten läuft vom 15. November bis zum Aschermittwoch, 10. Februar 2016.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag und Sonntag 11–17 Uhr, Samstag 13–17 Uhr.
dpa
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