Hunde verfolgen die Spur eines Menschen

Hunde verfolgen die Spur eines Menschen
 Denkendorf: Bei Antje Taube lernen die Vierbeiner „Man-Trailing“ – Dabei werden die Tiere artgerecht gefordert
Sie kommen in Fernsehkrimis zum
Einsatz. Auch wenn im realen Leben ein Mensch vermisst wird, ist
oft die feine Nase von Hunden gefragt. „Man-Trailing“, zu Deutsch
„die Spur eines Menschen verfolgen“, ist eine spezielle Ausbildung
für Hunde, um eine Person anhand
ihres Geruches aufzuspüren. Antje
Taube aus Denkendorf bietet diese
Ausbildung von Suchhunden an.
Von Ulrike Rapp-Hirrlinger
„Es gibt keine artgerechtere Auslastung für Hunde als die Nasenarbeit. Sie fordert den Hund psychisch und physisch. Zudem werden Glückshormone ausgeschüttet
und Stresshormone gehemmt“, sagt
die 37-Jährige. Die gelernte Verwaltungsfachfrau hat dieses Hobby
vor einigen Jahren für ihren Hund
entdeckt. Jetzt hat sie den Schritt
in die Selbstständigkeit gewagt.
In ihren Kursen müssen Mensch
und Tier als Team agieren. Das
stärke die Bindung. „Der Hund
lernt, eigenständig Problemlösungen zu finden, und der Mensch
muss dabei lernen, die Reaktionen
des Hundes zu lesen und ihm die
Führung zu überlassen“, erklärt die
Trainerin. Jedes Mensch-HundPaar übt einzeln. Für jedes Team
bereitet Antje Taube einen individuellen Trail vor, der sich im
Schwierigkeitsgrad nach dem Können und der Erfahrung des Hundes
richtet. Wichtig: Auch der Hundeführer darf nicht wissen, wo sich
die versteckte Person befindet.
Kurzer Trail für junge Hunde
An diesem Nachmittag haben
sich Antje Taube und ihr Mann Ingo
mit Petra und Martin Vosbeck aus
Leinfelden-Echterdingen bei der
Denkendorfer Albert-SchweitzerSchule verabredet. Die Hunde
George, James, Dunja und Luxx
bleiben im Auto, bis ihre Spürnasen an der Reihe sind. James, der
neun Monate alte Cavalier King
Charles Spaniel von Ingo Taube,
ist als erster an der Reihe. Für den
jungen und noch unerfahrenen
Hund hat Antje Taube nur einen
relativ kurzen Trail vorgesehen, bei
erfahreneren Hunden kann ein
Trail schon einmal eine Stunde oder
mehr dauern.
„Je mehr Kreuzungen ein Trail
hat, umso schwieriger ist er für einen Hund“, erklärt Taube. Auch,
wenn die gesuchte Person vorher
Kreise gelaufen ist, wird es anstrengender. Wind, Hitze, Regen, sich
überlagernde Spuren oder Ablen-
Eine Fährte verfolgen Martin und Petra Vosbeck mit Dunja und Luxx sowie Ingo und Antje Taube mit James und George (von links). „Man-Trailing“ setzt bei
den Hunden Glückshormone frei.
Foto: Rapp-Hirringer
kungen durch Katzen, andere
Hunde oder Kinder können die
Trails schwieriger machen. Die
Tiere lernen, solche Dinge im Training auszublenden.
Petra Vosbeck wird sich für
James verstecken. Sie nimmt einen
kleinen Stein für wenige Minuten
in die Hand und legt ihn dann an
einer Straßenecke vor der benachbarten Musikschule ab. Auch Taschentücher oder Kleidungsstücke
wären als Geruchsträger durchaus
möglich. Dann versteckt sich Petra
„Wir beginnen mit den Trails
nicht auf dem Parkplatz, weil dort
eine riesige Geruchsglocke
herrscht“, erklärt Antje Taube.
James, dem Ingo Taube als Zeichen, dass es nun ans Trailen geht,
ein anderes Geschirr übergezogen
hat, schnuppert kurz am Stein, um
dann erst einmal zu pieseln. Doch
danach geht es zielstrebig voran.
Immer wieder wird er an Kreuzungen oder Garteneingängen langsamer, bis er die Spur wieder aufgenommen hat.
Die Trainerin beobachtet genau,
wie das Team reagiert. Sie korrigiert auch die Körperhaltung ihres
Mannes oder gibt ihm Hinweise,
die Leine kürzer oder länger zu halten, um James Raum zu geben, eine
Kreuzung zu erkunden. Gerade
chen dagegen etwa 120 Tage.
Mantrailer können nicht nur auf
Spuren von Fußgängern eingesetzt
werden. Selbst ein geschlossenes,
fahrendes Autos verhindert nicht,
dass die Personen verfolgbare
Spuren hinterlassen. Auch bei der
Suche nach der fünfjährigen Inga,
die seit Anfang Mai in Sachsen-Anhalt vermisst wird, wurden ManTrailer-Hunde eingesetzt. Sie folgten einer Spur mehr als 200 Kilometer. Allerdings ohne das vermisste Kind zu finden.
Die Ausbildung ist sehr umfangreich. Neben den Schwierigkeiten,
die dem Hund auf der Spur begegnen, muss sichergestellt werden,
dass der Hund nur die aufgezeigte
Spur verfolgt. Auch wenn er abgelenkt wird, muss der Hund in der
Lage sein, die Person anhand des
Geruchsbildes zu identifizieren. Er
muss zeigen, wenn er die Spur verloren hat oder die Spur endet. Ablenkungen wie Personenverkehr,
andere Hunde oder Wild dürfen ihn
nicht an der Erfüllung seiner Aufgabe hindern. Die Geschichte des
organisierten Einsatzes von Suchhunden begann vor 100 Jahren mit
dem Polizeihund. Als Suchhund in
Trümmern oder Lawinen sind sie
seit 50 Jahren im Einsatz. ManTrailing ist seit zehn Jahren in der
beschriebenen Form verbreitet.
Vosbeck an der von Antje Taube
vorgegebenen Stelle wenige hundert Meter und etliche Abbiegungen entfernt.
Parkplatz mit Geruchsglocke
„Man-trailer“-Hunde
Der „Man-Trailer“ sucht, anders als
der Trümmer- oder Flächensuchhund, immer eine ganz bestimmte
Person. Das Tier sucht die Person
anhand ihrer Duftspur. Sie entsteht
so: Jeder Mensch gibt ständig winzige Hautschuppen ab. Mit der individuellen und einzigartigen Hautflora eines Menschen legen sie die
Spur. Witterung, Untergrund, Wind
und Alter der Spur bestimmen neben vielen weiteren Faktoren den
Schwierigkeitsgrad der Suche,
denn die Haltbarkeit der Spur ist
begrenzt. Menschliche Zellen bleiben über unterschiedlich lange
Zeiträume erhalten: Hautzellen
etwa 36 Stunden, rote Blutkörper-
dort wird es knifflig: „Macht der
Hund einen großen Bogen, ist er
unsicher, biegt er direkt ab, hat er
die Spur in der Nase“, erklärt
Taube.
Zielstrebig steuert James schließlich auf die versteckte Nische zu,
in der sich Petra Vosbeck verbirgt.
Zur Belohnung gibt es ein Schüsselchen Quark. Die Feuchtigkeit tut
der Hundenase gut, deren Schleimhäute durch das intensive Schnüffeln rasch austrocknen.
Man-Trailing eigne sich für alle
Hunde, egal welcher Rasse oder
welchen Alters, sagt Taube. Selbst
Petra Vosbecks englischer Setter
Luxx, der langsam erblindet, hat
noch Spaß an der Spurensuche.
Noch sind die Man-Trailer, die bei
Antje Taube in die Lehre gehen, in
der Grundausbildung. Bis zur Einsatzreife dauere es etwa zwei
Jahre. Eine Prüfung für Suchhunde
darf die freie Trainerin allerdings
nicht abnehmen. Auch dürfen in
Baden-Württemberg nur Hunde,
die einer Polizei- oder Rettungshundestaffel angehören, nach tatsächlich verschwundenen Personen
suchen, erklärt Taube. Dazu müssen die Tiere eine Einsatzreifeprüfung ablegen.
www.suchhunde-esslingen.de