Die Videos und die Bild strecke zur Brautkleid - Migros

10 | MM21, 18.5.2015 | MENSCHEN
Die Videos
und die Bild­
strecke zur
Brautkleid­
suche.
Migrosmagazin.ch
Regula Schüpbach
ist entzückt vom
Seidenkleid Sophia
bei Mery’s Couture.
MENSCHEN | MM21, 18.5.2015 | 11
Bei Mery’s Couture drapiert die Verkäuferin ein kurzes Kleid – das der Braut für den grossen Tag doch etwas zu gewagt ist. Lieber möchte sie lang tragen.
Brautkleider
Und was trägt
die Braut?
Einen halben Monatslohn gibt eine Braut für ihr Brautkleid aus. Dafür muss
alles perfekt sein. So auch bei Regula Schüpbach. Wir haben sie bei der Suche begleitet.
Text: Yvette Hettinger Bilder: Vera Hartmann
MENSCHEN | MM21, 18.5.2015 | 13
W
er im Internet auf einschlägigen Sites zu Brautkleidern
surft, stösst erstaunlich oft
auf die Begriffe «Hilfe» (gefolgt von einem Ausrufezeichen), «Traum»,
«Prinzessin», «weiss», «Katastrophe» und
«märchenhaft». Seltener fallen die Wörter
«Budget», «Farbe», «Bräutigam», «modisch»
und «Freude». Das Wort «verliebt» kommt
praktisch nur im gleichen Satz wie «Kleid»
vor. Diese nicht repräsentative Erhebung
lässt ahnen: Heiratet eine Frau, gibt es kaum
Wichtigeres als das Kleid. Für manche aber
auch nichts Schlimmeres, nichts Teureres
oder nichts Enttäuschenderes.
Antrag in Kanada, Hochzeit am Bielersee
Für Regula Schüpbach (30) hingegen
verläuft die Brautkleidsuche gerade sehr
entspannt. Sie ist seit ein paar Stunden in
Zürich unterwegs, um verschiedene Modelle
anzuprobieren. Die schlanke, 1,73 Meter
grosse Stadtbernerin mit Konfektionsgrösse
36/38 ist die Gewinnerin des BrautkleidStylings, welches das Migros-Magazin
verlost hat. Sie ist Pflegefachfrau und Fotografin für Babys und Familien und traut sich
noch dieses Jahr: Im September heiratet
sie ihren langjährigen Freund Daniel Corner
(32) im Von-Rütte-Gut am Bielersee.
Rowena Downing (36), Stylistin und
Personal Shopper aus Zürich, steht Regula
Schüpbach zur Seite und hilft ihr, aus der
Masse von Kleidern ein passendes auszuwählen. Nun stehen die beiden in der
Boutique Little Black Dress an der Josefstrasse in Zürich vor dem Spiegel. Die
Stimmung ist heiter und entspannt. Regula
Schüpbach hat Jeans, T-Shirt und Turnschuhe abgestreift, ist ins Cocktailkleid Fernando
(1200 Franken) gestiegen und stellt überrascht fest, wie gut ihr das beige, schlichte
Teil mit der goldenen französischen Spitze
und Seidenchiffon steht. «Ich selber hätte
dieses Kleid niemals in Betracht gezogen»,
sagt sie. Boutiquebesitzerin Eliane Diethelm
(32) kennt das. Sie hat schon Bräute bedient,
die einen Hosenanzug wünschten und den
Laden mit einem bodenlangen romantischen Kleid verliessen. Nichts geht nun mal
übers Anprobieren, und so schlüpft Regula
Schüpbach als Nächstes in «Graham», ein
glamouröses Abendkleid für 2200 Franken
mit einem Oberteil aus paillettenbesetztem
Jakob-Schläpfer-Stoff. Und schliesslich trägt
sie ein asymmetrisches Seidenkleid, das 1390
Franken kostet und über und über mit Blütenmuster bestickt ist. Regula Schüpbachs
Fazit: Alles sehr schöne Kleider, die sie sofort an einer Gala tragen würde. Aber nicht
an ihrer Hochzeit.
Für den grossen Tag sucht sie ein Kleid,
das «schlicht und speziell» ist. Und rückenfrei, gemäss dem Wunsch ihres Verlobten.
Die beiden haben sich vor zwölf Jahren bei
Wie eine Fee fühlt sich Regula Schüpbach im Seidenchiffon-Kleid von Eclectic für 3900 Franken.
Haarspray hilft: Alberto Barbetti, Boutique Eclectic, und Stylistin Rowena Downing (r.) legen Hand an.
MENSCHEN | MM21, 18.5.2015 | 15
Coco lässt grüssen: Chic und schlicht ist das Chanel-Modell,
das Rowena Downing für die Braut bei Liluca ausgewählt hat.
einer Theateraufführung kennengelernt
und sind nach einigen Jahren WG-Leben im
April zusammen in eine Drei-Zimmer-Altbauwohnung im Berner Breitenquartier
gezogen. Bereits zwei Mal waren sie gemeinsam auf Weltreise. Bei der letzten führte
Daniel seine grosse Liebe im kanadischen
Watson Lake in einen Wald aus Zehntausenden von Schildern, die Touristen dort
platziert hatten – Ortsschilder, Wegweiser,
Autonummern. Dort fand die Bernerin das
eine Schild, das für sie bestimmt war. Darauf
stand: «Regula, wosch du mi hürate?» Das
war im Sommer 2014, die Braut sagte
überwältigt Ja, und seither ist das Paar am
Planen. 75 Gäste sind eingeladen, die
Musiker gebucht, das Menü ausgewählt.
Welche Schuhe, welcher Haarschmuck?
Fehlt noch das Brautkleid. Stylistin Rowena
Downing gibt der Braut ihren wichtigsten
Rat mit auf den Weg: «Wähle ein Kleid, das
bequem ist und in dem du dich so glücklich
wie nur möglich fühlst.» Dann ziehen die
beiden von Geschäft zu Geschäft, um
verschiedene Modelle anzuprobieren. Im
Brautmodehaus Liluca ist es zunächst eine
4200 Franken teure, pompöse Robe mit
einer Unmenge von Seidentüll, kreiert vom
Londoner Designer David Fielden. «Hennä
schön», findet Schüpbach. Es folgen ein
Bei Little Black Dress kann Regula Schüpbach anprobieren, was sie will – es gefällt und
steht ihr einfach alles. Doch für die Hochzeit ist nichts dabei.
schmal geschnittenes Teil aus der Kategorie
Meerjungfrau zu 2390 Franken und ein
kurzes Modell aus Seidensatin im ChanelChic (1590 Franken). Downing und die
Liluca-Beraterin helfen ihr in die Kleider
und hinaus, büscheln da eine Schleppe und
zupfen dort die Stoffbahnen zurecht. Der
Braut gefällts. Ein bisschen wie in einer
anderen Welt komme sie sich vor, sagt sie.
Tatsächlich ist sie der sportliche Typ und
immer in Bewegung. Zwei Mal pro Woche
geht sie ins Rope-Training, am Wochenende
ist sie mit ihrer Cousine am Klettern, in der
Freizeit organisiert sie mit ihrem Partner
Open-Air-Filmfestivals.
Und dann das: Regula Schüpbach fühlt
sich besonders wohl in einem feenhaften
zartrosa Teil aus hauchdünnem Seidenchiffon, das die Stylistin in der Boutique Eclectic
zum Anprobieren ausgewählt hat. Dazu im
Haar ein farblich abgestimmtes Gebilde aus
der Hand von Janine Küng von alfonsˇ blumenmarkt. Spätestens jetzt wird klar, dass
jedes Kleid weitere Entscheidungen nach
sich zieht: Welcher Haarschmuck passt
dazu, und welche Frisur zum Haarschmuck?
Wie hoch dürfen eigentlich die Schuhe sein?
Hält man es einen Tag lang darin aus?
Spezialisierte Läden führen natürlich hochzeitstaugliche Schuhe im Sortiment. So auch
Mery’s Couture an der Löwenstrasse in
Zürich. Die Beraterin stellt sich als Gabi vor
und steht für anderthalb Stunden ganz der
Braut zur Verfügung. Sie weiss um die Bedeutung des Hochzeitsoutfits. «Die häufigste
Frage nach einer Hochzeit lautet: Und was
trug die Braut?», sagt Gabi.
Das Traumkleid ist verspielt und elegant
Jemand bringt ein Tablett mit Wassergläser,
eine Schneiderin mit Massband um den
Hals steht abrufbereit in der Nähe. Die
ganze Entourage lässt ein kollektives «Oh!»
ertönen, als die Bernerin mit einem frechen
kurzen Kleid aus der Kabine tritt. Alle
lächeln. Und stecken die Braut ins nächste
Modell, ein im hauseigenen Atelier aus Seide
und Spitze gefertigten Kleid mit dem Namen Sophia. Sein eng anliegendes Oberteil
besteht aus transparenter Spitze, der lange
Rock Typ Fishtail fällt in schimmernden
Wellen zu Boden. Regula Schüpbach
schweigt entzückt. Kostenpunkt für jedes
Kleid: rund 3400 Franken.
Ein paar Tage später entscheidet sich die
Braut für ein schlichtes Kleid, das sie bei Liluca in Bern für 2000 Franken entdeckt hat.
Es passe genau zu ihr und sei einzigartig.
Gleichzeitig verspielt und elegant, mit etwas
Spitze und plissiertem Rock. Und natürlich
mit freiem Rücken, für den Bräutigam. Vom
Rest will er sich überraschen lassen. MM
16 | MM21, 18.5.2015 | MENSCHEN
Zahlen und Fakten
Alles rund ums
Brautkleid
Illustration: Rahel Nicole Eisenring
Das Weiss des
Hochzeitskleids steht für
Reinheit und sexuelle
Unberührtheit. Deshalb
mussten bis weit ins
20. Jahrhundert
Schwangere vielerorts
in Schwarz heiraten.
Umgerechnet gerade mal
25 Franken kostete das
Brautkleid, das die Designerin Katrina
Chalifoux aus WC-Papier kreierte und womit
sie letzten Sommer am New Yorker Wettbewerb
«Brautmode aus WC-Papier» teilgenommen
hatte. Sie verwendete 28 normale und
7 übergrosse Rollen Toilettenpapier,
ausserdem Leim, Klebeband
und Faden.
Quellen: www.weddix.de, www.ma-gazin.de,
www.madonna.oe24.at, Guinness-Buch der Rekorde.
www.huffingtonpost.com
Spätestens nach der Märchenhochzeit von Prinzessin Elisabeth
von Bayern alias Sissi im Jahr
1854 war klar: Die modische Braut
trägt Weiss!
Der Realitystar Kim Kardashian heiratete im
Mai 2014 Kanye West und trug ein Hochzeitskleid von
Riccardo Tisci. Für das Traumkleid gab sie stolze
2,1 Millionen Dollar aus. Damit knackte sie den
Rekord für das teuerste Hochzeitskleid, das je von
einem Promi getragen wurde.
MENSCHEN | MM21, 18.5.2015 | 17
Im Alten Rom, vor über 2000 Jahren, trug die
Braut am Tag ihrer Hochzeit eine spezielle
Tunika. Die Taille wurde mit einem Gürtel aus
Holz betont, der mit einem speziellen Knoten,
dem Herkulesknoten, verschlossen war.
Der Bräutigam musste sich der Aufgabe
stellen, den Herkulesknoten am
Hochzeitsgewand zu lösen.
Was die Braut am Tag ihrer Hochzeit alles tragen sollte:
1. Etwas Altes, eventuell ein Familienerbstück.
2. Etwas Neues, zumeist das Brautkleid.
3. Etwas Geliehenes, ein Schmuckstück von einer
glücklich verheirateten Freundin etwa, das dem
zukünftigen Ehepaar Glück bringen soll.
Und 4. etwas Blaues, meist ein blaues Strumpfband.
Das Blau steht für Reinheit und Treue.
Die Ausstellung der Brautrobe von
Prinz Williams’ Frau, Herzogin Catherine,
knackte 2011 mit über 600 000 Besuchern
alle Besucherrekorde im Buckingham Palace.
Die Bestmarke für eine Ausstellung lag bis dahin
bei 420 000 Besuchern. Die Eintritte brachten
acht Millionen Pfund ein.
Ohne ein Gramm Stoff kommt das
Hochzeitskleid aus, das die Designerin Gail Be in Minnesota
(USA) entworfen hat. Es besteht aus elf Metern dünnem
Draht, 500 000 Glasperlen und 400 000 Kristallen.
Das Modell mit dem Namen «Fantasy» wiegt 172 Kilo und
wurde in 20 000 Arbeitsstunden von 21 Näherinnen
erschaffen. Den Preis gibt es nur auf Anfrage,
und ob das Kleid jemals zu einem Traualtar
geführt wurde, ist nicht überliefert.
Die weltlängste
Schleppe eines
Brautkleids ist
3000 Meter lang.
Für dessen Her­
stellung arbeiteten
10 Schneider 100
Tage lang. Verwen­
det wurden 4700
Meter Seidentaft,
4,5 Meter Spitze,
45 Meter Innen­
futter, 1857 Nadeln
und 150 Garnrollen.