Bericht der Veranstaltung(pdf146KB)

Bürgerdialog „Wie werden wir unserer Verantwortung in der Welt gerecht?“
„Ich freue mich, dass der letzte Bürgerdialog zum Europäischen Jahr für Entwicklung in
unserem schönen Konstanz stattfindet“, so begrüßte Prof. Dr. Carsten Manz, Präsident der
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung und Hausherr der Veranstaltung, am
10. Dezember 2015 die etwa 75 Teilnehmer des Bürgerdialogs. Die Frage, wie wir unserer
Verantwortung in der Welt gerecht werden können, sei ein entscheidender Punkt, der
auch in der täglichen Hochschulpolitik in Konstanz eine wichtige Rolle spiele. An der
Hochschule Konstanz gebe es sechs Werte, an denen sich die 5000 Studierenden und 500
Mitarbeiter orientieren. So sollte die HTWG sprudelnd, lebensnah, grenzenlos, visionär,
respektvoll und authentisch im gemeinsamen Denken, Handeln und im Umgang
untereinander sein. „Dies ist der richtige Weg für die Hochschulgemeinde in Konstanz“, so
Prof. Dr. Manz. Welche Möglichkeiten es auf der politischen Ebene gibt, solle die
Diskussion der anwesenden Podiumsgäste zeigen.
Im Anschluss an die Begrüßung von Prof. Dr. Carsten Manz erörterte Andreas Jung,
Mitglied des Deutschen Bundestages und Vorsitzender des Parlamentarischen Beirates für
nachhaltige Entwicklung den Begriff Nachhaltigkeit. Dieser sei bereits vor über 300 Jahren
das erste Mal gefallen. „In Zeiten von Hunger und Armut, sozialer Ungerechtigkeit und
dem Klimawandel, kann es nur richtig sein, sich für nachhaltige Entwicklungen
einzusetzen“, erklärte Jung. Deutschland habe eine besondere Verantwortung in Sachen
der Nachhaltigkeitsförderung und dem Klimaschutz. Durch verschiedene Projekte wurde
in diesen Bereichen schon viel erreicht.
Christoph Plate von der Schwäbischen Zeitung moderierte die folgende Diskussion. Janina
Ackermann, erklärte in ihrem Eingangsstatement, dass sie in ihrer Arbeit als Eine-WeltRegional-Promoterin zivilgesellschaftliches Engagement für globale Gerechtigkeit
unterstütze. Besonders wichtig dabei sei der Faire Handel, der gerade in den Kommunen
viel Anklang findet. Auf die Frage des Moderators, ob es in der Wahrnehmung von FairTrade in den Kommunen zum „guten Ton“ gehört, spezielle Projekte zu fördern stimmt
Ackermann zu, dass es einen gewissen Marketing-Effekt gebe. Die Gestaltung der Projekte
unterscheide sich aber in den Kommunen. „Es gibt noch Luft nach oben in der
Wahrnehmung. Wichtig ist, dass die Gesetzgebung aktiver wird“ bemerkte Ackermann. Dr.
Simone Höckele-Häfner, Leiterin des Referates Entwicklungsarbeit im Staatsministerium
Baden-Württemberg, stellte fest, dass man im Bereich Entwicklungszusammenarbeit mit
wenig Mitteln durchaus viel erreichen kann. „Andere haben zwar das Geld, wir aber haben
die Motivation der Zivilgesellschaft“, mit diesen Worten sprach Dr. Höckele-Häfner die
essentielle Rolle engagierter Bürgerinnen und Bürger an. Dieses Engagement koordiniere
sie in ihrem Amt. Als nächstes konfrontierte Christoph Plate Henriette Geiger, Vertreterin
der Generaldirektion Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen Union (DEVCO), mit
dem Vorwurf, die Kommission nehme wieder, was sie gegeben hat. „Wenn ich diese
Aussage mit ja beantworten würde, könnte ich nicht hier sein“, so Geiger. So habe es die
Europäische Kommission es in den vergangenen Jahren beispielsweise geschafft, 18
Millionen Babys gegen Masern zu impfen, oder für 47 Millionen Menschen die Ernährung
zu sichern. Allerdings sollte die Entwicklungszusammenarbeit von allen Politikbereichen
berücksichtigt werden. Dies sei ein wichtiger Faktor bei der Umsetzung vieler Ziele. Rainer
Wieland, Vize-Präsident des Europäischen Parlaments, betonte, dass jede Ebene der Politik
einen Beitrag bei der Entwicklungszusammenarbeit leisten müsse. Besonders der
politische Dialog müsse gepflegt werden. Darüber hinaus sollten mehr Strukturen
geschaffen werden und Korruption bekämpft werden. „Das Ziel der
Entwicklungszusammenarbeit sollte sein, in die Menschen vor Ort zu investieren“, erklärte
Wieland. Auf die Frage, welche Strategie hinsichtlich Entwicklungszusammenarbeit in
seinen Augen erfolgreich ist, antwortet Thomas Silberhorn, Mitglied des Bundestages und
Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung, dass es noch kein Erfolgsrezept gebe. Entscheidende Faktoren seien
allerdings die Erfüllung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung, der Aufbau von
Infrastruktur und eine gute Regierungsführung. „Das größte Hindernis bei der
Entwicklungszusammenarbeit stellt der mangelnde politische Wille vieler Regierungen
dar“, so Silberhorn.
Im Anschluss an die Vorstellungsrunde entwickelte sich eine Diskussion im Dialog mit den
Teilnehmern. Als zentrales Thema wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des
Bürgerdialoges das Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und Europa diskutiert.
Dabei standen Fragen der Nachhaltigkeit und der Transparenz im politischen Prozess im
Vordergrund. Des Weiteren beschäftigten die Fluchtursachen und die zunehmende
Sensibilität innerhalb der Bevölkerung das Plenum. Henriette Geiger betonte, dass sie die
Bedenken der Bevölkerung bei dem Freihandelsabkommen durchaus nachvollziehen
könne. Die Europäische Kommission achte jedoch bei der Arbeit sehr genau darauf, dass
für keine Bevölkerungsgruppe Nachteile durch das Abkommen entstehen. Zudem
unterstrich sie die wichtige Rolle der Zivilgesellschaft: „Nur durch einen öffentlichen
Diskurs können alle Meinungen ins Gleichgewicht kommen.“ Rainer Wieland betonte
ebenso, dass der EU in vielen Fällen das Recht oder die Möglichkeit fehle, Druck auf
verschiedene Staaten aufzubauen. Der politische Wille in den einzelnen Ländern sei
entscheidend, damit der Punkt Nachhaltigkeit durch das Freihandelsabkommen nicht
beeinträchtigt werde. Auch bei der Bekämpfung von Fluchtursachen spiele der politische
Wille eine wichtige Rolle. Auf Nachfrage eines Teilnehmers, ob das
Welternährungsprogramm in den betroffenen Ländern unterfinanziert war, stellte Thomas
Silberhorn fest, dass viele Länder ihre Versprechen zur finanziellen Unterstützung nicht
eingehalten haben und man derzeit bei 45% der finanziellen Möglichkeiten stehe. Das
Überleben der Bevölkerung könne nur dann sichergestellt werden, wenn man in den
Dialog mit an die betroffenen Regionen angrenzenden Staaten tritt. Dr. Simone HöckeleHäfner stellte klar, dass vom Land Baden-Württemberg beispielsweise 2,5 Millionen Euro in
den Irak gingen. „Letztendlich fängt die Verantwortung bei einem selbst an“, fasste Janina
Ackermann den wichtigen Diskurs zusammen.
Nach zwei Stunden beendete Moderator Christoph Plate die Diskussion in der Hochschule
für Technik, Wirtschaft und Gestaltung in Konstanz. Beim anschließenden Empfang
nutzten die Teilnehmer aber die Gelegenheit, die angesprochenen Themen noch einmal
im informellen Rahmen untereinander oder im Dialog mit den Podiumsgästen
fortzusetzen.