Open-Air-Konzert bei minus zwölf Grad

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MITTENDRIN
Frankfurter Rundschau
Dienstag, 13. Oktober 2015
71. Jahrgang
Nr. 237
Dienstag, 13. Oktober 2015
71. Jahrgang
Nr. 237
MITTENDRIN
Frankfurter Rundschau
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Die Musiker vor der Menge
in der ausverkauften
Katharinenkirche.
Von Dixie bis Bebop
Open-Air-Konzert bei minus zwölf Grad
Was das Publikum am 27. November erwartet
Vor 40 Jahren spielten die Red Hot Hottentots erstmals für die FR-Altenhilfe / Vorverkauf für Auftritt beginnt
Von Claus-Jürgen Göpfert
E
s war ein verdammt kalter Wintertag. „So minus zwölf Grad“,
schätzt der Posaunist Walter Möwes. Eigentlich überhaupt kein
Wetter für ein Open-Air-Konzert.
Doch am 13. Dezember 1975 ließen sich die „Red Hot Hottentots“
davon nicht schrecken. Die Jazzband
spielte an diesem Samstag unter
freiem Himmel, direkt neben der
Katharinenkirche. Zum ersten Mal
traten die Musiker für die Altenhilfe
der Frankfurter Rundschau auf.
Und sie tun es bis heute – in diesem
Jahr zum 40. Mal. Ein ganz besonderer Rekord. Seit etlichen Jahren
spielt die Band frei-
Beim ersten Konzert der Red Hot Hottentots im Dezember 1975
FR-ARCHIV
vor der Katharinenkirche: Ausschnitt aus der FR.
lich in der Katharinenkirche, diesmal am 27. November, ab 19 Uhr:
Der Vorverkauf ist seit diesem Wochenende eröffnet.
1975 waren die Musiker draußen dick vermummt gegen die Kälte. „Ich hatte mir reinen Alkohol
aus der
Apotheke geholt,
den haben wir auf
die
Instrumente
geträufelt, damit
die nicht einfroren“, erinnert sich
Möwes. Schlagzeuger
Horst
Buchberger weiß
noch, dass sie
bei einem anderen Konzert vorher sogar ordentlich Schnee
schippen mussten, um den
Platz für das
Klavier freizubekommen.
Ja, ein Klavier
war damals
für die Altenhilfe
auch
noch im Einsatz.
Die Rekordtemperatur für die Open-AirKonzerte der Hottentots für die FRAltenhilfe lag übrigens bei minus
20 Grad. Es waren Winter, wie man
sie heute, in Zeiten des Klimawan-
dels, kaum noch kennt in Frankfurt.
Den Kontakt zwischen der FR-Altenhilfe und den Musikern hatte
der langjährige FR-Redakteur Lothar Vetter geknüpft. Er war über
Jahrzehnte so etwas wie das Herz
der Altenhilfsaktion. Noch heute ist
der 84-Jährige alljährlich in der Katharinenkirche mit von der Partie.
Altenhilfe
der Frankfurter
Rundschau
„Der Lothar war unser Hauptkontaktmann zur Rundschau“, sagt der
heutige Bandleiter und Banjo-Spezialist Bernd K. Otto. Posaunist Möwes weiß noch, dass der Klarinettist
Jürgen Müller der Frankfurter
Rundschau angeboten habe, doch
für die Altenhilfe aufzutreten. Die
Zeitung habe sofort begeistert zugesagt. „Und wir haben da überhaupt nicht überlegt, schließlich
ging es ja um eine gute Sache.“
Müller ist heute nicht mehr dabei: Er hat sich in den Ruhestand
zurückgezogen. Buchberger und
Möwes aber machten einfach weiter, bis heute. Als sie begannen, für
die Rundschau aufzutreten, gab es
die „Red Hot Hottentots“ gerade
einmal drei Jahre, gegründet am
26. September 1972. Der Name der
Band ging auf einen Titel des US-
Pianisten und Songwriters J. C.
Johnson zurück, den der 1929 veröffentlich hatte: „Red Hot Hottentot“. Die Rundschau schrieb damals: „Ihren Namen hat die Frankfurter Jazz-Gruppe übrigens nicht
von südafrikanischen Eingeborenenstämmen.“
Damals verstanden sich die Musiker als Vertreter des klassischen
New Orleans Jazz, mit der Bandbreite bis zum Swing. Sie traten auf
vielen Festivals auf und waren bald
bundesweit bekannt.
Später zogen sie um die Welt,
durch die Niederlande, die
Schweiz, durch Ungarn und die
Tschechoslowakei, machten sogar
eine Tournee über die arabische
Halbinsel: Dubai, Abu Dhabi, Bahrain, bis hin nach Ägypten. Auf der
Hauptwache 1975 verkauften sie
ihre zweite LP zugunsten der Altenhilfe. Darauf waren Stücke, die sie
mit der Sängerin Anita Honis aufgenommen hatten, Ehefrau des
Trompeters Carlo Bohländer.
Die Rundschau vermeldete damals ihren Leserinnen und Lesern
stolz: „Jetzt wird auch gejazzt für
die FR-Altenhilfe.“ Immerhin gab es
schon andere Musik für den guten
Zweck, zum Beispiel spielte ein
Drehleiermann. Damals kostete so
eine Jazz-Langspielplatte immerhin
22 Mark, das war viel Geld.
„Wir haben bis heute einen Riesenspaß bei den Konzerten für die
Altenhilfe“, versichert Buchberger.
G
Die Posaunen im Einsatz. Sitzend auf der linken Seite Bandleader Bernd K. Otto.
Seit etlichen Jahren ist die Katharinenkirche an der Hauptwache das
feste Domizil für die HottentotsKonzerte, sie bietet 500 Zuhörerinnen und Zuhörern Platz. Und der
Jazz wird kulinarisch begleitet:
Kreppel und Lebkuchen, Brote mit
Griebenschmalz, Krüge mit Ebbelwei. Alles gespendet von Bäckereien oder Keltereien.
Die Hilfsaktion der Frankfurter
Rundschau für bedürftige alte Menschen besteht sogar schon seit 66
Jahren. Und sie ist angesichts der
wachsenden sozialen Gegensätze in
der Banken- und DienstleistungsGroßstadt Frankfurt heute nötiger
WIE SIE HELFEN KÖNNEN
Überweisungen erbitten wir an „Not
gemeinsam lindern - Alten- und Weihnachtshilfe der Frankfurter Rundschau
e.V.“, Frankfurter Sparkasse,
IBAN DE35 5005 0201 0000 9236 30.
Sie können auch online spenden:
www.fr-online.de/altenhilfe
Ihr Kontakt zu uns: „Not gemeinsam
lindern“, Alten- und Weihnachtshilfe
der Frankfurter Rundschau e.V., Frankenallee 71-81, 60327 Frankfurt, Telefon
069/2199-3550, Fax 2199-25-3550,
E-Mail: [email protected],
Internet: www.fr-altenhilfe.de
ROLF OESER (2)
denn je: Viele Menschen leben auf
der Schattenseite der glänzenden
Metropole.
Bis heute sammelte die FR-Altenhilfe nicht weniger als 30 Millionen Euro; Tausende von Familien
und alleinstehenden Menschen
konnten versorgt werden.
Die Walter-Möller-Plakette der
Stadt Frankfurt war unter anderem
im Jahre 2002 der Lohn für diese
Arbeit, dotiert mit immerhin 10 000
Euro. Mit der Auszeichnung dankt
die Kommune Initiativen, „die sich
auf heraustragende Weise für das
Gemeinwohl in Frankfurt am Main
eingesetzt haben“.
elegentlich nennt Bernd K. Otto, der Bandleader, die „Red
Hot Hottentots“ selbstironisch auch
die „älteste Boygroup in Hessen“.
Tatsächlich haben die Ältesten unter den Musikern die 70 schon
überschritten. Aber die Band hat
sich stets musikalisch weiterentwickelt, ist nicht stehengeblieben, hat
sich durch neue Mitglieder wieder
aufgefrischt.
Der 68-jährige Otto ist dafür
selbst ein gutes Beispiel. Er stieß
erst 2009 zu den anderen Musikern, die ihn rasch zum musikalischen Leiter erkoren. Denn Otto
hat in den 60er Jahren bei den
Frankfurter Jazz-Größen Carlo
Bohländer und Emil Mangelsdorff
gelernt, hat Gastspiele in 30 Ländern absolviert und mit vielen
Weltstars des Jazz gespielt. Lange
Zeit war er Mitglied der legendären
Barrelhouse Jazzband.
Die Formation, die am Freitag,
27. November, ab 19 Uhr in der Katharinenkirche für die Altenhilfe
der Frankfurter Rundschau spielen
wird, nennt Otto „Red Hot Hottentots XXL“. Denn die Band hat sich
für diesen Abend wieder durch international renommierte Jazzer
verstärkt, etwa den Tenorsaxofonisten Tony Lakatos (HR-Bigband)
und den Posaunisten Joe Gallardo
(NDR Bigband und Chef des Landesjugendjazzorchesters
Schleswig-Holstein).
Auch der Saxophonist und Klarinettist Rainer Heute von der HR-
Bigband ist dabei sowie der Posaunist Peter Feil von der gleichen Formation.
Christoph Oeser, der beste Boogie-Woogie-Pianist Deutschlands,
wird wieder seine atemberaubende
Show abziehen, die das Publikum
schon in den zurückliegenden Jahren toben ließ.
Den Stil dieser erweiterten, erneuerten „Red Hot Hottentots“ be-
FR-ONLINE.DE
Mehr auf
fr-online.de/altenhilfe
schreibt Band-Leader Otto mit den
schönen Worten „Dixie-Bop“, ein
musikalischer Bogen nämlich, der
sich vom Dixieland bis zum Bebop
spannt, der in den 40er Jahren des
vergangenen Jahrhunderts so etwas war wie der Ursprung des modernen Jazz.
Der Eintritt für die mehrstündige Show zugunsten der Altenhilfe
der Frankfurter Rundschau kostet
18 Euro, Einlass ist schon ab 17.30
Uhr.
Die Tickets für den Konzertabend sind beim DER Deutsches
Reisebüro, Rossmarkt 12, 60311
Frankfurt am Main, zu bekommen.
Telefonisch ist der Vorverkauf zu
erreichen unter 069 / 928 868 90.
Die Öffnungszeiten des Reisebüros
sind montags bis freitags von 9.30
Uhr bis 18 Uhr und samstags von
10 bis 14 Uhr. jg