Eine aktuelle Länderrisikoeinschätzung zu den

Euler Hermes Deutschland
Länder
Aktuell
28. September 2015
Deutschsprachige Version
Euler Hermes
Economic
Research
Niederlande:
Auf dem aufsteigenden Ast!
Allgemeine Information
BIP
853,54 Mrd. USD (BIP-Länderliste Rang 17, Weltbank 2013)
Bevölkerung
16,8 Mio. (Rang 63 auf der Weltrangliste, Weltbank 2013)
Staatsform
Konstitutionelle Monarchie
Staatsoberhaupt
Mark RUTTE
Nächste Wahl
Parlamentswahlen 2017
Stärken
Schwächen
 Wichtige Handelsdrehscheibe für Europa
 Einer der größten Exporteure von Raffinerieer-









zeugnissen weltweit
Diversifizierte Exportstruktur
Hoher Leistungsbilanzüberschuss
Stabiler Staatshaushalt
Wirtschaftsfreundliches Klima
Stabile politische Bedingungen
Länderrating
AA1
BB1
Überproportionales Schuldenmaß belastet den Haushalt
Wohnungswirtschaft bleibt volatil
Hohe Langzeitarbeitslosenrate
Abhängig von europäischen Wirtschaftszyklus
Handelsstruktur
Nach Zielland/Ursprungsland (in % aller Exporte/Importe)
Nach Produkten (in % aller Exporte/Importe)
Quelle: Euler Hermes
Quelle: Chelem (2013)
Überblick zur Wirtschaftssituation
Wirtschaftliche Erholung gewinnt an Fahrt
Das BIP ist auch im ersten Quartal 2015 zum vierten Mal in
Folge gewachsen (um 0,4 Prozent gegenüber dem vorangegangenen Quartal). Die Kehrseite: das Wachstum war im
Vergleich zum letzten Quartal 2014 nur noch halb so groß.
Außerdem fiel es beträchtlich niedriger aus als noch zu Vorkrisenzeiten (0,7%) - siehe Grafik 1. Die Verlangsamung hat vor
allem mit sinkenden Verbraucherausgaben zu tun. Der Konsum schrumpfte von +0,7% in Q4/2014 auf +0,3%. Während
einige Haushalte aufgrund des allgemein hohen Schuldenlevels
gerade kürzer treten, bringen steigende Immobilienpreise in
Verbindung mit niedrigen Zinsen etwas Entlastung an der
Sparfront. Die Erholung am Wohnungsmarkt (die Preise stiegen zuletzt fünf Quartale in Folge) sowie die guten Arbeitsmarktbedingungen (im Vergleich zum Vorjahresmonat fiel die
Arbeitslosenquote von 7,9% auf 7% im März 2015) werden den
Konsum weiter stützen. Das zeigt sich auch anhand der Zuversicht der Konsumenten; diese wächst unvermindert weiter.
Aus dem Bausektor kommen ebenfalls positive Signale. Dafür
sprechen die Anlageinvestitionen. Sie haben im Vergleich zum
vorangegangenen Quartal um 1,6% zugelegt. Auch die Auslastungsquote präsentiert sich stark. Im ersten Quartal lag sie so
hoch wie seit Ausbruch der Krise nicht mehr. Die Nettoexporte
wirkten sich positiv auf das BIP-Wachstum im ersten Quartal
aus (+0,6 Prozentpunkte). Allerdings fiel die Leistungsbilanz im
Vergleich zum vorangegangen Quartal unter dem Strich
negativ aus, und zwar sowohl bei den Exporten (-0,1%) als auch
bei den Importen (-1,1%).
Grafik 1: Prognose der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren
Niederlande
Anteil
2013
2014
2015
2016
BIP
Konsumausgaben
Staatsausgaben
Investitionen
100%
-0,7
-1,5
-0,2
-3,9
-4,3
-3,0
-0,2
2,2
1,0
1,0
64
0,9
0,1
-0,3
3,5
4,7
0,5
-0,2
4,0
4,0
0,5
67
1,9
1,4
0,2
7,6
9,0
4,0
-0,9
2,4
1,9
0,6
69
2,0
1,7
0,3
4,1
4,1
4,1
0,1
4,1
4,5
0,2
78
Leistungsbilanz (% des BIP)
10,0
10,3
10,4
11,3
Beschäftigung
Arbeitslosenrate
Gehälter
Inflation
-1,4
7,4
1,1
2,6
-1,0
7,4
1,0
0,3
0,2
7,2
1,0
0,7
0,3
7,0
1,0
1,5
44%
26%
20%
Bau
Geräte
Aktien
14%
6%
*
Exporte
Importe
68%
Nettoexporte
*
Leistungsbilanz
**
Gesamtstaatlicher Haushaltssaldo
**
Gesamtstaatlicher Haushaltssaldo (% des BIP)
Staatsverschuldung (% des BIP)
Nominales BIP
0%
78%
**
10%
-16
-19
-17
-16
-2,5
72,6
-2,9
74,8
-2,5
74,0
-2,4
75,2
643
656
667
685
So fern nicht anders angegeben, gelten die Veränderungen für genannten Zeitraum. * B eitrag zum B IP -Wachstum ** M rd. Euro
Quellen: Nationale Statistiken, Euler Hermes
Grafik 2: Baubewilligungen und Zuversicht im Sektor
Wir erwarten, dass das BIP-Wachstum 2015 auf +1,9% ansteigt.
2016 sollte die Wachstumsrate sogar dauerhaft die 2%-Marke
halten. Damit läge das Wachstum über dem erwarteten Durchschnitt in der Eurozone von +1,5% beziehungsweise +1,6%.
Das Bauwesen erholt sich
Der Wohnungsmarkt holt auf: Die Preise liegen 4,4% über
ihrem niedrigsten Level im Juni 2013. Damit rangieren die Immobilienpreise zwar immer noch satte 18% unter dem Rekord
vom August 2008, aber dafür legten die Immobilienverkäufe im
ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 19% zu. Anzeichen
der Erholung erreichen uns auch aus dem Bausektor. Gegenüber dem vorangegangenen Quartal stiegen die Investitionen
um 2%. Auch die öffentlichen Ausgaben legten nach zuvor drei
aufeinanderfolgenden Quartalen des Rückgangs nun endlich
wieder zu (+0,7%). Das Vertrauen im Baugewerbe ist zurück.
Die Anzahl der Baubewilligungen hat im Vorjahresvergleich um
unglaubliche 68% zugenommen (allein seit dem vorangegangenen Quartal stieg die Zahl um deutliche 20%, siehe dazu
Grafik 2). Ähnlich positiv zeichnet sich die Entwicklung bei
Produktion und Beschäftigung in der Baubranche ab. Der
Umsatz stieg im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um
5,3%. Die Kombination aus höherem verfügbaren Einkommen
und Optimismus wird den Hausbau 2015 deutlich beflügeln.
Quellen: Nationale Statistiken, Euler Hermes
Grafik 3: Umsatzwachstum
Plus an Aufträgen und geringerer Preisdruck
sollten Umsatz der Unternehmen ankurbeln
Nachdem sich die Inflation in den vergangenen vier Monaten
im negativen Bereich bewegte, hat sich die Rate im April wieder
stabilisiert. Schuld an der Negativspirale war vor allem der
extrem niedrige Ölpreis, der das ohnehin deflationäre Klima in
der Eurozone nochmal verstärkt hatte. Dank der Lockerungspolitik der EZB und der wiedererstarkten inländischen Wirtschaft
erwarten wir, dass sich die Inflation in den nächsten Monaten
leicht erhöht (um durchschnittlich +0,7% in 2015). Trotzdem
deutet sich beim Umsatzwachstum erst für 2016 ein Durchbruch in den positiven Bereich an (+1%) während es in 2015
wahrscheinlich mit -1% noch schrumpfen wird (siehe Grafik 3).
Der Bruttobetriebsüberschuss nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften* hat seinen positiven Trend seit Mitte 2014 fortgesetzt. Unterdessen tragen der niedrige Ölpreis und die verbesserten finanziellen Bedingungen (siehe Grafik 5) dazu bei, die
Ertragskraft der Firmen zu steigern (siehe Grafik 4).
* Als "nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften" bezeichnet man solche Unternehmen,
deren Haupttätigkeit die Herstellung von marktfähigen, d.h. also physisch existenten
und verkaufbaren Waren oder nichtfinanzieller Dienstleistungen ist.
Euler Hermes Economic Research
Quellen: Eurostat, Prognose Euler Hermes
2
Zustand der Banken und Kredite hat sich verbessert – Schulden und Forderungsbestand
bleiben aber bedenklich
Grafik 4: Margen und Bruttobetriebsüberschuss
nichtfinanzieller Unternehmen
Die EZB hat alle sieben niederländischen Banken auf ihre
Aktiva-Qualität hin überprüft und die Geldhäuser im Oktober
2014 zudem einem Stresstest unterzogen. Dass die Banken
allesamt die Prüfungen bestanden haben zeigt, wie erfolgreich
sie zuletzt in Bezug auf die Stärkung von Bilanz, Eigenkapital
und Rentabilität waren. Seitdem hat sich die Kreditvergabe an
nichtfinanzielle Unternehmen erhöht (siehe Grafik 5), was die
Investitionen 2015 weiter antreiben wird. Allerdings verharrt
die Verschuldung der Unternehmen auf hohem Niveau (über
200% des BIP). Die Höhe der ausstehenden Forderung der
Banken an die Schifffahrtsindustrie und im Immobiliensektor
hat weiter zugenommen. Obgleich der Bankensektor stark
genug ist, potentielle Auswirkungen der Verschuldungsmisere
aufzufangen, bleibt trotzdem ein Restrisiko bestehen.
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen stabilisiert sich
Die Unternehmensinsolvenzen sind 2014 um 19% zurückgegangen. Davor nahmen sie zwei Jahre lang in Folge im zweistelligen Bereich zu, was die Pleiten mit 9.400 Fällen schließlich auf
einen neuen Rekordstand trieb. Unserer Einschätzung nach
werden die Zahlen 2015 weiter sinken (-20%). Doch trotz
dieses Rückgangs werden die Insolvenzen in diesem Jahr
immer noch 33% über dem Niveau von 2007 liegen. Für 2016
erwarten wir einen Rückgang der Geschäftsaufgaben um 5%.
Quellen: Eurostat, Euler Hermes
Grafik 5: Kreditvergabe an nichtfinanzielle Unternehmen
Hoher Verschuldungsgrad der privaten Haushalte, aber noch kein Grund zur Panik
Obwohl die Verschuldung der Haushalte weiter sehr hoch ist
(222% des verfügbaren Einkommens 2013), sanken die ausstehenden Hypotheken 2014 um 6 Mrd. Euro. Verschiedene
Faktoren haben in der Vergangenheit zu einer teilweise exzessiven Hypothekenpraktik geführt. Dazu zählten in erster Linie
ein unbegrenzter Zinsfreibetrag, laxe Standards bei der Zinsvergabe sowie (eingeschränkte) Garantien von Seiten des
Staates. Seit 2012 wurden diese Regeln aber verändert. Nicht
zuletzt die Banken haben von diesem Kurswechsel profitiert.
Sie stehen jetzt gesünder da als vorher.
Nicht überraschend ist es zudem, das sich im oberen, einkommensstärksten Viertel der Privathaushalte auch das beste
Verhältnis der Zinszahlungen zum Wert des jeweils finanzierten Objektes findet, während hingegen sich im unteren, einkommensschwächsten Viertel analog dazu das schlechteste
Verhältnis von Zins zu Wert anfindet. Das – zusammen mit
dem starken Vermögenswert niederländischer Haushalte –
reduziert das Ausfallrisiko. Je mehr sich die Immobilienpreise
erholen, desto stärker sollten die Risiken im Wohnungs- und
Finanzsektor abnehmen. Dennoch gilt hier: Sofern die Einkommen nicht mit der Preisentwicklung mithalten können,
droht eine Immobilienblase. Das aktuelle Verhältnis zwischen
Preis und Einkommen liegt bereits jetzt bei 16,8.
Quellen: EZB, Euler Hermes
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Last review: 16.06.2015
Country Risk Analyst: Ana Boata
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