Small Talk Papierloses Studium ZHAW

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Small Talk
«Es hat mein Leben erleichtert»
Linda Schatzmann studiert seit zwei Jahren papierlos. Den Dozenten macht das mehr Mühe als den Studenten.
Mit Linda Schatzmann sprach Sergio Caré
Als Sie 2012 zu studieren begannen, wurden die Skripte von den Dozenten ausgedruckt. Ab 2013 dann der Wechsel zum papierlosen Studium.
Mir hat am Anfang das Papier in der Hand gefehlt, das Gefühl des Bekannten. Plötzlich hatte ich ein Display vor der Nase. Das Kritzeln und das raschelnde Geräusch beim Umblättern fallen
weg.
Was spricht für das Tablet?
Die schnelle Informationssuche. Im Internet wissenschaftliche Artikel nachschlagen oder im E­Learning ruckzuck auf Dokumente zugreifen zu können, ist sehr praktisch. Vorher waren die
ausgedruckten Skripte schwerer lesbar. Die elektronischen Skripte sind in Farbe, ich kann Grafiken vergrössern, und sie können mit Notizen versehen werden.
Wie haben Sie Notizen gemacht?
Je nachdem habe ich mit dem Stift auf den Bildschirm geschrieben oder die Tastatur benutzt. Meine Notizen habe ich entweder direkt in die Dokumente eingefügt oder Applikationen genutzt. Ich
schreibe am liebsten an den Rand der Dokumente.
Haben Sie die Skripte nicht ausgedruckt?
Ich habe jeweils alle Dokumente im Internet auf einer Datenbank abgespeichert. So konnte ich von überall auf meine Lernskripte zugreifen und musste nicht immer alles mit mir herumschleppen.
Am Anfang neigt jeder dazu, alles auszudrucken, um im Zug zu lernen.
Wie viel Papier haben Sie gespart?
Nach dem ersten Jahr habe ich drei grosse Ordner mit Papier gefüllt. Ab dem Beginn des papierlosen Studiums habe ich für die letzten beiden Jahre nur noch einen Ordner gebraucht. Gesamthaft
habe ich also fünf Ordner voll Papier eingespart. Da wir als Biotechnologen oft im Labor sind und dort mit Handschuhen arbeiten, mussten wir dort von Hand Notizen erstellen. Ansonsten war
alles ohne Papier.
Hand aufs Herz: Haben Sie sich nie während der Lektionen ablenken lassen?
Wir waren zum Studieren da. Aber natürlich gab es auch Phasen, in denen wir uns ablenken liessen. Surfen im Internet, online Zeitung lesen und Games spielen gehört dazu.
Gab es ein Lieblingsspiel unter den Studenten?
Der Favorit bei den iPads war eine Zeit lang «Fun Run», ein Multiplayer­Jump­and­Run­Spiel.
Wer war mehr überfordert: Student oder Dozent?
Bei der Einführung waren wir überfordert, weil niemand genau wusste, wie mit dem Tablet umzugehen war und wo die Programme alle waren. Mittlerweile sind alle Studenten durchs Band
zufrieden. Bei den Dozenten herrscht eine gemischte Stimmung. Einige haben das ​
Gefühl, dass die Studenten nicht mehr gleich gut lernen und während der Vorlesungen nicht aufpassen. Die
Blicke der Studenten sind nicht mehr die ganze Zeit nach vorne gerichtet. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht aufpassen.
Ihr Fazit zum papierlosen Studium?
Es hat mein Leben erleichtert, und zwar im doppelten Sinn: Die Dateien sind immer dabei, und die Tasche ist leichter.
Linda Schatzmann
Die 26­Jährige studiert Biotechnologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil und beginnt im Herbst das Masterstudium.
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