- 1 - Jahresbericht Nr.17 - Weihnachten 2010 Liebe Familie, liebe Freunde, Bekannte und Wegbegleiter! „Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen, Die Sonne stand zum Gruße der Planeten, Bist alsobald und fort und fort gediehen Nach dem Gesetz, wonach du angetreten. So musst du sein, dir kannst du nicht entfliehen, so sagten schon Sybillen, so Propheten; Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt Geprägte Form, die lebend sich entwickelt.“ An diesem Phänomen und seinen Folgen arbeiten Rita und ich noch im ganz normalen Tagesgeschäft. Goethe schienen diese Probleme der Andersartigkeit der Menschen bekannt zu sein, sonst hätte er sie in Urworte Orphisch nicht so trefflich beschreiben können. In diesem Bericht muss ich mit einer traurigen Nachricht beginnen. Vor Weihnachten schwächelte unsere gute Hilde, die Mutter Ritas und ihrer beiden Schwestern Helga und Pussy. Sie kam ins Krankenhaus, wo sie insbesondere von Ritas Tochter Jasmin sowie der ganzen Familie, wie stets auch im richtigen Leben, liebevoll umsorgt wurde. Sie wollte uns Weihnachten und Neujahr nicht vermiesen und starb im Januar mit fast 96 Jahren im Krankenhaus. Wir gedenken ihrer mit Anerkennung und Liebe. - 2 - Schon um die Jahreswende machten Rita und ich uns Gedanken darüber, wohin wir mal gemeinsam reisen könnten. Wir entschieden uns für eine Kreuzfahrt mit der neuen Aida Blue von Palma nach Hamburg, absolutes Neuland für uns. Ein schönes Schiff mit auffallend vielen korpulenten und essfreudigen Menschen an Bord, die stets und ohne Zwang die Fahrstühle nutzten. Es war Februar/März und der Wettergott strafte uns auf der zweiten Fahrt dieses Schiffes bisweilen mit Sturm, Regen und Schnee. So schnell planen wir keine Wiederholung. In Hamburg verweilten wir noch drei Nächte und gönnten uns das Musical „König der Löwen“. Noch häufig bin ich im Raum Unna/Holzwickede tätig, wo ich in Sport, Sauna und Musik mit bekannten Mannschaften meinen alten Freizeitbeschäftigungen nachgehe. So feierten wir im Frühjahr das 40-jährige Bestehen des Kammermusikkreises Unna, einem Klangkörper von ca. 20, heute schon etwas in die Jahre gekommenen Hobbymusikern, dem ich seit über 35 Jahren angehöre, davon über 20 Jahre als Konzertmeister. In diesem Jahr hatten wir auch einen Auftritt gegen Entgelt im Dortmunder Knast, im Volksmund auch Lübecker Hof genannt, da er in der Lübecker Straße beheimatet ist. Es war ein bemerkenswertes Ereignis, zu welchem etliche Zuhörer erschienen, die zwar kaum zuhörten, aber dafür recht kräftig applaudierten. - 3 Der dienstälteste Insasse mit immerhin 36 Jahren Knast auf dem Buckel und 8 - maliger Rückfälligkeit, vor allem im Winter, überreichte am Ende des Konzertes unseren Damen sehr galant je eine Rose. Im Mai planten der alte Fritz, ein Holzwickeder Seebär und ich eine Wandertour in den spanischen Pyrenäen. Mit 2 Eseln wollten wir durch das Gebirge ziehen. Zum Glück klärte uns ein Sachkenner rechtzeitig darüber auf, dass wir vorher einen Eselkurs zu absolvieren hätten, sonst seien wir die Esel. Das leuchtete uns ein und wir verzichteten auf diese Eselei. Dafür nahmen wir angenehmere Zeitgenossen mit, nämlich meinen Sohn Moritz und meinen Bruder mit Frau, alle aus Berlin. Das war eine gute Mischung und auch der Ausgangspunkt unserer Erkundungen – Benasque in Aragon war gut gewählt. Im Juni gab es ein festliches Ereignis. Mein in Krems an der Donau tätiger Neffe, Klaus aus Ascheberg, heiratete in seiner münsterländischen Heimat seine Romy. Das Möller – Trio intonierte das „Air“ von Bach. Es war feierlich und rundum schön. - 4 Und schon starten wir zu einem im Nationalpark Harz am Rande neuen Vorhaben. Der Untervon Schierke. Die Tage steckten nehmensverband Metall, dessen immer voller Überraschungen. Präsident in Dortmund ein Wingolf – Bundesbruder ist, lud den Arbeitskreis Bundeswehr /Wirtschaft zu einer mehrtägigen Weiterbildungstagung bei der BG in Schierke/Harz ein. Diese Tagung, an der ich vor Jahren schon einmal teilnahm, hat Tradition. Der Tagungsort liegt in wunderschöner Einzellage Zum abschließenden Festessen musizierte und sang nicht nur der Hausherr für uns, sondern ein Mitstreiter aus unseren Reihen zauberte professionell in einem hinreißenden Programm. Im Juli verschlug es uns nach München, in die Stadt, in der ich mein Studium begann und Ritas endete. Wir verweilen beide gern in dieser urgemütlichen Stadt. Grund des Besuches war diesmal die Verleihung des 100. Semesterbandes des Münchener Wingolf. Im Jahr 1960 nämlich begann ich nach dem Besuch der Bundeswehrfachschule für das Fernmeldewesen in Feldafing am Starnberger See das gerade neu aufgelegte Studium der Film – und Fernsehwissenschaften in München. 50 Jahre bedeuten 100 Semester, und immer noch habe ich nicht ausgelernt! Es erschien zu meiner Freude auch Moritz als Sohn und Bundesbruder zugleich zu dieser Veranstaltung. - 5 Es nahte ein ziemlich verregneter August Dennoch zog es mich häufiger in das Dortmunder Naturfreibad „Froschloch“, auch wenn das Wasser nur 18 Grad hatte und ich meist allein meine Runden schwamm. Diese Aktionen verband ich stets mit einer ca. 15 km langen Fahrradtour, so wurde ich auf dem Rückweg bergauf fahrend wieder warm. Im August folgten wir einer Einladung der Käufer der Villa Emscher, zu denen ich freundschaftliche Kontakte unterhalte. Sie haben meine früheres Anwesen doch stark verändert und neuzeitlichen Ansprüchen angepasst. Vor allem kommt nun mehr Licht in das Haus und das Badezimmer oben wurde stattlich vergrößert. Nochmals startet ein Wingolf – Ereignis. Mein einziges Patenkind, Hans Peter Watermann, sieht im Münsterschen Wingolf der Burschung entgegen. Also fuhr ich hin und nahm den Partner von Ritas Tochter Jasmin mit auf die Reise. Es war ein ernster und vergnüglicher Abend zugleich, an dem ich viele alte Freunde und Brüder mal wiedersehen durfte. Natürlich sollten auch die jungen Studenten, welche reichlich zur Semesterabschlussfeier erschienen waren, etwas von den Lebenserfahrungen der Älteren profitieren, und so berichtete ich von den vielen Hilfen, die mir einst in den USA und Kanada durch dort lebende Wingolfiten zuteil geworden waren. Hier war man wesentlich aufgeschlossener als kurz zuvor in München. Es standen 7 junge Brüder zur Burschung an, ein fast sensationelles Ergebnis in der heutigen Zeit. Es hat mir in Münster so gut gefallen, dass ich nach der Abmeldung beim Umzug nach Dortmund meine Mitgliedschaft dort spontan wieder aufleben ließ. Das war mir ein Bedürfnis! Zwei Ereignisse im August erscheinen mir noch bemerkenswert. Horst Mader blies zum mehrfach vertagten traditionellen Möhnetreffen, welches uns dann doch reichlich Regen bescherte. Das tat jedoch der guten Stimmung keinen Abbruch und gut „gewaschen“ erreichten wir per Rad über den Haarstrang wieder die Heimat. Danach lud ich die Saunabrüder mit Ehefrauen in das Zechendenkmal Zollverein II in Dortmund Bövinghausen ein. - 6 Nach einer anschaulichen Führung durch einen alten Obersteiger ließen wir es uns im nahe gelegenen Pferdestall gut gehen. Für Rita und mich war es ein Heimspiel. Ende August trennten meine Brüder und ich uns von den letzten Besitztümern in unserer Heimatstadt Lüdenscheid. Für die 2,5 ha Wald erzielten wir den stattlichen Preis von 95 cent pro qm. Auch der legendäre Bunker im Wald, der von ahnungsvollen Sehern schon 1910 gasdicht gebaut worden war, bekam nun einen neuen Eigentümer. Aber meine Kindheitserlebnisse von diesem Ort, die ich in früheren Jahresberichten beschrieben habe, blieben mir erhalten. Es naht nun ein Familienausflug der alten Art. Zu 8 Personen brechen wir am 1. September mit 3 Fahrzeugen in die Provence auf, wo wir mal wieder bei Bruder Helmut und Christina zu Gast sind. Nach 1130 km einschließlich 70 km Umweg erreichen wir, natürlich nur leicht erschöpft, die stets gut riechende Provence in den späten Abendstunden. Die Besonderheit dieser Reise ist das Pflegekind Venezia, welches in letzter Minute von den Behörden zu einer Auslandsreise freigegeben wurde. Ann Kristin und Ingo (Sohn von Rita) kümmern sich liebevoll um das stets freundliche 8 Monate alte Baby. Mit 9 Personen sind wir zwar leicht überbesetzt, aber wir kriegen das mit viel Geduld irgendwie gebacken. Etliche Ausflüge mit unterschiedlichen Besetzungen lassen uns diese wunderschöne Gegend immer wieder neu erleben. Besonders eindrucksvoll: Venasque, Roussillon und der Mont Ventoux. - 7 Und nun zu den Kindern – allen geht es gut und alle sind werktätig! Es naht die ganz große Reise, die ich mit meinem Wingolf –Bruder Friedel Urbaniak aus Unna vom 23. Sept. bis zum 15. Nov. antrete. Er verfügt über reichlich Australien Erfahrung, von der ich stets und gern profitiere. Wir sind mit dem Camper unterwegs! Von der traumhaften Stadt Sydney geht es auf dem Pazifik HWY Nr. 1 ca. 2500 km nach Norden. Wir bewegen uns stets auf den Spuren von Cook, der hier überall präsent ist. Fraser Island, die Zuckerrohrernte bei Bunderberg, erfolgreiches Whale watching und das wunderbare Great Barrier Reef sind Höhepunkte an der Ostküste. Dann geht es bei Townsville etwa 1800 km durch das Outback von Ost nach West. Weite Flächen, endlose Straßen, 54 m lange Road Trains, tote Kängeruhs und Kühe am Straßenrand und wenige Tankmöglichkeiten kennzeichnen diesen Reiseabschnitt. In Tennant Creek treffen sich die großen Straßen von Ost nach West und von Nord nach Süd. Für uns geht es nun nach Süden in Richtung Alice Springs, dem roten Herzen Australiens. Dort stoßen wir auf den legendären GHAN – Zug, der von Sydney nach Perth fährt. Wir helfen beim Entladen der vorwiegend älteren Fahrgäste. - 8 - Südlich von Alice Springs, wo wir beim Overlander noch ein würdiges Mahl einnehmen, tanken wir vor dem Abzweig zum Ayers Rock. Dort erfahren wir, dass die Strecke wegen Unwetters und Überflutung für nicht Allradfahrzeuge gesperrt ist. Das müssen wir akzeptieren und fahren ohne lange Diskussionen weiter in Richtung Adelaide. In Coober Pedy gehen wir auf Opal – Jagd und amüsieren uns über diesen seltsamen Ort, der nur aus Glücksrittern, Western Helden und Schuttbergen zu bestehen scheint. Von der Kirche bis zum Motel hat man hier fast alles in die Erde verbannt. Besser gefällt es mir später in den Weinanbaugebieten von Clare und Barossa Valley. Über die Millionen-Stadt Adelaide geht es in Richtung Great Ocean Road, den Kriegsveteranen des 1. Weltkriegs als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bauten; eine großartige 300 km lange Straße, die am Indischen Ozean entlangführt. Über Apollo Bay und Geelong geht es in Richtung Melbourne. Diese Stadt mit 3,5 Mio Einwohnern hat eine Fläche von 8000 qkm! Wir entscheiden uns für den entgangenen roten Felsen zu einem Flug nach Tasmanien, dem kleinsten Bundesstaat Australiens. Dort bleiben wir 5 Nächte und lernen die wunderschöne Landschaft dieser ca. 300 x 220 km großen Insel schätzen. Wir machen auch Bekanntschaft mit dem Tasmanischen Teufel, der wegen eines genetischen Defekts vom Aussterben bedroht ist. - 9 - Wir lernen auch ein wenig über die unrühmliche Kolonialgeschichte Englands an englischen Strafgefangenen im 19. Jahrhundert in Tasmanien. Zurück in Melbourne geht es bei Sonnenschein auf den Great Alpine Road. Es gibt noch Schneefelder in den Bergen in 2000 m Höhe. Durch fruchtbare Landschaften fahrend, erreichen wir die Hauptstadt Canberra und bei Ulladulla wieder die pazifische Küste. Von dort geht es in die Blue Mountains, wo wir uns wegen schlechten Wetters für 3 Nächte eine Cabin leisten. Wir erwandern diese reizvolle Mittelgebirgsgegend gründlich bevor es zurück nach Sydney geht. Der Kreis ist geschlossen. Insgesamt sind wir 11900 km unterwegs gewesen und dankbar, dass wir gesund und munter diesen großartigen Kontinent bezwungen haben. Über Singapur, das wir noch 3 Tage erkunden, geht es zurück in die Heimat. Der Rest des Jahres dient der Aufarbeitung dieser eindrucksvollen Reise. Damit verabschiede ich mich von einem ereignisreichen Jahr 2010 und wünsche allen Lesern meines Berichtes eine frohe Weihnacht und ein gesegnetes und gesundes Jahr 2011. Meine liebe Rita schließt sich diesen Wünschen an! Euer Gerd
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