Mitten im - Wild und Hund

Jäger - Ausrüstung
„Warte ... Warte ... Jetzt!“ Die zwei Klappen der
Gänseliege fliegen zur Seite, der Oberkörper
schnellt nach vorne. Hochkommen und In-­
Anschlag-Gehen sind eins. Die Tontaube kommt
näher. Das richtige Vorhaltemaß ist gefunden.
Schuss. Wo eben noch die kleine, rote Scheibe flog,
steht jetzt eine Staubwolke, die sich im Wind auflöst. ­Kleine Scherben prasseln auf den Boden. „Gut
­gemacht“, lobt Begemann seinen Schüler.
Ein sonderbares Bild ist es schon: Mitten auf
dem Parcours-Schießstand der Landesjägerschaft
Niedersachsen (LJN) in Liebenau ­stehen Graugänse. Aufgrund der fehlenden Bewegung wird schnell
klar: ein Lockbild. Knapp ­dahinter ist eine kleine
Wölbung, die sich erst auf den zweiten Blick als
Gänseliege ausmachen lässt. Begemann kniet neben der Liege, zählt langsam: „Eins, zwei, drei.“ Ein
metallischer Klang ist zu hören, und eine weitere
Tontaube segelt auf die Liege zu. Wieder fliegen die
Klappen der Tarnliege auseinander. Schuss. Treffer.
„Bis das so gut klappt, braucht man schon etwas
Übung“, kommentiert der Niedersachse den Erfolg.
Mitten im
PARCOURS
SCHIESSEN AUS DER GÄNSELIEGE
WILD UND HUND-Flintenexperte
Berthold Begemann zeigt,
wie Sie sich auf den Schuss aus der
Tarnliege richtig vorbereiten.
Foto:
Bernd Helbach
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In seinem Seminar „Schießen aus der Gänseliege“ bietet Berthold Begemann die Möglichkeit,
unter realistischen Bedingungen zu trainieren.
Doch bevor der erste Schuss fällt, zeigt der
65-­Jährige ­seinen Seminarteilnehmern Grundlagen
für die ­erfolgreiche Gänsejagd. ­Angefangen vom
Aufbau eines Lockbildes, der richtigen Tarnung
und der Ausrichtung der ­Liege. „Zum einen muss
die Liege mit der ­Umgebung verschmelzen“, gibt
der ehemalige Schießstandbetreiber zu bedenken.
„Aber auch Gesicht, Körper und Hände sollten mit
Tarnkleidung verborgen werden.“ Er rät im S
­ ommer
zu leichter Netzkleidung, da sich die Hitze unter
der Gänseliege schnell staut. Für das Gesicht
präferiert er eine Netzhaube mit Sichtfenster.
­
„Kappen oder Netzhauben ohne Sichtfenster
­können bei seitlichem Lichteinfall störend wirken
und das ­
exakte Zielen beeinträchtigen“, so
­Begemann.
Auch die Ausrichtung der Gänseliege ist für den
Erfolg entscheidend. „Sie darf nicht zu weit vom
Lockbild entfernt sein und muss ideal zum Wind
Fotos: Bernd Helbach
Schräg einfallende Sonne und Falten vor den Augen
können das Zielen mit Netzhauben ohne Sichtfenster
beeinträchtigen (l.). Ein Sehschlitz ist besser.
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Um die Entfernung und den Schussbereich
auf der Jagd richtig einzuschätzen, sollen die
Lockgänse in der Mitte des Parcours helfen.
Der Flintenlauf sollte nicht direkt auf die Füße
zeigen. Die Laufmündung liegt auf dem Fußteil.
stehen“, erläutert der Niedersachse. „Gänse fliegen das
Lockbild meist gegen den Wind an. Sie nutzen den Gegen­
wind zum Abbremsen. Diese Tatsache ist ausschlaggebend
für die Standortwahl, also am besten immer den Wind im
­Rücken haben.“
Vorrangig sind es daher auch Übungs­
tauben, die von
­vorne in das Lockbild einfallen. Nur wenn der Wind dreht,
können Gänse aus einer anderen Richtung kommen. Beim
Die linke Schulter geht nach
vorne, hebt die linke Klappe an.
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Üben geht es auch darum abzuschätzen, wann die Scheibe
und später der Vogel in Flintenreichweite über dem Lockbild
steht. Wer bei der Jagd zu früh aus der Liege kommt, wird
vorzeitig entdeckt oder erzielt keine Wirkung, weil er zu
schnell und voreilig schießt.
Deshalb kommt auch für den Schießlehrer nur eine Selbst­
ladeflinte infrage: „Wer schon mal versucht hat, in der Liege
eine Kipp­laufflinte zu öffnen, weiß warum. Die ­Gänseliegen
Der Lauf schwingt nach oben,
die rechte Schulter rückt nach.
Die linke Schulter öffnet die linke
Klappe, der rechte Arm die rechte.
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Damit es auf der Jagd klappt:
den Wind im Rücken, die Liege
exakt ausrichten – um den
eingeschränkten Schussbereich
(rot) bestmöglich zu nutzen –
und das Lockbild etwa
25 Meter entfernt platzieren.
Linksschütze
Rechtsschütze
Schießen aus
der Gänseliege
mit Berthold
Begemann
sind sehr eng und die Waffe lässt sich
draußen nur richtig ­
knicken. Dabei
wird der Schütze von anstreichenden
Vögeln erkannt. Eine Selbst­
ladeflinte
wird nur über einen kleinen
Munitionsschacht geladen. Das geht
­
auch im Schlafsack“, fügt der Schieß­
experte mit einem Zwinkern hinzu.
Grafik: Sarah Puderbach; Fotos: Bernd Helbach
Die Gänseliege ist geöffnet, der
Jäger ist zum Schuss bereit.
Das Lockbild steht, die Liege ist
­usgerichtet und die Tarnkleidung
a
­angezogen. Wie wird jetzt die Gänse­
liege richtig geschlossen, damit sie
sich schnell wieder öffnet? „Bei die­
sem ­Modell haben die Klappen einen
Metall­
rahmen. Dadurch öffnen sie
sich beim Aufrichten durch den Druck
der oberen Gliedmaßen“, erklärt der
Experte. Für einen Rechtsschützen
­
sollte die linke Klappe oben auflie­
gen, denn die linke Schulter wird im
Anschlag nach vorne geschoben.
­
Beim Aufrichten drückt sie somit die
Klappe zuerst auf, und der Weg für die
rechte ist frei. Es kann nichts haken.
Und wie wird die Waffe richtig ge­
halten? „Die Laufmündung zeigt unter
beiden Klappen links am linken Fuß
vorbei“, erläutert Begemann. Sollte
sich versehentlich ein Schuss lösen, ist
der Fuß in Sicherheit.
Schießausbilder und Flinten-­
experte Berthold Begemann zeigt,
wie Sie sich in der Liege richtig
verhalten und welche Ausrüstung
nötig ist. Auf dem Parcoursstand
üben Sie dann den Schuss aus
dem Layoutblind.
Termin und Ort:
Fr., 7.8.2015, 31618 Liebenau,
LJN-Schießstand
Dauer: 9 bis 17 Uhr
Seminargebühr: 200 Euro,
Abonnenten 180 Euro
(ohne Verpflegung)
Weitere Termine und
Informationen finden Sie unter
www.wildundhund.de/seminare.
Ansprechpartnerin: Kornelia Fuchs,
Tel. 02604 978-718
Die Bewegungen im Sitzen unter­
scheiden sich stark von denen im
Stand. „Sie sind wesentlich statischer,
da nur die Hüfte begrenzt gedreht
­werden kann. Der Schussbereich deckt
daher nur etwa 120 Grad ab“, erläutert
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der Seminarleiter. „Letztendlich resul­
tiert daraus, wie die Gänseliege auf der
Jagd platziert wird. Die Liege sollte im
Winkel von etwa 15 Grad schräg vor
dem Lockbild stehen.“
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