Albert Gimbel - Bergischer Geschichtsverein Abteilung Hückeswagen

Albert Gimbel, Bürgermeister in Hückeswagen von 1933-1945
von Karl Reiner Illgen
Vorbemerkung von Fredi K. Roß, 2015
Der nachstehende Aufsatz ist von Karl Reiner Illgen, dem ehemaligen Vorsitzenden des Bergischen
Geschichtsvereins, Abt. Hückeswagen e.V., etwa 2008 geschrieben worden. Illgen hat sich dabei sehr
an die Personalakten Gimbels gehalten und danach das Bild eines Mannes gezeigt, der sehr nationalsozialistisch eingestellt war und von seinen Machtmöglichkeiten ausgiebig Gebrauch machte. Dazu
gehörte, dass er seinen Vorgänger Leyhausen aus dem Amt drängte, Bürger verhaften ließ und sie
demütigte. Das wird man aus seiner Personalakte so herauslesen können. Aber, wie bei all solchen
Dingen, muss man die Argumente beider Seiten kennen, um letztendlich beurteilen zu können, was
denn richtig ist.
Im Frühjahr 2015 wurden von Fredi K. Roß Recherchen im Landesarchiv NRW, Abt. Rheinland, zu
Forschungen zur NS-Zeit in Hückeswagen durchgeführt. Dabei wurden auch die im Landesarchiv
liegenden Personal- und Entnazifizierungsakten von Gimbel durchgesehen. Hier zeichnet sich durch
die Angaben von Gimbel und seinem Rechtsanwalt im Berufungsverfahren zur Entnazifizierung natürlich ein ganz anderes Bild ab. Aber in den Akten sind einige Unterlagen und Angaben, die für Gimbel
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sprechen:
• Es ist m. E. nicht gesichert, dass er den Bürgermeister Leyhausen wirklich „rausgedrängt“ hat.
Natürlich war er aufgrund der Sachlage gegen Leyhausen, natürlich wollte er Bürgermeister
werden und natürlich war er auch Nationalsozialist. Aber aufgrund der Personalakte Leyhausen im Stadtarchiv in Leverkusen und im Landesarchiv NRW ergibt sich, dass Leyhausen
auch vorher schon einige Probleme mit einigen Bürgern hatte. Es lagen Anzeigen gegen ihn
vor, und das Disziplinarverfahren scheint nach Aktenlage auch nicht ganz unberechtigt gewesen zu sein. Dass Leyhausen auf Druck höherer Regierungs- und/oder Parteistellen abgelöst
werden sollte, dürfte allerdings
• klar sein.
• Es gibt in den Akten einige Briefe von Gimbel an den Landrat und andere, in denen er für einige verhaftete Hückeswagener Bürger eintritt.
• Zu der Entnazifizierung Gimbels liegen einige Briefe von Leitern Hückeswagener Unternehmen vor sowie von Ärzten und Bürgern. In diesen Briefen von Bürgern, denen bescheinigt
wurde, dass sie keine PG waren(?), wird Gimbel bestätigt, dass er immer korrekt gehandelt
hat. Diese Aussagen können nicht von der Hand gewiesen werden, da nach Kriegsende wohl
keiner sich Vorteile für eine solche Unterstützung von Gimbel erhoffen konnte.
M. E. kann man Gimbel und seine Aktionen danach nicht endgültig einschätzen. Um die ganze Angelegenheit wirklich beurteilen zu können, müsste wohl ein noch tieferes Quellenstudium erfolgen.
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Landesarchiv NRW/Rheinland, Personalakte Gimbel, BR 0007, Nr. 47613 und Entnazifizierungsakte Gimbel, NW 1032,
Nr. 2727/239
Aufsatz Illgen
Vorgeschichte: Wieso wird Albert Gimbel als Bürgermeister in Hückeswagen eingesetzt?
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 veränderte nicht nur die Regierung in
der Hauptstadt Berlin und das alltägliche Leben in den Großstädten Deutschlands. Auch in kleinen
Städten wie Hückeswagen vollzog sich der Wandel zu einer nationalsozialistisch geführten Stadt.
Am 05. April 1933 wurde der seit 1910 amtierende Bürgermeister Richard Leyhausen wie er es be2
schrieb, „von der NSDAP wegen Gehorsamsverweigerung aus dem Amt entfernt“. , Am selben Tag
schickte der Prüfungsausschuss der NSDAP ein Schreiben an Bürgermeister Leyhausen raus, mit
dem er ihn dazu zwang, sich selbst zu beurlauben:
„Die Arbeiten des Prüfungsausschusses der NSDAP werden dadurch beeinträchtigt, dass Einzelne Untersuchungsgegenstände dem Bürgermeister früher bekannt werden als den Ausschussmitgliedern. Aus diesen Erwägungen hieraus ist es ratsam, den Bürgermeister so lange zu
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beurlauben, bis die Arbeiten des Ausschusses ihren Abschluss gefunden haben“.
Der Brief wurde im Auftrag des gesamten Prüfungsausschusses von Otto Schnabel unterzeichnet.
Eben dieser war es, der am 08. April 1933 die Geschäfte des Bürgermeisters übernahm. Eine Ausnahme bildete die Polizeiverwaltung, die von Fritz Schäfer geleitet wurde. Gut zwei Monate später, am
16. Juni 1933, wurde vom Regierungspräsidenten in Düsseldorf das Dienststrafverfahren gegen
Richard Leyhausen eingeleitet. In insgesamt acht Punkten wurde ihm vorgeworfen,
„dass er sich in nicht rechtsverjährter Zeit durch sein Verhalten im Amte der Achtung, des Ansehens und des Vertrauens, die sein Beruf erfordert, unwürdig gezeigt hat“.
Unter anderem wurde ihm zur Last gelegt, mehr Gehalt bezogen zu haben als ihm eigentlich zustand
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und eigenmächtig Geld der Stadt auf sein Konto überwiesen zu haben.
Es ist anzunehmen, dass Otto Schnabel durchaus eine treibende Kraft beim Herausdrängen Leyhausens aus seinem Amt war, da NSDAP-Ortsgruppenführer Karl Borner später von Schnabel sagte,
dass er gerne den Posten des Bürgermeisters in Hückeswagen übernommen hätte. Die Führung der
Hückeswagener NSDAP war jedoch gegen diese Lösung. Sie wendete sich an den Regierungspräsidenten in Düsseldorf und bat ihn, einen geeigneten Kandidaten, sprich einen Mann mit nationalsozialistischem Hintergrund, nach Hückeswagen zu schicken, um dort die Geschäfte des Bürgermeisters
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aufzunehmen.
Dieser geeignete Kandidat, jung und Mitglied der NSDAP – auch schon vor der Machtergreifung Hitlers, war Albert Gimbel.
Werdegang Albert Gimbels
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Albert Gimbel wurde am 07. Oktober 1897 in Rodenberg (Westerwald) geboren. Mit seiner Ehefrau
Marta Gimbel geb. Rösch, die am 07. Juni 1902 geboren wurde, hatte er drei Kinder – zwei Töchter
und einen Sohn.
Bis 1912 besuchte Albert Gimbel die Volksschule, zwischenzeitlich bekam er zwei Jahre lang Privatunterricht. Nach seiner Volksschulzeit war Gimbel bis 1914 Verwaltungsanwärter beim Landratsamt
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und Kreisausschuss in Dillenburg.
Am 28. Juli 1914 brach der 1. Weltkrieg aus. Vier Tage später trat Deutschland in den Krieg ein. Zwei
Monate nach dem Ausbruch des Krieges trat Gimbel am 06. Oktober seinen Wehrdienst an. Er blieb
fünf Jahre beim Militär, wo er zuletzt als Unterwachtmeister diente, bis er zum 31. Oktober 1919 seinen Wehrdienst beendete.
Ab Januar 1916 war Gimbel im Pensions- und Versorgungswesen beim Versorgungsamt in Wetzlar
tätig, bis er am 15. April 1922 in den Dienst der Stadt Düsseldorf eintrat. Dort war er zunächst als
Verwaltungssekretär auf Probe angestellt und bekam am 01. Dezember 1922 eine endgültige Anstellung als Stadtsekretär. Nachdem er im Jahr 1925 seine 2. Fachprüfung abgelegt hatte, wurde er am
01. April 1926 zum Stadtobersekretär befördert. Am 07. Oktober 1927 folgte eine Anstellung auf Lebenszeit und die Beschäftigung in der Personalabteilung der Stadt Düsseldorf.
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Stadtarchiv Hückeswagen (StaH), Personalakte Leyhausen, B 283
StaH, Disziplinarakte Leyhausen, !80 A
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StaH, Disziplinarakte Leyhausen, 180 A
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StaH, Akte 87
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Alles folgende zu diesem Punkt: Personalakte Gimbel, B 249
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StaH, Akte 87
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Nach einer kurzen Tätigkeit in dieser Dienststelle wurde er als selbstständiger Expedient eingesetzt.
Seit 1929 war er mit der Stelle des Personalienbearbeiters der oberen und gehobenen mittleren Beamten und Angestellten, des Orchesterpersonals und der städtischen Krankenanstalten, einschließlich
der Professoren und medizinischen Akademie, betraut.
Als Beamter gehörte er nach dem 1. Weltkrieg den Beamtenvereinigungen „Komba“ und dem „Evangelischen Beamtenverein“ an. Am 01. Juni 1932 trat er der Nationalsozialistischen Beamtenarbeitsgemeinschaft bei. Ein halbes Jahr später wurde er unter der Mitgliedsnummer 1417404 Mitglied der
NSDAP. Die NS-Beamtenschaft war speziell für die deutschen Beamten gegründet worden. So sollte
auch im Amt eine Verbreitung der nationalsozialistischen Ideen ermöglicht werden. Zu Anfang war den
Beamten die Zugehörigkeit zur NSDAP noch untersagt. Ab dem 01. Dezember 1932 wurde dies dann
ermöglicht.
Laut Gimbel wurde ihm Mitte Juni durch den zu dieser Zeit amtierenden Personaldezernenten der
Stadt Düsseldorf, Dr. Thelemann, mitgeteilt, dass in Hückeswagen die Stelle des Bürgermeisters frei
würde. Er habe Gimbel als geeigneten Mann für diesen Posten betrachtet.
Einige Tage nach dieser Dienstbesprechung führte Gimbel eine Unterredung mit dem Regierungsrat
Schönrock. Er erklärte ihm, dass in Hückeswagen ein Verwaltungsnotstand herrschen würde, weil
gegen Bürgermeister Leyhausen ein Disziplinarverfahren laufe und er aus diesem Grund suspendiert
sei. Schönrock habe, auf Empfehlung Thelemanns, Gimbel für diese Aufgabe vorgesehen. Nach einer
erneuten Aussprache mit Thelemann, der ihm angeblich gut zuredete, habe er dann schließlich seine
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Zusage gegeben.
Am 24. Juni 1933 wurde Gimbel dann von Landrat Mißmahl in das Amt des stellvertretenden Bürgermeisters von Hückeswagen eingeführt.
Albert Gimbels Rolle im Disziplinar-Strafverfahren gegen den ehemaligen Bürgermeister
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Richard Leyhausen
Gimbel beteiligte sich sehr schnell am Disziplinarverfahren gegen Richard Leyhausen. Am 28., 29.
und 30. Juni sowie am 03 Juli vernahm Gimbel, in der Funktion als stellvertretender Bürgermeister,
einige Herren zu dem Fall. Die Vernehmungen liefen immer auf dasselbe Thema hinaus: Leyhausen
habe mit der Tochter eines Wirtes aus Herweg geschlafen und sei dabei erwischt worden. Zudem
wurde Leyhausen vorgeworfen, er hätte sich in der Öffentlichkeit betrunken und damit dem Ansehen
seines Amtes geschadet. Nachdem der Regierungspräsident Leyhausen am 01. Juli 1933 vorläufig
aus dem Dienst enthob, schrieb Gimbel Leyhausen einen Brief, in dem er ihm dies mitteilte. Außerdem kündigte er ihm an, dass sein telefonischer Nebenanschluss in seiner Privatwohnung stillgelegt
werde.
Gimbel war allem Anschein nach in dem Vorgehen gegen Leyhausen sehr engagiert. In einem
Schreiben vom 04. Juli 1933 (es ist nicht ersichtlich, an wen; wahrscheinlich an den Regierungspräsidenten in Düsseldorf)hielt er fest, dass er bei der Provinzial Feuerversicherungsanstalt nachgehakt
habe, wie viel Geld sie an Leyhausen ausbezahlt hätten. Er stellte für das Jahr 1932 eine Summe von
1191,20 RM fest, von denen aber nur 1000 RM an die Stadt abgeführt worden seien. Den Rest habe
Leyhausen für sich einbehalten.
Auf diese Feststellung hin schrieb er folgendes:
„Es wird deswegen beantragt, das Dienststrafverfahren wegen Untreue im Amt bzw. Unterschlagung und weiter wegen seines unwürdigen Verhaltens außer dem Amte (Trunkenheit und Verdacht des Ehebruchs) zu eröffnen“.
Des weiteren war es auch Gimbel, der sich in diesem Brief dafür aussprach, dass Leyhausen nach
seinem beantragten Ruhestand kein Geld bekommen soll.
„Sofern das Urteil nach dem Übertritt in den Ruhestand ergehen sollte, wird gemäß § 12 der Beamtendienststrafordnung die Fortführung des Verfahrens mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts, der Hinterbliebenenversorgung und der Amtsbezeichnung beantragt“.
Gimbel wurde nicht müde, immer mehr belastendes Material gegen Richard Leyhausen zu sammeln.
Am 19. Juli 1933 unterrichtete er den Regierungspräsidenten schriftlich von weiteren Erkenntnissen.
Er hätte herausgefunden, dass von 1929 bis 1932 die amtlichen Ergebnisse der Volkszählung in Hückeswagen, wahrscheinlich im Auftrag von Leyhausen, durch den zwangsbeurlaubten Stadtobersekretär Kriegskotte gefälscht worden seien. Gimbel beantragte auch aus diesem Grund die Weiterverfolgung des Dienststrafverfahrens.
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StaH, Akte 87
Alles folgende zu diesem Punkt: StaH, Disziplinarakte Leyhausen, 180 A
Albert Gimbel forcierte jedoch nicht nur die Weitertreibung des Verfahrens, sondern trat auch mit dem
Finanzamt in Kontakt. Er schilderte der Behörde die Lage, um dann anzumerken:
„Ich gebe Ihnen hiervon Kenntnis, weil m.E. bei dieser Sachlage doch sehr ernstlich zu prüfen
bleibt, ob dem Steuerpflichtigen weiterhin noch eine Erhöhung des steuerfreien Lohnbetrages
zugebilligt werden kann. Wegen des Tatbestandes der Steuerhinterziehung möchte ich zunächst
von weiteren Ausführungen absehen, weil m..E. zweckmäßig erscheint, dass ein Beamter des
Finanzamtes sich an Ort und Stelle durch Einsichtnahme in die Akten und Beläge Gewissheit
verschafft“.
Am 15. Januar 1934 kam der nächste Schlag Gimbels gegen seinen Vorgänger. In einem Brief (wahrscheinlich wieder an den Regierungspräsidenten, es geht aus dem Schreiben nicht hervor) prangerte
er Leyhausens Führung der Stadtverwaltung an. Er schrieb:
„Nach der Übernahme der Geschäfte als Bürgermeister am 27. Juni 1933 musste ich bei der
einsetzenden Durchprüfung der Verwaltung feststellen, dass die Geschäftsführung vollkommen
vernachlässigt war“.
Laut Gimbel verschuldete Leyhausen den Zustand der Verwaltung allein:
„Die Schuld an diesem unglaublich verwahrlosten Geschäftsbetrieb ist nicht den Einzelnen Beamten und Angestellten zur Last zu legen, die nach meinen inzwischen gemachten Erfahrungen
aufrichtig bemüht sind, ihr Bestes zu leisten, sondern die Schuld trifft in vollem Umfange den
Verwaltungsleiter, das ist der jetzt im Ruhestand befindliche Bürgermeister Leyhausen“.
Am 18. Januar wandte er sich in einem Schreiben an den Landrat in Opladen. Nun regte er an, die
Presse einzuschalten und Leyhausen öffentlich vorzuführen.
„Nach Lage der Sache möchte ich gleichzeitig anregen zu prüfen, ob es nicht angebracht erscheint, einen kurzen Artikel in die Presse zu bringen. Bei dem starken Interesse, das weite Kreise der Bevölkerung (besonders die „Anhänger“ von Leyhausen) an dem gegenwärtigen Stand
und dem Ausgang des Dienststrafverfahrens haben, scheint es wohl angebracht, die Öffentlichkeit über die vorbildliche Amtsführung des Leyhausen nicht im Unklaren zu lassen“.
Gimbel versuchte offensichtlich, seinen Vorgänger mit allen Mitteln zu demontieren. Das
Dienststrafverfahren allein reichte ihm scheinbar nicht. Es gewinnt den Anschein, dass er Leyhausen
finanziell ruinieren und zudem sein öffentliches Ansehen, mittels der Presse, in Misskredit bringen
wollte. Seine Anstrengungen führten dazu, dass das Dienststrafverfahren sich über drei Jahre hinzog
und erst am 04. Juni1936 eingestellt wurde.
Drei Jahre später wurde, durch ein Urteil vom 14. März 1939, der vorhergehende Beschluss aufgehoben. Leyhausen wurde schuldig gesprochen und mit der Aberkennung seines
Ruhegehaltes bestraft. Es bleibt zu erforschen, warum drei Jahre nach dem Urteil der Prozess wieder
aufgenommen wurde.
Gimbels Vorgehen gegen den Lehrer Püschel
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Auch Adolf Püschel war Gimbel ein Dorn im Auge. Er war Lehrer an der Schule in Bornefeld. Gimbel
warf ihm in einem Schreiben an den Landrat in Opladen vom 29. Januar 1935 vor, eine Familie tatkräftig dabei unterstützt zu haben, ihre Kinder weiterhin auf die Schule nach Bornefeld zu schicken.
Die Kinder hätten jedoch aufgrund ihres Wohnortes auf die Schule nach Forsten gehen müssen.
Püschel habe sich geweigert, die Kinder umzuschulen. Gimbel forderte daher, Adolf Püschel disziplinarisch zu bestrafen. Er merkte zudem an, dass der Ortsgruppenleiter (?) Welken, der für den Ort, in
dem Püschel wohnte, zuständig war, sich mehrfach über den Lehrer beschwert habe. Püschel habe
sich nicht kooperativ gezeigt, wenn es um die Zusammenarbeit mit der NSDAP ging.
In einem Brief vom 12. Februar 1935 an den Regierungspräsidenten beantragte Gimbel, Püschel an
eine andere Schule, die nicht in Hückeswagen liegt, zu versetzen. Überdies informierte er den Regierungspräsidenten darüber, dass Püschel nicht hinter dem nationalsozialistischen Staat gestanden
habe, da er den deutschen Gruß nicht benutzte. An seinem Antrag auf eine disziplinarische Strafe
hielt er auch weiterhin fest, obwohl sich Püschel schon für den Vorfall mit den Kindern, die eigentlich
auf die Schule in Forsten gehen sollten, entschuldigt hatte. Gimbel erreichte, dass Adolf Püschel mit
Wirkung vom 01. April 1935 aus dem Schulverband in Hückeswagen nach Solingen versetzt wurde.
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Alles folgende zu diesem Punkt, StaH, Akte 275
Albert Gimbels Vorgehen gegen die Kommunisten
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Einer der Hauptfeinde des Nationalsozialismus waren die Kommunisten. Neben dem Judentum waren
es die Kommunisten, die aufgrund ihrer Ideologie mit allen Mitteln bekämpft wurden. Die Kommunistischen Parteien wurden 1933 nach der Machtergreifung verboten. Auch in Hückeswagen mussten die
Anhänger des Kommunismus unter den Repressalien der Nationalsozialisten leiden. Ausführendes
Organ hierbei war Albert Gimbel. Im Folgenden werden zwei Beispiele für Gimbels Umgang mit politisch Andersdenkenden genannt: Walter Käsbach und Hans Guhl.
Walter Käsbach berichtete in einer Vernehmung vom 21. Februar 1948, dass sein erster Kontakt mit
Gimbel schon sehr unfreundlich war. Im Frühjahr 1933 wurde Käsbach von der SA überfallen und
misshandelt. Kurze Zeit später wurde ihm sein Motorrad von der SA entwendet. Daraufhin schrieb
Gembel ihm in einem Brief, dass das Motorrad vorläufig polizeilich sichergestellt worden sei. Käsbach
beobachtete jedoch, dass die SA sein Motorrad für ihre Zwecke benutzte und beschwerte sich daraufhin bei Bürgermeister Gimbel. Käsbach gab zu Protokoll, dass Gimbel ihn wie folgt bedroht habe:
„Sind Sie nicht so frech, sonst lasse ich Sie außerdem noch verhaften“.
Einige Zeit später wurde Käsbach dann tatsächlich verhaftet. Die SA griff ihn in Wuppertal auf und
überführte ihn dann nach Hückeswagen, wo er eingekerkert wurde. In der Nacht vom 14. auf den 15.
August 1933 wurde Käsbach misshandelt. In der folgenden Nacht wurde er zu einer Vernehmung
vorgeführt. Dort habe ihn Gimbel mit den Worten begrüßt:
„Du verdammter Russe, wenn Du uns diese Nacht die Wahrheit nicht sagst, dann geht es
Dir noch dreckiger und grausamer wie die vergangene Nacht“.
In einem Nebenzimmer wurde Käsbach von dem SA-Mann Hans Hofmann verhört und erneut misshandelt, während Gimbel im Nebenzimmer saß. Die Tür zwischen den beiden Räumen war nicht geschlossen, so dass anzunehmen ist, dass Gimbel Zeuge dieser Misshandlungen gewesen sein musste. Nach diesem gewalttätigen Verhör wurde Käsbach wieder in seine Zelle geführt. In dieser Nacht
wurde ein ebenfalls schwer misshandelter Mann in die Nebenzelle eingeliefert. Dabei handelte es sich
um Robert Reich. Er erzählte Käsbach, dass er von Gimbel während der Misshandlungen bedroht
worden sei. Die Aussage Walter Käsbachs zeigt eindeutig, dass Gimbel sehr wohl eine aktive Rolle in
dem Gewaltregime der Nationalsozialisten inne hatte.
Am 21. Februar 1948 machte Hans Guhl eine Aussage, die sich sehr ähnlich anhörte.
Guhl wurde am 15. August 1933 von dem damaligen Polizisten Schinzel verhaftet. Von Schinzel erfuhr Guhl, dass die Verhaftung auf Befehl des örtlichen Polizeichefs Albert Gimbel erfolgte. Nach zwei
Tagen wurde Guhl von dem SA-Mann Hofmann wieder entlassen, nur um zwei Stunden später erneut
gefangen genommen zu werden. Die zweite Verhaftung erfolgte wiederum auf den Befehl Gimbels
hin.
Albert Gimbels Amtszeit als Bürgermeister der Stadt Hückeswagen
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Schon als stellvertretender Bürgermeister der Stadt Hückeswagen gelangte Gimbel zu einigen anderen Posten. Am 27. Juli 1933 wurde er von dem Regierungspräsidenten zum Vorsitzenden des Gewerbeausschusses für den Veranlagungsbezirk der Gemeinde Hückeswagen ernannt.
Zum 01. August 1933 wurde der bis dahin im Amt stehende Bürgermeister Leyhausen „wegen dauerhafter Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt“. Das geht aus einem Antragschreiben zur „Einweisung des stellv. Bürgermeisters Gimbel in das Amt als besoldeter Bürgermeister der Stadt Hückeswagen“ hervor. In diesem Schreiben ist zudem festgehalten, dass der Beschlussausschuss Albert
Gimbel einstimmig zum neuen Bürgermeister der Stadt Hückeswagen wählte. Besagter Beschlussausschuss bestand aus sechs Mitgliedern: Carl Borner, Hugo Buscher und Bernhard Dahl von der
NSDAP, Rektor Matthias Carl und August Stahl vom Zentrum und Frodemann von der DVP.
Am 14. August 1933 erhielt er als Vertreter des Deutschen Gemeindetages die Ernennung zum Mitglied des Ruhegehaltsausschusses beim Landeshauptmann, Düsseldorf. Mit einem Schreiben vom
17. August 1933 nahm er dieses Ehrenamt an.
Mit einer Nachricht vom 07. September 1933 nahm er die Wahl zum besoldeten Bürgermeister an.
Dem Antrag wurde stattgegeben, und am 06. Oktober 1933 übersandte der Regierungspräsident die
Einweisungsurkunde. Diese Urkunde wurde Gimbel in der Stadtverordnetenversammlung am 24. Oktober 1933 durch den Landrat Mißmahl überreicht. Mißmahl verpflichtete den neuen Bürgermeister auf
den von ihm als Beamter der Stadt Düsseldorf geleisteten Eid.
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Alles folgende zu diesem Punkt: StaH, Personalakte Gimbel, B 249
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Alles folgende zu diesem Punkt: StaH, Personalakte Gimbel, B 249
Diesen hatte er am 24. April 1922 mit folgenden Worten abgelegt:
„Ich, Albert Gimbel, schwöre, dass ich das mir übertragene Amt unparteiisch nach bestem Wissen und Können verwalten und die Verfassung gewissenhaft beobachten will. Weitererkläre ich,
dass mir bekanntgegeben worden ist, dass die Eidesleistung mich nicht nur für die zur Zeit der
Eidesleistung bekleideten, sondern auch für alle mir etwa später bertragenen Ämter verpflichtet“.
Da die Eidesformeln im ganzen Reichsgebiet umgeschrieben wurden, leistete er am 29. August 1934
erneut den Eid. Diesmal sprach Gimbel:
„Ich schwöre, ich werde dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, treu und
gehorsam sein, die Gesetze beachten und meine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen, so wahr
mir Gott helfe“.
Diesmal leistete er seinen Eid auf Adolf Hitler, wie es in der Zeit des Nationalsozialismus üblich war.
Ab dem 01. April 1934 war Gimbel Mitglied im Luftschutzbund. Im September 1934 nahm er in seiner
Funktion als Amtsleiter der Ortsgruppe Hückeswagen am Reichsparteitag teil. In seiner Abwesenheit,
vom 05. bis 11. September, wurde er vom 1. Beigeordneten Otto Schnabel (NSDAP) vertreten.
Am 01. Oktober 1934 erhielt Albert Gimbel eine Anfrage des Deutschen Gemeindetages Provinzialdienststelle Rheinland und Hohenzollern, ob er Mitglied der 25-köpfigen Rheinischen Arbeitsgemeinschaft für Wohlfahrtspflege werden möchte.
In einem Antwortschreiben vom 05. Oktober bejahte er dies und erhielt am 06. November die Bestätigung des Deutschen Gemeindetages, dass er nun als Mitglied angenommen worden sei.
Ebenfalls 1934, am 17. Oktober, wurde Gimbel vom Landrat Mißmahl zum Sachverständigen des
Gemeindeprüfungsamts des Landkreises ernannt.
Gemeindeprüfungsämter wurden durch das Gemeindefinanzgesetz vom 15. Dezember 1933 eingerichtet. Ihre Aufgabe sollte die Prüfung der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung der Gemeinden sein. Unter den Sachverständigen dieses Amtes sollten ein Leiter einer Gemeinde, ein besonders
erfahrener Kämmerer oder Kenner der kommunalen Finanzverwaltung, ein Leiter eines gut arbeitenden örtlichen Rechnungsprüfungsamtes sowie eine Persönlichkeit der freien Wirtschaft sein. Sein
nächstes Ehrenamt wurde ihm am 23. Mai 1935 übergeben. Vom Schauamt des Rhein-WupperKreises wurde er zum Mitglied der Schaukommission Radevormwald-Hückeswagen ernannt. Diesem
folgte am 06. Februar 1936 die Berufung als zweiter Stellvertreter des Beiratsmitglieds des Ortskrankenkassen-Zweckverbandes, Bürgermeister Theodor Drexel (Wermelskirchen), im Beirat der Allgemeinen Ortskrankenkasse für den oberen Rhein-Wupper-Kreis in Wermelskirchen.
Vom 06. bis 11. Juni desselben Jahres nahm er am Kongress des Deutschen Gemeindetages teil und
besuchte danach die Ausstellung „Die Deutsche Gemeinde“ in Berlin. Ab November des Jahres 1937
war Albert Gimbel Kreishauptstellenleiter und Gemeindegruppenführer der NSDAP. Vorher bekleidete
er das Amt des Ortsgruppen-Amtsleiters und gleichzeitig das des stellvertretenden Ortsgruppenleiters
der NSDAP. Zum 01. März 1939 wurde er vom Regierungspräsidenten in Düsseldorf zum Vorstandsmitglied des Wupperverbandes ernannt.
Zusätzlich war Gimbel noch Kreisredner der NSDAP.
Am 26. Oktober 1939 stellte der 1. Beigeordnete Schnabel einen Antrag auf Freistellung vom Wehrdienst für Albert Gimbel. Er begründete dies damit, dass Hückeswagen ein wichtiger Standort für die
Kriegsindustrie sei und die beiden Beigeordneten zu alt seien, um die Geschäfte der Verwaltung ganz
zu übernehmen. Der Landrat in Opladen setzte seinerseits ebenfalls einen Brief auf, in dem er begründete, warum es nicht möglich sei, auf Gimbel als Bürgermeister in Hückeswagen zu verzichten.
Als Luftschutzleiter und als Bürgermeister einer Stadt, die 10.000 Einwohner habe, sei es nicht möglich gewesen, Gimbel von seinem Posten abzuziehen.
Über den Zeitraum von Ende 1939 bis Januar 1945 tauchen nur noch vereinzelte Ausführungen über
seine Rolle als Bürgermeister in den Akten auf. Wie Gimbel seine Geschäfte während des Krieges
besorgte, bleibt also noch zu erforschen.
Am 01. Mai 1942 erhielt Albert Gimbel durch Verleihungsurkunde das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse.
Am 19. Januar 1945 wurde die Amtszeit von Bürgermeister Gimbel nach Ablauf der 12 Jahre, auf die
er ernannt wurde, vom Landrat bis auf weiteres verlängert.
Albert Gimbels Krankheitsgeschichte und seine krankheitsbedingten Urlaube
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Im Mai 1935 beginnt eine lange Reihe von Ersuchen an den Landrat um Erholungsurlaub. In einem
Brief vom 29. Mai 1935 teilte er mit:
„Auf ärztliches Anraten beabsichtige ich, vom 06. bis einschließlich 15. Juni ds.Js. einen Teil
meines Erholungsurlaubs zu nehmen. Ich bitte, mir diesen Urlaub zu erteilen.Meine Vertretung
während dieser Zeit übernimmt der 1. Beigeordnete Schnabel mit Ausnahme der Angelegenheiten des Wohlfahrtsamtes, der Sparkasse und des Gas- und Wasserwerks. Für diese Geschäftsbereiche wird der 2. Beigeordnete Gräf meine Vertretung übernehmen“.
Der Gesundheitszustand Gimbels erforderte es, dass er vom 30. April bis 20. Mai 1936 erneut Hückeswagen verließ, um Krankheitsurlaub zu nehmen. Wie schon zuvor waren Otto Schnabel und Erwin Gräf diejenigen, die die Amtsgeschäfte für die Zeit seiner Abwesenheit übernahmen. Vom Dezember 1938 bis in den Januar 1939 war es dem Gesundheitszustand
Entsprechend nötig, dass Gimbel sich zwei bis drei Wochen in seiner Wohnung zurückzog, um sich zu
schonen. Die Beigeordneten übernahmen abermals die Verantwortung für die Verwaltung in Hückeswagen.
Dann schien es Gimbel für längere Zeit besser zu gehen. Seinen nächsten Krankheitsurlaub beantragte er erst wieder 1941 beim Landrat:
„Auf dringenden ärztlichen Rat muss ich mich einer drei- bis vierwöchigen Nierenkur unterziehen.
Ich werde die Kur am 06. 09. 1941 antreten“.
Seine Vertretung war wie üblich geregelt. Gräf und Schnabel kümmerten sich um die Geschäfte. Nach
einer Untersuchung beim Amtsarzt am 22. Juli 1942 musste sich Gimbel erneut vom 07. September
bis 04. Oktober 1942 in eine Kur begeben. Der Arzt stellte bei ihm eine „chronisch rezidivierende (wiederkehrende) Nierenentzündung mit einer Beteiligung der ableitenden Harnwege“ fest.
Zumindest Otto Schnabel wird es wohl sehr gefallen haben, dass Gimbel so oft unpässlich war. So
kam ihm zumindest, wenn auch in einem beschränkten Maße, der verantwortungsvolle Job des Bürgermeisters für ein paar Wochen zu. Wie bereits erwähnt, hatte Borner erzählt, dass Schnabel sich
1933 für den Posten des Bürgermeisters interessierte und ihn nicht bekommen hatte.
Albert Gimbel nach dem Sturz des Nazi-Regimes
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Am 21. Oktober 1944 wurde mit Aachen die erste deutsche Stadt von den Alliierten eingenommen. Es
dauerte bis zum 07. März 1945, bis sie die Rheinbrücke von Remagen erreichten. Dort errichteten die
alliierten Truppen Brückenköpfe auf rechtsrheinischem Gebiet und umkreisten das Ruhrgebiet. Im
April wurde die Heeresgruppe B der Wehrmacht in den sog. Ruhrkessel eingeschlossen. Sie kapitulierte am 18. April.
Diese Entwicklung lief klar auf eine Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg hinaus.
Gimbel muss die Konsequenzen, die sich aus dem Vormarsch der Alliierten ergaben, erkannt haben,
denn am 13. April 1945 floh Albert Gimbel aus Hückeswagen. Vor dem Einmarsch der Amerikaner
verließ er die Stadt, um seine Haut zu retten.
Gimbel behauptete sieben Jahre später, er wäre nicht aus der Stadt geflohen, sondern er hätte sich
Sorgen um seine Frau und seine zwei Töchter gemacht, die er Anfang des Jahres 1945 nach Süddeutschland evakuiert habe. Da er nicht gewusst habe, ob die drei dort auch angekommen seien,
habe er am 12. April mit dem Kommunaldezernenten gesprochen. Dieser habe ihm empfohlen, die
Stadt zu verlassen und seine Familie aufzusuchen, da es nach dem Einmarsch der amerikanischen
Truppen sehr unwahrscheinlich gewesen wäre, dass Gimbel im Amt bleibe.
Nachdem ihm der Landrat des Rhein-Wupper-Kreises, Baumbach, denselben Rat gegeben habe,
habe er sich dazu entschlossen, die Stadt zu verlassen. Vor seinem Weggang hatte er noch dem
Sparkassendirektor Otto Schmitz die Verwaltung übergeben. Dann habe er sich zu Fuß auf den Weg
in den Westerwald gemacht, um seinen Bruder dort aufzusuchen.
Im Juni 1945 hielt sich Gimbel in seiner Heimatstadt Rodenberg (Westerwald) auf.
In einem Schreiben vom 31. Juli 1945 untersagte der Übergangsbürgermeister Schmitz jeglichen Abteilungen der Stadtverwaltung, Albert Gimbel oder einen Angehörigen seiner Familie zu empfangen
und zu beraten. Die Weisung lautete, die Familie Gimbel an das Besatzungsamt zu verweisen. Überdies war die Polizei dazu angehalten, Gimbel direkt bei seinem Erscheinen zu verhaften.
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Alles weitere zu diesem Punkt: StaH, Personalakte Gimbel, B 249
Alles weitere zu diesem Punkt: StaH. Personalakte Gimbel, B 249 und Akte 87
Am 16. Februar 1946 teilte der Landrat dem Bürgermeister in Hückeswagen mit, dass Gimbel aufgrund seiner Mitgliedschaft in der NSDAP vor dem 01. April 1933 aus dem öffentlichen Dienst endgültig ausschied. Dies sollte der Bürgermeister auch Gimbel mitteilen, indem er ihm die Entlassungsverfügung zusendet.
Am 25. Mai 1946 gab Gimbel ein Lebenszeichen von sich und verriet damit gleichzeitig seinen momentanen Standort. An diesem Tag besorgte er sich in nicht allzu großer Entfernung Lebensmittelkarten. Gimbel hielt sich zwischenzeitlich in Radevormwald auf, wahrscheinlich in der Ortschaft Plumbeck.
Nachdem er sich einige Monate in Radevormwald versteckt hatte, meldete er sich plötzlich beim Landrat in Opladen, um seine Stelle als Bürgermeister in Hückeswagen wiederzubekommen. Er glaubte
tatsächlich, dass er das Recht hätte, seinen alten Platz wieder einzunehmen, als ob nichts geschehen
wäre. Die Motivation für diese Vorgehensweise bleibt letztendlich im Unklaren, musste er doch wissen, dass er von den Ordnungsbehörden gesucht wurde. Nach diesem unglücklichen Versuch kam
Albert Gimbel in ein Internierungslager in Iserlohn, aus dem er im Jahr 1947 wieder entlassen und
vom Kreisentnazifizierungsausschuss
In die Kategorie IV von Nationalsozialisten eingereiht wurde. Der Entnazifizierungsausschuss :In Hückeswagen forderte in einem Brief an den Kreisentnazifizierungsausschuss in Opladen vom 21. Juli
1947 eine neue Einschätzung des Falls Gimbel, damit es zu einem Verfahren gegen ihn kommen
konnte.
Am 19. März 1948 fand im kleinen Sitzungssaal der Kreisverwaltung Opladen die öffentliche Verhandlung gegen Gimbel statt. Dieser war zwischenzeitlich wieder nach Radevormwald gezogen und wohnte Plumbeck 1.
Der Entnazifizierungsausschuss lud dazu auch Hans Guhl und Walter Käsbach vor, die in ihren Aussagen bestätigt hatten, dass Gimbel ein überzeugter Nazi war, der das Mittel der Misshandlung bei
Verhören durch seine Handlanger durchführen ließ. Ihre schon gemachten Aussagen sollten sie in
dieser Verhandlung erneut vorbringen.
Als Vertreter des Ausschusses nahm Hermann von Polheim an der Verhandlung teil. Der Entnazifizierungsausschuss kam zu dem Schluss, dass Gimbel:
„der aktivste Nationalsozialist in Hückeswagen (war) und (…) für sämtliche Geschehnisse, die im
Namen des Nationalsozialismus während seiner Herrschaft passiert sind, als hauptverantwortlich
angesehen werden (muss)“.
Zudem war der Entnazifizierungsausschuss der Überzeugung, dass Gimbel seine Stelle als Bürgermeister der Stadt Hückeswagen nur bekommen hatte, weil er Mitglied der NSDAP war. Gimbel wurde
nun in die Kategorie III von Nationalsozialisten eingereiht. Die Folge dieses Urteils war, dass Albert
Gimbel das erdiente Ruhegehalt aus seiner Dienststelle als Bürgermeister aberkannt wurde.
Am 05. Dezember 1950 schrieb Gimbels Ehefrau Marta in seinem Auftrag einen Brief an die Stadtverwaltung Hückeswagen, um eine finanzielle Beihilfe zu beantragen. Der Gesundheitszustand Gimbels hatte sich weiter verschlechtert. Er litt immer noch unter chronischen Entzündungen der Nieren
und Blase. Im Spätsommer 1949 hatte er zudem einen Schlaganfall überlebt und eine Sprach- und
Halbseitenlähmung davongetragen. Die Kosten für die notwendigen Behandlungen überstiegen seine
finanziellen Möglichkeiten, und deshalb verlangte er von seinem alten Arbeitgeber, der Stadt Hückeswagen, eine Notstandsbeihilfe.
Der Verwaltungsausschuss nahm sich diesem Antrag am 13. Januar 1951 an und lehnte ihn einen
Monat später, am 13. Februar, in einem Schreiben an Gimbel ab.
Im Januar 1951 strengte das Ehepaar Gimbel die Wiederaufnahme des PensionsÜberprüfungsverfahrens an. Sie waren der Meinung, dass in der ersten Instanz die Beschuldigungen
einseitig bewertet und die Entlastungen zu wenig berücksichtigt worden seien. Sie waren angeblich
nicht schon früher in die Berufung gegangen, weil sie auf die zuerkannte Pension von 139,01 DM
angewiesen gewesen seien.
Gimbel forderte das Ruhegehalt aus der Dienststelle als Bürgermeister, welches ihm vom Entnazifizierungsausschuss abgesprochen worden war. Der Verwaltungsausschuss war entschieden dagegen,
ihm dieses Ruhegehalt zuzugestehen. In einer Beratung zur Beschlussfassung über Gimbels Antrag
am 31. Juli 1952 beschloss der Ausschuss, dem Antrag Gimbels nicht nachzukommen:
„In der sich entwickelten Debatte wurden allseitig erhebliche Bedenken gegen die Bewilligung
des Antrages geltend gemacht. Man verwies auf die äußerst rigorose Handlungsweise des Antragstellers während seiner Tätigkeit als Bürgermeister und damit als Leiter der örtlichen Exekutivpartei. Sein damaliges Verhalten sei keineswegs dazu angetan gewesen, heute Milde walten
zu lassen (…). Der Antrag des ehemaligen Bürgermeisters Gimbel auf Zuerkennung der Ruhegehaltsbezüge nach seiner letzten Dienststellung als Bürgermeister wird abgelehnt“.
Was nun folgte, war ein langer Rechtsstreit. Am 16. September 1952 reichte Gimbel beim Landesverwaltungsgericht Klage gegen den Beschluss des Verwaltungsausschusses ein.
In ihrer Klageerwiderung verwies die Stadt Hückeswagen auf die Ergebnisse des Entnazifizierungsausschusses. Mit seinem früheren Handeln habe Gimbel seinen Anspruch auf Milde in seinem Fall
verwirkt.
Diese Anschuldigungen wollte Gimbel nicht auf sich sitzen lassen und entgegnete auf die Klageerwiderung, er hätte viel für die Stadt Hückeswagen getan und sich für sie aufgeopfert.
Er habe auf seine eigenen Kosten zwei Reisen nach Berlin unternommen, um beim Preußischen Innenministerium und beim Reichsministerium die Zuteilung von staatlichen Aufträgen für die heimische
Tuchindustrie zu vermitteln; was ihm auch gelungen sei.
Auch sei es seinem Einsatz zu verdanken gewesen, dass eine Sprengung einer lebenswichtigen Brücke verhindert wurde. Zudem könne man ihm die Vorgänge, die unter seiner Verantwortung als Polizeileiter geschehen waren, nicht anlasten, da er schließlich den Beigeordneten Fritz Schäfer mit allen
Polizei-Angelegenheiten beauftragt habe.
Im Frühjahr 1953 wurde, nachdem der ehemalige Sparkassendirektor Otto Schmitz vor dem Landesverwaltungsgericht ausgesagt hatte, der Klage Gimbels stattgegeben und die Stadt dazu verurteilt, die
Versorgungsbezüge nach seinem Gehalt als Bürgermeister zu berechnen. Schmitz sagte aus, dass
Gimbel ein sehr sparsamer Mann war und sich trotz dieser Sparsamkeit, aufgrund seiner Krankheit, in
einer sehr schlechten finanziellen Lage befunden habe. Schmitz vermutete zwar auch, dass Gimbel
die Stelle als Bürgermeister aufgrund seiner Bindungen an die NSDAP bekommen hatte, er musste
ihm jedoch auch ein gutes fachliches Zeugnis ausstellen.
Gegen dieses Urteil legte die Stadt Hückeswagen Berufung ein. Grundlage der Berufung sollten die
Prozessakten im Fall Leyhausen werden. Die nur allzu gut nachwiesen, wie rigoros Gimbel mit seinen
politischen Gegnern ins Gericht gegangen ist.
Der mittlerweile nach Düsseldorf umgezogene Gimbel legte gegen diese Berufung eine Zurückweisung ein.
Im Frühjahr 1954 wurde die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
Schlussbemerkung:
Die bisher behandelten Kapitel über das Leben und Wirken von Albert Gimbel stellen nur einen Zwischenbericht dar. Über sein Schicksal nach der zurückgewiesenen Berufung im Frühjahr 1954 gibt es
bis jetzt keine Erkenntnisse. Offen ist bisher, ob es weitere rechtliche Auseinandersetzungen gab, wo
Gimbel danach gelebt hat sowie wann und wo er verstorben ist.
Quellen: Landesarchiv NRW, Abt. Rheinland, Duisburg
Stadtarchiv Hückeswagen
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