„Das Anhören eines Märchens und das Aufnehmen seiner Bilder

Du und ich
Von Niccolò Ammaniti
Materialmappe
Besetzung
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
Lorenzo
Olivia
Alexander Redwitz
Franziska Schmitz
Regie
Bühne und Kostüm
Video/Collagen/
Mitarbeit Ausstattung
Dramaturgie
Fassung
Alexander Wang
Stef Heidhues, Emanuel Geisser
Kleon Medugorac
Christian Schönfelder
Ensemble nach einer Roman-Bearbeitung von
Lukas Rohde
Giulia Gendolla
Christian Burkhardt
Regie-Assistenz
Licht
Technische Leitung
Technik
Probenfotos
Steven Gorecki
Jan Keller, Christian Burkhardt, Wolfram Stöckl,
Katharina Fischer
Maria Muscinelli (Leitung), Michaela Brosch,
Anna Slovakova, Dina Despotovic
Tobias Metz
Theaterpädagogik
Frederic Lilje
Dekoration, Requisite
Aufführungsrechte bei der Società Italiana degli Autori ed Editori (S.I.A.E.)
Übersetzungsrechte beim Piper Verlag, München
Fotografieren und Videoaufnahmen sind während der Aufführung nicht gestattet.
Für Zuschauer ab 14 Jahren
Empfohlen ab Klassenstufe 8
Spielort: Oberes Foyer
Dauer der Aufführung: ca. 80 min Minuten ohne Pause
Diese Materialmappe soll als Anregung dienen mit Schülern und Schülerinnen über
das Stück in Austausch zu treten. Texte und Übungen können sowohl zur
Vorbereitung des Theaterbesuchs, zur Einstimmung ins Thema, als auch zur
Nachbereitung des Gesehenen verwendet werden.
Je nach Alter und Gruppe bieten sich einige Texte und Aufgaben besser oder
weniger gut an. Alle Inhalte können gerne variiert und verändert werden.
Inhaltsangabe:
Vorwort
Inhalt
Material
Vorbereitung
Nachbereitung
Bei Fragen:
3
4
6
18
20
Frederic Lilje
Theaterpädagogik
Tel: 0711 218480-21
Mail: [email protected]
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Vorwort
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
„Ein Meisterwerk“
Corriere della Sera über „Du und Ich“ („Io e te“)
In Italien ist Niccolò Ammaniti preisgekrönt, ausgezeichnet unter anderem
mit dem begehrten Premio Strega, in Deutschland fristen seine Romane und
Erzählungen noch immer eher ein Schattendasein. Zu Unrecht, finden wir.
Und fand übrigens wohl auch das Kultusministerium, denn „Du und Ich“ hat
es in Baden-Württemberg zum Sternchenthema im Italienisch-Unterricht
geschafft. Zu Recht, finden wir.
Wobei die Geschichte der Inszenierung am JES fast spiegelbildlich ist zur
Wahrnehmung des Autors in Deutschland. Entdeckt von einem Schauspieler,
der darin eine wunderbare Studie all der Irrwege und Gefahren des
Erwachsenwerdens erkannte, wurde daraus zunächst lediglich ein FreiSpiel,
also ein dreiwöchiges Projekt, auf der Hinterbühne. Hier richtete sich der
Eigenbrötler Lorenzo (gespielt von Alexander Redwitz) seinen Keller ein.
Den perfekten Ort für den Jugendlichen, um sich, wenigstens für eine
Woche, abzuschotten von der Welt, von den Mitschülern, den Erwartungen
vor allem der Erwachsenen. Bis plötzlich seine Halbschwester Olivia
auftaucht, sieben Jahre älter, schön, drogensüchtig, auf der Suche nach
einem Platz zum Schlafen. Und auf Entzug. Zum ersten Mal in seinem Leben
kann sich Lorenzo nicht mehr aus allem heraushalten. Er muss sich
entscheiden, ob er Olivia helfen will. In dem engen Kellerraum entwickelt sich
kammerspielartig eine intensive Auseinandersetzung zwischen Lorenzo und
seiner Halbschwester, anrührend, komisch und traurig zugleich.
Das FreiSpiel auf der Hinterbühne war so gelungen, dass wir beschlossen
haben, daraus eine reguläre Produktion fürs Repertoire zu machen. Weil
dafür die Hinterbühne nicht zur Verfügung stand, wanderte „Du und Ich“ ins
Obere Foyer. Dort hat das Künstlerduo Stef Heidhues und Emanuel Geisser
eigens einen Keller geschaffen, einen neuen Rückzugsort für Lorenzo,
zugleich aber auch einen Kunstraum. Und auch eine neue Halbschwester
hat Lorenzo jetzt: das neue Ensemblemitglied Franziska Schmitz. Geblieben
ist der Regisseur: Alex Wang.
Wir wünschen Ihnen und Ihren Schülerinnen und Schüler spannende 80
Minuten im JES bei unserer Fassung des Romans, „der poetisch und weise
daran erinnert, dass das Erwachsenwerden noch schwerer ist als das
Erwachsensein“. (Westdeutsche Allgemeine Zeitung)
Christian Schönfelder / Dramaturgie
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Inhalt
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
Skiurlaub im Keller
Eine kurze Geschichte vom Erwachsenwerden erzählt Niccolò Ammaniti in
seinem Roman "Du und ich". Ein 15-Jähriger gauckelt seinen Eltern vor, in
den Urlaub zu fahren - und zieht stattdessen in den Keller. Dann taucht seine
drogensüchtige Halbschwester auf.
Eine Novelle von 150 groß gedruckten Seiten legt der italienische
Erfolgsautor Niccolò Ammaniti als Roman vor - wahrscheinlich unschuldig,
denn vor allem in Deutschland verleiht man am liebsten das Etikett Roman
für alles, was Buchstaben hat. Im Falle des hierzulande noch viel zu
unbekannten Niccolò Ammaniti ist das schade, denn "Du und ich" ist eine
meisterhafte Novelle, mit kleinen Schwächen, aber geradezu mustergültig
novellesk. Der 15-jährige Lorenzo hat keine Freunde. Er lügt seinen Eltern
vor, dass er welche habe, mit denen er in die Skiferien fahren würde, zieht
aber stattdessen ohne Wissen seiner Eltern in den Keller des
Familienhauses ein. Im Wesentlichen spielt das ganze Buch in diesem
Keller.
Lorenzo richtet es sich gemütlich ein in seinem Keller und ist eines Tages
zutiefst erschrocken, als seine drogensüchtige Halbschwester, wohnungslos
und auf Entzug, bei ihm einziehen will - ohne Wissen der Eltern. Anfangs
spröde und wenig hilfsbereit, taut Lorenzo allmählich auf und es entspinnt
sich eine zarte, halb-inzestuöse Liebesgeschichte. "Du und ich" liest sich wie
ein Kammerspiel mit unglaublicher Spannung, die einen schon wieder aus
dem "Roman" herauskatapultiert, wenn man sich gerade erst warm gelesen
hat.
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Inhalt
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
Ammaniti ist ein Meister der soziologischen Beobachtung, der Milieustudie,
fast mit Genuss lässt er die brüchigen bürgerlichen Kokons zerfallen. In "Du
und ich" trifft die wohlhabende bürgerliche Welt auf ihr Verdrängtes. Der
letzte Roman "Wie es Gott gefällt" schilderte gleich in Form von prolligen
Neonazis den zur Kenntlichkeit entstellten Normalbürger. Aber seine
Schreibstrategie ist nicht die der Provokation oder der Gesellschaftskritik. Es
scheint vielmehr, als ginge es ihm um eine Art Aufhebung der Ränder der
Gesellschaft.
Was die Bürger zu wenig an Existenz haben, haben die Heroen des sozialen
Versagertums zuviel - und dieses Zuviel ist der Stoff für Ammanitis
anrührende Geschichten. Allenfalls einen Hauch von Kitsch und wohlfeiler
Auflösung kann man dem neuen Buch zum Vorwurf machen. Aber bei dem,
worauf es dem Autor ankommt, der Entwicklung der Freundlichkeit aus dem
Sumpf der Gleichgültigkeit - da ist Ammaniti gänzlich unsentimental. Das
Buch erschüttert und liest sich viel zu schnell. Es macht gespannt auf den
nächsten Ammaniti mit vielleicht etwas mehr erzählerischem Raum, der auch
in Deutschland hoffentlich einmal die verdiente Leserschaft finden wird.
Quelle: http://www.deutschlandradiokultur.de/skiurlaub-im
keller.950.de.html?dram:article_id=141146
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Material
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
„Ein normaler Junge“
Lorenzo:
Eines Abends hörte ich meine Eltern leise
reden:
„Was hat er denn?“, fragte mein Vater.
„Eine narzisstische Störung*, hat der
Professor gesagt. Lorenzo sei unfähig,
Empathie für andere zu empfinden. Für ihn
existiere nichts außerhalb seines
emotionalen Kreises, nichts löse bei ihm
etwas aus. Er glaube, außergewöhnlich zu
sein und dass nur außergewöhnliche
Menschen wie er ihn verstehen können.“
„Weißt du was ich denke. Dass dieser
Masburger ein Trottel ist. Lorenzo ist ein
normaler Junge!“
Ein normaler Junge, wiederholte ich.
Als ich in die 3. Klasse kam, hatte ich
verstanden wie ich mich benehmen musste.
Mich abseits halten, aber nicht zu sehr,
sonst fiel ich auf. Ich war wie eine
Sardine zwischen anderen Sardinen, tarnte
mich wie ein dürres Insekt zwischen
trockenen Zweigen. Und ich lernte, meine
Wut zu kontrollieren. Ich entdeckte, dass
ich einen Tank im Magen hatte, und wenn er
voll war, ließ ich ihn durch die Beine
abfließen, und die Wut endete in der Erde,
drang ins Innere der Welt ein und
verzehrte sich im ewigen Feuer. Nun nervte
mich niemand mehr.
Fragen zum Text:
Was ist Lorenzo für ein Junge?
Was sagt der Textabschnitt über Lorenzos Eltern aus?
Welches Verhalten beschreibt Lorenzo von sich selbst?
Stimmt eurer Meinung nach die Einschätzung des Professors, dass Lorenzo
eine narzistische Störung hat? Oder ist er, wie der Vater sagt, ein ganz
normaler Junge?
*Typische Symptome einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung sind
übertriebene Selbstliebe, die Vorstellung, grandios und einzigartig zu sein,
Mangel an Einfühlungsvermögen, eine übermäßige Empfindlichkeit
gegenüber Kritik, die Übertreibung der eigenen Fähigkeiten und Leistungen,
die Suche nach extremer Bewunderung, häufig gepaart mit einem schlechten
Selbstwertgefühl.
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Material
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
„Die Gefährlichsten imitieren“
Lorenzo:
Doch die Grundschule war bald vorbei. Mein
Vater rief mich in sein Arbeitszimmer. „Es
reicht mit diesen Privatschulen für
Müttersöhnchen. Es wird Zeit, dass du auf
ein richtiges, staatliches Gymnasium
gehst. Magst du lieber Mathematik oder
Geschichte?“ Ich warf einen Blick auf die
dicken Bände über die Ägypter in seinem
Bücherregal. „Geschichte!“
„Ausgezeichnet alter Freund. Wir haben den
selben Geschmack.“
Als ich am ersten Schultag vor dem
staatlichen Gymnasium ankam wurde ich fast
ohnmächtig.
Das war die Hölle auf Erden. Da waren
hunderte von Schülern. Wie bei einem
Konzert. Mädchen mit Busen, Jungs mit
Bart, Mopeds, Skateboards, manche rannten.
Manche lachten, manche schrien. Manche
gingen in die Bar, andere kamen heraus.
Die Angst raubte mir den Atem. Ich lehnte
mich gegen eine Mauer voller Kritzeleien
und Zeichnungen.
Warum musste ich zu Schule gehen? Warum
war die Welt so? Du wirst geboren, gehst
zur Schule, arbeitest und stirbst! Wer
hatte beschlossen, dass es so richtig war?
Warum ließen sie mich nicht in Ruhe? Warum
musste ich so wie alle anderen sein? Warum
konnte ich nicht allein in den kanadischen
Wäldern leben?
An einem Tag täuschte ich Kopfschmerzen
vor. Ich blieb zu Hause und sah im
Fernsehen einen Dokumentarfilm über
Mimikry bei Insekten.
Irgendwo in den Tropen lebt eine Fliege,
die Wespen imitiert. Sie ist gelb-schwarz,
und hat sogar einen falschen Stachel. Sie
tut nichts, sie ist harmlos. Doch als
Wespe verkleidet wird sie von den Vögeln,
den Eidechsen, sogar den Menschen
gefürchtet. Sie kann ganz ruhig in
Wespennester eindringen, die zu den
gefährlichsten und bestbewachten Orten der
Welt gehören. Niemand erkennt sie!
Ich hatte alles falsch gemacht!
Das war es, was ich tun musste. Die
Gefährlichsten imitieren. Ich zog die
gleichen Sachen an, Adidas Schuhe, Jeans
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Material
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
mit Löchern, schwarzes Kapuzenshirt, ich
ließ mir die Haare wachsen, wollte einen
Ohrring, Mama verbot es mir, dafür bekam
ich ein Moped.
Ich ging wie sie. Breitbeinig. Ich kickte
meine Schultasche durch den Flur.
Alles lief mehr oder weniger gut. Bis ich
mir eines Vormittags einen kurzen
Augenblick wünschte, ich wäre eine echte
Wespe.
Wespe oder Schwebfliege?
Die wirksame Tarnung (Mimikry) von Schwebfliegen
.
Die völlig harmlosen Schwebfliegen werden wegen ihrer Ähnlichkeit mit Wespen,
Hornissen oder Bienen oft mit diesen verwechselt. Die harmlosen Schwebfliegen,
die völlig schutzlos ihren zahlreichen Freßfeinden ausgeliefert sind, tarnen sich mit
den Warnfarben Gelb und Schwarz und zum Teil auch mit den auffälligen
Zeichnungen der Wespen und Bienen, von denen sich einige mit ihren giftigen
Stacheln sehr wirksam verteidigen können. Die Tarnung, die in der Natur bei Tieren
aber auch bei Pflanzen weit verbreitet ist, nennt man Mimikry.
Wie kann man Schwebfliegen nun von den oft gefürchteten Wespen unterscheiden?
Das ist zumindest bei allen Sozialen Faltenwespen (Vepidae) relativ einfach. Diese
leben in einjährigen Staaten und füttern ihre Brut mit anderen Insekten. Im
Spätsommer und Herbst, wenn alle Nachkommen geschlüpft sind, erquicken sich
die nun arbeitslosen Arbeiterinnen gern an reifem Obst, aber auch an Marmelade,
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Material
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
Kuchen und anderen Süßigkeiten, weshalb sie vom Menschen als lästig empfunden
werden. Man erkennt alle Sozialen Faltenwespen schon an ihrem unruhigen, ja
aufgeregten Flugverhalten, das möglicherweise mit ihrem angeblich nicht sehr
guten Sehvermögen zusammenhängt. Wenn sie sich bedroht fühlen, stechen sie.
Am angriffslustigsten sind die Gemeine und die Deutsche Wespe Vespula vulgaris
und V. germanica.
Honigbienen erkennt man an ihren "Höschen". Das sind die wie Körbchen
gestalteten Schienen an den Hinterbeinen, in denen der Pollen transportiert wird..
Quelle: http://www.hydro-kosmos.de/klforsch/schwespe.htm
Fragen zum Text:
Was erfährt man im Anfangsmonolog über die Figur Lorenzo?
Wie beschreibt er selbst die Schule und seine Mitschüler?
Welche Auswirkungen hat die Idee mit der Mimikry der Insekten?
Kann das (in der Schule) funktionieren, als Schwebfliege zwischen Insekten
zu leben?
Welche Konsequenzen hat Lorenzos Verhalten für ihn und sein Umfeld?
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Material
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
„Hasstagebuch“
Olivia:
Ciao Papa, ich schreibe dir, um dir für
das Geld zu danken. Jedes Mal, wenn du mir
mit deinem Geld aus der Patsche hilfst,
frage ich mich: Und wenn es auf der Welt
kein Geld gäbe, wie würde dir dein Vater
dann helfen? Und dann frage ich mich, ob
es die Schuldgefühle sind oder die Liebe,
die du für mich empfindest, was dich dazu
treibt. Und weißt du was? Ich will es
nicht wissen! Ich habe Glück einen Vater
wie dich zu haben, der mich meine
Erfahrungen machen lässt und mir hilft,
wenn ich etwas falsch mache, also
praktisch immer. Aber jetzt ist es genug,
ich will nicht mehr, dass du mir hilfst.
Du hast mich nie gemocht, du kannst mich
einfach nicht leiden. Wenn du mit mir
zusammen bist, dann bist du immer sehr
ernst. Vielleicht weil ich der lebende
Beweis eines totalen Irrtums bin und dir
jedes Mal, wenn du an mich denkst, wieder
einfällt, was für eine Dummheit es war
meine Mutter zu heiraten. Aber daran habe
ich keine Schuld. Da bin ich mir
vollkommen sicher. Was den ganzen Rest
angeht, nicht. Wer weiß, wenn ich mich
mehr um dich bemüht hätte, versucht hätte,
die trennende Mauer zwischen uns
einzureißen, vielleicht wäre es dann
anders geworden. Mir kam der Gedanke, dass
ich, wenn ich ein Buch über mein Leben
schreiben sollte, das Kapitel über dich
Hasstagebuch nennen würde. Irgendwie muss
ich lernen, dich nicht zu hassen. Dich
nicht zu hassen, wenn dein Geld kommt und
wenn du mich anrufst, um zu fragen wie´s
mir geht. Ich habe dich zu sehr gehasst.
Ohne mich zu schonen. Es reicht!
Also danke ich dir noch einmal, doch wenn
du in Zukunft den Impuls verspürst, mir
helfen zu wollen, verdräng ihn. Du bist ja
der Meister Verdrängung und des
Schweigens.
Fragen zum Text:
Welche Hilfe hätte sich Olivia von ihrem Vater gewünscht?
Was könnte Olivia damit meinen, sie habe ihren Vater gehasst, ohne sich zu
schonen?
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Material
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
„Diesmal höre ich auf“
Lorenzo:
Sie warf sich erschöpft auf´s Sofa. Ihre
Beine zitterten und sie trat um sich, als
wollte sie das Zittern abschütteln.
Was für eine Krankheit hatte sie denn?
Hoffentlich war es nicht ansteckend.
Ich weiß was es sein musste. Malaria!
Sie zitterte als hätte sie Fieber. Sie war
eine Mole an der sich die Wellen des
Schmerzes brachen!
Olivia kotzt in die Hände.
Lorenzo:
Olivia, Alles ok?
Olivia:
Kümmere dich doch mal um deinen eigenen
Kram.
Lorenzo:
Perfekt. Alles klar. Kein Problem. Darin
war ich Meister.
Sie formt ihre Kotze zu einem Keks.
Olivia:
Willst du einen Keks!
Ich hab extra einen Keks für dich
gebacken.
Olivia ist auf dem Höhepunkt ihrer Entzugserscheinungen.
Manisches Durchdrehen. Ab einer gewissen Lautstärke muss
Lorenzo eingreifen.
Lorenzo:
Hör auf.
Olivia wird immer energischer. Bis zu dem Moment, in dem
Lorenzo sie attackiert. Es reicht!
Lorenzo:
HAU ENDLICH AB DU VERDAMMTER ZOMBIE!
Lorenzo holt Geld. Wirft es auf Olivia.
Lorenzo:
Hier. Mach damit, was du willst!
Hauptsache, du gehst.
Olivia rappelt sich langsam wieder auf.
Olivia:
Du bist vielleicht ein Scheißkerl. Ich
wusste doch, dass du Geld hast.
Nein. Ich hab’s mir geschworen. Diesmal
höre ich auf.
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Material
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
Ich bin eine Schlampe. Ich hab´s mit dem
getrieben. Ich habe für diesen Schuss mit
so einem Dreckskerl gevögelt. Dieses
Schwein hat mich zwischen den Autos
gevögelt.
Widerlich. Sag mir, dass ich widerlich
bin!
Lorenzo:
Jemand muss ihr helfen. Jemand muss
herkommen. Sonst stirbt sie!
Drogensucht - Suchtkarriere und Drogenentzug
Von Martina Feichter
Suchtkarriere
Die ersten Suchtmittel, mit denen Menschen in aller Regel in Kontakt kommen, sind
Alkohol und Nikotin als legale Drogen und Haschisch im Bereich der illegalen
Drogen. Solche "Einstiegsdrogen" animieren zum weiteren Konsum von
Suchtmitteln - nicht etwa durch ihre Wirkung im Körper, sondern aufgrund
psychosozialer Faktoren: Wer andere Haschischkonsumenten kennenlernt, kommt
auch eher in Kontakt mit weiteren und härteren Drogen. Außerdem signalisiert der
frühe Griff zu psychoaktiven Substanzen in vielen Fällen, dass der Betroffene
keinen stabilen Rückhalt in der Familie hat, generell schlecht "Nein" sagen kann und
sich früh an Altersgenossen und deren Konsumverhalten orientiert.
Allerdings endet nicht jeder, der einen Joint raucht, später als Cracksüchtiger auf
der Straße. Von denjenigen, die einmal Haschisch konsumieren, entwickeln etwa
fünf bis zehn Prozent einen dauerhaften und problematischen Drogenkonsum.
Schlechter ist die Prognose, wenn schon die Erstdroge eine harte Substanz wie ein
Opiat (zum Beispiel Heroin) oder Kokain ist. Ob und wie sich eine Suchtkarriere
entwickelt, hängt von verschiedenen biologischen, sozialen und psychischen
Faktoren ab. Wer zum Beispiel schon früh im Leben mit Drogen anfängt,
verschiedene Suchtmittel (Alkohol, Kokain, Haschisch oder ähnliches) kombiniert
und als sozial und emotional "verarmt" gilt, hat ein höheres Risiko, in die
Drogensucht abzurutschen.
Drogentherapie
Ziel der Drogentherapie ist es, den Organismus vom Suchtmittel zu entwöhnen,
indem man ihm dieses entzieht (Drogenentzug). Die psychische Entwöhnung ist
langwierig und kann Monate bis Jahre dauern. Zu den psychischen
Entzugssymptomen zählen Unruhe, Angst, depressive Verstimmung,
Suizidgedanken und das "craving" - die starke Gier nach einer weiteren Dosis des
Suchtmittels.
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Material
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
Im Rahmen des körperlichen Drogenentzugs wird der Organismus entgiftet. Schon
wenige Stunden nach der letzten Drogendosis kommt es dadurch beispielsweise zu
Schweißausbrüchen, Zittern, Brechreiz, Magenkrämpfen, Herzrasen und/oder
Kreislaufproblemen. Manchmal wird die Situation auch lebensbedrohlich mit
schweren Krampfanfällen und akuten Geistesstörungen. Diese körperlichen
Entzugssymptome erreichen 24 bis 48 Stunden nach der letzten Drogendosis ihren
Höhepunkt.
Das Ausmaß und die Art der körperlichen und psychischen Entzugssymptome
hängen von der konsumierten Droge sowie dem Schweregrad der Abhängigkeit ab.
Sie sind außerdem von Mensch zu Mensch verschieden.
Qualifizierte Entgiftung
Der körperliche Drogenentzug ist immer eine gesundheitlich riskante Situation und
wird daher meist stationär (etwa im Krankenhaus oder in speziellen Entzugskliniken)
durchgeführt. Dort kann der Drogenabhängige von erfahrenem Fachpersonal
betreut und unterstützt werden - Experten sprechen von "qualifizierter Entgiftung".
Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Entzugs. Bei allen ist der Wille des
Betroffenen, sich aus seiner Abhängigkeit zu befreien, die wichtigste Voraussetzung
für Teilnahme und Erfolg.
» Entgiftung ohne Medikamente ("kalter" Entzug): Hier wird das Suchtmittel abrupt
abgesetzt. Die auftretenden und teils heftigen Entzugserscheinungen muss der
Süchtige ohne medikamentöse Hilfe "aussitzen". Unterstützt wird der Drogenentzug
stattdessen oft durch begleitende Maßnahmen wie physikalische Therapie,
Akupunktur oder Entspannungsverfahren. Der "kalte" Entzug dauert in der Regel ein
bis zwei Wochen.
» Medikamentengestützte Entgiftung ("warmer" Entzug): Mit Medikamenten
werden bei dieser Form des Drogenentzugs die Entzugssymptome gelindert. Zum
Einsatz kommen zum Beispiel sedierende Antidepressiva (wie Doxepin), Clonidin
(entspannt die Gefäße und senkt den Blutdruck) und Neuroleptika (beruhigend
wirkende Substanzen, die auch zur Behandlung von Psychosen eingesetzt werden).
Werden mehrere Arzneimittel eingenommen, kann es allerdings zu unerwünschten
Wechselwirkungen kommen. Der "warme" Drogenentzug erstreckt sich etwa über
zwanzig Tage.
» Opioid-gestützte Entgiftung (Substitutionstherapie): Dabei wird
Heroinabhängigen als Ersatz für die Droge ein anderes Opioid verordnet, dessen
Dosierung dann in der Regel schrittweise verringert wird. Für diese Substitution wird
meist Methadon verwendet. Es lindert die Entzugssymptome, erzeugt aber keine
Rauschwirkung. Auf Dauer kann aber auch Methadon abhängig machen, was der
langsame Dosisabbau verhindern soll. Das Konzept "Droge auf Rezept" soll auch
die negativen Folgen der Sucht mindern (zum Beispiel Drogenkriminalität) und die
Rückkehr in die "normale" Lebens- und Arbeitswelt erleichtern.
Das Methadon-Programm steht allerdings nur Heroinsüchtigen offen, deren
Suchtkarriere seit mehr als zwei Jahren besteht und bei denen frühere
Therapieversuche gescheitert sind. Und auch hier wird noch von Fall zu Fall
entschieden. Das Programm ist meist auf sechs bis zwölf Monate (manchmal auch
länger) befristet; nur bei schweren körperlichen Erkrankungen wie HIV oder Krebs
erhalten manche Betroffene das Methadon dauerhaft.
» Forcierte Entgiftung ("Turbo-Entzug"): Sie kommt nur bei Opioidabhängigkeit
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Material
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
(zum Beispiel Heroin, Morphium) zum Einsatz. Der Betroffene wird auf der
Intensivstation innerhalb weniger Stunden und unter Narkose einem beschleunigten
Drogenentzug unterzogen. Dazu wird ihm über eine Magensonde ein
Opiatantagonist verabreicht - ein Stoff, der an den Nervenzellen die gleichen
Andockstellen besetzt wie die konsumierte Droge, sodass diese nicht mehr binden
und ihre Wirkung entfalten kann. Dadurch wird man aber nicht "clean", sondern es
werden damit nur die akuten Entzugssymptome vermieden oder zumindest zeitlich
stark abgekürzt.
Der eigentliche Drogenentzug beginnt erst nach der Intensivstation und der bis zu
drei Tage dauernden Nachbeobachtungsphase. Er umfasst eine begleitende
Psychotherapie und die weitere medikamentöse Behandlung mit Opiatantagonisten
(für sechs bis neun Monate). Der Turbo-Entzug ist nicht geeignet bei
Mehrfachabhängigkeiten (vor allem bei zusätzlichem Kokainkonsum),
ausgenommen ist die gleichzeitige Einnahme von so genannten Benzodiazepinen
(einer Wirkstoffgruppe von Beruhigungs- und Schlafmitteln).
Quelle: http://www.netdoktor.de/Krankheiten/Sucht/Drogensucht-Suchtkarriere-und10699.html
Fragen zum Text
Lorenzo erzählt Olivia eine Geschichte, um sie zu beruhigen.
Welche Möglichkeiten hat Lorenzo in dieser Situation?
Wie bewertet ihr sein Verhalten in der Situation, als er erkennt, dass seine
Schwester dringend Hilfe braucht?
An wen sollte sich Lorenzo wenden, um Hilfe für seine Schwester zu holen?
Trägt er möglicherweise eine Mitschuld, weil er keine Hilfe holt?
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Material
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
„Diese Geschichte handelt also von einem kleinen Roboter“
Olivia:
Erzähl mir etwas.
Lorenzo:
Jetzt? Was denn??
Olivia:
Egal was. Eine Geschichte.
Lorenzo:
Eine wahre oder eine erfundene?
Olivia:
Lieber eine erfundene.
Lorenzo:
Ich hatte tatsächlich eine. Eines Morgens
in der Schule hatte ich sie mir
ausgedacht. Doch meine Geschichten behielt
ich für mich, denn wenn ich sie erzählte,
vergingen sie wie Blumen, die man
gepflückt hat, und gefielen mir nicht
mehr.
Aber diesmal war es anders.
Also gut. Olivia, du erinnerst dich doch
an diesen kleinen Roboter, den Oma im
Swimmingpool in Orvieto hatte? Diesen
gelb, violetten, der nur dazu dient, den
Swimmingpool zu reinigen?
Leises Murmeln, Singen und Lachen von ihr.
Ich wusste nicht, ob sie schlief oder wach
war.
Diese Geschichte handelt also von so einem
kleinen Roboter, der Swimmingpool-Putzer
ist. Er heißt K19, wie die russischen U
Boote. Also… Eines Tages versammeln sich
in Amerika alle Generäle und der
Präsident, um zu überlegen, wie man Saddam
Hussein umbringt. Sie haben schon alles
Mögliche versucht, aber seine Villa ist
eine Festung in der Wüste, mit Boden-LuftAbwehr-Raketen. Der amerikanische
Präsident ist verzweifelt, und wenn seine
Generäle nicht innerhalb von zehn Minuten
eine Möglichkeit finden, den Diktator
auszuschalten, schickt er sie alle nach
Alaska. Ist dir kalt.
Er deckt sie zu.
Irgendwann steht ein General auf, ein
kleiner Mann, ein Computerexperte, der nie
etwas sagt, weil er nichts zählt, und
meint, dass er eine Idee hat. Alle
15
Material
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
schütteln den Kopf. Der General erklärt,
dass Saddam aus Angst vor versteckten
Bomben nichts kauft. Er lässt alles, was
er in der Villa hat, in den Kellern bauen.
Fernseher, DVD Player, Computer,
Kühlschränke. Alles. Doch eine Sache
bekommen sie nicht hin. SwimmingpoolReinigungsroboter.
Saddams Swimmingpool ist so groß, dass
sein Roboter die Orientierung verliert,
und der Wüstenwind weht ohne Ende Sand in
den Pool. Deswegen war der Boden des
Swimmingpools immer ganz schmutzig, wenn
Saddam mit seinen zwölf Frauen badete.
Saddam war deswegen sauer und hatte sich
per Post einen Roboter aus Amerika
bestellt.
Hast du verstanden, Olivia? Per Post, aus
Amerika?
Olivia:
(sehr leise)
Erzähl weiter.
Lorenzo:
Der kleine General hat eine geniale Idee.
Er will aus einem einfachen SwimmingpoolReinigungsroboter eine superintelligente
Kampfmaschine machen mit Miniatomrakten,
mit Batterien, die Strom mit zweitausend
Volt erzeugen, und mit Abschussrampen für
Giftpfeile. Und den will er Saddam
schicken. Der amerikanische Präsident ist
begeistert.
Also geht der kleine General in die
Roboterfabrik und macht sich an die
Arbeit. Er arbeitet die ganze Nacht. Als
er fertig ist, fühlt er sich todmüde, doch
der Roboter ist perfekt, er sieht so aus
wie alle anderen. Sein Codename ist K19.
Olivia ist eingeschlafen.
Am nächsten Morgen kommt der Hausmeister.
Und begeht einen fatalen Fehler. Er glaubt
K19 sei der reparierte Roboter für eine
Familie aus Los Angeles, verpackt ihn und
versendet ihn. Die Familie nimmt K19 und
setzt ihn in den Pool. K19 beginnt den
Boden zu reinigen, das kann er nämlich
auch sehr gut. Doch als der Vater und die
Kinder baden gehen, werden sie
augenblicklich durch einen Stromstoß
getötet, der sie alle röstet.
Der Roboter wartet zwei Tage. Dann
begreift er, dass sie ihn in den falschen
16
Material
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
Pool gebracht haben. Mit seinen Saugketten
klettert er heraus. Auf der Suche nach
einem anderen Pool. Nur haben in Amerika
ja alle einen Swimmingpool. Und auf der
Suche nach Saddams Pool, bringt K19 alle
um, die ein Bad nehmen, ein Gemetzel. Und
anschließend putzt K19 den jeweiligen
Pool.
Die Armee kommt. Sie schießen mit Lasern,
mit Raketen, doch nichts ist zu machen.
K19 läuft auf den Highway, verfolgt von
Panzern. Er kommt am Ende der Straße an
und steht vor dem größten Pool, den er je
gesehen hat. Das Wasser ist schmutzig und
es gibt Wellen. Niemand hat ihm erklärt,
dass dies das Meer ist. Und dass die
Luftmatratzen dort keine Luftmatratzen
sind, sondern Schiffe. Er fragt sich, wie
er diesen endlosen Pool jemals reinigen
soll. Zum ersten Mal hat er Angst.
Blick zu Olivia
Und K-19 springt.
K-19
K-19 war ein sowjetisches Atom-U-Boot des Projekts 658, das von der NATO als
„Hotel-Klasse“ bezeichnet wurde. Es war das U-Boot der Marine, das in seiner Bauund späteren Dienstzeit lange Zeit den traurigen Rekord hielt, mehr Seeleute das
Leben gekostet zu haben als jedes andere der Flotte, und das in Anspielung auf
einen Störfall am 4. Juli 1961 den inoffiziellen Spitznamen „Hiroshima“ erhielt.
Es hatte als erstes nuklear angetriebenes U-Boot der sowjetischen Marine
ballistische Atomwaffen an Bord. Die drei Raketen hatten eine Reichweite von 650
km und eine Sprengkraft von je 1,4 Megatonnen TNT-Äquivalent.
Die Boote des Projekts 658 waren seinerzeit von strategischer Bedeutung für die
UdSSR, da sie Atomwaffen bis an die amerikanische Küste tragen konnten.
Interkontinentalraketen, die diese Ziele auch aus größerer Entfernung hätten
erreichen können, waren zu dieser Zeit noch nicht ausgereift.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/K-19
Fragen zum Text:
Warum erzählt Lorenzo diese Geschichte? Um was geht es?
Was hat die Geschichte von K19 mit der Situation zu tun?
Was erzählt diese Szene über Lorenzo?
Am Schluss bringt Olivia ihren Bruder dazu, die Geschichte von K-19 zu
Ende zu erzählen: „Jahre später auf einer tropischen Insel…“ Warum tut sie
das?
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Vorbereitung
Materialmappe – Du und Ich - Junges Ensemble Stuttgart
Lebenslauf in Bilder
Lorenzo erzählt in der ersten Szene des Stücks aus seinem Leben. Er zeigt
vermeintliche Bilder aus seinem Leben, Fotos und Collagen mit Erlebnissen
aus seiner Kindheit.
Jeder Spieler bringt 5-10 Bilder (keine Fotographien, am besten Bilder aus
Zeitschriften oder Ausdrucke aus dem Internet), die symbolisch für Momente,
Erinnerungen oder für Personen aus seinem Leben stehen. Der Spieler sollte
sich für einen Aspekt aus seinem Leben entscheiden.
Runde 1: Ein Spieler klebt ein Bild nach dem anderen an die Tafel und
erzählt die vorbereitete Lebensgeschichte oder –anekdote.
Runde 2: Die Bildersammlungen werden ausgetauscht und der Erzähler
berichtet mit Hilfe von fremden Bildern von „seinem“ Leben. Natürlich kann
jetzt auf andere Aspekte der Bilder eingegangen werden bzw. die Bilder
können symbolisch für andere Erlebnisse stehen.
Runde 3: Drei Spieler vermischen ihre Bilder und verteilen sie anschließend
wieder. Nun sollen fiktive Biographien entstehen.
Wichtig: In allen drei Runden kann der Spieler selbst entscheiden, wie viel
seines Lebenslaufs real und wie viel Fiktion sein soll.
Telefonat aus dem Skiurlaub
Lorenzo behauptet gegenüber seinen Eltern, er sei für eine Woche im
Skiurlaub mit einer Schulfreundin. Dabei hat er nie eine Einladung für diesen
Urlaub erhalten. Er packt seine Sachen und zieht für eine Woche in den
Keller des Hauses und verbringt dort die „Skiferien“.
Improvisationsaufgabe:
Stellt euch vor, Lorenzos Mutter ruft während des „Skiurlaubs“ auf Lorenzos
Handy an. Wie könnte dieses Gespräch verlaufen? Wie kann Lorenzo den
Schein wahren?
Runde 1: Zwei Spieler stehen nebeneinander auf der Bühne. Ein Spieler ist
Lorenzo, der andere seine Mutter. Lorenzos Handy klingelt! Spielt das
Telefongespräch nach. (Die beiden Spieler sollten den Verlauf des
Gespräches vorher nicht besprechen, sodass „Lorenzo“ spontan auf die
Fragen seiner Mutter reagieren muss.)
Runde 2: Nur ein Spieler steht auf der Bühne und spielt das Telefongespräch
nach, ohne dass ein anderer Spieler am anderen Ende der Leitung ist. Auf
was muss der Spieler achten? Wie lange müssen Zuhörpausen sein? Was
macht ein solches Telefonat für ein Publikum besonders spannend, lustig
oder tragisch?
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Vorbereitung
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Zufluchtsort Keller
Lorenzo findet Zuflucht im Keller des Hauses. Er richtet sich den Ort so ein,
dass er es dort eine Woche aushalten kann. Er hat genug Proviant und
Dinge, mit denen er sich beschäftigen kann.
Aufgabe:
Jeder Spieler überlegt sich einen real existierenden Ort, an dem er eine
Woche ungestört und heimlich seine „Skiferien“ verbringen würde. Es kann
der eigene Keller sein, im Wald, ein Speicher, ein Klassenzimmer oder ein
Schuppen. Auch wenn der Ort nicht wirklich für den Spieler zugänglich ist,
sollte es ein ihm bekannter Ort sein.
Jeder Spieler fertigt eine Skizze dieses Zufluchtsortes an. Wie ist der Raum
geschnitten? Was gibt es dort für Gegenstände? Wie würde ich den Raum
für die Woche einrichten?
Im zweiten Schritt werden die Räume vorgestellt. Das Klassenzimmer wird
vom Spieler zu diesem Ort gemacht, indem er den Zuschauern den Raum
mit den imaginierten Maßen und Einrichtung vorstellt. Der Spieler kann in der
Vorstellung darauf eingehen, was für ihn den Raum so praktisch für die
Woche der falschen Skiferien macht und warum er diesen Ort wählen würde.
Diskussion
Die Textauszüge „Ein ganz normaler Junge“, „Die Gefährlichsten imitieren“
und „Hasstagebuch“ und die dazugehörigen Fragen bieten sich für eine
Einstimmung und Diskussion vor dem Theaterbesuch an.
Weitere mögliche Fragestellungen:
Welche Vorstellung habt ihr von Lorenzos/Olivias Eltern? Was sagen die
Kinder in ihren Monologen? Welchen Einfluss hat das Verhalten der Eltern?
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Nachbereitung
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Erinnerungsprotokoll
Als Einstimmung bietet es sich an, dass jeder Schüler ein
Erinnerungsprotokoll schreibt. Es bietet sich an, dieses Protokoll ca. zwei
Tage nach dem Besuch zu verfassen. Fürs Schreiben sollte man sich ca. 20
Minuten Zeit nehmen.
In einem Erinnerungsprotokoll geht es im Gegensatz zu einer Kritik nicht
darum, möglichst alle Aspekte der Inszenierung zu beleuchten und eine
Bewertung über das Gesehene abzugeben, sondern vielmehr um eine
persönliche Auseinandersetzung mit dem Theaterbesuch. Der Verfasser soll
sich an einen Moment, ein Bild, einen Satz oder einen Aspekt der
Inszenierung erinnern, der ihm besonders im Gedächtnis geblieben ist.
Dieser Moment soll in einem Erinnerungsprotokoll möglichst genau
beschrieben werden. Außerdem soll der Verfasser beschreiben, warum er
diesen Moment gewählt hat und in welcher Form er emotional an diesen
Aspekt der Inszenierung anknüpft.
Ein Erinnerungsprotokoll kann eine Grundlage für ein Gespräch über eine
Inszenierung dienen, die nicht direkt von einer Wertung bestimmt ist.
Diskussion
Die Textauszüge „Diesmal höre ich auf“ und „Diese Geschichte handelt von
einem kleinen Roboter“ mit den anschließenden Fragen können eine
Diskussion über die Inszenierung und darüber hinaus über die
angesprochenen Themen leiten.
Mit Kenntnis des Romans:
Was waren die Erwartungen an die Figuren aus dem Roman auf einer
Bühne?
Wie ist die Adaption für die Bühne gelungen? Ist noch ein neuer Aspekt
aufgegangen? Haben Sachen gefehlt?
10 Jahre später…
Am Ende des Stückes bleiben einige Dinge offen:
Wie sieht das Wiedersehen mit Lorenzos Eltern aus?
Lüftet Lorenzo sein Geheimnis? Fliegt er auf? Oder spielt er sein
Versteckspiel weiter?
Warum gab es kein Wiedersehen zwischen Olivia und Lorenzo bis zu Olivias
Tod? Was ist in den zehn Jahren passiert? Wie hätte ein Wiedersehen
ausgesehen?
Aufgabe:
Wählt eine der Zukunftsfragen und verfasst eine Szene, in der die Frage
verhandelt wird.
Spielt diese Szene!
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