Überlegungen zur Möglichkeit der Erfassung von Lehrgüte durch eine zentrale Skala Die Qualität von Lehrveranstaltungen umfasst mehrere Dimensionen, da viele Gestaltungselemente die Effektivität von Lehrveranstaltungen unabhängig voneinander beeinflussen können (Peiffer et al. 2015:157). So beschreibt Feldmann in einem Überblicksartikel 28 unterschiedliche Eigenschaftsdimensionen von Lehrveranstaltungen und Dozierenden, die sich in theoretischen und empirischen Analysen als besonders wichtig für den Lernerfolg der Studierenden herausstellten (Feldman 2007). Auch Ditton benennt mit Bezug auf Slavin 25 Qualitätsdimensionen des Unterrichts, summiert unter den vier Themenfeldern Instruktionsqualität, Angemessenheit, Motivierung und Optimierung der Lernzeit (Ditton 2000). Andere empirische und theoretische Studien formulieren wiederum andere Konzeptionen und Operationalisierungen von Lehrqualität. Je nach Erkenntnisinteresse und Blickrichtung bietet die aktuelle Forschung zum Thema also ein breites Spektrum an Interpretationen von Lehrqualität. Bisher gibt es noch keine theoretisch fundierte Antwort darauf, aus welchen notwendigen und hinreichenden Kriterien sich diese nun zusammensetzt (Gollwitzer et al. 2006). So fassen Metz-Göckel et al. zusammen: „Die Qualität der Lehre ist ein Konstrukt, das in seiner Erforschung wesentlich von der Zielsetzung abhängt und durch die theoretische Konzeptionierung, die methodische Herangehensweisen und nicht zuletzt sich gegenseitig befruchtende empirische Befunde beeinflusst wird.“ (Metz-Göckel et al. 2012: 225). Für das Anwendungsfeld der Lehrevaluation an der TU Berlin steht die Rückmeldung an die Dozierende zur didaktischen Qualität der Lehre im Vordergrund. Ziel sollte es also sein, den Dozierenden ein möglichst differenziertes und hilfreiches Feedback zu geben. Insofern ist für die Arbeitsgruppe „Lehrgüteskala“ nicht jede Dimension guter Lehre von Relevanz, sondern sind vielmehr jene von Interesse, welche direkten Bezug auf das Lehrverhalten der Dozierenden nehmen. Hierzu gibt es Befunde, dass Studierende nicht alle Lehrkompetenzen der Dozierenden beurteilen können (Thiel et al. 2012). Berücksichtigt man diese Einschränkungen, und fragt danach, welche Dimensionen guter Lehre durch Dozierende von Studierenden zum einen valide beurteilt, und zum anderen zumindest teilweise unabhängig voneinander wahrgenommen und erinnert werden können, so ergeben sich in der Regel neun Dimensionen der Veranstaltungsqualität (Peiffer et al. 2015:157). Dieser Befund ist stabil über Studienphasen, Studienfächer sowie professionellem Niveau der Lehrenden hinweg (Marsh 2007). Diese neun Dimensionen wurden z.B. im englischsprachigen Raum mit dem Evaluationsinventar SEEQ umgesetzt. Mortelmans und Spooren konnten zeigen, dass Studierende auch bis zu zwölf Dimensionen der Lehrqualität differenzieren können (Mortelmans und Spooren 2009). Unabhängig von der maximal möglichen Anzahl beurteilbarer Dimensionen lässt sich für die Arbeitsgruppe zusammenfassen, dass die Darstellung von Lehrgüte in nur einer Skala durch die Mehrdimensionalität von Qualität von Lehre nicht leistbar ist. Die zukünftig einheitlich in der Lehrevaluation der TU Berlin zu verwendende Skala „Lehrgüte“ kann nur mehr eine zentrale Dimension von Lehrqualität erfassen und abbilden. Literaturverzeichnis Ditton, Hartmut (2000): Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung in Schule und Unterricht. Ein Überblick zum Stand der empirischen Forschung. In: Andreas Helmke, Walter Hornstein und Ewald Terhart (Hg.): Qualität und Qualitätssicherung im Bildungsbereich. Schule, Sozialpädagogik, Hochschule. Weinheim: Beltz, S. 73–92. Online verfügbar unter http://www.pedocs.de/volltexte/2014/8486/pdf/Ditton_2000_Qualitaetskontrolle_und_Qualitae tssicherung_in_Schule_und_Unterricht.pdf, zuletzt geprüft am 25.08.2015. Feldman, Kenneth A. (2007): Identifying Exemplary Teachers and Teaching: Evidence from Student Ratings. In: Raymond P. Perry und John C. Smart (Hg.): The Scholarship of Teaching and Learning in Higher Education: An Evidence-Based Perspective. Dordrecht: Springer Netherlands, S. 93–143. Gollwitzer, Mario; Kranz, Dirk; Vogel, Esther (2006): Die Validität studentischer Lehrveranstaltungsevaluationen und ihre Nützlichkeit für die Verbesserung der Hochschullehre: Neuere Befunde zu den Gütekriterien des "Trierer Inventars zur Lehrevaluation" (TRIL). In: Günter Krampen und Herrmann Zayer (Hg.): Didaktik und Evaluation in der Psychologie. Göttingen: Hogrefe, S. 90–104. Marsh, Herbert W. (2007): Students' evaluations of university teaching: Dimensionality, reliability, validity, potential biases and usefulness. In: R. P. Perry und J. C. Smart (Hg.): The Scholarship of Teaching and Learning in Higher Education: An Evidence-Based Perspective. New York: Springer, S. 319–383. Online verfügbar unter http://eva.um.ac.ir/images/43/Maghale/18.pdf, zuletzt geprüft am 26.08.2015. Metz-Göckel, Sigrid; Kamphans, Marion; Scholkmann, Antonia (2012): Hochschuldidaktische Forschung zur Lehrqualität und Lernwirksamkeit. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 15 (2), S. 213–232. DOI: 10.1007/s11618-012-0274-z. Mortelmans, Dimitri; Spooren, Pieter (2009): A revalidation of the SET37 questionnaire for student evaluations of teaching. In: Educational Studies 35 (5), S. 547–552. DOI: 10.1080/03055690902880299. Peiffer, Henrike; Rach, Hannah; Rosanowitsch, Sarah; Wörl, Julia; Schneider, Michael (2015): Lehrevaluation. In: Michael Schneider und Maida Mustafić (Hg.): Gute Hochschullehre: Eine evidenzbasierte Orientierungshilfe. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, S. 153–184. Thiel, Felicitas; Blüthmann, Irmela; Watermann, Rainer (2012): Konstruktion eines Fragebogens zur Erfassung der Lehrkompetenz (LeKo). In: Brigitte Berendt, Hans-Peter Voss und Johannes Wildt (Hg.): Neues Handbuch Hochschullehre. Lehren und Lernen effizient gestalten. I. Evaluation. Veranstaltungsevaluation., I 1.13. Berlin.
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