Foto: Wolf BETRIEBSLEITUNG Solar: «Qualität ist der halbe Ertrag» Fritz Stettler hat bei der Auswahl seiner Solarstromanlage viel Wert auf Qualität gelegt. Die Strategie ist aufgegangen. Hier seine Tipps für Kollegen. F ritz Stettler aus Frauenfeld im Thurgau kann sich kaum daran erinnern, wann er das letzte mal Ärger mit seiner Solarstromanlage hatte. Er muss an diesem Vormittag einige Sekunden angestrengt darüber nachdenken. Zusammen mit seinem Solarberater, Christian Wolf vom Maschinenund Betriebshelferdienst Thurgau, hat er uns eingeladen, sich das Solarkraftwerk auf dem Dach seines Laufstalles einmal näher anzuschauen. Profis überwachen Anlage Stettlers Anlage ist in doppelter Hinsicht etwas Besonderes: Zum einen war er vor sieben Jahren einer der ersten Landwirte in der Schweiz, der sich die blau schimmernden Module auf sein Dach schraubte. Zum anderen kommt sein Kraftwerk auf eine Gesamtleistung von etwa 155 Kilowatt Spitzenleistung, was relativ gross ist für Schweizer Verhältnisse. Stettler ist somit nicht nur ein Pionier, sondern hat aufgrund seiner Erfahrung auch einige Tipps für seine Berufskollegen parat. Mittlerweile ist Stettler es dann doch noch eingefallen: Vor ein paar Jahren 2 LANDfreund · 1/2014 musste sein Installateur einen Wechselrichter austauschen. «Das war’s aber auch», so der Milchviehhalter. Er selbst hatte den Ausfall des Gerätes, das den Gleichstrom seiner Solarstromanlage in netzkonformen Strom umwandelt, nicht einmal bemerkt. Schliesslich wird seine Anlage per Fernwarte vom Maschinen- und Betriebshelferdienst überwacht. Daher muss er auch nicht – wie andere Solaranlagen-Betreiber – jeden Tag nach dem Rechten schauen. Das erledigt Wolf für ihn. Dieser zeigt uns ein paar Stunden später und rund 15 Kilometer von Stettlers Betrieb entfernt die Überwachungstechnik. Dazu muss er lediglich seinen Rechner einschalten und auf das Symbol des Überwachungsprogrammes klicken. Im Bruchteil einer Sekunde verbindet dieses sich via Internet mit Stettlers Anlage und projiziert alle wichtigen Daten auf seinen Bildschirm. «Wenn ich etwas Auffälliges entdecke, schicke ich einen Monteur raus, der die Anlage vor Ort in Augenschein nimmt» erklärt Wolf das Verfahren. Stettler war daher erst auf den Fehler aufmerksam geworden, als plötzlich der Monteur auf seinem Hof vorfuhr. «Ich habe Foto: Rolink Bereits von weitem ist die Solarstromanlage von Fritz Stettler zu sehen. Fritz Stettler hat den Einstieg in die Solarstromproduktion nicht breut. auch keine Zeit, jeden Tag nach dem Rechten zu schauen. Ich muss mich um meine Holstein-Friesen-Herde kümmern», sagt der Schweizer. «Das ist unsere Haupteinnahmequelle.» Um möglichst wenig Mühe mit der Anlage zu haben, hat er bei der Auswahl der Komponenten bewusst auf Qualität, anstatt auf Billigangebote gesetzt. Das begann bereits bei der Wahl der Module. Äusserlich unterscheiden sich die verschiedenen Produkte auf dem Markt kaum voneinander. Was die inneren Werte betrifft, hingegen umso mehr. Experten teilen die verschiedenen Typen in zwei Klassen ein: in kristalline Module (mono- und polykristallin) und solche auf Dünnschichtbasis. Während die Hersteller mono- und polykristalline Produkte bereits seit Jahrzehnten auf dem Markt anbieten, haben Dünnschichtmodule erst vor rund zehn Jahren im grösseren Stile ihren Weg in die Verkaufsregale gefunden. BETRIEBSLEITUNG Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Technologien: Die stromerzeugende Schicht in kristallinen Zellen besteht aus die leicht zerbrechlichen Silizium-Schichten, die allein schon aus Gründen der Stabilität eine gewisse Dicke nicht unterschreiten dürfen. In Dünnschichtmodulen übernehmen Halbleiter diese Funktion. Dazu zählen beispielsweise Verbindungen mit kompliziert klingenden Namen wie Cadmium-Tellurid oder Kupfer-Indium-Diselenid (CIS). Diese sprühen die Hersteller in der Regel auf dünne Scheiben. Dadurch sind die aktiven Schichten, wie der Name schon verrät, in der Regel auch sehr viel dünner als die konventionellen. Beliebt wurden Dünnschichtzellen vor ein paar Jahren, als die Preise für Silizium in die Höhe schossen. Die Unternehmen suchten händeringend nach günstigen Alternativen. Mittlerweile ist das Preisargument allerdings in den Hintergrund gerückt. Die Siliziumpreise sind gesunken. Kein Risiko eingehen Die Dünnschichtproduzenten stellen dafür mittlerweile vor allem ein anderes Argument in den Vordergrund: Ihre Zellen nutzen das Schwachlicht besser aus als andere. Bei wolkigem Himmel würden diese daher mehr Strom erzeugen als ihre Konkurrenten, die Schlechtwetter-Lagen mit Ertragseinbußen quittieren. Soweit die Theorie. Richtig ist: Dünnschichtzellen nutzen die gesamte Breite der Strahlung besser aus. Allerdings ist umstritten, ob sie dadurch auch tatsächlich mehr Ertrag einfahren. Es gibt zwar Hinweise darauf, aber ebenso viele, die keinen Vorteil belegen. Zwischen den Zellen und dem unteren Modulrand sollte ausreichend Platz sein (rechts). Denn dort sammelt sich Schmutz (links), der die Zellen verschatten kann. Wolf testet selber Module auf dem Dach des Maschinen- und Betriebshelferdienstes in Wängi (Thurgau). Darunter kristalline als solche auf Dünnschichtbasis. Die Resultate des Vergleichs sind ernüchternd: Selbst bei exakt gleichen Bedingungen kann er keinen Vorteil für die dünnen Platten ausmachen. Im Gegenteil, einige Produkte schneiden sogar besonders schlecht ab. Rückendeckung erhält er durch Testergebnisse des TÜV Rheinlands (Deutschland), der zu ähnlichen Ergebnissen kommt. Manch einer hält die Versprechen der Dünnschichthersteller daher sogar für ein Märchen der Industrie. Was hingegen unbestritten ist: Kristalline Module kommen auf Wirkungsgrade von über 20 %. Solche auf Dünnschichtbasis liegen mit maximal 12 % deutlich darunter. Zum Verständnis: Der Wirkungsgrad gibt an, wie viel Energie des Sonnenlichtes in Strom umgewandelt wird. Je kleiner der Wirkungsgrad, desto größer muss somit auch die Anlage ausfallen, um auf die gleiche Leistung einer Anlage zu kommen, die das Licht effizienter ausnutzt. «Bei Landwirten, die über ausrei- Auf dem Dach des Maschinenringes testet dieser Module. chend Dachfläche verfügen, spielt der Wirkungsgrad daher eine eher untergeordnete Rolle», erklärt Wolf. Allerdings ist Dachfläche auf vielen Betrieben in der Schweiz knapp. Daher sollte der Wirkungsgrad nicht außen vor gelassen werden. Wolf setzt deshalb fast nur auf monokristalline Module im oberen Leistungssegment. In der Regel auf solche mit einer Leistung von rund 270 Watt pro Modul (Standartmodul mit 60 Zellen). Da sich die Wirkungsgrade nach wie vor weiterentwickeln, werden er und sein Team im kommenden Frühjahr sogar 280 Watt-Module anbieten können – bei gleicher Grösse der Platten. Hinzukommt noch ein anderer Umstand, der für die kristallinen Module spricht: Es gibt deutlich mehr und längere Erfahrungen mit diesen Typen als mit den relativ jungen Dünnschicht-Fabrikaten. Zwar deutet derzeit nichts drauf hin, dass die modernen Zellen stärker «altern» als konventionelle. «Mir war wichtig, dass ich ein so geringes Risiko ein- Die Solarbearter Fabian Brühwieler und Christian Wolf vom MBR. LANDfreund · 1/2014 3 gehe, wie möglich», so der Milchviehhalter zu seiner Entscheidung. Er selbst hat sich daher – wie von Wolf empfohlen – auch für kristalline Module entschieden. Foto: Rolink BETRIEBSLEITUNG An die Schneelast denken 4 Wert hat Stettler auch auf die Stabilität der Platten gelegt. Da im Winter teils tonnenweise Schnee auf das Dach fällt, müssen die Scheiben der Module besonders stabil sein. Mindestens 540 kg pro Quadratmeter Last sollte diese verkraften können. In alpinen Lagen sogar noch ein bisschen mehr. Dort empfehlen Experten einen Wert von 720 kg. «Heute gibt es aber kaum noch Module, die weniger als 540 kg Last verkraften», so Wolf. Dennoch sollte jeder Käufer das Modulblatt genau prüfen und sich vergewissern, dass der Hersteller dieses auch ausdrücklich garantiert. Im Übrigen befreit Stettler seine Module im Winter nicht vom Schnee. Aufwand und Nutzen stünden in keinem Verhältnis, so seine Erfahrung. «Im Winter fallen die Erträge ohnehin relativ gering aus, weshalb sich das aufwändige und riskante Schneeschieben auf dem Dach nicht auszahlt», argumentiert er. Wer dennoch den Schnee von seinen Modulen schieben wolle, sollte aber auf jeden Fall nur mit Sicherheitsgurten das Dach betreten, warnt Wolf. Alles andere sei «lebensgefährlich» und darüber hinaus auch nicht erlaubt. Früher wurde auch noch verstärkt auf die Hinterlüftung der Module geachtet. Denn die Zellen erzeugen bei Hitze weniger Strom als bei kühleren Temperaturen. Das Mass für die Leistungseinbussen bei steigender Temperatur ist der Temperaturkoeffizient. Er gibt an, um wie viel Prozent die Nennleistung bei steigenden Temperaturen sinkt. Kristalline Module verlieren beispielsweise je nach Fabrikat etwa bis zu 0,5 % ihrer Leistung pro Grad Celsius Zell-Temperatur von über 25 Grad Celsius. Im Sommer sind Modul-Temperaturen von über 50 Grad Celsius aber keine Seltenheit. Dann können die Ertragseinbussen schnell bis zu 13 % betragen. Je kleiner der Temperaturkoeffizient der Anlage daher ausfällt, desto besser. Tipp: Die Hersteller geben oft mehrere Werte in ihren Datenblättern an. Entscheidend ist der Temperaturkoeffizient der Leistung (oft mit P abgekürzt). Stettlers Module zeichnen sich durch einen relativ guten Koeffizient aus. Dieser beträgt -0,44 %. Ausserdem hat er zwischen dem Dach und den Modulen ausreichend Platz gelassen (rund 15 cm). Denn dann kann ge- Eine Aluminiumlegierung schützt die Unterkonstruktion vor Rost. Je mehr Abstand zwischen Modul und Dach, desto besser. LANDfreund · 1/2014 Christian Wolf überwacht die Anlagen mit Hilfe einer Fernwartung. Bei Auffälligkeiten schickt er einen Monteur raus. nügend Luft unter den Modulen entlang strömen, die die Anlage im Sommer kühlt. Allerdings schränkt Wolf ein: Der Effekt macht sich bei den niedrigen Einspeisevergütungen aktuell kaum noch bemerkbar. «Vor ein paar Jahren waren die Tarife hingegen noch deutlich höher, weshalb der Koeffizient und die Hinterlüftung eine grössere Rolle spielten», so Wolf. Toleranz klein halten Viel wichtiger als diese Kriterien war Stettler die so genannte Leistungstoleranz der Module. Diese gibt an, um wie viel die vom Hersteller angegebene Leistung der Module schwanken kann. Beispiel: ein Modul hat eine Leistung von 200 Watt. Die Toleranz beträgt +/- 5 %. Das heißt, die tatsächliche Leistung kann 5 % ge- Solarkabel auf dem Dach sollten in Schächten oder Rohren verlegt werden. BETRIEBSLEITUNG Modulqualität: Schauen Sie genau hin! Ä usserlich unterscheiden sich Solarmodule kaum von einander. Bei genaueren Hinsehen können Sie aber die Spreu vom Weizen unterscheiden. Achten Sie auf diese Punkte: • Wenn Ihr Modul aus einzelnen Zellen zusammengesetzt ist, sollten diese einen gleichmässigen Abstand zueinander haben. Ist das nicht der Umständen überhitzen. Ansonsten gelte dasselbe wie bei den Modulen: Möglichst auf Hersteller setzen, die bereits seit längerem am Markt sind und einen guten Ruf geniessen, so Wolf. Hilfreich sind aus seiner Sicht auch die Testergebnisse der Stiftung-Warentest aus Deutschland, die immer wieder mal verschiedene Komponenten der Geräte auf Herz und Nieren überprüfen. tig, dass die Garantieleistung des Herstellers das Maximum an Sicherheit bietet. Wolf schränkt aber ein: «Noch so gute Garantieleistungen nutzen nichts, wenn der Hersteller bzw. Installateur Insolvenz anmeldet.» Hinzu kommt eine Hürde bei Modulen aus dem Ausland – vor allem bei solchen aus China: Wenn der Produzent seinen Gerichtsstand beispielsweise in Peking habe, gelte auch das chinesische Recht. Für einen Kunden in der Schweiz sei es daher kaum möglich, dieses einzuklagen. Denn dazu müsste dieser Klage bei einem Gericht in Peking erheben. Hinzu kommt: In Asien gibt es keine gesetzliche Grundlage, die die Hersteller verpflichtet, eine Garantie überhaupt anzubieten. Stettler hat den Kauf seiner Anlage nie bereut. Beim Blick auf den Zählerschrank, der die Erträge der Anlage erfasst, kann man ablesen, warum: Die Module erzeugen seit Jahren fast immer mehr Strom, als er in der Planungsphase angenommen hat. «Kalkuliert hatten wir mit 950 Kilowattstunden Strom pro Kilowatt Anlagenleistung. Wir ernten aber oft deutlich mehr als 1000 Kilowattstunden», berichtet er. Die Investition hat sich daher für ihn ausgezahlt. Diethard Rolink Augen auf bei der Matrialwahl Stettler legt darüber hinaus sehr viel Wert auf die Qualität der verarbeiteten Materialien. Das gilt vor allem für die Untergestelle und die Kabel der Anlagen. Diese sollten grundsätzlich korrosionsbeständig sein. Das heisst: Das Untergestell (meist aus V2A-Stahl) sollte mit Aluminium-Legierung besitzen. Die Kabel für die Solaranlage müssen hohe Temperaturen tolerieren und eine hohe UV- sowie Ozon-Beständigkeit aufweisen. Als Schwachstelle bei den Kabeln haben sich die Steckverbindungen erwiesen. Einfache Ausführungen, lösen sich oft nach einiger Zeit. Daher sollten diese einen möglichst robusten Eindruck machen. Zu guter Letzt war es Stettler wich- Foto: Rolink ringer (190 Watt), im besten 5 % höher ausfallen (210 Watt). Auf den Ertrag hat die Toleranz daher einen enormen Einfluss. Wolf empfiehlt: Je geringer die Toleranz, desto besser. Am besten sind Module mit ausschliesslich positiven Werten, wie es bei Stettler der Fall ist. Seine Platten haben eine Toleranz von -0/+5 %. Nicht zu unterschätzen sollte man aus seiner Sicht auch die Erfahrungen der Hersteller. Daher empfiehlt er auch möglichst Anbieter zu wählen, die über einen guten Ruf und bereits länger «im Geschäft sind». Mittlerweile sind Stettler und Wolf während ihres Rundganges bei den Wechselrichtern angekommen. Diese Geräte sorgen dafür, dass der Strom aus der Anlage ohne Probleme in das öffentliche Netz fliessen kann. Bei der Auswahl der Modelle rät Wolf vor alle eines: Das Verhältnis zwischen der Leistung der Module auf dem Dach und der der Wechselrichter sollte in etwa 1:1 betragen. Beispiel: Wenn die Module auf dem Dach über 30 Kilowatt (kW) verfügen, müssen die Wechselrichter in Summe auch auf 30 kW kommen. Weniger Wechselrichter-Power würde an besonders sonnenreichen Tagen nur dazu führen, dass die Geräte an ihren Leistungsgrenzen arbeiten und dabei unter seite an. Je einheitlicher dieser ist, desto besser. • Die Anschlussdose sollte fest auf der Modulunterseite kleben. • Die Folie auf der Rückseite der Module darf sich nicht wölben. • Der Modulrahmen sollte einen stabilen Eindruck machen. Er darf nicht wackeln, wenn Sie das Modul in der Hand halten. Fall, deutet dies darauf hin, dass die Module per Hand gefertigt wurden, was anfälliger gegenüber Fehlern ist als eine industrielle Produktion. • Achten Sie auf den Verlauf der Lötbahnen, die die Zellen miteinander verbinden. Dieser muss gleichmässig sein. • Schauen Sie sich auch den Farbverlauf der Module auf der Ober- Die Anschlussdosen auf der Folie dürfen nicht wackeln. Die Kabel der Wechselrichter müssen in Kabelschächten liegen. LANDfreund · 1/2014 5
© Copyright 2024 ExpyDoc