Sprachkompetenzen Grundlage für Alltagsmathematik?! Hansruedi Kaiser Workshop Netzwerk Alltagsmathematik 21. September 2015, Olten Mathematik, Sprache und soziale Herkunft Mathematik Zürcher Lernstandserhebung Angelone, D., Keller, F., & Moser, U. (2013). 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 2 Leistungen Mathematik abhängig von Sprache ohne statistischer Kontrolle der Lernvoraussetzungen 21.09.2015 mit statistischer Kontrolle der Lernvoraussetzungen Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 4 Leistungen Mathematik abhängig von soz. Herkunft mit statistischer Kontrolle der Lernvoraussetzungen ohne statistischer Kontrolle der Lernvoraussetzungen bei Eintritt «Unterschiede … klein» 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 6 Sprache: Nein Soz. Herkunft: Ja ohne statistischer Kontrolle der Lernvoraussetzungen Sprache 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern mit statistischer Kontrolle der Lernvoraussetzungen soziale Herkunft Hansruedi Kaiser 7 Mathematik Basis: Zähl-Geschichten Fünf Tafeln Schokolade ! Ich sagte der Reihe nach «1», «2», «3» … ! Bei jedem «Wort» zeigte ich auf eine andere Tafel. ! Ich hörte auf, als ich auf jede Tafel genau einmal gezeigt hatte. ! Das letzte, was ich sagte, war „5“. 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 8 Mathematik Aufbau: Rahmenerzählungen 3 Tafeln + 4 Tafeln = 7 Tafeln ! ! ! ! ! Hier liegen zwei Haufen Schokoladentafeln. Ich zählen den ersten und komme bis «3». Ich zähle den zweiten und komme bis «4». Ich lege beide Haufen zusammen. Ich zähle und komme bis «7». 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 9 Mathematik Zweck: Waswäre-wenn-Geschichten 3 Tafeln (früher) + 4 Tafeln (jetzt) = 7 (später) ! ! ! ! Du hättest gerne 7 Tafeln. Du hast zuhause 3 Tafeln. Ich gebe dir jetzt 4 Tafeln. Wenn du zuhause die beiden Haufen zusammenlegst, dann wirst du 7 Tafeln zählen. 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 10 Mathematische Geschichten ! ! ! ! ! ! 1024, a, x, π " Kurzformen von Geschichten Basis: Zähl-Geschichten (1, 2, 3, …) Überbau: Rahmengeschichten (+, -, =, …) Vergleichende Geschichten Was-wäre-wenn-Geschichten Hält man sich an gewisse Regeln, kann mit den Kurzformen allein schon stimmige Geschichten erzählen. (Sfard 2008) 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern 14 Hansruedi Kaiser Exkurs: Sensomotorische Basis Zählen: Multiplizieren: -2 ! -4 2! -! -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 (Lakoff & Núñez 2000) 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 15 Rechnen/Mathematik ! Basis: Handeln/Manipulieren ! Kern: Reden über Handeln/Manipulieren ! Nutzen: ! Vergleiche von Handlungen ! Hypothetische Handlungen 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 16 Sprachlosigkeit Lehrer ... was von dieser Darstellung stellt jetzt den Bruch dar? Cavit Äh … äh die ... erstmal muss man alle Kästchen zählen das sind fünf und dann die drei angemalten, (leise) drei Fünftel. Lehrer Genau … was von den beiden stellt jetzt die drei Fünftel dar? Cavit Äh ... die ... erstmal … muss man die alle Kästchen zählen, und das sind . eins . zwei . drei . vier . fünf. (Prediger 2013) 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 17 horizontale und vertikale Wissensentwicklung vertikal systematisch integriert Aufstieg auf einer Leiter abgestufter Niveaus segmentiert, Bezug zu einem Segment des täglichen Lebens Entwicklung eines Repertoir situierter Kompetenzen horizontal 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 18 «Gib mir den Zucker!» «Was habt ihr heute in der Schule gemacht?» Sprechen als Kooperation in der Situation Sprechen über eine (andere) Situation horizontaler Diskurs restringierter Code BICS (basic interpersonal communication skills) vertikaler Diskurs elaborierter Code CALP (cognitive academic language proficiency) 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser (Bernstein 2000) horizontaler und vertikaler Diskurs 19 Sprachstand, soziale Herkunft und Bilingualität Prediger (2013): Cavit … ! in der Situation: «Man muss … zählen» # ! über die Situation: «Was stellt 3/5 dar?» ! Ufer et al. (2013): Bilinguale (Zweitsprache schwach) ! rechenorientierten Aufgaben eher besser (!!) ! konzeptorientierte Aufgaben klar schlechter 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 20 Zurück nach Zürich ! Erstsprache: kein Effekt ! Soziale Herkunft: grösster Effekt ! … nicht bei Schulbeginn ! Interpretation: Nicht «Deutsch» ist die Hürde, sondern der fehlende «vertikale Diskurs» 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 21 Alltagsmathematik (Einfaches) Handeln in der Situation ! Geld abzählen, Preise zusammenrechnen, … ! Horizontaler Diskurs; «Deutsch» lernen (Wortschatz, nicht Grammatik, Paetsch et al. 2015) (Komplexere) Konzepte verstehen ! Prozente, Mischungsverhältnisse, … ! Vertikaler Diskurs; «über Erlebtes sprechen» lernen 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 22 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 23 Literatur ! Angelone, D., Keller, F., & Moser, U. (2013). Entwicklung schulischer Leistungen während der obligatorischen Schulzeit. Bericht zur vierten Zürcher Lernstandserhebung zuhanden der Bildungsdirektion des Kantons Zürich. Zürich: Institut für Bildungsevaluation. ! Becker-Mrotzek, M., Schramm, K. , Thürmann, E. & Vollmer, H. J. (Hrsg.), Sprache im Fach – Sprachlichkeit und fachliches Lernen. Münster: Waxmann. ! Bernstein, B. (2000). Pedagogy, symbolic control, and identity: Theory, research, critique. Revised Edition. Lanham: Rowman & Littlefield. ! Lakoff, G., & Núñez, R. (2000). Where Mathematics Comes From: How the Embodied Mind Brings Mathematics into Being. New York: Basic Books. 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 24 Literatur ! Paetsch, J., Felbrich, A., & Stanat, P. (2015). Der Zusammenhang von sprachlichen und mathematischen Kompetenzen bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 29(1), 19-29. ! Prediger, S. (2013). Darstellungen, Register und mentale Konstruktion von Bedeutungen und Beziehungen – mathematikspezifische sprachliche Herausforderungen identifizieren und bearbeiten. In: Becker-Mrotzek et al. (Hrsg.) S.167-184. ! Sfard, A. (2008). Thinking as communicating: human development, the growth of discourses, and mathematizing. Cambridge: Cambridge University Press. ! Ufer, S., Reiss, K., & Mehring, V. (2013). Sprachstand, soziale Herkunft und Bilingualität: Effekte auf Facetten mathematischer Kompetenz. : Becker-Mrotzek et al. (Hrsg.) S.185-201. 21.09.2015 Workshop Netzwerk Alltagsmathematik, Bern Hansruedi Kaiser 25
© Copyright 2024 ExpyDoc