Schülerzahlen steigen wieder

16 SCHWEIZ
Neuö Zürcör Zäitung
Tiefere Preise
dank freiem
Gasmarkt
Lausanne sucht
einen neuen Stadtpräsidenten
DAVIDE SCRUZZI
Aufgrund eines Artikels im Rohrleitungsgesetz konnten sich in den letzten
Jahren die Grosskunden die freie Wahl
des Gasanbieters gerichtlich erkämpfen.
Derzeit regelt eine Verbändevereinbarung zwischen den meist städtischen
Gasversorgern und den Grosskunden
Fälle von Belieferungen durch auswärtige Versorger. Diese auf 350 Kunden beschränkte Lösung soll durch ein neues
Gasversorgungsgesetz ersetzt werden.
Das Bundesamt für Energie (BfE)
will dazu bis Ende 2017 eine Vernehmlassungsvorlage erarbeiten, wie es in
einer Medienmitteilung vom Montag
heisst. In einer gleichentags publizierten
Studie erscheint eine vollständige
Marktöffnung als beste Option. Beim
Strom war im letzten Jahrzehnt hingegen
entschieden worden, zuerst die Grosskunden von der Marktöffnung profitieren zu lassen. Die Ausdehnung auf die
Kleinkunden wird von Bundesrätin
Leuthard nun weiterhin aus politischen
Gründen hinausgezögert.
Rasch und vollständig
Die als vorsichtig apostrophierten Schätzungen gehen davon aus, dass fünf Jahre
nach einer vollständigen Marktöffnung
Einsparungen bei den Kunden im Umfang von 40 Millionen Franken im Jahr
möglich sind, zehn Jahre nach der
Marktöffnung wären es schon rund 70
Millionen. Gewerbe- und Industriekunden könnten pro Kilowattstunde mit
Einsparungen von 0,6 Rappen rechnen.
Bei den Haushaltskunden wäre es sogar
1 Rappen. Je nach Versorger und Preismodell bezahlen Haushaltskunden heute gegen 8 Rappen pro Kilowattstunde.
Die tiefen Preise dürften einen leichten
Anstieg des Verbrauchs zur Folge haben.
Die Versorgungssicherheit liesse sich
auch in einem liberalisierten Markt mit
entsprechenden Vorgaben gewährleisten. Die einmaligen Umstellungskosten
für die Branche werden in der Studie auf
7 bis 16 Millionen Franken geschätzt,
was akzeptabel sei.
Auffällig ist die Empfehlung, die
Marktöffnung gleich für alle, also auch
für die Kleinkunden, umzusetzen. Der
Marktzugang für Grosskunden sei faktisch bereits durch die privatrechtliche
Verbändevereinbarung umgesetzt; eine
weitere Aufteilung in mittelgrosse und
kleine Kunden bringe der Branche
kaum Einsparungen, weil wesentliche
technische Prozesse ohnehin umgestellt
werden müssten, so die Studie.
Schritte «zwingend»
Eine Marktöffnung erleichtert auch den
Abschluss von bilateralen Abkommen
im Energiebereich mit der EU. Zu den
Verlierern sinkender Gaspreise dürften
viele der meist städtischen Versorgungsunternehmen zählen, deren Gewinne in
die kommunalen Kassen fliessen. Für
einzelne Versorger resultieren aber aus
der Marktöffnung auch neue Expansionsmöglichkeiten. Die VerbraucherVereinigung IG Erdgas stellt angesichts
der neuen BfE-Studien fest, dass von
einer Liberalisierung die derzeit arg
leidende Industrie sowie auch der private Haushalt deutlich profitieren könnten. Schritte zu mehr Wettbewerb seien
denn «zwingend», so die IG Erdgas. Die
Grosskunden sind auch unzufrieden,
weil aus ihrer Sicht die Gasversorger die
Verbändevereinbarung, also die jetzige
Regelung für die Wahl eines Anbieters
aus einer anderen Region, nicht rasch
genug vorantreiben. Der Verband der
Schweizerischen Gasindustrie begründet dies mit der Komplexität der anstehenden Anpassungen.
Nach 15 Jahren tritt der grüne Syndic Daniel Brélaz zurück
Der Kanton Waadt bleibt
auch nach dem Wahlherbst im
Wahlmodus: Am 28. Februar
erhält nicht nur Lausanne
eine neue Exekutive – die
Kantonshauptstadt ist aber
Hauptschauplatz.
chung gegen Florence Germond und
Oscar Tosato durch und wurde von der
SP bereits im November auf den Schild
gehoben. Die übrigen in der Exekutive
vertretenen Parteien – Grüne, FDP und
Partei der Arbeit (PdA) – haben dem
Anspruch der wählerstärksten Partei
auf das Amt des Syndic wenig entgegenzusetzen. Die Grünen lassen zwar noch
ANDREA KUCERA, LAUSANNE
Kaum sind die letzten Flaschen Chasselas nach dem offiziellen Empfang des
frisch gewählten Bundesrats Guy Parmelin entsorgt, steht im Kanton Waadt
der nächste Wahlreigen an: Ab dem
28. Februar werden in den 318 Gemeinden des Kantons Exekutive und Legislative neu bestellt. Am spannendsten ist
die Ausgangslage in der von rot-grünen
Kräften dominierten Kantonshauptstadt
Lausanne, wo Stadtpräsident Daniel
Brélaz nach 15 Jahren als Syndic zurücktritt. Kommt hinzu, dass zwei weitere der
sieben Sitze in der Exekutive neu zu vergeben sind. Der «grüne Riese», wie der
66-jährige Brélaz aufgrund seiner politischen Langlebigkeit und seiner Omnipräsenz gerne genannt wird, hinterlässt
grosse Fussstapfen, in die Grégoire
Junod von der SP treten will.
Die SP erhebt Anspruch
Der 40-Jährige sitzt seit 2011 in der
Stadtregierung und erhält als Vorsteher
des Sicherheitsdepartements gute Noten für sein Durchgreifen gegen Drogendealer und Kleinkriminelle, die Lausanne den Ruf als kriminellste Stadt der
Schweiz eingebracht haben. Junod setzte sich in der parteiinternen Ausmar-
Daniel Brélaz
Lausanner
Stadtpräsident
KEYSTONE
Im nächsten Jahr startet der
Gesetzgebungsprozess für eine
Öffnung des Gasmarkts. Eine
neue Studie regt die freie
Anbieterwahl auch für Kleinkunden an. Die Grosskunden
sind mit dem jetzigen System
nicht mehr zufrieden.
Dienstag, 19. Januar 2016
offen, ob sie eine eigene Kandidatur aufstellen wollen, doch die Partei ist nach
dem schlechten Abschneiden bei den
eidgenössischen Wahlen geschwächt.
Ausschlaggebend wird letztlich das Resultat des ersten Wahlgangs am 28. Februar sein (die Wahl zum Stadtpräsidenten findet erst im April statt). Neben
dem Bisherigen Jean-Yves Pidoux treten die Grünen mit der Präsidentin der
Westschweizer Stiftung für Konsumentenschutz, Natacha Litzistorf, an.
Für die Freisinnig-Liberalen wiederum, die derzeit nur mit einer Person in
der Exekutive vertreten sind, liegt das
Amt des Stadtpräsidenten ausser Reichweite. Die Herausforderung für die FDP
wird sein, die Präsenz von einem auf
zwei Sitze auszubauen. Sie setzt dabei
auf das Tandem Pierre-Antoine Hildbrand und Mathieu Blanc. Die beiden
Juristen sitzen sowohl im Stadt- wie im
Stadt-Land-Graben aufschütten
Français’ Sitz mit einem eigenen Mann
wiederzubesetzen, dürfte der FDP problemlos gelingen. Stellt sich die Frage,
auf wessen Kosten ein Mandatsgewinn
gehen würde. Am wackligsten scheint
der Sitz des «Kommunisten» Marc Vuilleumier. Der 64-jährige Repräsentant
der PdA tritt nach zwei Legislaturen zurück, und die FDP hat bereits erklärt,
dass sie die PdA angreifen wolle. «Lausanne ist die einzige Gemeinde im Kanton, in der die Linke derart in der Übermacht ist», sagt Pierre-Antoine Hildbrand. Dies führe zu einem Misstrauen
im Rest des Kantons gegenüber «Lausanne la rouge». Hildbrand ist überzeugt, dass sich die innerkantonale Zusammenarbeit verbessern würde, wenn
das Pendel in der Stadtexekutive wieder
etwas mehr nach rechts ausschlüge.
PAUL SCHNEEBERGER
Aus den Szenarien für die Jahre bis 2024,
die das Bundesamt für Statistik (BfS) in
einer neuen Publikation zusammengeführt hat, geht hervor, dass die Schülerzahlen vor einer Trendwende stehen.
Gemäss dem Referenzszenario wird die
Zahl der Absolventen von Primarschulen und der obligatorischen Oberstufe
wieder zunehmen. Von 2003 bis 2013
hatte sie um 7 Prozent auf 704 000 abgenommen. Nun ist davon auszugehen,
dass 2024 wieder 800 000 Eleven helvetische Schulbänke drücken werden, was
einer Zunahme um 13 Prozent gegenüber 2014 entsprechen würde. Diese
Extrapolationen ergeben sich primär
aus den Geburtenzahlen, die in den vergangenen Jahren zunahmen.
Halbe Million Primarschüler
Allein auf die Primarstufe bezogen, wo
die Bestände seit 1999 um knapp 10 Prozent zurückgegangen sind, erwarten die
eidgenössischen Statistiker bis 2024
einen Anstieg um 16 Prozent. Die Zahl
der Primarschüler würde dann die
Grenze von einer halben Million wieder
übersteigen; prognostiziert werden auf
dann 535 000 Schüler. Auf der obligatorischen Oberstufe (Sekundarstufe I)
wird sich die sinkende Tendenz gemäss
den Prognosen bis ins laufende Jahr fortsetzen. Ab 2017 wird das Wachstum
auch dort spürbar sein. Das angenommene Plus von 12 Prozent dürfte zu
einer Zahl von 265 000 Oberstufenschülern im Jahr 2024 führen.
Bereits eingesetzt hat das Wachstum
auf der Vorschulstufe; sie ist seit 2007
um 14 Prozent gewachsen. Hält der
Trend der Geburtenzunahme in den
nächsten fünf Jahren an, dürfte die Zahl
der dort betreuten Kinder von 162 000
auf 190 000 ansteigen. Gemäss dem
Referenzszenario des Bundesamts betrifft die Zunahme der Schülerzahlen 24
der 26 Kantone. Für Uri und Neuenburg
werden ein Status quo oder ein leichter
Rückgang angenommen. Ein Wachstum
von über 20 Prozent darf hingegen
Basel-Stadt erwarten. Dahinter folgen
Zug und Thurgau mit einer ähnlichen
Prognose. Über dem schweizerischen
Durchschnitt liegen in dieser Extrapolation auch Zürich, Freiburg, Waadt, Aargau und Wallis.
Für die Sekundarstufe II der weiterführenden Schulen (Gymnasien, Fach-
IN KÜRZE
mittelschulen) prognostizieren die Statistiker eine leichte Abnahme um 2 Prozent bis 2018 und dann eine Zunahme
um 6 Prozent bis 2024. Die Zahl der Abschlüsse dürfte dann um 4 Prozent über
jenen des Jahres 2014 liegen.
Differenzen bei den Lehren
Eine ähnliche Entwicklung wird auch
für die berufliche Grundausbildung erwartet. Dort ist nach einer Stagnation in
den Jahren 2018 und 2019 von einem
Rückgang um 1,5 Prozent auszugehen,
auf den ein Anstieg um 5,5 Prozent bis
2024 folgen dürfte.
Allerdings gehen hier die Prognosen
für die Kantone teilweise stark auseinander. Anstiegen von 8 und mehr Prozent bis 2024 in Zürich, der Waadt, dem
Tessin, Freiburg, Zug und Basel-Stadt
stehen Abnahmen im selben Rahmen in
Appenzell Ausserrhoden, Graubünden,
Nidwalden, Obwalden, Schwyz und Uri
gegenüber.
Absolventen obligatorischer Schulen (Primarstufe, Sekundarstufe I)
Erwartete Entwicklung 2014–2024, in Prozent
Szenario «hoch»
Referenzszenario
Szenario «tief»
30
CVP verteidigt Sitz
in Obwalden in stiller Wahl
(sda) V Der neue Obwaldner Regie-
rungsrat heisst Christoph Amstad. Der
42-jährige CVP-Politiker und Finanzfachmann ist der einzige Kandidat für
die Ersatzwahl vom 28. Februar. Er wird
in stiller Wahl zum Nachfolger seines
Parteikollegen Hans Wallimann erklärt
werden. Amstad wird dessen Nachfolge
am 1. Juli 2016 antreten. Der 62-jährige
Wallimann, der nach 17 Amtsjahren abtritt, gilt als Vater der Obwaldner Tiefsteuerstrategie.
Transparente
Zuger Regierung
(sda) V Die Zuger Regierungsräte haben
im vergangenen Jahr gesamthaft 63 000
Franken aus nebenamtlichen Tätigkeiten eingenommen. Das sind 47 000 Franken weniger als 2014. Der allergrösste
Teil der Einnahmen floss in die Staatskasse. Für sich behalten dürfen die
Zuger Regierungsratsmitglieder von Gesetzes wegen nur Sitzungsgelder bis zu
300 Franken pro Sitzung sowie Entschädigungen für besondere Funktionen.
Kanton Genf
will bessere Luft
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nen, bei der SP des Kantons Waadt sei
jeder Tag ein Valentinstag. Drei prominente Paare gibt es im inneren Machtzirkel der Partei, und mutmasslich
existieren weitere Liaisons, die sich
allerdings der Kenntnis der NZZ-Korrespondentin entziehen. Das prominenteste Duo ist das Ehepaar Géraldine
Savary - Grégoire Junod. Madame ist
Ständerätin des Kantons Waadt und
Monsieur wohl künftiger Stadtpräsident
von Lausanne. Auch Roger Nordmann,
Nationalrat und SP-Fraktionschef, ist
mit einer Genossin liiert: Florence Germond ist Vorsteherin des Finanzdepartements von Lausanne. Die dritte Liaison «von öffentlichem Interesse» besteht zwischen der Nationalrätin Rebecca Ruiz und dem Präsidenten der SP
Lausanne, Benoı̂t Gaillard.
«Der Nachwuchs der SP lebt von Politik und Liebe», titelte die Zeitung «Le
Temps» bereits vor zwei Jahren. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange
politische Entscheide nicht im Ehebett
getroffen oder Posten am Familientisch
verteilt werden – was von niemandem
behauptet wird. Zu einer potenziell problematischen Machtkonzentration an
den Gestaden des Léman könnte es indes bei den Gesamterneuerungswahlen
2017 kommen. Aller Voraussicht nach ist
Grégoire Junod dannzumal längst Stadtpräsident von Lausanne. Und seine Gattin? Es ist ein offenes Geheimnis, dass
sich Géraldine Savary für die Kantonsregierung interessiert. Sollte sie kandidieren, hätte die populäre Ständerätin
gute Chancen, in den Staatsrat gewählt
zu werden. Auf Anfrage sagt Savary, sie
habe noch keinen Entscheid getroffen.
Für Diskussionsstoff im Ehebett ist
gesorgt: Nach zehn Jahren im Stöckli
wäre der Zeitpunkt für einen Wechsel in
ein Exekutivamt für Madame ideal –
wenn da nicht auch noch Monsieur wäre.
NZZ 19.01.16, S. 16
Grösstes Wachstum in Basel-Stadt, Zug und im Thurgau erwartet
Der seit zehn Jahren anhaltende
Rückgang der Schülerzahlen in
der Schweiz findet zu einem
Ende. Für das nächste Jahrzehnt
zeichnet sich dank höheren
Geburtenzahlen ein Anstieg ab;
aber nicht in allen Kantonen.
Die SP
als Liebesnest
Andrea Kucera V Fast könnte man mei-
Kantonsparlament und werden aufgrund ihrer Ähnlichkeit zuweilen als
Duo Hildblanc betitelt. Die Chancen für
einen Mandatsgewinn stehen gut; «le
grand vieux parti» wittert nach dem
guten Abschneiden bei den eidgenössischen Wahlen Morgenluft. Die FDP
stieg am 18. Oktober erneut zur wählerstärksten Partei im Kanton auf (Lausanne bildet in dieser Hinsicht eine Ausnahme) und holte einen zusätzlichen
Nationalratssitz. Zudem gelang es Olivier Français, dem Grünen Luc Recordon den Ständeratssitz abzujagen. Français war bis anhin sowohl Nationalrat
wie Mitglied der Lausanner Stadtregierung. Auf Ende der Legislatur tritt er
von seinem Exekutivamt zurück, um
sich zu 100 Prozent seinem Ständeratsmandat zu widmen.
Schülerzahlen steigen wieder
APROPOS
BS ZG TG ZH FR VD AG VS CH SH BE BL AR SG LU GL SO GE TI GR OW SZ AI JU NW UR NE
QUELLE: BFS
NZZ-Infografik/cke.
(sda) V Die Luft im Kanton Genf soll besser werden. Bis 2030 sollen die StickoxidEmissionen um 50 Prozent und die Feinstaubbelastung um 18 Prozent gesenkt
werden. Dies teilte die Genfer Regierung am Montag mit. Als Massnahmen
dazu kommen etwa die Förderung neuer
Technologien sowie des Fuss- und Veloverkehrs, aber auch die Sanierung von
Heizkesseln in Betracht. Die Regierung
hat noch nicht entschieden, wie sie die
neuen Ziele erreichen will.