Der weiße Hund von Franz Marc Ein Lesetext für LUX-Leser/innen Der weiße Hund hörte auf den Namen „Russi“. Besonders gern hatte es das Tier, wenn man es zwischen den Ohren kraulte und leise zu ihm sprach. Russi gehörte zu Franz. Die beiden lebten ein wenig abseits. Franz liebte die Natur und die Ruhe. Das laute Geschehen im Ort war ihm unangenehm. Er ging nur hin, um einzukaufen. Wenn die beiden dann wieder hinauf in die Berge stiegen, waren sie glücklich. Russi verbellte hin und wieder einen Vogel, tollte durch die Wiesen und Franz lachte dazu. Besonders gemütlich waren die Abende. Bei schönem Wetter saßen sie vor dem Haus und schauten der Sonne beim Untergehen zu. Wenn es regnete, hockten sie vor dem Ofen und hörten das Feuer knistern. Dabei las Franz seinem Hund aus einem alten Geschichtenbuch vor. Russi spitzte die Ohren, und man hätte glauben können, dass er jedes Wort verstand. Die Lieblingsgeschichte handelte von einem sagenhaften Bergkristall, der nur in einer hellen Mondnacht gefunden werden kann. Franz war zufrieden, aber so ein Wunderding hätte er doch ganz gern gehabt. Eines Nachts passierte etwas ... Der Vollmond schien auf die Wiese vor dem Haus. Das Licht war so hell, dass die Bäume lange Schatten warfen. Franz sah aus dem Fenster und bemerkte jemanden, der ihm zuwinkte. Er war kein Feigling, aber der Anblick des Mondgespenstes jagte ihm eine Gänsehaut über den Rücken. Franz flüsterte: „Da steht jemand auf der Wiese!“ Russi wedelte mit dem Schwanz. Er benahm sich so, als ob er den Fremden kennen würde. Also öffnete der Maler vorsichtig die Tür. Die Gestalt deutete ihm, mitzukommen. Franz lief zögernd hinterher. Sie waren nicht lange gegangen, als sie vor einer Felswand Halt machten. Die Mondfigur war verschwunden. „Was machen wir jetzt?“, fragte Franz enttäuscht. Er hätte doch lieber geschlafen. Der Hund bellte und lief zu einem Steinhaufen neben einer Tanne. Wie festgeklebt blieb er an der Stelle sitzen. Franz lockte und rief, aber das Tier saß still. „Warum gehst du nicht weiter? Ich bin müde und möchte heim!“ Erstaunlich war, dass sich die Zweige des Baumes bewegten, obwohl es windstill war. Um Russis Kopf erschien ein Lichtbogen, der zur Felswand zeigte. Neugierig kam Franz näher – und entdeckte einen riesigen Bergkristall. „Der Schatz!“, jubelte er. Von nun an saßen Franz und Russi jeden Abend vor dem glasklaren Kristall. Wenn man durch ihn durchschaute, sah man die Welt in Regenbogenfarben. Franz bekam dabei jedes Mal richtig Lust, wunderbare Bilder in den schönsten Farben zu gestalten. www.lehrerservice.at Ein Arbeitsblatt zur Zeitschrift LUX / Kleines Volk, Ausgabe September 2015, Posterseite, Blatt 1 von 2 Redaktion: Dr. Judith Grüneis © JUNGÖSTERREICH Zeitschriftenverlag, Innsbruck Information für Lehrer/innen Die Geschichte vom Bergkristall ist natürlich erfunden. Der weiße Hund Russi aber gehörte auch im richtigen Leben dem Maler Franz Marc. Die Ideen für seine Bilder holte sich der Künstler aus der Natur. Besonders Tiere weckten sein Interesse: Hunde, Katzen, Pferde, Wölfe, Rehe und Rinder. Franz Marc wurde vor 135 Jahren in München geboren. Eines seiner Hobbys war das Reisen. Er besichtigte Museen in anderen Ländern, um sich weiterzubilden und die Werke anderer Künstler kennenzulernen. Der Maler kehrte aber immer wieder gern zurück in das Haus auf dem Land. Er gründete zusammen mit Malerfreunden eine Künstlergruppe mit dem Namen „Der Blaue Reiter“. Ein besonders bekanntes Bild des Malers zeigt ein blaues Pferd. Die Farben seiner Bilder sind kräftig und leuchtend. Kühe sind gelb, Katzen rot und Pferde blau. Der Maler entwickelte seine Malkunst weiter, seine späten Bilder setzen sich aus bunten Formen zusammen. Manche davon sind Kristallen ähnlich, zwischen denen die Tiere verborgen sind. Man muss genau schauen, um sie zu sehen. www.lehrerservice.at Ein Arbeitsblatt zur Zeitschrift LUX / Kleines Volk, Ausgabe September 2015, Posterseite, Blatt 2 von 2 Redaktion: Dr. Judith Grüneis © JUNGÖSTERREICH Zeitschriftenverlag, Innsbruck
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