Leseprobe des Magazins (12,3 MByte) - reformation:2017

2017
reformation:
www.reformation-magazin.de
Vorabdruck • Leseprobe
Das Magazin
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
ein Frühsommerabend, kurz nach halb zehn. Die Sonne
ist gerade untergegangen, die Wiese am Fluss liegt schon
im Schatten. Es riecht nach Wasser wie früher beim
Schwimmen im See – das Gras ist ein bisschen zertreten
von den vielen Menschen. Es wird langsam kühl, aber wen
kümmert das? Erwartungsvoll recken sich die Hälse, das
Stimmengewirr wird leiser. Dann flammen die ersten Ker­
zen auf – und noch mehr – und noch mehr. Schneller und
immer schneller verbreitet sich das Licht von einer Hand
zur nächsten, bis dann, schließlich, die ganze große Elbaue
vor Wittenberg in einem einzigen leuchtenden Lichter­
meer schwimmt. Da will ich stehen! Am Abend des 27. Mai 2017, beim Lich­
terfest auf den Elbauen, am Vorabend des Festgottesdiens­
tes zum Reformationsjubiläum, inmitten der Menge, mit
lieben Menschen um mich herum, mit meiner Kerze in der
Hand und will diesen einmaligen Augenblick genießen.
Geschichte miterleben.
Diese Vorfreude teile ich mit vielen. Darunter ein kleines
Team, das sich im vergangenen Jahr aufgemacht hat, um
ein ganz besonderes Magazin zum Reformationsjubiläum
zu entwickeln – gewissermaßen einen Reiseführer zum
Reformationssommer und durch das ganze Jubiläumsjahr.
Was feiern wir denn eigentlich? Wer waren die Reforma­
toren? Wie haben sie gelebt? Welche Spuren ihrer Erkennt­
nisse finden wir heute in unserem Leben? Und wie geht es
weiter mit ihren und neuen Ideen?
Was Sie hier in den Händen halten, ist der Appetitanreger.
16 Seiten, um einen ersten Eindruck zu gewinnen, was Sie
ab Herbst 2016 auf 200 Seiten entdecken können. Reforma­
tion: 2017 – das Magazin: 200 Seiten Reformationssommer
und Christusfest zum Mitnehmen, zum Hineinschmö­
kern, zum Immer-wieder-in-die-Hand-nehmen, zum
Vertiefen, zum Verschenken. Für die Handtasche, für den
Wohnzimmertisch, für den Gemeindekreis.
Von einem,
der auszog,
Äpfel zu ernten
Luthers „Apfelbäumchen“
Der Apfelpfarrer Korbinian Aigner
Mit „Luthi“ auf dem Kirchentag
Gehen Sie mit uns auf eine Entdeckungsreise, die Sie
vielleicht am 27. Mai 2017 auf die Elbauen vor Wittenberg
führt. Wo wir dann gemeinsam sagen können: Hier stehen
wir – wir können ja gar nicht anders.
Ihre
Silke Römhild
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glauben
entdecken
4
Inhalt
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reformation:2017
Editorial 2017:entdecken
2017:erleben
2017:glauben
Unser Magazin „reformation:2017“ zeigt Ihnen, wie Sie Reformation
mit allen Sinnen erleben können: beim Hören, Sehen, Riechen und
Schmecken – in aller Stille oder gemeinsam mit vielen Menschen.
Mit unserem Magazin „reformation:2017“ können Sie sich ganz
persönlich auf den Weg machen, die Glaubensschätze der Reformatoren zu heben, mit sachkundigen Reiseleitern an Ihrer Seite.
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„Wenn morgen die Welt unterginge ...“
Von einem, der auszog, Äpfel zu ernten
4
In unserem Magazin „reformation:2017“ finden Sie alles, was Sie
im Jahr des Reformationsjubiläums über wichtige Personen und
zentrale Themen wissen müssen.
„Wenn ich wüsste ...“
Das Apfelbäumchen am Ende der Zeiten
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Martin Luther
Vom Unternehmersohn zum Reformator
Eine feste Burg ist unser Gott
Luthers Zufluchtsorte
Zur Freiheit hat uns Christus befreit
Eine Idee überwindet Grenzen
Der Apfelpfarrer 13
Huldrych Zwingli
Reformation in der Schweiz und anderswo
Ich singe dir mit Herz und Mund
Vom Choral über Gospel bis zum Luther-Oratorium
Von der Freyheith eines Christenmenschen
Wie man eigenen „Gebundenheiten“ auf die Schliche kommt
Mutige Hoffnung 13
13
Lucas Cranach
Medienunternehmer der Reformation
Sehnsuchtsort Kloster
Stille und Einkehr in modernen Zeiten
Expedition zur Freiheit: Gott neu entdecken
Auf sechs Etappen durch die Reformationstheologie
Mit „Luthi“ auf dem Kirchentag
Ein Sonderbotschafter, der Türen öffnet
14
Allein durch die Gnade
Rechtfertigung in Zeiten sozialer Medien
Die Wittenberger-Kommune
Einblicke in Käthes Küche
Ausblick 16
Befreit zur tätigen Nächstenliebe
Warum Reformation ohne Diakonie nicht denkbar ist
Reformationssommer 2017
Kirchentag, Festgottesdienst und Weltausstellung
Und natürlich begleiten Sie in unserem Magazin auf 200 Seiten
viele weitere Themen, Gedanken, Anregungen und Momente –
immer unterhaltsam und informativ.
Gnade ist der Gegenentwurf
reformation:2017
erleben
4
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Freuen Sie sich auf den 19. September 2016!
„Wenn morgen die
Welt unterginge...“
reformation:2017
Von einem,
der auszog,
Äpfel zu ernten
1. Der Apfel
Es war einmal ein Mann. Der hatte einen
Garten und in dem Garten stand ein Apfel­
baum. Er trug eine solche Fülle an Äpfeln,
dass kein Mensch sie je hätte verspeisen
können. Jedenfalls nicht, ohne fürchterliche
Bauchschmerzen zu bekommen.
Jan Schierhorn – so heißt der Mann – fragt
sich eines sonnigen Nachmittags, ob man
nicht etwas anderes damit tun könnte. „Wie
viele Äpfel“, überlegt er, „verfaulen wohl ge­
rade in der Stadt, weil niemand sie pflückt?“
Damit ist die Idee geboren: Vergessene
Apfelbäume ernten und Saft daraus ma­
chen. Tatsächlich werden es 9000 Flaschen
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im ersten Jahr. Und im nächsten 50 000.
Manchmal braucht man nämlich gar
keinen Apfelbaum zu pflanzen. Manch­
mal reicht es, einfach einen zu ernten.
Aber der Reihe nach. Jan Schierhorn
lebt in Hamburg. Weil er nicht einfach
allein drauflospuzzeln will, stellt er die
Idee in der Bürgerversammlung seines
Stadtteils vor: Behinderte oder sozial
benachteiligte Menschen ernten unge­
nutzte Apfelbäume, die Früchte werden
zu Saft verarbeitet und mit dem Gewinn
finanzieren sich die Arbeitsplätze. Als
Gesellschafter einer Marketingagentur
hat er das alles bereits genau vor Augen.
Und so tritt er auch auf: als Macher. „Ich
wollte den anderen zeigen, wie es geht.“
Das kommt nicht gut an. Schierhorn erntet zunächst kei­
ne Äpfel, sondern Buhrufe. Ihm wird unterstellt, zu Lasten
Arbeitsloser Geld machen zu wollen. „Kurz: Ich bin so richtig
auf die Fresse gefallen“, sagt er und lacht. Viel auszumachen
scheint es ihm nicht. „Ich musste eben erst lernen, karitativ
zu arbeiten. Das braucht Demut.“ Er stockt bei dem Wort. Es
ist ja auch ungewöhnlich. Es passt nicht zu einem, der ein
Unternehmen hochziehen will. „Demut“, fährt er dann fort,
„heißt für mich, anzuerkennen, dass ich ein Teil des Ganzen
bin. Es gibt etwas Größeres, Übergeordnetes. Auch in gesell­
schaftlichen Zusammenhängen ist das so. Zwar mag ich der
Impulsgeber sein, aber den Saft hinterher auszufahren ist
genauso wichtig.“
3. Der Saft
Er erzählt von seinem Apfelbaum und von den vielen anderen
Äpfeln, die da draußen in der Stadt im Dornröschenschlaf
schlummern und nur darauf warten, gepflückt zu werden.
Er lernt, dass soziale Einrichtungen anders ticken als Wirt­
schaftsunternehmen. Entscheidungen brauchen Zeit.
2. Die Idee
Aber er bleibt dran, und der Zufall ist ein verlässlicher Helfer.
Schierhorn traut ihm viel zu. Sehr viel. Andere würden
ihn vielleicht Fügung nennen. „Zum Beispiel wollte ich in
meinem Garten Rollrasen auslegen lassen. Ich erzählte dem
Gartenbauer von meiner Apfelidee. Zufällig kam er aus
Wilhelmsburg, wo es viele Streuobstwiesen gibt. Er sagte, ich
solle doch einfach mal vorbeikommen zum Probepflücken.“
Und so rückt er zum ersten Mal mit Mitarbeitenden der Elbe­
werkstätten aus.
Schierhorn beginnt, Überzeugungsarbeit zu leisten. Er nimmt
Kontakt mit den Elbewerkstätten auf, einer großen Einrich­
tung für Menschen mit Behinderungen. Mit offenen Armen
wird er auch dort nicht empfangen. „Wenn ein Typ in unge­
bügelter Hose und löchrigen Schuhen in eine soziale Ein­
richtung kommt und sagt, er möchte etwas mit Behinderten
machen, ohne Geld daran zu verdienen, dann sind erstmal
alle misstrauisch.“
Der Versuch gelingt. Jetzt fehlt nur noch eine Mosterei. Die
erste ist nicht die beste, so dass die Zusammenarbeit schon
wieder beendet ist, bevor es überhaupt richtig los geht.
Wieder kommt der Zufall ins Spiel. Über einen Freund stößt
Schierhorn auf einen Slow-Food-Betrieb, in dem er all das
wiederfindet, was ihm selbst wichtig ist. Dort wird der erste
Apfelsaft abgefüllt. „Er war okay“, stellt Schierhorn nüchtern
fest. „Aber kein Vergleich zum jetzigen!“
Apfelernte auf der Streuobstwiese
ist reine Handarbeit.
Der Saft heißt „Nachbars Garten“, weil er aus
Nachbars Garten kommt: Aus Schrebergär­
ten, Hinterhöfen und Pfarrgärten, in denen
mitunter so viele Apfelbäume stehen, dass
es in den ersten beiden Jahren sogar einen
Saft gibt, der nur aus diesen Kirchgärten
stammt: „Gott sei Dank“ heißt er. „Der Name
war ernst gemeint“, sagt Schierhorn. Er habe
ihn nicht aus Marketinggründen gewählt.
„Wir wollten dem Saft – ein bisschen spiele­
risch – den Namen geben, wo er herkommt.“
Mittlerweile stehen nicht mehr genügend
Perfekt brauchen die Äpfel nicht
auszusehen, um perfekten Most zu
ergeben.
Gold in den Bäumen und keiner pflückt es? Doch.
Die Mitarbeiter von „Das Geld hängt in den Bäumen“
ernten vergessene Äpfel.
reformation:2017
Der jetzige Saft ist süß und schmeckt wie
flüssiger Apfel. Jedes Jahr ein bisschen
anders, denn die verarbeiteten Sorten
variieren. Je nachdem, was gerade gespen­
det wird. Viele sind fast vergessen: Der
Finkenwerder Herbstprinz oder der Altlän­
der Pfannkuchenapfel. Jede dieser Sorten
hat einen eigenen, charakteristischen
Geschmack, ganz anders, als die Einheits-Jo­
na-Gold aus dem Supermarkt. Weil die
Äpfel nicht mehr zum Ernten bestimmt
sind, sondern einfach vor sich hinwachsen,
sind sie auch nicht gespritzt. So kommen sie
in die Flasche, ohne Zusatzmittel, und ganz
wichtig: auch ohne tierische Gelatine, die
normalerweise bei Apfelsäften zum Klären
verwendet wird.
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... und wenn morgen die Welt unterginge, würd‘
ich heute noch mein Apfelbäumchen ernten.
STREUOBSTWIESEN
Die Streuobstwiese, in manchen
Gegenden auch Bitz, Bongert oder
Bungert genannt, ist die ursprüngliche Form des Obstbaus. Auf ihnen
stehen hochstämmige Obstbäume
unterschiedlicher Arten und Sorten.
Auf Streuobstwiesen gibt es eine
große Vielfalt an begleitender Fauna
und Flora. Streuobstwiesen bieten
einen Mehrfachnutzen: Oben wächst
das Obst, unten stehen Flächen als
Grünland zur Verfügung. Entweder
zur Heugewinnung oder direkt als
schattige Viehweide. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft und durch
die fortschreitende Bebauung von
ortsnahen Flächen wurden Streuobstwiesen in den letzten Jahrzehnten
stark dezimiert. Heute weist sie das
Bundesamt für Naturschutz als eines
der am stärksten gefährdeten Biotope
Mitteleuropas aus.
Kirchgärten zur Verfügung, um einen
eigenen Saft zu produzieren. Manche
Wiesen wurden abgeholzt, andere Bäume
sind überaltert.
4. Der Mehrwert
Immer wieder kommen neue Kooperationen hinzu. Zum Beispiel mit Fördern &
Wohnen, einem sozialen Dienstleistungsunternehmen. Mit schwer suchtbeein­
trächtigten Menschen, die als „nicht therapierbar“ gelten, beginnen Schierhorn
und seine Kollegen, im Sachsenwald Holunder und Rhabarber anzupflanzen.
Ihre Erfahrung ist, dass die Apfelernte einen „kommunikativen Mehrwert“ hat.
So nennt Schierhorn das, wenn Menschen, die als schwer zugänglich gelten, auf
einmal wieder zu reden beginnen. Erst über die Pflanzen. Dann über sich selbst.
„Warum sollte das nicht auch mit anderem Obst funktionieren?“
2010 wird aus dem Projekt eine GmbH.
Gemeinnützig natürlich: „Das Geld
hängt an den Bäumen.“ Der Name
klingt ein bisschen provokant. Geld und
gemeinnützig, das schürt bei manchen
Unverständnis. Aber es ist genau das, was
Schierhorn und seine Kollegen wollen:
Nicht einfach irgendwas Wohltätiges
tun, sondern Arbeitsplätze schaffen für
Menschen, die sonst nur schwer Arbeit
finden. Dafür ist Jan Schierhorn aus dem
täglichen Geschäft seiner Agentur aus­
gestiegen. Er arbeitet ehrenamtlich für
das Projekt. Seine Agentur ist erfolgreich
genug. Man könnte jetzt sagen: So einer,
der kann es sich leisten, etwas Soziales
zu tun. Sicher. Aber so einer könnte auch
auf den Malediven überwintern oder
Golf spielen, anstatt seinen Tag in einer
mittelchaotischen Lagerhalle zu ver­
bringen. Schierhorn nennt das Projekt
„meine kleine Werteinsel. Ich wollte
etwas finden, dass nicht die Geldbörse,
sondern Herz und Seele bespielt. Meine
Kinder sagen: Papa macht Apfelsaft. Das
ist greifbar. Wenn ich ein Konzept mit
nach Hause brachte, konnten sie damit
nichts anfangen. Aber den Saft, den kann
man schmecken. Das ist sehr nah am
puren Glück.“
Die Verantwortung ist kleinteilig: Jeder übernimmt eine Pflanze. Die pflegt er und
erntet er. „Plötzlich erleben die Leute, dass ihre Beschäftigung eine Relevanz hat:
Ich habe etwas geerntet. Das ist etwas ganz anderes, als in einer Werkstatt Schrau­
ben für irgendein Unternehmen zusammenzudrehen.“
5. Die Freiheit
Ein Apfelbäumchen
pflanzen?
Klar, dass es hier nicht um Höchstleistung geht und auch nicht um ständige
Gewinnmaximierung. Alles geht es bisschen langsamer. Schierhorn genießt das.
„Wenn ich aus der Agentur hierher komme, wo die Mitarbeiter ihren eigenen Takt
haben, dann brauche ich einen schmerzhaften Moment, um verlangsamen zu
können. Aber genau diese Verlangsamung ist in unserer schnelllebigen Gesell­
schaft ein echtes Geschenk. Das ist ganz große Freiheit.“
Wenn man ihn fragt, was er am allerliebsten hier tut, dann guckt er, als sei ihm
seine Antwort ein bisschen peinlich: „Es klingt pathetisch, aber erstmal: Sein. Ich
bin gern hier. Ich mag die Ruhe. Im Gegensatz zum Rest meines Lebens verläuft
hier alles in Zeitlupe. Ich genieße unsere wöchentlichen Mitarbeiterrunden, in
denen jeder erzählt, was ihn gerade bewegt. Das erinnert mich an den bäuerlichen
„Gesindetisch“, weil es nichts mit Bilanz oder Produktsicherung zu tun hat.“
BÖSER APFEL?
Neun feste Stellen gibt es mittlerweile.
Der gesamte Erlös fließt zurück in das
Projekt, um sie zu finanzieren.
Ein Apfelbäumchen
ernten!
Heute müsste ein Snickers am Paradiesbaum hängen. Oder auch eine Packung
Eistee, Geschmacksrichtung Apfel. Aber ein ordinärer Apfel? Niemals. Damit ließe
sich keiner mehr verführen. Muss auch nicht. Denn dass es ein Apfel war, der Adam
zu Fall brachte, steht nirgends geschrieben. Die Bibel spricht lediglich von einer
Frucht, und dass der Baum, an dem sie hing „eine Lust für die Augen wäre“. Kein
Apfel weit und breit, vielleicht dachten die Autoren auch an eine Feige, man weiß
es nicht. Es scheint keine besondere Rolle gespielt zu haben.
An anderen Stellen in der Bibel spielt der Apfel aber durchaus eine Rolle. Und was
für eine! Sechs Mal wird er erwähnt, vier Mal davon im Hohelied, der Erotikfibel
der Bibel. Und dort leistet der Apfel ganze Dienste – er verführt und er darf das.
Kostprobe gefällig? „Deine Brüste sollen mir wie Trauben des Weinstocks sein und
der Duft deines Atems wie Apfelduft.“ Lecker!
Kein Wunder also, dass der Apfel später auch in der Paradiesgeschichte auftauchte.
Als Symbol für Sinnlichkeit und Versuchung. Wer will schon von einer unansehnlichen Kartoffel verführt werden? Jedenfalls wird als schuldige Frucht erst im vierten Jahrhundert nach Christus in der lateinischen Übersetzung der Bibel der Apfel
genannt. Vielleicht wollten die Übersetzer ein Wortspiel nutzen: Das lateinische
„Malum“ bedeutet nämlich Apfel und zugleich schlecht, böse.
Menschen, die
sonst als "schwer
integrierbar"
gelten, finden hier
sinnvolle Arbeit.
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Der Apfel mit seinen prallen Backen ist Sinnbild der Versuchung geblieben. In der
Kunst wird das Jesuskind oft mit einem Apfel dargestellt – ein Zeichen, dass mit
seiner Geburt die sogenannten „Ursünde“ überwunden ist. Deshalb übrigens hängen auch an vielen Weihnachtsbäumen rote Äpfel: als Erinnerung an den Paradiesbaum.
„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt
unterginge, würde ich noch heute mein
Apfelbäumchen pflanzen.“
Das Apfelbäumchen am Ende der Zeiten
Mehr noch als Luthers Theologie sind Sinnsprüche und
Aphorismen von ihm überliefert und bis heute im kollek­
tiven Gedächtnis vieler Menschen bewahrt. Dazu zählt
ohne Zweifel auch der berühmte Satz: „Wenn ich wüsste,
dass morgen die Welt unterginge, würde ich noch heute
mein Apfelbäumchen pflanzen.“
Aber hat Luther diesen Satz überhaupt formuliert? Da
stehen die Zeichen bei rechten Luther-Verehrern zumeist
auf Sturm. Entscheidend ist freilich weniger die histori­
sche Glaubwürdigkeit des kurzen Satzes. Bis in die Gegen­
wart hinein erfreut sich das Wort vom Apfelbaum größter
Beliebtheit als Zukunftswort, als Optimismusformel und
als Lebenssymbol. Als solches ist es sicherlich zu verste­
hen. Allerdings: Zunehmend wird es als Beleg genommen
für die Selbstverantwortung des Menschen für seine
Zukunft, das Vertrauen auf die in ihm schlummernden
Kräfte und Potentiale. Der auch in Krisenzeiten als sinn­
voll, barmherzig und behütend erlebte Gott tritt darüber
in den Hintergrund. Luther hätte sein Apfelbäumchen
gepflanzt, weil er sich in Gott geborgen und sicher fühlte.
Er war frei geworden von der Sorge um das Morgen und
das ihm drohend entgegenstehende Schicksal. Sein Ap­
felbäumchen ist das Symbol von Glaubensgewissheit in
trostloser Zeit.
Das Apfelbäumchen-Zitat eignet sich hervorragend, um
inne zu halten und zu überlegen: Was feiern wir eigentlich
2017? Luther hatte die kleine Welt in Wittenberg mit der
Entdeckung der frei geschenkten Gnade Gottes, für die
man so gar nichts tun kann oder muss, bewegt. Die sich
darin findende Erfahrung von Freiheit und Geborgenheit
in der Gewissheit des bedingungslos möglichen Vertrau­
ens in den guten Gott hatte bereits nach wenigen Mona­
ten zu einer gewaltigen Erschütterung geführt, welche
die Fundamente der Kirche – zumindest der lateinischen
Kirche des Westens – bedrohte. Was ist daraus gewor­
den? Angesichts der gewaltigen Festvorbereitungen und
Aktivitäten im Reformationsjahr möchte man wieder ein
Apfelbäumchen pflanzen.
Historisch belegt seit 1944
Der früheste, sicher nachweisbare Beleg für das vermeint­
liche Luther-Zitat findet sich in einem maschinenschriftli­
chen Brief des Pfarrers Karl Lotz (1890-1946) aus Hersfeld,
den dieser am 5. Oktober 1944 an die Vertrauensleute der
reformation:2017
6. Der Verkauf
Bekennenden Kirche von Kurhessen-Waldeck schickte.
Lotz war in das Leitungsgremium des landeskirchlichen
Bruderrates aufgenommen worden und bemühte sich
nun – in dieser Phase des nicht enden wollenden Welt­
krieges und zunehmender Aggressionen von Seiten des
faschistischen Regimes – um den Ausgleich unterschied­
licher Interessen zwischen der gleichgeschalteten Lan­
deskirche und den an der Zukunft ihrer Gemeinden nach
dem Ende Hitlers und seiner Schergen arbeitenden Ge­
meindepfarrern. Der Satz versucht, die geringe Zukunfts­
hoffnung zu beflügeln und zugleich, sehr realistisch die
Gegenwart und ihre Bedrängnisse im Licht des Glaubens
zu formulieren.
Woher der hessische Pfarrer sein Wissen bezog, ist bis heu­
te nicht geklärt. Vereinzelt meinen Zeitzeugen sich daran
erinnern zu können, es schon in den letzten Jahren vor
dem Krieg hier und da gehört zu haben. Verlässlich sind
diese Aussagen jedoch nicht. Offensichtlich macht das
Zitat allerdings rasch die Runde. Noch vor dem Winter des
Jahres 1944 erscheinen Briefpostkarten in Leipzig mit dem
eingedruckten Luther-Wort. Er scheint insbesondere im
Nachkriegsdeutschland das Bedürfnis der Menschen nach
einer unbelasteten Traditionsvergewisserung in erheb­
lichem Maße bedient zu haben. In den fünfziger Jahren
wurden dann echte von falschen Lutherzitaten geschieden
und auch dieses Wort als nachträglich nachempfunden zu
den Apokryphen gezählt. (mw)
Der Name ist Programm: Apfelsaft aus Äpfeln,
die aus Nachbars Garten kommen.
Trotzdem soll der Saft natürlich verkauft werden. Kleine Ham­
burger Läden bieten ihn an, manche Cafés, Firmen bestellen
ihn für Sitzungen. Google ist dabei und sogar das Hamburger
Rathaus. Darauf ist Schierhorn stolz: „Ich finde es toll, dass im
Hamburger Rathaus Könige und Kaiser keine Cola, sondern
unseren Saft angeboten bekommen.“
Mittlerweile gibt es ihn auch in kleinen Flaschen. Das ist prakti­
kabler für Unternehmen. Weitere Sorten sind dazugekommen:
Apfel-Birne zum Beispiel oder Apfel-Holunder. Das Obst wird
zum Teil ebenfalls gespendet oder von Demeter-Betrieben zu­
gekauft. Im Internet kann man den Saft auch bestellen, ab drei
Kisten wird geliefert. Aber: nur im Hamburger Stadtgebiet. Das
ist überraschend, wenn man bedenkt, dass mittlerweile sogar
Biohöfe ihre Milch munter durch ganz Deutschland schicken. Für
Schierhorn aber ist es konsequent. Das Projekt wirbt damit, lokal,
sozial und nachhaltig zu sein. Restaurants in Süddeutschland
zu beliefern würde unnötig Energie verschwenden. Apfelbäume
wachsen schließlich auch in Bayern.
Eine bunte Vielfalt,
so wie die Natur es in den
Gärten wachsen lässt.
Kleine Besucher beobachten und
staunen, wie das geht: vom Baum in die Flasche.
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Jan Schierhorn,
Initiator des Projektes
Prächtige Höfe im „Alten Land“ bei Hamburg zeugen von der Bedeutung der Obstwirtschaft. Doch Umstrukturierung im Landbau
lassen viele alte Apfelbäume ungeerntet – und nicht nur hier.
7. Der Traum
Der Apfelpfarrer
Auf die Frage, ob er eigentlich Ahnung von der Materie hatte,
antwortet Jan Schierhorn lachend: „Kein bisschen!“ Und wenn es
nicht geklappt hätte? „Das Leben besteht aus Risiken, das hier ist
ein schönes Risiko.“ Mehr Zuversicht kann einer allein kaum aus­
strahlen. Und dann erzählt er trotzdem von einem Tag, an dem
er „total down“ war. Irgendwann in den ersten drei Monaten. „Ich
hatte das Gefühl, ich mache alles allein und fragte mich, warum
ich das eigentlich tue.“
Sein Leben lang zeichnete Korbinian Aigner Äpfel: kleine, große, gestreifte, gefleckte, runde, rote, grüne, glatte oder schrumpelige Früchte. 649 Apfelsorten, dazu 289
Birnensorten. Dabei war er eigentlich Priester. 1885 wird er als ältester Sohn eines
oberbayrischen Obstbauern geboren, und schlägt sein Erbe aus, um Theologie zu
studieren. Er ist viele Jahre im Schuldienst tätig und tritt mit 46 Jahren seine erste
Pfarrstelle an. Viele Nebeninteressen werden ihm nachgesagt: vor allem die Äpfel,
aber auch die Tagespolitik. Als er eine Rede von Adolf Hitler hört, ist er entsetzt über
den Hass und die Ausgrenzung. Er beginnt, sich gegen den Nationalsozialismus zu
wehren. Er hisst keine Hakenkreuzflagge, zum „Friedensappell“ des Führers läutet er
die Glocken nicht, in seinen Predigten kritisiert er die Nationalsozialisten. Er will kein
„stummer Hund“ sein. Über das Attentat auf Hitler soll er gesagt haben: „Ich weiß
nicht, ob das Sünde ist, was der Attentäter im Sinn hatte. Dann wäre halt vielleicht
eine Million Menschen gerettet worden“.
An jenem Tag erhält er eine Mail von einem Pastor aus Süd­
deutschland. Der fragt, ob er schon mal von Korbinian Aigner
gehört habe. Aigner war ein süddeutscher Pfarrer, der im Dritten
Reich in Dachau inhaftiert war. Er war Hobbypomologe und
begann, im KZ Apfelsorten zu züchten. Aigner überlebte, und
eine seiner Apfelsorten überlebte auch. Der Korbiniansapfel, wie
er heute heißt, gilt als besonders strapazierfähig. „Mich hat das
total bewegt. Seitdem träume ich davon, eine Streuobstwiese
mit Korbinianbäumen anzulegen, um diese Geschichte weiter­
zuerzählen: Es geht darum, aufzustehen statt wegzusehen. Den
Mund aufzumachen. Wenn jemand einen großen Kirchgarten zu
vergeben hat – wir würden sofort anfangen.“
Dafür wurde er verurteilt und später ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Dort
beginnt er, zwischen zwei Baracken aus winzigen Kernen Apfelbäume zu züchten. Die
neuen Sorten nennt er KZ-1, KZ-2, KZ-3 und KZ-4. Auf dem Todesmarsch nach Südtirol
kann er fliehen und versteckt sich in einem Kloster am Starnberger See. Seine Apfelpflänzchen soll er dabei gehabt haben. 1985 wurde die Sorte KZ-3 zum 100. Geburtstag Aigners offiziell Korbiniansapfel getauft. Seine Apfelzeichnungen wurden 2012
auf der documenta13 ausgestellt.
Der Korbiniansapfel KZ-3
Mutige Hoffnung
Der Satz ist zum geflügelten Wort geworden: „Wenn ich wüsste, dass morgen die
Welt unterginge, würde ich heute noch mein Apfelbäumchen pflanzen.“ Ob Martin
Luther nun tatsächlich eine Vorliebe für Äpfel hatte, und etwas Ähnliches hätte
sagen können, ist nicht überliefert. Einprägsam ist das Bild aber dennoch, sonst
hätte der Satz nicht so eine rasante Verbreitung gefunden. Protestantisches Denken
beschreibt er sowieso: Bangemachen gilt nicht. Unsere Aufgabe ist es, die Erde zu
bebauen und zu bewahren. So gut es geht und so gut wir können, egal unter welchen Umständen. Das Leben findet diesseits statt, bis zum letzten Atemzug.
Der Theologe Dietrich Bonhoeffer schrieb 1943 kurz vor seiner Verhaftung einen
ganz ähnlichen Satz. Ohne Apfel, aber mit genauso viel mutiger Hoffnung: „Mag
sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine
bessere Welt aus der Hand legen, vorher aber nicht.“
Texte: Susanne Niemeyer, Fotos: Tobias Stäbler, Illustration: Archiv der TUM
reformation:2017
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GNADE
IST DER
GEGENENTWURF
In Johannes 1, 17 heißt es: „Das Gesetz
ist durch Mose gegeben; die Gnade und
Wahrheit ist durch Jesus Christus gewor­
den.“ Hier ist beides gegenübergestellt:
Gesetz und Gnade, zwei grundlegend
verschiedene Konzepte von Religion.
Gesetz heißt: „Ich tue etwas, ich mühe
mich ab, um Gott gerecht zu werden.“
Gnade hingegen ist das genaue Gegenteil.
Hier müht sich sozusagen Gott ab, um
uns gerecht zu werden. Das Gesetz sagt:
„Ob Gott und du Gemeinschaft mitein­
ander haben, das liegt an dir.“ Die Gnade
hingegen sagt: „Vergiss es! Du kannst
durch deine Bemühungen Gott nicht
gerecht werden. Weder durch zehn noch
durch tausend Gebote. Es geht nicht. Egal,
welches Gesetz du aufrichtest – du kannst
Gott nicht gerecht werden.“ Das ist die
schlechte Nachricht. Die gute Nachricht
ist: Du brauchst es auch nicht. Gott hat
ein anderes Konzept. Nicht das Konzept
des Gesetzes, sondern das Konzept der
Gnade.
An dieser Stelle müssen wir eine Entschei­
dung treffen. Was wollen wir von Gott:
das, was wir verdienen – oder wollen wir
Gnade? Entscheiden Sie weise: Gott wird
Ihnen das geben, was Sie wollen. Ich ken­
ne Leute, die sagen: „Ich lasse mir nichts
schenken! Ich will nur mein Recht!“ Sie
werden es bekommen. Wenn Sie Gottes
Gnade für ungerecht halten, haben Sie
gute Argumente für sich. Aber vielleicht
ist diese Ungerechtigkeit Gottes das Beste,
was uns überhaupt passieren kann. Ja,
Gott ist in gewisser Weise „ungerecht“.
Aber nur mit dieser Ungerechtigkeit wird
er uns Menschen gerecht.
Und diese Gnade Gottes zielt darauf, dass
wir selbst gnädiger werden im Umgang
miteinander und auch mit uns selbst. Es
ist gut, ein ambitioniertes Ziel vor Augen
zu haben. Aber wir dürfen darüber unsere
Grundlage nicht vergessen. Die Grundla­
ge unseres Christseins heißt Gnade. (kd)
Mehr Gedanken von Klaus Douglass in
Form einer inspirierenden Reise durch die
Reformationstheologie finden Sie im
September 2016 in unserem Magazin.
MIT „LUTHI“
AUF DEM
KIRCHENTAG
Ein Sonderbotschafter,
der Türen öffnet
E
s ist schon jetzt die meistverkaufte Playmobil-Fi­
gur aller Zeiten: der kleine Martin Luther mit
Bibel, Schreibfeder, Mantel und Gelehrtenmütze.
Die erste Auflage von 34.000 Stück war innerhalb von
72 Stunden nach Bekanntgabe (an einem Freitag!) im
Frühjahr 2015 komplett ausverkauft.
Ebenfalls im Frühjahr 2015: In der Geschäftsstelle der Ar­
beitsgemeinschaft Missionarische Dienste (AMD) laufen
die Vorbereitungen für den Kirchentag in Stuttgart auf
Hochtouren. Auf dem Markt der Möglichkeiten soll für
die „Kurse zum Glauben“ geworben werden – auch für die
Glaubenskurse zum Reformationsjubiläum und für das
Magazin „reformation:2017“ mit integriertem Glaubens­
kurs. Klar ist: Es braucht eine besondere Attraktion, einen
Hingucker, um im bunten Angebot des Kirchentages auf­
zufallen. Tagelang wird gegrübelt, recherchiert, hin und
her überlegt. Gummibärchen? Naja. Eine der Lutherfigu­
ren von Otmar Hörl? Auch nicht wirklich neu. Es bräuch­
te ein Motiv, das die Leute stehen bleiben lässt und sie
vielleicht verlockt, ein „Selfie“ zu machen. Aber was?
Eins fünfzig ist er hoch und er schaut mit
einem so freundlichen Lächeln in die Welt, dass
er vom Team liebevoll „Luthi“ genannt wird. Ein
bisschen sperrig ist er und nicht so einfach zu
transportieren, aber dank findiger Köpfe und
talentierter Hände bekommt Luthi noch am
Aufbautag direkt am Stand eine Kiste unter die
Füße geschraubt – jetzt kann er bequem auf
einer mitgebrachten Sackkarre herumgefahren
werden.
„Luthi“, unser Sonderbotschafter für
„reformation:2017 – Das Magazin“
Mehr von „Luthi“ im Internet unter: www.luthi.de
Eine „lebensgroße“ Playmobilfigur
geht auf Entdeckungsreise beim
Evangelischen Kirchentag in Stuttgart
Und so geht er auch gleich auf einen Ausflug:
zum Abend der Begegnung in die Stuttgarter
Innenstadt. Schon auf dem Weg erregt er Aufse­
hen. Wenn der Tross mit Luthi an einer Ampel
stehen bleibt, scharen sich sofort begeisterte Kir­
chentagsbesucher mit Fotoapparaten um ihn.
„Schau mal, das ist doch… Dürfen wir rasch ein
Foto machen?“ Natürlich – und weiter geht’s. Das
Ziel ist das Forum Reformation auf dem Schiller­
platz, wo Akteure rings um Reformationsjubilä­
um wie der Verein „Reformation 2017 e.V.“ oder
die Evangelische Wittenbergstiftung Stände
aufgebaut haben. Luthi wird herzlich willkom­
men geheißen: „Stellt ihn doch am besten auf
die Bühne – die ist heute Abend noch frei.“
Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man
meinen, Luthis Lächeln wird im Lauf dieses
Abends immer strahlender. Denn er bekommt
Besuch. Viel Besuch. Erst wagen sich schüchtern
die ersten Kinder zu ihm auf die Bühne. Aber
nach und nach werden es immer mehr. Sie ste­
hen Schlange. Pfadfinder. Familien. Hauptamt­
liche. Ehrenamtliche. Große. Kleine. Junge. Alte.
Verlegen oder keck stehen sie da und lassen
Dann plötzlich ist die Idee da, aus heiterem Himmel.
Gibt es nicht den Playmobil-Luther in groß? Wie manche
Feuerwehr- oder Indianerfigur im Spielzeugladen? Das
wär’s! Und tatsächlich! Wenige Tage später steht fest: Die
AMD wird mit einem „großen“ Playmobil-Luther zum
Kirchentag fahren.
sich fotografieren. Und geben einen Vorge­
schmack davon, wie fröhlich der Reformati­
onssommer 2017 werden kann.
Die Freude setzt sich in den folgenden Tagen
auf dem Markt der Möglichkeiten fort.
Die Kirchentagszeitung erklärt Luthi zum
„Farbtupfer des Tages“ und beschreibt den
Leserinnen und Lesern, wo er zu finden ist.
Natürlich gibt es auch kritische Stimmen. Ist
das nicht eine Banalisierung der Reformati­
on, wird schließlich sogar die Botschafterin
der EKD für das Reformationsjubiläum, Mar­
got Käßmann, bei ihrer Bibelarbeit gefragt.
Aber ein bisschen Leichtigkeit dürfe doch
auch sein, sagte die Theologin und zitierte
das Matthäus-Evangelium: „Wenn ihr nicht
werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht
ins Himmelreich kommen.“
Und fest steht: So viel Aufmerksamkeit
hatten die „Kurse zum Glauben“ lange nicht.
Die meisten Besucher, die sich von Luthi
haben anziehen lassen, fragten nach, hörten
interessiert zu und griffen zu beim Info­
material zu den Glaubenskursen und zum
Reformationsmagazin.
Luthi verkörpert mit einem Augenzwinkern
die besten Seiten des Protestantismus: der
Tradition verbunden und dabei offen für
neue Formen. Oder, wie Klaus Douglass
es sagt: „Protestantisch zu sein heißt, das
zu tun, was die Reformatoren taten, – und
nicht, wie sie es taten.“ Davon wollen wir in
unserem Magazin erzählen. (sr)
Die Überlegungen, die Martin Luther
umtrieben, sind nach wie vor aktuell. Viele
Menschen fragen heute danach, was ihrem
Leben Halt gibt, woran sie sich orientieren können. Wer sagt mir: Dein Leben ist
gerechtfertigt, es hat einen Sinn, dass du
hier bist?
Martin Luther und die anderen Reformatoren haben unsere Welt verändert. Luther
hat uns gelehrt, was es heißt, Rückgrat
zu haben angesichts schier unüberwindlicher und erschreckender Widerstände. Er
ist seinem Gewissen gefolgt und wusste sich dabei von Gott gehalten. Seine
Erkenntnisse haben Menschen befreit zu
erneuertem Gottvertrauen. Und sie haben
gezeigt: Christlicher Glaube bewährt sich
mitten im Alltag der Welt. Information,
Kommunikation und Bildung waren dabei
Grundanliegen. Jeder und jede sollte sich
selbst informieren, fragen, denken und
eine eigene Meinung bilden können. Um
mündiges Christsein ging es oder, wie wir
heute sagen: erwachsen glauben.
Ich freue mich, dass das Magazin ein
Angebot zu einem solchen erwachsenen
Glauben macht. Ansprechend aufbereitete
Geschichten zeigen die Spuren der Reformation bis heute, ein Kurs zum Glauben
ermöglicht das eigene Nachspüren und
Neuentdecken und weiterführende Materialien laden Gemeinden ein, gemeinsam
die ganz eigene Reformationsgeschichte zu
erarbeiten. Damit wird das Magazin eine
wichtige Bereicherung auf dem Weg zum
Reformationsjubiläum.
Prof. Dr. Margot Käßmann,
Botschafterin des Rates der EKD für das
Reformationsjubiläum 2017
reformation:2017
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2017
Ausblick
Die Reformation liegt als Aufgabe vor uns. Lassen Sie uns
große Dinge für Gott anstreben und große Dinge von Gott
erwarten. Alles andere ist nicht Bescheidenheit, sondern
Unglaube.
Dr. Klaus Douglass
Man stelle sich eine Bühne vor: groß und strahlend hell
ausgeleuchtet, noch leer, erwartungsvoll. Bereit, bespielt zu
werden mit Geschichten, Themen und Fragen, Leidenschaft,
Dramen und Humor. Das Reformationsjubiläum 2017 ist
eine solche Bühne.
Die Aufmerksamkeit wächst, die öffentliche Wahrnehmung
erwacht. Hinter den Kulissen bereiten sich viele Akteure auf
ihren Auftritt vor: Veranstaltungen, Projekte, Ausstellungen,
Gottesdienste, Konzerte. „reformation 2017 – Das Magazin“
will sich einreihen in den Reigen des Christusfestes 2017.
Wie ein gutes Programmheft eines Theaterstückes oder ei­
ner Oper Hintergrundinformationen zu Autor und Kompo­
nist, Darsteller und Entstehungsgeschichte bietet, so will das
Magazin ein Begleiter durch das Jubiläumsjahr 2017 sein: in
Kirchengemeinden, Werken und (diakonischen) Einrichtun­
gen, für Weihnachtsgottesdienstbesucher ebenso wie für
Taufeltern, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende oder
von weitem Interessierte.
Die Kulisse bildet dabei die Frage der Reformatoren nach
Gott – oder, in unserer Sprache: die Sehnsucht nach Spiri­
tualität. Und so laden wir mit dem Magazin auch dazu ein,
reformation:2017 – Das Magazin
erscheint am 19. September 2016
reformation:
www.reformation-magazin.de
Das Magazin
IMPRESSUM
Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste
Silke Römhild, Chefredakteurin
Diakonie Deutschland - Evangelischer Bundesverband
Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.
Caroline-Michaelis-Str.1, 10115 Berlin
Ihr persönlicher Ansprechpartner:
Stefan Kunkel, Projektleiter
[email protected]
AUTOREN DIESER AUSGABE
Dr. Klaus Douglass (kd), Susanne Niemeyer (sn), Silke
Römhild (sr), Prof. Dr. Markus Wriedt (mw)
ILLUSTRATIONEN
Apfelbaum (Cover): pinksandra / 123RF (de.123rf.com),
Nathusius Tauben Apfel: Gemeinfrei,
Korbiniansapfel, Bild Nr. 600. © Foto: U. Benz / TUM
COPYRIGHT © 2015
C & P Verlagsgesellschaft mbH · 61479 Glashütten
sich mit den Gedanken und Glaubensfragen der Refor­
mation ganz persönlich auseinanderzusetzen. In einem
eigenen Abschnitt nimmt Dr. Klaus Douglass Sie mit auf
eine inspirierende Reise durch die Reformationstheolo­
gie. Denn: Wir erwarten große Dinge von Gott. Und wir
wollen das Unsere dazu beitragen. Seien Sie mit dabei!
Demnächst auch auf Ihrem Sofatisch ...
Unterhaltsam und informativ. Lassen Sie sich einladen auf diese
Entdeckungsreise und nutzen Sie unser Magazin als Reiseführer
durch das Jahr des Reformationsjubiläums 2017.
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