Untersuchung mit Pferden VICON

Untersuchungen an
Reiter und Pferd zur
Ermittlung der
Vertikalbeschleunigung
als ein zusätzlicher
Informationsgewinn
über die harmonische
Bewegungsform
zwischen beiden.
Untersuchungsinstrumentarien: Messdruckmatte medilogic
und MTX-Beschleunigungssensoren (MOVEN-Anzug)
In der vorliegenden Arbeit, aus dem Bereich der
Sportwissenschaft wird versucht Bewegungsharmonie zu
quantifizieren, um einen zusätzlichen Informationsgewinn
zwischen Reiter und Pferd bzw. Trainer und Reiter zu liefern.
Im Bereich Therapie und Prävention können
Therapiefortschritte über einen längeren Zeitraum analysiert
werden, bei denen die Rumpfstabilität und die Sitzposition
auf dem Pferd im Mittelpunkt stehen.
Autor: Miriam Ködderitzsch-Frank, Coautoren:Andreas Münz
und Nicole Bandow
01.11.2011
Inhalt
Untersuchung mit Pferden, wissenschaftliche Fragestellung und Untersuchungsdesign: ..................... 3
Ergänzungsformen der Messung:............................................................................................................ 3
Zentrale Fragen: ...................................................................................................................................... 4
Darstellung der Ergebnisse, vorexperimentelle Studien ......................................................................... 5
Präsentaton der Messinstrumentarien, mit Diskussion der Vor- und Nachteile .................................. 18
Möglichkeit einer Trainingsintervention und Hinweise auf einen harmonischen Reitstil ................ 19
Zusammenfassung und Ausblick ....................................................................................................... 20
Einsatzmöglichkeiten in der Trainingspraxis für langfristige, mittelfristige und kurzzeitige
Trainingsziele: .................................................................................................................................... 21
Untersuchung mit Pferden, wissenschaftliche Fragestellung und
Untersuchungsdesign:
Vom 4-8.10.2010 wurden auf der Reitanlage Adelshofen bei Mammendorf 2 fünfjährige Pferde
untersucht und während einer Reitstunde wurde noch ein drittes Pferd aufgezeichnet (Alter: 12
Jahre). Der Ausbildungsstand der Pferde lag zwischen E und L-Niveau. Alle drei Pferde waren zu
diesem Zeitpunkt medizinisch überprüft und gesund. Das Niveau der Reiter inhomogen: 2 Reiter im
Anfängerbereich, eine Reiterin in der LK 0 mit 3 Jahren Erfahrung, eine Reiterin LK 4 mit 25 Jahren
Erfahrung auch im Turniersport (A/L) tätig.
Die beiden fünfjährigen Pferde wurden von den Anfängern und von der Besitzerin (LK5) geritten, die
auch den Unterricht der dritten Probandin auf dem zwölfjährigen Pferd erteilte.
Die Pferde wurden vor den Untersuchungen aufgewärmt, an Beschleunigungssensoren am linken
Vorderbein gewöhnt und auf dem Sattel wurde die Druckmessmatte angebracht.
Die Aufgabe bestand darin zwei Hallenrunden (20x40) in allen drei Gangarten auf der linken Hand zu
reiten. In einem weiteren Experiment wurden die Anfänger auf beiden Händen in allen drei
Gangarten longiert. Dabei aber ohne Sattel, nur mit Voltigiergurt und Messdruckmatte direkt auf
dem Pferderücken angebracht.
Die Fragestellung hinter dem Untersuchungsdesign, war der Informationsgewinn aus der
Vertikalbeschleunigung von Reiter und Pferd, um zu sehen, bei welchen Einwirkungen des Reiters
Bewegungsstörungen und Disharmonien auftreten könnten. In Ergänzung daran sollen die objektiven
Daten Möglichkeiten bieten, die Mittelpositur des Reiters mit Sensoren die direkt die Einwirkung des
Sitzes, als auch die Beckenposition ermitteln, so genau wie möglich zu bestimmen. Da manche
„Fehlhaltungen“ (Beckeneinknicken, mit den Knien zu stark pressen und sich herausheben, gegen die
Bewegungsrichtung sitzen…), mit bloßem Auge nicht erkennbar sind, vor allem im Profibereich,
können einseitige Gewichtshilfen, die nicht hufschlagfigurenspezifisch (Seitengänge, Volten,
Galopparbeit, enge Wendungen…) sind, auf Dauer zu Muskelatrophie des Pferdes führen, oder dass
das Geraderichten des Pferdes zusätzlich verzögern. Das bedeutet, dass bei gleichseitig einwirkenden
Hilfen (Geradegestelltsein und Geradegerichtetsein des Pferdes) trotz allem keine gleiche Belastung
des Pferderückens stattfindet, sondern eine überwiegend einseitige Belastung, was ein Hinweis auf
die “hohle“ Seite des Pferdes sein könnte (natürliche Schiefe). Hier stellt sich in der Ausbildungsskala
die Frage, ob extrem schiefe Pferde vom Reiter während eines längeren Gerittenseins sich so auf
diesen einstellen, dass auch der Reiter unwillkürlich die Folgen der Schiefheit in sein
Bewegungsmuster mit aufnimmt. Dies könnte bei einem Pferdewechsel für den Reiter und Trainer
noch offensichtlicher sein, da jedes Pferd anders geritten ist und das Pferd auf die Hilfen
unterschiedlich feinfühlig reagiert.
Es sollte also erprobt werden ob das Untersuchungssystem solche Fehler erkennen könnte, um dem
Reiter schon frühzeitig eigene Dysbalancen aufzuzeigen.
Ergänzungsformen der Messung:
Da der Trainer bzw. der Reiter oft nach Gefühl urteilen, also subjektiv, wären Daten wie
Zügelhilfenstärke, Knieanpressdruck, Wadendruck zwischen Reiter und Pferd, und
Gewichtshilfeneinsatz mit Messdruckmatte, bzw. Kraftsensoren in den Steigbügeln, um Hinweise auf
die Art der Entlastung zu erhalten, sinnvoll. Ebenso könnten ergänzende Goniometerdaten das
Dämpfungsverhalten der Wirbelsäule von Reitern genauer untersuchen.
In einer weiterführenden Studie sollen dann diese Elemente mit integriert werden, um ein
Gesamtbild des Reiters möglichst schlüssig und objektiv zu erhalten.
Zentrale Fragen:
1.) Druckverteilungsmuster auf dem Pferderücken: Bereiche die repräsentativ für das
Druckmusterverhältnis sind: Gibt es ein einheitliches Profil der Gewichthilfen von
Profireitern, die sich eindeutig von den Gewichtshilfen der Anfänger unterscheiden –
Mittelpositur entspannt, gespannt, mitschwingend, fließend?
2.) Hinweise auf Stuhl-, Spreiz-, Spaltsitz mit Zentrierung auf dem Gesäß oder auf den
Oberschenkelunterseiten. Wärmebildkamera-Untersuchungen als Vergleich von Sitzkomfort
für Reiter und Druckverteilung auf dem Pferderücken mit unterschiedlichen Sätteln.
3.) Koordination und Harmonie zwischen Reiter und Pferde: nur Beschleunigungssensoren
Videoanalyse wird mit registriert: Was sind Kriterien einer harmonischen
Bewegungsgestaltung zwischen Reiter und Pferd?
4.) Haltung des Reiters auf dem Pferde: Druckmessung und Videoanalyse, um
Bewegungsharmonien auch bildlich zu kennzeichnen und Druckverteilungen mit diesen
synchronen Videodaten zu vergleichen. Kann der Trainer minimale Druckveränderungen des
Reiters rein mit dem Auge erkennen?
5.) Definition von Einwirkungskriterien: Welche Arten der Einwirkung stehen dem Reiter zur
Verfügung?
a) Stabile Mittelpositur: Was bedeutet dies? Wie stabil bzw. entspannt und zu welchem
Zeitpunkt wechseln Anspannung mit Entspannung.
b) Gewichtshilfe, Schenkelhilfe, Zügelhilfe wie gut sind diese überprüfbar und gibt es einen
Faktor der anzeigt, ob das Pferd leicht auf diese Hilfen reagiert und quasi „unsichtbare“
Hilfen eingesetzt werden? Haben diese auf jeden Fall mit dem Ausbildungsstand des
Pferdes zu tun?
c) Zeitlicher Versatz Vertikalbeschleunigung: Ist dieser ein Hinweis, dass die Koordination
durchschnittlich schlechter ist und somit auch die Harmonie darunter leidet?
Theorie: Kurven vom Beschleunigungssensor Pferd und Reiter sollen so ähnlich wie
möglich sein, dadurch Bestimmung der Güte der Harmonie und der Koordination.
6.) Verhaltensweisen des Pferdes: Takt, Losgelassenheit, Anlehnung Schwung, Geraderichten
Versammlung: Trägt der Ausbildungsstand des Pferde dazu bei, die Hilfen nach und nach zu
reduzieren und die Konzentration des Reiters auf seine eigene Körperhaltung zu verlagern,
bei gleicher Gang- und Präsentationsqualität (Kadenziertes Verhalten) des Pferdes?
7.) Knieanpressdruck: Dressurreiten und Springreiten, wo ist er gefordert, wo sollte er
vermieden werden?
8.) Messungen mit und ohne Sattel: Durckveränderung mit Sattel: Welche Verzerrungen treten
bei Sattelmessungen auf, Thema „Sitzprothese“ für Reiter?
9.) Unterschiedliche Sitzarten: Dressursitz, Entlastungssitz, Springsitz, Rennsitz: Wie verändert
sich die Druckverteilung bei unterschiedlichen Sitzarten, Sätteln bei gleichem Reiter-PferdPaar?
10.) Leistungsstand des Reiters: Über LK 0, 6 bis 1, Pferd: Klasse: Kann darüber hinaus auch ein
Hinweis auf talentierte Reiter erfolgen, gute Grundsitzarten und richtige Einwirkung auf das
Tier? Können leistungsrelevante Daten erhoben werden, die ein Talent Pferd und ein Talent
Reiter auszeichnen?
Darstellung der Ergebnisse, vorexperimentelle Studien
Es wurden mehrere Reiter untersucht. Bei den nun aufgezeichneten Bildern handelt es sich um die
maximale Druckverteilung am Gesäß des Reiters. Bildlich erfasst durch die Messdruckmatte werden
auf den Bildern immer die Druckverteilungen oben am Bild in Richtung Pferdekopf und unterhalb des
jeweiligen Bildes zur Kruppe dargestellt. Bei den ersten Bildern wurde mit Longiergurt aufgezeichnet,
so dass dieser als eigenständiges Kriterium nicht ausgewertet wird, da er sich oberhalb der
Messdruckmatte befand um ein Verrutschen zu vermeiden.
Messung Nicole Schritt – Uhrzeigersinn – ohne Sattel - Maximalkräfte
Abbildung 1 Anfänger im Schritt mit hochgezogenen Knien und Druckzentrierung am Gesäßmittelpunkt, rot bedeutet
hierbei starker Druck, grün bedeutet geringer Druck.
Messung Nicole Trab – gegen Uhrzeigersinn – ohne Sattel - Maximalkräfte
Abbildung 2 Rote Balken seitlich des Gesäß verraten, dass das Knie nicht locker anliegt sondern an den Pferderumpf
gepresst wird, Unsicherheit und gestörtes Bewegungsempfinden könnten Gründe dafür sein. Oft bei Anfängern
erkennbar.
Messung Nicole Schritt – gegen Uhrzeigersinn – mit Sattel - Maximalkräfte
Abbildung 3 Obwohl die Bewegungsrichtung gegen den Uhrzeigersinn ist, sitzt die Probandin nicht nach innen sondern
lässt sich vom Pferd nach außen tragen, Fehlbelastung führt zu Bewegungsstörungen und Taktfehlern beim Pferd. Hier
könnte ein leichtes Einknicken in der Hüfte für dieses Ergebnis verantwortlich sein.
Messung Andreas Schritt – gegen Uhrzeigersinn – mit Sattel - Maximalkräfte
Abbildung 4 Druckpunkt links, zeigt an dass die Hüfte leicht eingeknickt ist.
Messung Andreas Trab – Uhrzeigersinn – ohne Sattel - Maximalkräfte
Abbildung 5 Zusammenpressen der Beine und Hochziehen der Schenkel führt zu Disharmonie, da die Bewegungsfreiheit
in der Hüfte durch muskuläre Blockaden eingeschränkt wird. Daher ist kein Lockeres Mitschwingen in der Mittelpositur
möglich. Fatal wirkt sich dies auf den Pferderücken aus, obwohl dies vom Anfänger nicht willentlich provoziert wird.
Messung Andreas Galopp – gegen Uhrzeigersinn – ohne Sattel - Maximalkräfte
Abbildung 6 Fällt dem Pferd stark in den Rücken, extremes vorne-überkippen und nach hinten fallen, keine zentrale
Mittelpositur erkennbar. Hier müsste der Grundsicht auf jeden Fall verbessert werden.
Messung Miriam Schritt – gegen Uhrzeigersinn – mit Sattel - Maximalkräfte
Abbildung 7 Druckpunkt auf rechter Seite, Fehlbelastung im Sattel, zusätzlich sollte die Druckverteilung unter dem Sattel
auf dem Pferderücken angezeigt werden. Druckverteilung bei fortgeschrittener Reiterin.
Messung Miriam Galopp – gegen Uhrzeigersinn – mit Sattel - Maximalkräfte
Abbildung 8 junges Pferd setzt den Reiter nach außen, Druckverteilung jedoch eher günstig. Obwohl im Galopp die
größten Belastungen auf den Pferderücken wirken, ist hier erkennbar, das die Reiterin sehr gut mitschwingt und den
Ankommenden Schwung des Pferdes relativ Absorbiert (Federfunktion der Wirbelsäule).
Messung Doris Schritt bis Galopp – mit Sattel - Maximalkräfte
Abbildung 9 zu unruhiges Bein, zu viel Aktion mit Oberschenkel, da sich die Probandin oft aus dem Sattel drückt, schwer
in den Rücken zurück fällt und kein ständiger Kontakt vorhanden ist.
Messung Doris Galopp – mit Sattel - Maximalkräfte
Abbildung 10 Oberkörper viel zu stark nach vorne geneigt, ebenfalls werden die Oberschenkel nach oben gezogen und
die Last wird nicht durch den Absatz nach unten gefedert.
Abbildung 11 sehr gute Druckverteilung, allerdings sitzt die Reiterin auch hier tendenziell mehr nach rechts. Da das Pferd auf der
rechten Seite hohl ist, könnte dies ein Grund für dieses Verhalten sein. Das müsste jedoch nach Seitigkeit mehrerer Pferde
untersucht werden.
Miriam_Schritt – Druck Durchschnitt
Abbildung 12 Sehr gute und symmetrische Druckverteilung.
Miriam_Trab – Druck Durchschnitt
Abbildung 13 Auch hier sehr gute Druckverteilung, das Pferd hat minimales Reitergewicht durch Bewegungsharmonie zu tragen.
Rückenschonend für das Pferd.
Miriam Galopp – Druck Durchschnitt
Schritt Durck Maximum
Trab - Druck – Maximum
Abbildung 14 Hier Galopp Druckmaximum; gute Druckverteilung und gutes Mitschwingen. Schritt, Trab und Galopp ähnliche
Gewichtsverteilung, bis auf Rechtslastigkeit wäre dies ideal, da normalerweise bei der Steigerung von Schritt zu Trab auch der
Druck sich proportional erhöht.
Abbildung 15 Beschleunigungssensor am Pferdebein gibt den Takt vor, Kontrolle über Schwingung des Pferderumpfes
relativ zur Geschwindigkeit des Pferdes leistet ein Beschleunigungssensor am Bauchgurt. Ziel ist es Taktunreinheiten an
allen vier Beinen aufzuzeichnen und diese mit den Reiterlichen Hilfen in Bezug zu setzen.
Abbildung 16 Messdruckmatte und Beschleunigungssensoren an Matte und an Reiterin.
Abbildung 17 Beschleunigungssensor ebenfalls am Bauchgurt und am Kopf des Probanden durch Schweißband.
Abbildung 18 Verkabelung von Reiter und Pferd.
Abbildung 19 Erweiterte Version mit MOVEN-komplett-Anzug. Vorteil: vollständiges biomechanisches Modell möglich.
Session-004 (alle3Gangarten).avi hierzu
wurde eine 3D-Videoanimation erstellt
und ein Abbild vom Reiter für eine
biomechanische Berechnung. Ebenfalls
könnte dies auch für das Pferd
durchgeführt werden so dass beide
Modelle separat aber auch gemeinsam
verglichen werden können. Dies dient
dazu, die reiterlichen Hilfen empirisch zu
bewerten, egal ob im Dressursport, beim
Springen oder in der Vielseitigkeit.
Ziel: Es soll ein biomechanisches Modell von Reiter
und Pferd entwickelt werden. Damit wäre es
möglich Körperwinkel zu bestimmen und
Bewegungen von Reiter und Pferd gezielter zu
analysieren. Zukünftig soll ein Algorithmus für den
Körperbau des Pferdes auch Aufschluss über beide
Systeme geben, diesen Algorithmus gilt es noch zu
entwickeln und auch die gezielte Anbringung der
dafür notwendigen Beschleunigungssensoren.
Präsentaton der Messinstrumentarien, mit Diskussion der Vor- und
Nachteile
MOVEN-Strap-System: Es gibt keinen spezifischen Algorithmus für das Reiten, daher kann das
biomechanische Abbild nur Näherungen ohne örtlichen Bezug darstellen. Hohe Störanfälligkeit bei
Sensoren und Kabeln verhindern schnelle Messdurchläufe. Daher können nur wenige Probanden in
einem Zeitfenster von einer Stunde gemessen werden (max. 2). Der Anzug ist nicht telemetrisch, was
die Nachteile mit sich bringt, dass Kabel auch am Pferdeleib angebracht werden müssen und bei
hektischen Pferden unter Umständen es zu Verletzungsgefahr kommen könnte.
Messdruckmatte: Kein faltenfreies Anbringen der Matte möglich, teilweise unangenehm für den
Reiter. Keine Befestigungsmöglichkeiten auf dem Sattel. Konzipiert wurde die Matte für die
Messungen unter dem Sattel.
Rasterung ist nicht einheitlich
Die flexible medilogic® SattelMatte ermöglicht
nummeriert und der Messbereich
die Erfassung der Druckverteilung auf dem Pferderücken.
ist zu gering bzw. durch zu große
Abstände unstetig.
Das komplexe Zusammenspiel der
http://www.tipps-zumpferd.de/dieleistungsklassen-wasbedeuten-sie-und-wiebekommt-mansie_tipp_131.html
Kraftwirkungen zwischen Pferd, Sattel und Reiter wird in
der relevanten Bewegungssituation oder im Stand gemessen
und später in der Analysesoftware ausgewertet. Es wird
sichtbar, in welcher Bewegungsphase und an welchen Stellen
der Sattel unerwünschte Druckspitzen am Rücken
des Pferdes verursacht. Ebenso zeigt sich die
Gewichtsverteilung des Reiters.
Ergänzung:
Die Datenübertragung der Messwerte der Messmatte auf dem Pferderücken zum
Computer erfolgt per Funk. Es ist ein Bewegungsradius von bis zu 100m realisierbar.
Somit kann das in der Praxis relevante Bewegungsverhalten untersucht werden.
Durch die Sofortanzeige in der Software kann der Untersucher schon während des
Reitens einen Überblick über die Druckverteilung bekommen. Bei Bedarf können die
Messwerte auch im Sendegerät mit eingebautem Datalogger zwischengespeichert
werden. Hierbei wird ein vorher konfigurierter Messablauf während des Ritts
automatisch
durchgeführt.
In der Zeitlupen Wiedergabe am Computer erfolgen später detaillierte Auswertungen
hinsichtlich der Druckverteilung und des Schwerpunktes bei unterschiedlichen
Reitmanövern.
1.)
2.)
3.)
4.)
5.)
Goniometer Rücken Reiter u. Pferd
Kraftsensoren in den Steigbügel
Kraftsensoren im Zügel
Kraftsensorenhose
Kategorisierung des Schwungs beim Pferd
Wie unterscheidet sich die Vertikalbewegung zwischen Pferd und Reiter?
Möglichkeit einer Trainingsintervention
harmonischen Reitstil
und
Hinweise
auf
einen
Anhand der Standardabweichung des Rückensensors den Reiters und dem Bauchgurtsensor des
Pferdes wäre es möglich größtmögliche Übereinstimmungen zu kennzeichnen.
Sollten beide Aufzeichnungen der Sensoren mit ungefähr 0,8 korrelieren, so könnte dies ein Hinweis
darauf sein, dass die Bewegungen von Pferd und Reiter sehr synchron miteinander ablaufen.
Abbildung 20 Vergleiche zwischen einem Anfänger links und einem Fortgeschrittenen rechts. Es ist erkennbar, dass der
Experte in der Ferse mehr den Schwung abfedert und im Rumpf mehr Stabilität aufweist. Hier werden unterschiedliche
Beschleunigungssensoren an den Hauptgelenkpunkten des Reiters dargestellt und die Bewegungsrichtungen, teilweise
verursacht durch die Schwingungen des Pferdes, miteinander verglichen. Die Reihenfolge von oben nach unten grau
unterlegt ist Kopf, Schulter, Hüfte und Ferse des Reiters, im Vergleich zum Schwingungsgrad verursacht vom Pferd
darunter dargestellt. Wenn der Reiter in sich stabiler ist und keine Kontraproduktiven Bewegungen erzeugt, kann auch
das Pferd viel besser und freier schwingen. Hier gleiches Pferd geritten von Novizen und Profi im Trab auf dem Zirkel.
Abbildung 21 Autokorrelation von Anfänger und Fortgeschrittener
1
Zusammenfassung und Ausblick
Mit den Messinstrumentarien gelingt es Hinweise auf Verbesserungen des individuellen Reitstils zu
geben, das bedeutet einerseits Sitzkorrekturen durchzuführen durch die Gesäßberührpunkte,
andererseits aber auch den Reiter und das Pferd als Einheit zu betrachten und Auswirkungen des
Reitstils zu dokumentieren. Das biomechanische Darstellungsverfahren mit MOVEN ermöglicht es
Körperhaltungen genau zu analysieren und Vorgaben der Reitlehre auf Winkelstellungen von
Körpersegmenten zu überprüfen.
Für Messexperimente sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:
1.) Messungen an der Sportschule in Warendorf sollten durchgeführt werden, um wirkliche
Profis im Pferdesport aufzuzeichnen und anhand dieser Daten Unterschiede und
Gemeinsamkeiten aufzuzeigen.
2.) Für die Messreihen werden 2 Wochen ausreichen um mindestens 15 Probanden
kontinuierlich in Dressur, Springen und Vielseitigkeit aufzuzeichnen und dies in allen 3
Gangarten.
3.) Der Funkkreis sollte in Feldstudien erhöht werden und Störquellen müssen vorher beseitigt
werden. Die Steigbügel sollten wenn möglich nicht aus Metall sein, da es hier zu
Messverzerrungen kommen könnte.
4.) Die Telemetrische Version ist für Pferde am günstigsten, da viele auf die Kabel schreckhaft
reagieren und in ihrer eigentümlichen Bewegung sich gestört fühlen.
5.) An allen 4 Beinen des Pferdes sollten Beschleunigungssensoren angebracht werden, um zu
erkennen, ob das Pferd taktrein läuft (Kurz-lang-Treten ist damit sehr gut erkennbar), gut
untertritt und bei Sprüngen, wie die Vor- und Hinterhand mitgenommen werden. Des
Weiteren könnte ermittelt werden wie die Fußfolge bei Hindernissen, bei Trabstangen und
1
Journal of Motor Behavior, 2005, Vol. 37, No. 6, 418–424
6.)
7.)
8.)
9.)
bei Springgymnastik (In-out) abläuft und was ein besseres, energischeres Anfußen bewirken
könnte.
Weiterhin sind Kraftsensoren an der Wade des Reiters nötig, an den Zügeln direkt an den
Trensenringen und auf dem Steigbügeltritt, damit ein komplettes Einwirkungsmodel des
Reiters dargestellt werden könnte.
Anhand von slow motion sind spezifische Einwirkungen zu erkennen, daher sollte so eine
Kamera bei weiteren Experimenten zur Verfügung stehen.
Ein Untersuchungsteam von einem Pferd ein Reiter, zwei Assistenten für MOVEN-Anzug, ein
Assistent für Druckmessmatte und ein Kamerabediener sind nötig um in kürzester Zeit viele
Messreihen durchzuführen.
Aufklärungsbögen für die Probanden sind zu erstellen, eine Teilnehmerliste, die Koordination
vor Ort für Aufwärmen und die Gestaltung eines reibungslosen zeitlichen Ablaufs mit
Besprechungsmöglichkeiten sollten von einer Person übernommen werden.
Hier sollten neue Erkenntnisse gewonnen werden, was Profi und Novizen anhand eines
biomechanischen Modells unterscheidet und ob daraus Ableitungen für die Trainingspraxis gezogen
werden können.
Einsatzmöglichkeiten in der Trainingspraxis für langfristige, mittelfristige
und kurzzeitige Trainingsziele:
Um langfristig gemäß einer Längsschnittstudie Veränderungen des reiterlichen Sitzes und dessen
Einwirkungen aufzuzeichnen, sollte in regelmäßigen Abständen von 8-12 Wochen eine Untersuchung
stattfinden. In dieser Zeit erfolgt eine Trainingsintervention um die Bewegungsharmonie zwischen
Pferd und Reiter zu verbessern. Der höchste korrelative Faktor und eine Videoanalyse geben
Hinweise auf den reiterlichen Sitz und die damit verbundene Bewegungsharmonie. Balance in der
Bewegung könnte so zukünftig auch objektiv und nicht rein subjektiv dargestellt werden. Ebenso
hätten Richter und Trainer die Möglichkeit, „verdeckte Hilfen“ zu kennzeichnen. Das sind die Hilfen,
die beispielsweise durch starke Handeinwirkung, fehlerhafte Gewichtshilfe oder durch zu starke
Schenkelhilfe bei gleichzeitiger Rückführung der Reiterhand (Zusammenstellen des Pferdes),
durchgeführt werden. Daher spielen ästhetische bzw. rein optische Eindrücke eine große Rolle, aber
auch die Sensibilisierung des Pferdes auf die Reiterhilfen, könnte mit Hilfe dieser Instrumentarien
verbessert und genauerer analysiert werden. Zu dieser Analyse zählen erfolgreiche Trainingstipps
und eben diese Leistungsveränderungen in der Bewegungsharmonier über einen längeren Zeitraum
wie beispielsweise ein Jahr.
Mittelfristig könnten entsprechende Übungen von Pferd und Reiter dazu dienen, einen besseren Sitz
zu bekommen und dadurch die Pferdebewegungen optimal zu unterstützen. Disharmonie zeigt sich
durch Kontraproduktive Einwirkungen des Reiters und schlägt sich in Takt, Losgelassenheit,
Anlehnung, Schwung, Geraderichten und Versammlung nieder. Der Reiter müsste im
Bewegungsverlauf quasi mit dem Pferd verschmelzen, was sehr gut durch die ViconBeschleunigungssensoren ermittelt werden könnte. Beispielsweise können klopfende Füße und nach
oben gezogene Schenkel gemäß vorher-nachher Vergleich besser untersucht werden und es kann
gezielter darauf eingewirkt werden. Ursache-Wirkungsprinzipien lassen sich somit viel leichter
erfassen.
Kurzfristige Ziele können beinhalten:
1.) Direkter Leistungsvergleich zwischen Sportlern gemessen am sensitiven Einsatz der Hilfen
und deren optimalen Abstimmung Aufeinander.
2.) Gravierende Fehler bei Gewichtsverteilung auf dem Pferderücken und entsprechende
Sattelung des Pferdes.
3.) Analyse des Anpressdruckes der Knie und damit die Bewegungen oder Versteifung der
Reiterhüfte.
4.) Analyse des Untertretens der Hinterhand unter den Schwerpunkt bei verschiedenen
Lektionen des Pferdes. Dadurch können Rückengänger von Schenkelgänger ebenfalls
unterschieden werden.
Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten dieses System ergänzend für die Trainingsintervention zu
nutzen. Entweder zur Leistungsdiagnostik oder aber auch in der direkten Trainingsgestaltung. Es
sollte nicht zweckentfremdend für Ausschlusskriterien eingesetzt werden, sondern ergänzend zum
täglichen Training angewendet werden. Leistungsunterschiede eines einzelnen Sportlers (Pferd und
Reiter) aber auch im Vergleich zu mehreren Sportler können sehr gut ermittelt werden.
Unterstützende Hinweise zu Hyperflexion, Gangveränderungen, Lahmheiten, Taktunreinheiten
können wissenschaftlich mit dieser Methode aufgearbeitet werden. Ethische Verhaltensweisen und
Schlussfolgerungen für die zukünftige Pferdeausbildung könnten besser begründet und kategorisiert
werden. Ebenso wäre es möglich sportliche Potentiale von der Remonte bis ins beste Leistungsalter
aufzuzeichnen, um beispielsweise Prognosen für zukünftige sportliche Einsatzgebiete zu geben.
Eine weitere entscheidende Zielgruppe hierbei sind nicht nur der Profi- und Breitensport, sondern
auch der Gesundheitssport, da beispielsweise präventive Maßnahmen für Rückenschmerzpatienten
auf dem Pferd darauf abzielen könnten, die Rückenmuskulatur gezielt zu kräftigen und Dysbalancen
zu verbessern.