Angelika Platthaus, Kriminalhauptkommissarin bei der Polizei Köln. Vorsicht, Falle! Ob Enkeltrick, präparierte Geldautomaten oder falsche Bankberater: Immer wieder werden Bank kunden Opfer von Trickbetrügern. Angelika Platthaus, Kriminalhauptkommissarin bei der Polizei Köln, erläutert, wie man sich davor schützen kann. för üch 2.2015 för üch sicherheits-extra Frau Platthaus, Sie leiten seit 2011 Präven tionsseminare, unter anderem auch für Kunden der Sparkasse KölnBonn. Wer kommt zu diesen Seminaren? Platthaus: Die Veranstaltungen richten sich an Seniorinnen und Senioren, denn es geht schwerpunktmäßig um Straftaten, speziell Betrugsversuche, die auf ältere Menschen abzielen. Den Kriminellen kommt es immer darauf an, an das Vermögen der Menschen zu kommen: an Bargeld, Schmuck und Wertsachen. Wie viele Betrugsfälle gab es 2014? Platthaus: Für den Enkeltrick kann ich zum Beispiel folgende Zahlen nennen: In Nordrhein-Westfalen wurden 2.855 Betrugsversuche verzeichnet, 216 wurden vollendet, das heißt: Das Geld wurde übergeben. Der Gesamtschaden betrug 2,35 Millionen Euro. Laut Statistik sind die gemeldeten Fälle gegenüber 2013 leicht zurückgegangen, aber es gibt eine Dunkelziffer. Denn viele Opfer melden sich nicht, erstatten keine Strafanzeige – zum Teil, weil es beim Tatversuch geblieben ist, aber auch aus Scham, weil sie auf den Betrug hereingefallen sind. Viele Menschen meinen ja, sie seien gegen Betrug gefeit ... Platthaus: Stimmt. Es ist aber etwas ganz anderes, von einem Betrugsfall nur gehört zu haben oder aber plötzlich selbst in die konkrete Situation zu kommen. Sie beleuchten in Präventionsseminaren eine Palette von Tricks. Schürt das nicht Ängste? Platthaus: Die Teilnehmer sollen auf gar keinen Fall aus der Veranstaltung gehen mit dem Gefühl, sie müssten an jeder Ecke damit rechnen, betrogen zu werden. Sie sollen aber sensibilisiert werden für verschiedene Gefahrensituationen! Nur, wer die Gefahren kennt, kann sich auch wirksam schützen und wird im Zweifelsfall denken: Vorsicht, da muss ich jetzt genauer hinschauen! Beispiel: Enkeltrick. Wie läuft so etwas ab? Platthaus: Die Betrüger rufen beim Opfer an und sagen zum Beispiel: „Hallo, rate mal, wer hier spricht?“ und provozieren so, dass die angerufene Person einen Namen nennt. Etwa so „Ach, bist du es, Basti ...?“ Die Betrüger geben sich dann als Enkel, Neffen, Nichten oder andere Verwandte aus, und es geht vielleicht so weiter „Ja, ich bin’s, Oma, der Basti. Du, ich brauche dringend Deine Hilfe. Ich will mir unbedingt wieder ein Auto kaufen, habe auch ein tolles Angebot, aber das Geld dafür nicht zusammen. Kannst du mir mit 5.000 Euro helfen?“ Äußert das Opfer Zweifel, werden diese vom Anrufer schlagfertig ausgeräumt, und es wird hoher zeitlicher und emotionaler Druck auf das Opfer ausgeübt. Ist das Opfer schließlich bereit, das Geld zur Verfügung zu stellen, wird ein Bote zur Abholung des Geldes angekündigt, ein angeblich guter Freund oder Vertrauter des vermeintlichen Enkels. Welche Maschen kommen sonst noch häufig vor? Platthaus: Die Täter sind sehr erfinderisch. Es sind Betrugsfälle bekannt, bei denen sich Betrüger als Mitarbeiter eines Geldinstitutes oder einer Finanzaufsichtsbehörde ausgeben und dem Opfer den „vertraulichen Rat“ geben, dass sie ihr Bankvermögen in Sicherheit bringen sollten, weil finanzielle Verluste drohen. Der Betrüger bietet dem Opfer zum Schutz Begleitung an und schafft dann eine günstige Gelegenheit zum Diebstahl des abgehobenen Geldes. Was sollte man tun, wenn man einen solchen Anruf erhält? Schnell auflegen? Platthaus: Das wäre das Einfachste. Aber die Täter sind in der Gesprächsführung sehr geschickt und vielen Senioren darin deutlich überlegen. Sie lassen sich leicht in solche Gespräche verwickeln, verraten vielleicht Details, die der Täter aufgreifen und nutzen kann. Dem Kriminellen kann es so gelingen, dass das Opfer wirklich glaubt, mit dem Enkel, dem Neffen oder der Nichte zu telefonieren. Aber es gibt natürlich auch viele ältere Menschen, die skeptisch sind, den Anrufer durchschauen und das Gespräch beenden. Nicht jeder Enkeltrickversuch führt zum Erfolg. Also die Notrufnummer 110 wählen? Platthaus: Ja, keiner sollte sich scheuen, die 110 anzurufen! In Notsituationen ist man bei der Polizei immer richtig. Es entstehen dem Anrufer keine Kosten, egal, wie die Geschichte ausgeht, ob die Täter dingfest gemacht werden können oder nicht. Warum sind ältere Menschen besonders gefährdet? Platthaus: Alter bedeutet oft „allein leben“ und kann mit Einsamkeit verbunden sein. Wenn dann ein „lieber Verwandter“ anruft, freut sich die angerufene Person doch erst einmal. Vergessen wir auch nicht, dass viele ältere Menschen schlecht hören, vielleicht zunächst nur das Wort „Enkel“ verstehen und beim Nachfragen den Namen des Enkels oder der Nichte nennen. Wie schützt man sich am besten? Platthaus: Jeder sollte misstrauisch sein, wenn er telefonisch oder im persönlichen Gespräch von fremden Personen aufgefordert wird, Geld abzuheben. Hinterfragen Sie das kritisch, und wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren Bankberater. Im Zweifelsfall rufen Sie die Polizei. Was ist von Telefonaten oder Schreiben zu halten, in denen man einen Gewinn ver sprochen bekommt? Platthaus: Es handelt sich um sogenannte „Betrügerische Gewinnversprechen“ und dafür gilt: absolute Vorsicht! Das funktioniert ähnlich wie der Enkeltrick. Es ruft jemand an und sagt: ,,Herzlichen Glückwunsch! Sie haben gewonnen!“ Damit man den Preis, zum Beispiel ein Auto, auch bekommt, soll der vermeintliche „Gewinner“ in Vorkasse treten für angeblich fällige Zollgebühren oder Transportkosten. Die Opfer werden angewiesen, das geforderte Geld per Bargeldtransfer, zum Beispiel über Western Union, oder in bar per Post zu verschicken. för üch 2.2015 för üch sicherheits-extra gefragt Sie sagten, dass viele Opfer aus Scham gefühl nicht darüber sprechen, dass sie be trogen wurden. Warum halten Sie es für so wichtig, andere einzuweihen? Platthaus: Die Erfahrung, auf einen Betrug hereingefallen zu sein, können viele Menschen nicht alleine verarbeiten. Ältere Menschen leiden unter solchen Kriminalitätserfahrungen viel mehr als jüngere. Es kann sein, dass sie durch das Erlebte extreme Ängste entwickeln und sich aus dem sozialen Leben völlig zurückziehen. Im schlimmsten Fall werden sie ihres Lebens nicht mehr froh. Deshalb sollten sich Betroffene unbedingt gegenüber Vertrauenspersonen öffnen, über das Erlebte sprechen und sich eventuell auch professionelle Hilfe suchen. Auch die Polizei bietet hier Hilfe für Opfer an oder vermittelt sie. fordern Sie den Angeschriebenen auf, sensible Login-Daten einzugeben. Oder sie versenden Mails mit Schadsoftware, über die man sich so genannte Trojaner einfangen kann, die sensible Daten auslesen. Die wichtigste Präventionsbotschaft lautet hier, dass Bankkunden absolut sicher sein können, dass sie von Ihrem Geldinstitut niemals aufgefordert werden, ihre sensiblen Daten online, schriftlich oder telefonisch weiterzugeben. Links und Anhänge in solchen E-Mails mit fragwürdigem Absender sollten nicht geöffnet werden! Wo gibt es Tipps, wie man sich vor Betrug schützen kann? Platthaus: In jeder Polizeidienststelle gibt es Präventionsbroschüren. Bei der Dienststelle Kriminalprävention und Opferschutz ist das Seniorentelefon unter Tel. 0221 229-2299 zu erreichen. Dort werden per Bandansage aktuelle Präventionshinweise gegeben. Und natürlich im Internet auf der Seite www.polizei-beratung.de Wie sollte ich reagieren, wenn ich vermeintlich E-Mails von meinem Geldins titut erhalte? Platthaus: Im Zweifelsfall halten Sie immer Rücksprache mit Ihrem Geldinstitut. Sie ermutigen dazu, Betrugsversuche oder Verdächtiges anzuzeigen, selbst wenn Wo chen vergangenen sind. Warum? Platthaus: Weil man andere davor bewahren kann, Opfer zu werden. Und weil es der Polizei hilft, neue Methoden oder örtliche Tatschwerpunkte aufzudecken. Jede nicht angezeigte Straftat nützt nur dem Täter. Wie verhalte ich mich richtig am Geld- automaten? Platthaus: Wir empfehlen, einen Geldautomaten zu wählen, der innerhalb einer Bank liegt. Automaten innerhalb der Bank sind permanent videoüberwacht, und während der Filialöffnungszeiten ist Bankpersonal in der Nähe. Ältere Menschen sollten sich nach Möglichkeit bei AbheWie reagieren Teilnehmer der Präventions bungen am Geldautomaten begleiten lasveranstaltungen, wenn Sie über solche sen. Das gibt ein sicheres Gefühl beim AbTricks berichten? hebevorgang selbst und bietet Schutz vor Platthaus: Bei einigen gibt es einen Aha- Ablenkung von außen, denn die BegleitEffekt. Andere winken zunächst ab, weil person kann aufpassen und abschirmen. sie meinen: Diesen Trick, von dem Sie spre- Außerdem bietet sie auch Schutz vor Überchen, den kenne ich, darauf würde ich nie griffen wie etwa Taschendiebstahl oder hereinfallen. Wenn sie dann aber im Detail Handtaschenraub auf dem Weg nach Hauhören, wie perfide die Täter vorgehen und se. Begleitung schützt generell vor krimiwelchen Druck sie ausüben, werden sie nellen Übergriffen. doch nachdenklich. Sollte man lieber häufiger kleine Summen Wie groß ist die Gefahr beim Online- abheben statt seltener eine hohe? Platthaus: Auf jeden Fall ist es besser, öfter Banking? Platthaus: Die Geldinstitute schützen die kleine Summen abzuheben. Wenn doch Kunden beim Online-Banking durch un- einmal das Portemonnaie gestohlen wird, terschiedliche PIN-/TAN-Systeme und ist nicht gleich so viel Geld weg. Und: ZähÜbertragung der sensiblen Daten über len Sie das abgehobene Geld nicht in der SSL-Verschlüsselung. Um die Sicherheits- Öffentlichkeit nach – das könnte einen Tatsysteme zu überwinden, verschicken Be- anreiz darstellen. trüger sogenannte Phishingmails, die täuschend echt der Seite des eigenen Geldinstitutes nachempfunden sind. Damit för üch 2.2015 för üch 2.2015 3
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