Entwicklung neuer PHB - Hochschule Darmstadt

„New Potential PHB“ Entwicklung neuer PHBBlends für innovative Einsatzfelder
Prof. Dr.-Ing. Roger Weinlein, M.Eng. Svenja Dill, B.Eng. Sandra Schmidt, Martin Taube
Institut für Kunststofftechnik Darmstadt ikd
Stand der Technik
Der Großteil konventioneller Kunststoffe wird auf Basis
oder mit Hilfe des fossilen Rohstoffs Erdöl hergestellt.
Dieser ist im Laufe von Jahrmillionen aus abgestorbenen
Kleinstlebewesen entstanden, welche unter hohem Druck
und erhöhter Temperatur zu langkettigen Kohlenwasserstoffen umgewandelt wurden. Aufgrund des immensen
Verbrauchs an Erdöl in der heutigen Zeit zur Energieproduktion, Wärmegewinnung und zum Transport ist die
Endlichkeit dieser Ressource abzusehen und weitere
Preissteigerungen sind zu erwarten.
Obwohl die Produktion der klassischen Kunststoffe nur
einen geringen Teil der Ressource Erdöl verbraucht, trägt
der immer weiter ansteigende Bedarf an Kunststoffen zu
einer weiteren Verknappung der Vorräte bei.
Als Alternative bieten sich Kunststoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe bzw. mikrobiologischer Synthese
an.
Neben der Unabhängigkeit von schwindenden Ressourcen
erweitern sich somit die Möglichkeiten nachhaltig zu
wirtschaften und im Rahmen beständiger Kunststoffe eine
günstigere CO2-Bilanz zu erzeugen.
Das Spektrum der biobasierenden Polymere ist hierbei
weitgreifend und erlaubt neben der Substitution beständiger, petrolbasierter Kunststoffe, durch chemisch analoge
Bio-Pendants (Drop-Ins), auch biologisch abbaubare und
kompostierbare Materialkombinationen.
Je nach Anwendungsfall lassen sich demnach Werkstofflösungen finden, welche die klassischen Einsatzgebieten
mit teils dauerhafter Nutzung und Beanspruchung, wie
auch die zügige, bspw. in bestimmten Medien, stattfindende Degradation ermöglichen. Vor Allem im Fall von Verpackungen und Einwegartikeln, die häufig nicht den regulären Entsorgungswegen zugeführt werden, ergeben sich
mit abbaubaren Materialien neue Optionen im Bereich des
Umweltschutzes.
Des Weiteren finden sich kontinuierlich neue Anwendungen, die einem Großteil der konventionellen Kunststoffe
bisher verschlossen blieben, da die zeitnahe Abbaubarkeit
ein fester Bestandteil des Anforderungsprofils darstellt.
Obwohl biobasierende und –abbaubare Kunststoffe kein
Novum sind, finden sich nur wenige etablierte Vertreter
dieser Teilgruppe in Umlauf und bilden lediglich einen
Marktanteil von unter 1 % (2011) der weltweiten Produktion.
Aufgrund der zunehmenden Diskussion um umweltschützende und zudem noch ressourcenschonende Alternativen
tritt in diesem Kontext, neben etablierteren Vertretern wie
Thermoplastischer Stärke (TPS), Polymilchsäure (PLA)
und den Cellulosen (CA), das biosynthetische Polymer
Polyhy-droxybuttersäure (PHB) in den Fokus der Aufmerksamkeit.
angehäuft werden. In Abhängigkeit des verwendeten Bakterienstammes und der Modifizierung des Nahrungsangebotes lässt sich die Erzeugung unterschiedlicher kurzund mittelkettiger Monomere beeinflussen, welche nachfolgend in Form der entsprechenden Homo- bzw. Copolymere eingelagert werden. Zur industriellen Nutzung erfolgt nach dem Wachstum und der Vermehrung der Bakterien in einer geeigneten Nährlösung und der ggf. durch
Variation des Substratangebotes eingeleitete Synthese,
die Extraktion des Polymers aus der Biomasse.
Abbildung 2: Strukturformel von PHB
Polyhydroxybuttersäure (PHB)
Polyhydroxybuttersäure (PHB) ist die bekannteste und
häufigste Form der Polyhydroxyalkansäuren (PHA) aus
der Gruppe der thermoplastischen (Bio-)Polyester.
Es handelt sich hierbei um fermentativ hergestellte Polymere, welche hauptsächlich von Bakterien direkt synthetisiert und intrazellulär als Speicher- bzw. Reservestoff
Entwicklung neuer PHB-Blends
Zur Entwicklung neuer Materialkombinationen wurden
verschiedene Herangehensweisen gewählt.
Neben der gezielten Konfiguration von Rezepturen zur
Erfüllung spezifischer Anforderungsprofile, werden weit
gefächerte Tastversuche durchgeführt. In diesem Fall
zielen Formulierungen auf grundlegende Möglichkeiten
PHB mit konventionellen Polymeren zu compoundieren
und die Einflüsse, bspw. auch von Füll- und Zuschlagsstoffen, zu untersuchen.
Das potentielle Anwendungsprofil von PHB ist weit gefächert, da neben der biologischen Abbaubarkeit (u. a. in
Meerwasser und Erdboden) und Biokompatibilität, Eigenschaften ähnlich klassischem Polypropylen vorliegen. Des
Weiteren kann, im Compound mit petrochemischen wie
auch anderen biobasierenden Kunststoffen, sowie unterschiedlichsten Füllstoffen, das Eigenschaftsspektrum
deutlich erweitert werden.
Aufgrund des relativ frühen Entwicklungsstadiums von
PHB gibt es derzeit erst wenige Anwendungen, auch weil
der Werkstoff im Vergleich zu herkömmlichen Kunststoffen und zu anderen Biopolymeren noch verhältnismäßig
teuer ist.
Die Nutzung von PHB in hochwertigeren Applikationen
erscheint auf Grund der natürlichen und zusätzlich möglichen Eigenschaften vielversprechend, ist aber noch nicht
hinreichend erforscht.
Abbildung 3: Versuchsanlage ZSK 25 an der Hochschule Darmstadt
Projektbeschreibung
Abbildung 1: PHB-Rohgranulat (Mirel® 4100) funktionalen Eigenschaften anderer Polymere bei bestehenden hochwertigen Anwendungen im Vordergrund.
Ebenfalls sollen neue, innovative Einsatzfelder für PHB
und die daraus abgeleiteten Materialkombinationen gefunden werden.
Das Projekt „New Potential PHB“ ist eine Kooperation
zwischen der Metabolix GmbH, einem Hersteller von Biopolymeren, und der Hochschule Darmstadt.
Ziel des Projekts ist hierbei die systematische Erforschung des Verhaltens von PHB sowohl im Hinblick auf
die verfahrenstechnischen Eigenschaften und Eigenheiten
des Grundmaterials als auch in Kombination mit verschiedenen aktiven Zusatzstoffen zur Verbesserung seiner
Eigenschaften als Blend und Compound. Ebenso wird die
Wirkung von PHB selbst als Zuschlagstoff zu Funktionalisierung anderer Biopolymere und weiterer, klassischer,
nicht biobasierter Kunststoffe untersucht. Zudem ist angedacht zu untersuchen, mit welchen Extendern PHB zur
Substitution bereits etablierter Kunststoffe eingesetzt
werden könnte. Neben dem primären Erhalt der Degradationseigenschaften von Blends und Compounds mit dem
Hauptbestandteil PHB, wie beispielsweise der natürlichen
Zersetzung im Meer und der freien Natur oder auch dem
Einsatz in Biogasanlagen, steht die Verbesserung der
Abbildung 4: Mögliche Füllstoffe: Lignin, Reisschalen, Sonnenblumenschalen
Entsprechend der anvisierten Problemstellung werden
Versuchspläne mit unterschiedlichen Rezepturansätzen
auf einem Doppelschneckenextruder compoundiert, granuliert und je nach folgender Prüfung in normgerechte
Prüfkörper geformt. Nach der Untersuchung bzw. Überprüfung der compoundspezifischen Kennwerte erfolgt in
weiteren Iterationsschritten die Optimierung der Rezeptur.
Der Hauptfokus der analytischen Prüfungen liegt vor
allem auf den mechanischen, thermischen und rheologischen Eigenschaften. Im bisherigen Projektverlauf wurden neben Zug-, Schlagzähigkeits- und Wärmeformbeständigkeitsprüfungen, DSC-Messungen zur Bestimmung
des Kristallisationsverhaltens und die Ermittlung des MFI
durchgeführt. Des Weiteren werden Bemusterungen des
Materials an Bauteilen realisiert, um die Verwendbarkeit
in möglichen Einsatzfeldern zu verifizieren. In diesem
Hinblick steht, neben der allgemeinen Prozessfähigkeit,
auch die mögliche bzw. notwendige Nachbearbeitung auf
dem Prüfstand.
Vor allem im Rahmen der Grundlagenforschung ist eine
Ausweitung der Analytik absehbar um kontinuierlich auftretende Fragen zufriedenstellend zu beantworten.
Abbildung 5: Prototyp einer biologisch abbaubare Urne auf PHB-Basis
Erste Entwicklungen
Als erstes Abschnittsziel wurde die Formulierung einer
biologisch abbaubaren Urne verwirklicht. Der Compound
auf Basis von PHB, PLA und verschiedenen Füll- sowie
Kontakt
Projektpartner
Prof. Dr. Roger Weinlein
Institut für Kunststofftechnik Darmstadt ikd
Hochschule Darmstadt h_da
Haardtring 100, 64295 Darmstadt
mailto: [email protected]
Metabolix GmbH, D-50829 Köln
Förderer
AiF e.V. Arbeitsgemeinschaft industrieller
Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V.
„New Potential PHB“ Entwicklung neuer PHBBlends für innovative Einsatzfelder
Prof. Dr.-Ing. Roger Weinlein, M.Eng. Svenja Dill, B.Eng. Sandra Schmidt, Martin Taube
Institut für Kunststofftechnik Darmstadt ikd
Zuschlagsstoffen ergab eine wettbewerbsfähige Materialkombination, welche neben dem gewünschten mechanischen Anforderungsprofil zudem der geforderten biologischen Abbaubarkeit entspricht.
Kontakt
Projektpartner
Prof. Dr. Roger Weinlein
Institut für Kunststofftechnik Darmstadt ikd
Hochschule Darmstadt h_da
Haardtring 100, 64295 Darmstadt
mailto: [email protected]
Metabolix GmbH, D-50829 Köln
Förderer
AiF e.V. Arbeitsgemeinschaft industrieller
Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V.