Den Grossen das Teewasser abgraben - schriftzug

WIRTSCHAFT
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GETRÄNKEMARKT
Den Grossen das Teewasser abgraben
Zwei Jungunternehmer treten gegen die Giganten Nestlé und Unilever an. Sie wollen
mit einer weniger süssen Rezeptur ein Comeback des Eistees einläuten.
A
ns Jahr 2003 erinnert sich jeder im Getränke-Business. Im
Hitzesommer schossen die
Umsätze für Bier, Mineralwasser
und Softdrinks raketenartig in die
Höhe. Auch Bruno Schiess ist jenes
Jahr in Erinnerung geblieben. Weil
ihm der Backofensommer das Geschäft vermieste.
Ein Jahr vor der Jahrhunderthitze
war Schiess mit Geschäftspartner
Markus Raths mit der Marke Zamba ins Fruchtsaftgeschäft eingestiegen. Zamba bekam der Sommer
2003 schlecht: «Ab 28 Grad war
Fruchtsaft nicht mehr gefragt.»
Ein Substitut musste her. Schiess,
35, und Raths, 40, wussten bald,
was es sein sollte. «Von vielen Wirten hörten wir, dass sie nicht happy
waren mit den gängigen übersüssen
Eistees», erzählt Schiess.
Ein halbes Jahr lang tüftelte der
Lebensmitteltechnologe an Rezepturen, man richtete sich in einer
ehemaligen Saucenproduktionsfirma in Fällanden ZH ein. 2004 kam man
mit einem Eistee, der nur mit Fruchtzucker gesüsst und auf den Namen Chaya
getauft war, auf den Markt. Die Vorurteile waren anfangs immens. Schon wieder ein Zuckerwasser mit Aroma, habe es
oft geheissen, erinnert sich Schiess.
Schiess und Raths, die sich beim Convenience-Spezialisten Hilcona in Schaan
FL kennenlernten, haben sich einen harten Markt ausgesucht: Chayas Gegner
sind Giganten. Für die Musik im Eistee-
Vorliebe abgekühlt
Eistee-Konsum pro Kopf in der Schweiz,
in Liter pro Einwohner
33,4
1994
31,7
1997
Quelle: Canadean
29,5
31,1
2000
2003
27,3
2006
FACTS-Grafik
zigerjahre rück läufig; nach einem
Comeback im Hitzesommer 2003
ging die Talfahrt weiter.
Sprung in Kaffeebars
Chaya, ein Kind des Hitzesommers,
entwickelt sich erfreulich. Nachdem
die Marke vor allem in Szenebeizen,
Personalrestaurants und in Spitälern
gut ankam, wird sie derzeit an 120
Verkaufspunkten angeboten. Der
Premium-Eistee geht zu Preisen zwischen drei und fünf Franken für die
Halbliterflasche über den Tresen.
Als Bestseller der fünf Sorten hat
sich die Variante «Frucht» entpuppt.
Ein Typus, der von den Synergien
zur Schwesterfirma Zamba profitiert. Zu Hagebutten und Karkadenblüten gesellen sich Orangen-, Ananas- und Passionsfruchtsaft aus der
Zamba-Produktion in Zürich-Altstetten.
Bruno Schiess
Dieses Jahr dürfte Chaya mit
(l.) und Markus
einem Ausstoss von 200 000 LiRaths: Mit
Chaya den
tern einen wertmässigen MarktGeschäft sorgen drei grosse Player: Eisteekonsum
anteil von 0,2 Prozent erreichen
ankurbeln.
Migros mit ihrer Eigenmarke, Konund damit die Platzhirsche
sumgütermulti Unilever mit Lipton und noch nicht zwicken. Doch die Ambitionen
das Power-Duo Nestlé/Coca-Cola mit der Fällander Teekocher gehen weiter: Mit
Nestea. Angst vor den Titanen haben die einer Jahresproduktion von 2,5 Millionen
Jungunternehmer nicht. «Wir liefern ein Litern und einem Umsatz von dannzumal
Frischprodukt, die anderen Konserven», 8,5 Millionen Franken ist per 2010 ein
sagt Schiess. Tatsächlich sind herkömm- wertmässiger Marktanteil von fünf Proliche Eistees in der Regel monatelang halt- zent angestrebt. Der Zuwachs soll vor
bar; weil Chaya ohne Konservierungs- allem an Take-away-Ständen, in Betriebsstoffe auskommt, muss es innnert 20 Ta- restaurants und der Gastronomie erreicht
gen nach Verkaufsanlieferung konsumiert werden.
werden. Auch der generelle EisteeEin erster grösserer Schritt steht demSchrumpfkurs macht den Chaya-Chefs nächst an. Die Jungmarke schafft es ins
nicht bange. Raths will vor allem bei Er- Sortiment von Caffè Spettacolo, der Kafwachsenen punkten. «So ab 25 Jahren feebarkette von Valora. «Chaya kommt
springen viele ab», sagt der Chaya-Ge- ab Mitte Jahr in unsere 27 Kaffeebars»,
schäftsleiter, «weil sie den hohen Zucker- sagt Caffè-Spettacolo-Chef Hans-Peter
gehalt nicht mehr goutieren.»
Oettli, «weil es ein Trendgetränk auf naDiese «Ice-Tea-Sleeper» möchte Raths türlicher Basis ist.» Es sei sogar möglich,
wecken. Tatsächlich ist die Eistee-Lust der dass Chaya Nestea aus dem Angebot
Schweizer eingeschlafen: Gemäss dem dränge. Aber noch nicht gleich, sagt
englischen Getränkemarktforscher Cana- Oettli: «Wir wollen die zuckersüssen Eisdean ist der Pro-Kopf-Verbrauch seit den teetrinker nicht vor den Kopf stossen.»
goldenen Eistee-Zeiten Anfang der Neun- Andreas Güntert
Foto: Saskja Rosset
FACTS 25/07