Für den Teller, den Trog oder Tank

Für den Teller, den Trog oder Tank
Ökumenischer Arbeitskreis Heubach: Veranstaltungen zum Thema Nahrungsproduktion in Konkurrenz zur Energieerzeugung
Mit so vielen Gästen hatte der
Ökumenische Arbeitskreis Heubach
unter Leitung von Pfarrerin Sabine
Löffler-Adam gestern Abend nicht
gerechnet. Beim Thema „Teller, Trog
und Tank - sinnvolle Ergänzung oder
Konkurrenz?“ suchen viele
Orientierung.
HEUBACH (dw). Dr. Clemens Dirschel ,
Leiter des Evangelischen Bauernwerks in
Württemberg, versuchte in seinem Referat Hilfe beim Abwägen zu leisten obwohl er schlussendlich feststellen musste,
dass er bei der Bewertung des Themas
keine eindeutige Antwort geben kann.
Dirschel begann mit der einzigen gegenständlichen Bitte des Vaterunser-Gebets „Unser täglich Brot gib uns heute“
und erinnerte an die Achtung der Nahrung, die vor allem in Notzeiten sehr hoch
angesetzt wurde. Heute sollen Nahrungsmittel billig sein, meinte er und stellte die
Frage in den Raum „Wie können wir billig mit Wertschätzung in Verbindung
bringen?“ Er erinnerte an die starke ethische Diskussion, als ab dem Jahr 2004 die
Frage „Weizen verheizen?“auftauchte.
Er selbst, so Dirschel habe Antworten
bei Martin Luther gefunden, der sagte,
dass das tägliche Brot alles das sei, was
der Mensch zum Leben brauche und
schlussfolgerte, dass der Begriff nicht zu
eng geführt und nicht nur auf das Essen
bezogen werden sollte. Allerdings müssen
die Energiebilanzen stimmen und wir
müssen uns fragen, so der Referent, „was
landet neben dem Teller in der Mülltonne
und wie viel Energie werfen wir auf diese
Weise weg?“ Der hohe Fleischverbrauch
sei zwar ein Genuss, der nicht schlecht
geredet werden dürfe, was aber, wenn alle
Länder dieser Erde diesen Fleischverzehr
für sich in Anspruch nehmen wollen, wie
wir ihn haben. Er mahnte die Vorbildfunktion Deutschlands an und die Nutzung von „grüner Energie“ nur dann,
wenn klar ist auf welchem sozialen oder
ökologischen Weg sie erzeugt wurde.
Landwirten, die wegen ihrer Biogasbetriebe in der Kritik stehen könne man
nicht vorwerfen, dass sie politisch legitimierte Ziele verfolgen. Aus organischen
Reststoffen und Gülle Energie zu erzeugen, nannte er eine „Superidee“.
Als die Milch
weggeschüttet wurde
Zum Thema Maismonokultur führte er
aus, dass die Entwicklung weitergehe und
derzeit mit anderen Pflanzen experimentiert werde. Eine differenzierte Betrachtung unter Einbindung des Sachverstandes der Landwirte sei wichtig. Wichtig sei
aber auch ein neuer Lebensstil eine neue
Bescheidenheit, die Nutzung von Effizienzreserven und die Regulierung von
Bausünden unter energetischen Aspekten. Unter der Moderation von Renate
Wittlinger, Bildungsreferentin beim Ev.
Bauernwerk stellten sich die Landwirte
Heiko Grötzinger aus Heubach-Buch und
Tommy Hilbert aus Böbingen-Beiswang,
beide 27 Jahre alt, den teils kritischen
Fragen der Zuhörer.
Beide betreiben gemeinsam mit ihren
Eltern und anderen Familienangehörigen
sowohl einen landwirtschaftlichen Milchviehbetrieb als auch eine Biogasanlage.
Heiko Grötzinger erinnerte an die Zeit,
als die Milch aus Protest gegen die geringe Vergütung weggeworfen wurde, was
ihn als Landwirt zum Nachdenken gebracht habe, und bei den Grötzingers
zum Anlass genommen wurde, zur Risikominimierung den Betrieb breiter aufzustellen. Selbstbewusst erklärte Tommy
Hilbert die wichtigen Faktoren für den
Betrieb einer Biogasanlage, die an den
Standort angepasst werden müsse, kurze
Transportwege verlange und mit einem
sinnvollen Wärmekonzept arbeiten müsse. Angesprochen auf das Verhältnis von
Acker- zu Grünland berichteten beide
von einem 50:50 Verhältnis. Willy Messner, Leiter des LEL Gmünd, entgegnete
den Einschätzungen der Monokultur von
Mais, dass in Baden-Württemberg auf 65
Prozent der Flächen Getreide und auf 22
Prozent Mais angebaut werde.
Er sei stolz auf die Landwirte, auf deren Know How und mit welcher Intensi-
tät sie zur Ernährungssicherung der Menschen beitragen. Die jungen Landwirte
sahen sich auch kritischen Fragen gegenüber, so zum Beispiel nach der Einfuhr
von Sojaprodukten aus Brasilien. „Ganz
ohne Soja geht es bei der Milchviehfütterung noch nicht“, meinte Heiko Grötzinger , verwies aber auch auf andere Eiweißträger, die künftig vermehrt angebaut werden wie Leguminosen oder
Rapsschrot.
Auch für Tommy Hilbert ist die Einfuhr
nicht an den Pranger zu stellen, „die hohen Erträge wie in Brasilien können wir
mit einem Anbau hier nicht erreichen, im
Gegenzug exportieren wir Getreide, das
bei uns gut gedeiht. Wir sind eingebunden
in einen internationalen Warenmarkt,
schließlich werden beispielsweise auch
Granitsteine aus China importiert.“
Wärme und Strom
aus der Biogasanlage
Zum Thema „Energiewirtschaft in Konkurrenz
zur Ernährung“ stellten sich die Junglandwirte
und Biogasanlagenbetreiber Tommy Hilbert
(links) und Heiko Grötzinger (Mitte) den kritischen Fragen der Zuhörer. Dr. Clemens Dirscherl, Geschäftsführer des Ev. Bauernwerks in
Württemberg referierte über „Unser täglich
Brot - Was wird daraus?“
Foto: dw
Ökolandwirt Philipp von Woellwarth
brachte die Frage ins Spiel „Müssen wir
durch Importfuttermittel Überschüsse
produzieren, die dann nach Afrika exportiert werden und dort die Märkte zerstören?“ Heiko Grötzinger und Tommy Hilbert konnten trotz der globalen Problematik überzeugend darstellen, dass ihre
Biogasanlagen der Landwirtschaft untergeordnet sind und durch die Verwertung
unter anderem auch von Gülle für eine
bessere Umweltverträglichkeit dieser
Stoffe sorgen. Ausgeglichen wird die
Energiebilanz der Unternehmen nicht
nur durch die reine Stromerzeugung, sondern auch durch entsprechende Wärmekonzepte.