Zürichsee Zürichsee-Zeitung Bezirk Meilen Mittwoch, 27. Januar 2016 «Viele Angehörige von psychisch Kranken leiden mit» Oetwil Wer jemanden im Umfeld hat, der an einer psychischen Krankheit leidet, weiss oft nicht, wie weiter. Hier setzt die Psychiatrische Klinik Clienia Schlössli in Oetwil mit einem neuen Angebot an. Ein Gespräch mit den Verantwortlichen. Wie nehmen Sie Angehörige von psychisch Erkrankten wahr? Arno Fransen: Sie sind aufgewühlt und haben viele Fragen. Auf mei ner Station – ich arbeite mit jun gen Erwachsenen – sind sie sehr präsent. Tobias Furrer: Angehöriger eines psychisch Kranken zu sein, be deutet häufig einen Kraftakt. Vie le leiden mit und sind erschöpft. Jürg Dinkel: Ein grosses Thema sind Schuldgefühle. Warum braucht es ein neues Beratungsangebot für Angehörige? Dinkel: Primäre Ansprechperso nen für Angehörige sind die Be handlungsteams auf den Statio nen. Doch diese sind mit den jähr lich 2500 Eintritten sehr aus gelastet. Es fehlt an Zeit für die Angehörigen. Deshalb ist hier ein Zusatzangebot nötig, um die Behandlungsteams zu entlasten. Künftig werden sie mit den Ange hörigen vor allem Fragen rund um die Behandlung der Patienten besprechen. Was die Angehörigen persönlich betrifft, soll die Ange hörigenberatung klären. Das Angebot richtet sich also an Angehörige von Patienten? Fransen: Nicht ausschliesslich. Es steht einerseits Angehörigen von Patienten inner und ausserhalb der Klinik Schlössli zur Verfü gung. Andererseits wollen wir aber auch jene ansprechen, die mit der Psychiatrie noch nicht in Berührung gekommen sind. Dinkel: Das könnte beispielsweise die Mutter eines 18Jährigen sein, die uns Folgendes schildert: Ihr Sohn habe die Lehre abgebro chen, sitze nur noch gamend im Zimmer und verhalte sich eigen artig. Sie hätten dauernd Streit. Was zu tun sei? Was würden Sie einer solchen Mutter raten? Fransen: Ich würde ihr empfeh len, sich zu überlegen, was ihre persönlichen Wünsche und Be dürfnisse als Mutter sind. Weiter würde ich ihr raten, sich ausser halb der Familie Unterstützung zu holen, beispielsweise bei Ver wandten, beim Hausarzt oder bei einer Fachstelle. Was kann die Angehörigen beratung bewirken? Dinkel: Wir wollen mit dem Ange bot aufklären. Viele Angehörige wissen nicht, was es an fachlicher, finanzieller und rechtlicher Hilfe überhaupt gibt. Furrer: Bei unserer Beratung steht der Angehörige im Zentrum. Im besten Fall wirken wir präven tiv, indem bei den Angehörigen selber eine Erkrankung etwa durch Erschöpfung verhindert werden kann. Warum ist es wichtig, Angehörige einzubinden? Fransen: Viele junge Patienten wohnen noch zu Hause. Sie kom men häufig aus einem stark belasteten Familiensystem her aus. Da kann man nicht einfach sagen: «Jetzt gehst du in deine Familie zurück.» Da braucht es andere Lösungen. Aber auch in gut funktionierenden Familien kann es zu psychischen Erkran kungen kommen. Die Erfahrung zeigt, dass Eltern in die Behand lung miteinbezogen werden wol len. Und sie zeigt auch: Wenn wir Jürg Dinkel, Pflegeexperte und Leiter der Angehörigenarbeit in der Klinik Schlössli, Pflegefachmann Arno Fransen David Baer und Sozialarbeiter Tobias Furrer (von links). die Angehörigen nicht im Boot haben, wird die Behandlung viel schwieriger. Ähnliches gilt übri gens auch für die Patienten am «Die Einsicht, dass psychisch etwas nicht stimmt, ist oft nicht vorhanden.» Arno Fransen, Pflegefachmann anderen Ende der Altersskala. Dort sind dann die Kinder die Angehörigen, die eingebunden werden wollen. Wie steht es um die Angehörigen von Erkrankten im mittleren Alterssegment? Furrer: Es ist nicht so viel anders. Auch Partner, Freunde oder Ver wandte sind nah und machen sich Sorgen. Auch sie leiden mit, und auch sie brauchen Erklärungen und Informationen, um die Situa tion einordnen zu können. Fransen: Wenn zum xten Mal in einer langjährigen Krankheits geschichte etwas passiert, kann es vorkommen, dass ein Ange höriger sagt, ich will damit jetzt nichts mehr zu tun haben. Dinkel: In der mittleren Alters gruppe gibt es zudem das Phäno men, dass Familien die ganzen Belastungen selber tragen. Dass der Sohn aus unserem Beispiel sich nie wirklich beruflich und sozial integriert und die Eltern lange Zeit für ihn finanziell auf kommen. Was macht den Umgang mit psychisch kranken Menschen schwierig? Fransen: Die Einsicht, dass psy chisch etwas nicht stimmt, ist oft nicht vorhanden. Die Mehrheit der Patienten, die bei uns in die Klinik eintritt, kommt auf Druck von aussen. Ungefähr jede fünfte Person wird gegen ihren Willen im Rahmen einer Fürsorgeri schen Unterbringung eingewie sen. Furrer: Eine Erkrankung im un mittelbaren Umfeld öffnet Tür «Eine Erkrankung im Umfeld öffnet Tür und Tor, sich selber zu vergessen.» Tobias Furrer, Sozialarbeiter und Tor, um sich selber zu verges sen. Es gibt Diagnosen wie Sucht erkrankungen oder Schizophre nien, die für das gesamte Umfeld sehr einnehmend sind. Dinkel: Solche Krankheitsbilder können in der sozialen Umge bung Aufruhr verursachen. Si tuationen, die von den Angehöri Anlaufstelle für Fragen im Umgang mit psychisch Erkrankten [email protected] erreichbar. Möglich sind auch Beratungsgespräche vor Ort. Die Anlaufstelle spricht Angehörige an, unabhängig davon, ob die erkrankte Person in einer Behandlung ist. Sie vermittelt Fachpersonen sowie Selbsthilfegruppen und Betreuungs- Regierungsrat spricht im Gottesdienst gen viel Energie abverlangen, um gegen aussen den Schein der Normalität zu wahren. Nehmen wir das Beispiel eines an einer Depression Erkrankten. Wie ergeht es seinen Angehörigen? Furrer: Dieses Krankheitsbild zeigt in unserer Hochleistungs gesellschaft eine grosse Diskre panz auf: Der Betroffene ist sehr weit vom Ideal entfernt. Aussen stehende können lange nicht ver stehen, dass die Antriebslosigkeit nicht eine Sache des Willens, son dern Teil der Krankheit ist. Fransen: Sehr belastend für die Angehörigen ist, dass Betroffene immer wieder davon sprechen, in diesem Zustand nicht mehr weiter leben zu wollen. Der Weg von einer Verhaltens auffälligkeit bis hin zu einer konkreten medizinischen Diag nose kann weit sein. Psychische Erkrankungen manifestieren sich nicht so klar wie etwa ein Beinbruch. Auf welche Signale sollten Angehörige achten? Furrer: Wenn der Betroffene sel ber beziehungsweise sein Umfeld über längere Zeit leidet, dann ist es Zeit, sich Hilfe zu suchen. Bis es zu einer Behandlung kommt, hat man oft schon viel Zeit verloren. Da wünschte ich mir, dass auch der Arbeitgeber mutiger ist und das Gespräch sucht. Oft wird von dieser Seite disziplinarisch ein geschritten, womit aber das Pro blem nicht behoben ist. Dinkel: Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass die Einweisung in eine psychiatrische Klinik häufig dann angebracht ist, wenn neben der psychischen Erkrankung eine Selbst oder Fremdgefähr dung vorliegt. Eine Einweisung ist auch heute noch ein sehr ein schneidender Schritt. Die über wiegende Mehrheit der Patienten kann ambulant behandelt werden. Psychische Erkrankungen und der Aufenthalt in einer Klinik sind immer noch stark mit Stig matisierung und Ausgrenzung verbunden. Wie kann dem entgegen gewirkt werden? Dinkel: Durch Öffentlichkeits arbeit und durch persönliche Gespräche. Ich stelle immer wie der fest, dass viele eine völlig ver zerrte Vorstellung von einer psy chiatrischen Klinik haben, sei es durch Filme oder Medienberich te. Ich treffe in der Region auf zahlreiche Menschen, von denen ich weiss, dass sie in Behandlung waren, und von denen die Öffent lichkeit das nie denken würde. Interview: Regula Lienin Küsnacht Gesundheitsdirektor thomas Heiniger wird am Sonntag in der Kirche Küsnacht darüber sprechen, was reformiertsein für ihn bedeutet. Sein Alltag dreht sich um Spital finanzierung und Sparpakete. Sein Sonntag hingegen steht dies mal unter anderen Vorzeichen: Thomas Heiniger (FDP), Gesund heitsdirektor des Kantons Zürich, wird am 31. Januar in Küsnacht die Wanderausstellung «Refor miertsein» eröffnen und im Got tesdienst eigene Gedanken zum Thema äussern. «Damit bekennt sich Thomas Heiniger zu seiner reformierten Konfession, was mich beindruckt», sagt Pfarrer Andrea Marco Bianca, der sich auf den prominenten Besuch freut. Bianca ist Mitglied im Zürcher Kirchenrat und kennt Heiniger von der gemeinsamen Tätigkeit im Rathaus. Es sei gar ein freund schaftlicher Bezug entstanden. Daraus folgte die Zusage des Poli tikers, im Predigtgespräch Stel lung zu nehmen zu seiner Sicht auf die reformierte Kirche. Macht hat Grenzen Die Ausstellung «Reformiert sein» entstand letztes Jahr als Beitrag zum 100JahrJubiläum des Zürcher «Kirchenboten», der heute unter dem Namen «refor miert.» erscheint. Zudem führt sie hin zum Jubiläum 500 Jahre Reformation, das ab 2017 gefeiert wird. Auf Panels sind Frauen und Männer porträtiert, die ihre Ge danken zum Begriff «Reformiert sein» offenlegen. Unter ihnen ist auch Verena Diener (GLP), die den Kanton Zürich im Ständerat vertreten hat. Andrea Bianca er klärt: «Da sie nicht mehr aktiv ist, war ich der Meinung, es brauche jemand Neues aus der Politik, um sich in Küsnacht mit dem Thema auseinanderzusetzen.» Nun ist ei gens ein Panel mit den Aussagen Heinigers entstanden, das dieser nach dem Gottesdienst enthüllen wird. «Unsere Macht ist be grenzt», hat es der Politiker über schrieben. Die junge Küsnachte rin Tiziana Vasalli und die Berli nerin Ulrike Arzet werden den Anlass musikalisch begleiten. An schliessend eröffnet Felix Reich, Redaktionsleiter von «refor miert.», die Ausstellung bei einem Apéro. Anna Six Sonntag, 31. Januar, 10 Uhr, reformierte Kirche Küsnacht. Ausstellung bis Sonntag, 21. Februar, in der Kirche und im Kirchgemeindehaus. Anzeige AB 1. FEBrUAr in BEtriEB Die Clienia-Privatklinik Schlössli richtet per 1. Februar ein neues Beratungsangebot für Angehörige ein. Es wird betreut von Pflegefachmann und Stationsleiter Arno Fransen und Sozialarbeiter Tobias Furrer. Sie sind unter Telefon 044 929 83 83 oder per E-Mail an cls.ange- 3 angebote. Die Beratung untersteht der Schweigepflicht und ist kostenlos. Die Angehörigenberatungsstelle arbeitet mit dem Verein Netzwerk Angehörigenarbeit Psychiatrie zusammen. www.angehoerige.ch und www.clienia.ch. rli gegründet 1888 Besuchsmorgen Open Day Samstag, 6. Februar 2016, 9.10 Uhr - 12.00 Uhr Saturday, 6 February 2016, 9.10 am - 12.00 pm Stundenplan und weitere Informationen Timetable and further information: www.fgz.ch The monolingual and bilingual way at FGZ
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