ZDF Studio Washington III

Praktikumsbericht über meine Hospitanz beim Zweiten Deutschen Fernsehen in
Washington DC vom 01.09.2015-31.10.2015
Allgemeines über das Praktikum
Am 01. September 2015 habe ich meine Hospitanz beim Zweiten Deutschen Fernsehen
(ZDF) in Washington DC begonnen. Das Korrespondenzbüro in Washington zählt zu
den größten der rund 18 Auslandstudios weltweit. Das Studio befindet sich im Stadtteil
Georgetown. Im Gebäude sind neben der Verwaltung, dem Sekretariat, dem Archiv und
den Büros der Mitarbeiter auch ein Studio und Schnittplätze untergebracht. Im ZDFStudio in Washington arbeiten rund 20 Menschen, wobei sich das Arbeitsmodell von
meinen vorherigen Praktika beim Fernsehen in Deutschland unterscheidet. Es gibt drei
Korrespondenten, die jeweils für drei bis fünf Jahre im Studio arbeiten und in der Regel
für
die
Berichterstattung
und
die
Beiträge
verantwortlich
sind.
Neben
den
Korrespondenten arbeiten noch Producer im Studio, diese helfen bei der Recherche und
liefern das Drehmaterial, mit dem die Korrespondenten wiederum die Beiträge
erstellen. Zwar erstellen auch die Producer eigene Beiträge, in der Regel übernehmen
das jedoch die Korrespondenten, vor allem in der tagesaktuellen Berichterstattung. Auch
Interviews, Kommentare oder Zuschaltungen übernehmen die Korrespondenten, derzeit
sind das Daniel Pontzen, Heike Slansky und Ulf-Jensen Röller (Studioleiter). Außerdem
gibt es noch Mitarbeiter, die sich um das Archiv und sämtliches Bildmaterial kümmern,
das im Studio einläuft, beispielsweise von den heimischen Sendern wie CNN oder NBC,
welches auch für die deutsche Berichterstattung verwendet wird. Nicht alles Filmmaterial
ist somit eigen gedrehtes Material. Trotzdem gibt es auch Veranstaltungen oder
Themen, die selbst gedreht werden. Es ist immer mindestens ein Kameramann
anwesend, dazu kommen noch Techniker und Cutter.
Vorbereitung
Mein Praktikum habe ich über die kurzfristigen Stellenausschreibungen des ZDF auf
deren Website gefunden und mich darauf beworben. Nach der positiven Rückmeldung
musste ich mich schnell um einen Visasponsor kümmern, da dieser Prozess bis zu drei
Monate beanspruchen kann. Das ZDF hat mir als Entscheidungshilfe eine Liste mit ihren
bisherigen Erfahrungen mit Sponsororganisationen zukommen lassen, sodass ich
schließlich
die
German
American
Chamber
of
Commerce
auswählte.
Alle
Organisationen verlangen sehr viel für den Service, meist Gebühren um die 800 Euro,
ein Preisvergleich lohnt sich aber. Im Nachhinein kann ich mich auch nicht über den
Service
beschweren.
Unterlagen,
die
ich
einreichen
musste,
waren
u.a.
Motivationsschreiben, Bestätigung des ZDF, auch das ZDF musste einen Trainingsplan
erstellen (damit haben sie aber schon viel Erfahrung). Nach einem kurzen
Telefoninterview wurde mir eine Aufnahme in das Programm bestätigt. Die
Visaunterlagen wurden mir nach ein paar Wochen zugeschickt und ich musste mit
diesen ins Konsulat. Das Gespräch im Konsulat dauerte bei mir dann nur noch wenige
Minuten. Der Pass mit Visum wurde mir innerhalb von zwei Tagen per Post zugeschickt.
Während dieses ganzen Prozesses habe ich mich schon um eine Unterkunft bemüht.
Washington D.C. ist eine recht teure Stadt. Die Praktikanten, die ich kennengelernt
habe, haben alle für ein Zimmer zwischen 800 und 1000 Dollar gezahlt. Das ZDF hat mir
als Hilfestellung eine Liste mit den Kontaktdaten von Privatpersonen zugeschickt, die in
den letzten Jahren Zimmer an Praktikanten vermietet hatten. Teilweise war die Liste
etwas veraltet, manche Emailadressen funktionierten z.B. nicht. Ich verschickte ca. 10
Emails und bekam dann nur eine positive Rückmeldung. Andere Möglichkeiten eine
Wohnung zu finden sind z.B. Craigslist. Das ZDF-Studio ist in dem Stadtteil
Georgetown, dort fährt keine U-Bahn, deshalb ist es wichtig eine Unterkunft zu finden,
die nicht zu weit von Georgetown entfernt ist.
Ich habe die DAAD-Versicherung abgeschlossen, die 29 Euro im Monat kostet. Ich
musste sie zum Glück nicht in Anspruch nehmen, aber das Abschließen der
Versicherung lief problemlos ab.
Praktikumsalltag
An meinem ersten Tag beim ZDF wurde mir ein Hospitantenhandbuch überreicht, in
dem ehemalige Hospitanten ihre Erfahrungen und Tipps aufgeschrieben haben. Darin
finden sich neben Telefonnummern und Internetquellen auch einige Stichpunkte zu den
Aufgaben, die die Praktikanten erledigen und dem Tagesablauf im Studio. Gleich zu
Beginn meines Praktikums habe ich mir diesen Ordner genau durchgelesen, er gibt zum
Einstieg einen recht guten Überblick.
Mein Arbeitstag beginnt meist um 8:30. Dann bleibt eine halbe Stunde Zeit um sich den
Tagesausblick (Washington Outlook) durchzulesen und die neusten Nachrichten zu
verfolgen. Um 9 Uhr ist dann die Morgensitzung, in der besprochen wird, ob
tagesaktuelle Themen angefordert wurden und was jeder zu tun hat. Zu Beginn wurde
mir von meinen Kollegen die Arbeit mit Nachrichtenportalen erklärt und wie ich Stücke
aus diesen herunterlade, beispielsweise von AP, NBC, CNN, oder CBS. Vor allem bei
tagesaktuellen Themen z.B. wichtigen Statements von Politikern, werden Bilder aus
diesen Portalen verwendet. Sollte einem als Praktikanten ein Thema ins Auge stechen,
kann in den Nachrichtenportalen bereits überprüft werden, ob es dazu passendes
Bildmaterial gibt. Zusätzlich findet jeden Dienstag die Wochenkonferenz statt, meist am
Vormittag, in der die Mitarbeiter die wichtigsten Ereignisse für die kommende Woche
diskutieren. Sie besprechen unter anderem, wie sie die Termine besetzen und welche
Themen sie den Kollegen in Mainz vorschlagen, da sie für das deutsche Publikum
relevant sein könnten. Meine Aufgabe ist es die Filmpremieren in Deutschland im Blick
zu haben und herauszufinden, ob diese USA-Bezüge haben und relevant für die
Berichterstattung erscheinen.
Neben den festen Sitzungen gibt es noch weitere Aufgaben, die je nach Bedarf anfallen.
In meinen ersten Wochen wurde ich häufig auf Veranstaltungen geschickt, die wir
mitfilmten. Ich machte mir dabei Notizen, um meinen Kollegen dann mitteilen zu können,
ob etwas Spannendes passiert ist und um die Notizen bei der Archivierung dem Tape
hinzuzufügen.
Gleich zu Beginn meines Praktikums fanden viele Wahlkampfveranstaltungen statt.
Beispielsweise eine Rally von der Tea-Party-Bewegung auf der Donald Trump und Ted
Cruz sich gegen den von der Obama-Administration geplanten Atomdeal mit dem Iran
aussprachen. Es war eine tolle Erfahrung als Pressemitglied nur wenige Meter von den
Rednern
entfernt
zu
stehen
und
die
Präsidentschaftskandidaten so direkt mitzubekommen.
einzigartige
Rhetorik
der
Das absolute Kontrastprogramm zu dieser Veranstaltung war die Rally von Bernie
Sanders, einem liberalen Präsidentschaftskandidaten, der sich selbst als Sozialist
bezeichnet. Das Publikum, die Stimmung und die Themen waren vollkommen anders.
Am Ende der Veranstaltung habe ich noch O-Töne von Studenten vor Ort über deren
Meinung zu Bernie Sanders
und insbesondere dessen Vorhaben befragt die
Studiengebühren in den USA abzuschaffen.
Nach ca. zwei Wochen hatte ich das Gefühl die Abläufe gut verstanden zu haben.
Inzwischen
recherchierte
ich
täglich
nach
interessanten
Themen
für
die
Berichterstattung und nahm Recherchearbeiten entgegen. Außerdem darf man auch
eigene Themen vorschlagen. Das läuft meistens so ab, dass Themenvorschläge in die
Wochenplanung geschrieben werden und das ZDF in Deutschland dann Themen
auswählt, die sie gerne bearbeitet hätten, oder ein Korrespondent oder Korrespondentin
leitet meine Themenvorschläge direkt an die Redaktionen weiter, die geeignet
erscheinen oder man bearbeitet Themenvorschläge aus Deutschland. Ob ein Thema
ausgewählt wird hängt von vielen Faktoren wie Budget, Nachrichtenlage in Deutschland
und den USA, Relevanz des Themas für die Deutschen oder den verschiedenen
Sendungsformaten ab.
Eine der größten Veranstaltungen in Washington war diesen Monat der Besuch des
Papstes. Diesen Besuch habe ich ca. eine Woche intensiv vorbereitet und viele
Aufgaben eigenständig erledigt. Beispielsweise habe ich ein Interview mit einem
renommierten Forschungsinstitut geführt. Während des Interviews hat mir noch die
Seniorproducerin über die Schultern geschaut, um mir bei Unsicherheiten zur Hilfe zu
kommen. Um noch auf tiefergehende Hintergrundberichte zum Papstbesuch vorbereitet
zu sein, war es meine Aufgabe zu sexuellen Missbrauchsfällen in der katholischen
Kirche zu recherchieren. Am Wochenende habe ich die Interviews dann intensiv
vorbereitet und am nächsten Tag Opfer des sexuellen Missbrauchs zu interviewen.
Außerdem haben ich mit dem Kamerateam einen Gottesdienst in der größten
katholischen Kirche Amerikas gedreht (die ein paar Tage später auch vom Papst
besucht wurde) und anschließend den Pfarrer zu seinen Einschätzungen zum
bevorstehenden Papstbesuch interviewt. Anfänglich war ich nervös, ob alles
vereinbarten Interviews klappen würden, aber am Ende des Drehtages waren das Team
und ich sehr zufrieden.
Leider wurde ich in der Woche des Papstbesuches enttäuscht, als kaum Beiträge über
den Papst aus Deutschland angefordert wurden, da mit der Flüchtlingskrise in
Deutschland und dem VW-Skandal die Nachrichten schon befüllt waren. Aber so ist das
Nachrichtengeschäft nun mal.
Nach ca. drei Wochen hat sich dann ergeben, dass ich meinen ersten eigenen Beitrag
machen durfte. Für die Kindernachrichtensendung LOGO. Dabei muss man besonders
darauf achten, Themen in einer einfachen Sprache zu vermitteln. Ab diesem Beitrag
begann der Spaß an meinem Praktikum erst richtig, da ich ab diesem Zeitpunkt jede
Woche mehrere eigene Beiträge machen konnte. Ich habe meine Themenvorschläge
immer an einen der Korrespondenten geschickt, der diese dann an die Redaktionen in
Deutschland weitergeleitet hat. Sobald sich Interessenten aus Deutschland gemeldet
haben, habe ich tiefergehend recherchiert und einen Drehplan erstellt.
Einer
meiner
Themenvorschläge
drehte
sich
beispielsweise
um
einen
stark
übergewichtigen Amerikaner, der sich vorgenommen hatte von der Ost- zur Westküste
der USA zu fahren. Dieses Thema wurde sogar von drei Redaktionen gekauft.
Eingeplant wurden für diesen Dreh 1,5 Drehtage, deshalb fuhren der Kameramann,
Tonmann und ich als Redakteurin des Beitrags nach Philadelphia. Aufgrund der Distanz
übernachteten wir dort, um am nächsten Morgen gleich weiterdrehen zu können.
Ein weiteres Highlight meines Praktikums, war mein Themenvorschlag einen Beitrag
über einen Jungen zu machen, der aufgrund einer selbstgebastelten Uhr, die von seiner
Lehrerin für eine Bombe gehalten wurde, wegen vermeintlicher Terrorabsichten
verhaftet wurde- dieser Vorfall bekam internationale Aufmerksamkeit. Ihn konnte ich im
Hotel bei seinem Washington D.C.- Besuch interviewen, außerdem bekam ich die
begehrte Akkreditierung für das Weiße Haus und konnte den Jungen filmen, während er
Obama auf der Astronomy Night im Weißen Haus traf.
In meiner allerletzten Woche des Praktikums durfte ich noch einen besonderen Beitrag
machen. Für ein Logo-Stück durfte ich allein mit einem Kameramann nach Minneapolis,
Minnesota fliegen und das Stück vollkommen eigenständig machen.
Freizeit in Washington D.C.
Washington bietet wahnsinnig viel. Beispielsweise sind viele Museen kostenlos,
außerdem gibt es immer wieder spannende Diskussionen oder Vorträge. Ich habe recht
schnell viele andere Praktikanten kennengelernt, da in meiner Unterkunft vier andere
Praktikanten wohnten. Vor allem die deutsche Botschaft hat immer viele Praktikanten
gleichzeitig, sodass man, sobald man jemanden aus dieser Gruppe kennt, Anschluss
gefunden hat. Außerdem organisieren die Praktikanten oft Ausflüge z.B. in das
Pentagon, evtl. sogar zum Weißen Haus oder in deutsche Unternehmen, denen man
sich gelegentlich anschließen kann.
Fazit
Meine Abreise aus Washington D.C. und das Ende meines Praktikums fielen mir sehr
schwer. Allein in der kurzen Zeit von zwei Monaten habe ich das Gefühl wahnsinnig viel
gelernt und tolle Bekanntschaften gemacht zu haben. Auch journalistisch habe ich sehr
viel an Erfahrung sammeln können. So habe ich beispielsweise für das Skript zu
meinem ersten Beitrag noch einen ganzen Tag gebraucht, während ich mein letztes
Skript in wenigen Stunden schreiben konnte. Das Feedback, dass ich von meinen
Vorgesetzten und Kollegen bekommen habe war auch sehr positiv und hat mich darin
bestärkt meinen Berufswunsch der Journalistin weiter zu verfolgen.