Lasst uns ein neues Spiel spielen!

Fotos (alle): Knecht
Wie man ein Spiel verändern kann
Lasst uns ein neues
Spiel spielen!
Quer und um die Ecke denken, Bekanntes auf überraschende Weise verwenden und sich vor allem keine
kreativen Grenzen setzen: Das ist der Nährboden für neue Spiele. Sehen Sie selbst.
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GERHARD Wenn ich als Spielpädagoge Spielgrup- kann man als Pädagoge und Pädagogin
KNECHT pen begleite oder anleite, habe ich ein Verschiedenes tun:
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bestimmtes Repertoire an Spielen, die
ich sehr gern spiele (siehe auch gruppe
& spiel, Heft 3/13), obwohl ich mindestens die 666 Spiele kenne, die der
Herausgeber dieser Zeitschrift im gleichen Verlag veröffentlich hat.
Somit liegt das aktive verfügbare Repertoire meistens bei ca. 100 Spielen,
zu dem ich einen emotionalen Zugang
habe und durch die eigene Spielfreude die Mitspieler zum Mitspielen begeistern kann. Aber die ca.100 Spiele
wechseln, manche bleiben über die
Jahre, manche nur ein Jahr.
Allerdings kennen die Mitspieler
irgendwann mal alle Spiele und es
kommt der Moment, wo sie sagen:
Lasst uns ein neues Spiel spielen. Dann
• Neue Spielbücher kaufen und die
wirklich neuen Spiele herausfinden
und beim nächsten Mal spielen.
• Die Gruppe fragen, ob sie etwas
Neues kennt.
• Gemeinsam mit der Gruppe überlegen, wie man ein bekanntes Spiel so
ändern kann, dass wieder alle Freude
daran haben.
Wie komme ich zu neuen
Spielen?
Eine kleine Geschichte
Ich war vor Jahren auf einem Spielkongress als Besucher und habe einen Spieleworkshop besucht. In dem
Workshop ging es unter anderem um
Kennenlernspiele und ich freute mich
schon, dass für mich neue Spiel Pamperampampam kenenzulernen.
Ich merkte sehr schnell, dass hier ein
Spiel, das ich seit 1960 aus der kirchlichen Jugendarbeit unter dem Namen
Zipp Zapp kenne, einfach einen neuen Namen bekommen hat, das Spielprinzip aber das gleiche geblieben ist.
Einer im Kreis deutet auf eine Person,
die dann entweder den rechten oder
linken Namen sagt.
Ausgehend von diesen Erfahrungen,
beschäftige ich mich in der spielpädagogischen Bildungsarbeit damit, Kursteilnehmern Methoden an die Hand
zu geben, mit denen sie ein bekanntes
Spiel so bearbeiten können, dass die
Mitspieler das Spiel neu erleben und
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Erfinde-ein-Spiel
Ort
Ziel
Struktur
Aktion
Rollen
Material
Thema
Klassenzimmer
Abwerfen
Spielfeld
Rennen
Teams
Softfrisbee
Außerirdische
Saal
Wettrennen
Zwei Lager
Hüpfen
Kängurus
Seil
Reisen in ferne
Länder
(Beliebig erweiterbar)
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• einen Schluss, in dem der innere Zustand der Personen nach der Problemlösung beschrieben wird.
Mit diesem Strukturmuster lassen sich
unendlich viele Geschichten erfinden
und erzählen.
Aus der Geschichte
der New Games lernen
Bereits in den New-Games-Büchern
aus den frühen 80er-Jahren wird darauf hingewiesen, dass Spiele sich weiterentwickeln und ausdrücklich dazu
aufgefordert, bekannte Spiele so zu
verändern, dass sie den Mitspielern
Spaß machen. Bereits in diesen Veränderungen liegt die Neuerung.
So wird aus einem bekannten Spiel
ein neues, bisher noch nie so gespieltes Spiel.
Die Grundhaltung dahinter: Spiele sind
von Menschen gemacht, sie folgen
bestimmten Regeln und Strukturen,
die jederzeit von Menschen geändert
werden können, wenn alle am Spiel Beteiligten damit einverstanden sind. Das
bedeutet: Mit Spielen und Spielregeln
spielen und so Neues entstehen lassen.
Hinter dieser Haltung stand ein hoher
politischer Anspruch: So, wie man
Spielregeln ändern kann, kann man
auch gesellschaftliche Regeln im Umgang miteinander ändern, sofern alle
damit einverstanden sind oder eine Teilgruppe nach diesen Regeln leben will.
Hinter den New Games stand aber
auch eine Philosophie, so dass die Regeländerungen nicht beliebig waren,
sondern immer an der Maxime überprüft wurden „Spiel fair, Spiel intensiv,
tue niemand weh“.
Aus dieser Zeit stammt auch die
Erfinde-ein-Spiel-Tabelle (siehe oben).
Die Rückseite einer
Weichbodenmatte
wird zum Spielplan:
Das Spielfeld wird
in verschiedene
Bereiche eingeteilt,
in die Murmeln
getroffen werden
müssen
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einen neuen Spielanreiz kennenlernen.
Dabei sollten nicht nur die Worte ersetzt werden, sondern das Spiel vor allem eine weitere Spieldynamik erhalten.
Ich machte mich also auf die Suche,
wie man ein solches Werkzeug schaffen
könnte und welche Werkzeuge, welche
Strukturmerkmale es für andere Bereiche der kulturellen Bildung bereits gibt.
Eine Fundgrube waren für mich Kriminalgeschichten, egal, ob man sie im
Fernsehen sieht oder einen Krimi liest.
Beide Formen haben eine bestimmte
Struktur, die immer wieder gleich abläuft: Es wird jemand getötet. Der oder
die Täter haben ein Motiv. Der Kommissar ermittelt, ist auf der falschen
Spur und am Schluss fasst er den Täter
oder auch nicht, aber der Leser weiß,
wer der Täter ist. Und dieses Muster ist
beim Tatort seit über 40 Jahren gleich.
In der Akademie Remscheid führe ich
seit 1997 mit meiner Kollegin Stephanie Jentgens Kurse zum Erfinden und
Erzählen von Geschichten durch. Nach
einer längeren Phase mit vielen kreativen Wort- und Geschichtenspielen geht
es bei den Teilnehmern darum, aus den
vielen kreativen Ideen eine Geschichte
zu entwickeln und sie zu strukturieren.
Dazu verwenden wir den Spannungsbogen von Aristoteles (siehe Jentgens/
Knecht, Erzählspiele, 2011).
• Es gibt eine Einleitung, in der Personen, Zeit und Ort der Handlung
vorgestellt werden;
• ein motorisches Moment, in dem ein
Problem auftaucht und die Handlung
in Gang gesetzt wird;
• einen Höhepunkt, in der sich die
Handlung zuspitzt;
• einen Ablauf, indem die Lösung des
Problems beschrieben wird und
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Anpassen
Was ist ähnlich, sieht so ähnlich aus,
funktioniert ähnlich, ist ähnlich beschaffen? Gibt es Parallelen? Könnten
Sie von einem ähnlichen Gegenstand
etwas übernehmen?
Telefonkarte, Scheckkarte
Verändern
Können Sie den Gegenstand verändern? Überprüfen Sie daraufhin alle
Merkmale: Form, Farbe, Größe, Gewicht, Material, Klang, Geruch, Beweglichkeit, Zweck. Können Sie von
diesen Merkmalen etwas weglassen
oder hinzufügen?
Karte mit Geruch, bunten Farben
Vergrößern
Können Sie den Gegenstand vergrößern? Können Sie ihn höher, länger,
dicker, breiter, tiefer, schwerer machen
oder vervielfältigen?
Plakat
Aus einer FrisbeeScheibe und einer
Plastikröhre entsteht
eine Art „Golf-
Die Idee der New-Games-Macher war,
diese Tabelle zu verwenden, um durch
beliebige Kombinationen zu neuen
Spielen zu kommen.
schläger“ – durch
Verkleinern
Können Sie den Gegenstand verkleinern? Können Sie ihn niedriger, kürzer,
flacher, dünner, schmaler, leichter machen oder verringern?
Briefmarke
gemeinsames Brainstorming, Verände-
Neues aus der Wirtschaft
rung von Regeln und
Kreativität entsteht
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ein neues Spiel!
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Ein weiterer Hinweis, wie etwas Neues entstehen kann, kam von Alexander
Osborn. Er war Werbefachmann und
Kreativitätsforscher in den USA. Er gilt
als Vater des Brainstorming und hat das
Checklistenverfahren zur Veränderung
eines Produktes entwickelt. Mit seiner
Checkliste wurde geprüft, wie die Industrie ihre Waren verändern und Innovationen entwickeln kann. Die Checkliste hilft, kreative Lösungen zu finden
und eingefahrene Wege („Das machen
wir schon immer so!“) zu verlassen.
Osborn-Checkliste für Produkte
Beispiel Geburtstagskarte
Anders verwenden
Könnte man die Karte anders verwenden als normalerweise üblich?
Puzzel, Gutschein
Ersetzen
Können Sie den Gegenstand oder Teile
davon austauschen?
CD-ROM
Umstellen
Können Sie Teile neu anordnen, die
Reihenfolge der Herstellung oder des
Gebrauchs ändern, Ursache und Wirkung verändern?
Auf beiden Seiten der Karte Bilder
abdrucken
Umkehren
Können Sie Ursache und Wirkung austauschen, die Reihenfolge umkehren,
das Gegenteil bewirken, das Innerste
nach außen kehren; links, rechts oder
oben und unten austauschen, mit dem
Ende beginnen, mit dem Anfang abschließen?
Anstelle von Glückwünschen Beileid
zum Geburtstag
Kombinieren
Können Sie die Sache oder Teile von
ihr mit etwas anderem verbinden, in
einen größeren Rahmen einfügen oder
in einen anderen Zusammenhang einsetzen?
Karte als Schatzkarte, das Geschenk
muss gesucht werden
Verwandeln
Lässt es sich in einen anderen Zustand
verwandeln?
Glückwunsch auf einer Kassette in
einem Videofilm
Die Osborn-Checkliste, hier beschrieben für eine Glückwunschkarte, habe
ich abgewandelt, verkleinert auf fünf
von ursprünglich neun Punkten und
für die Weiterentwicklung von Spielen
eingesetzt:
Regelveränderung
Pam, pampam, pamperampampam
oder Zipp, Zapp
Die Spieler stehen oder sitzen im Kreis
auf einem Stuhl oder einer Teppichfliese. Der Spielleiter ist in der Mitte und
geht auf eine Person zu und sagt Pam,
dann muss der Spieler innerhalb von
zehn Sekungen den Namen seines linken Nachbarn sagen.
Pam pam, dann wird der Name des
rechten Nachbarn gesagt.
Pamperampampam, dann wechseln alle Spielenden die Plätze und der
Spielleiter versucht, einen freien Platz
zu erhalten. Der Spieler, der keinen
Platz erwischt, wird nun zum neuen
Spielleiter.
Das Ursprungsspiel „Zipp Zapp“ hat
die gleiche Spielidee, aber mehr Variantenreichtum:
Zipp ist links.
Zapp ist rechts.
Zupp ist man selber.
Zopp ist die Person in der Mitte.
Zipp Zipp ist die übernächste Person
links.
Zapp Zapp ist die übernächste Person
rechts.
Bei Zipp, Zapp, Zupp, Zopp wechseln alle.
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Regelumkehrung
Spielmechanismus übertragen
Vergrößern und Verkleinern
Das Ausgangspiel ist das bekannte
Knobeln mit den Händen.
Zwei, die noch nicht zusammen gespielt haben, spielen das klassische Knobelspiel Papier, Stein, Schere. Die Reihung ist: Papier>Stein>Schere>Papier
Wer gewinnt, bekommt einen Punkt.
Gewonnen hat, wer als erster drei
Punkte erreicht hat.
Ein neues kooperatives Spiel wird
daraus, wenn beide eine Übereinstimmung knobeln. Zu Beginn versuchen
jeweils alle Spieler in 2er-Gruppen eine
Übereinstimmung zu knobeln: Also
gemeinsam eine Schere, einen Stein
oder ein Papier mit der Hand darzustellen. Hat ein Paar das geschafft, geht
es zu einem anderen Paar und beide
versuchen wieder, ohne zu reden, als
4er-Gruppe eine Übereinstimmung zu
finden.
Die neu entstandene 4er-Gruppe
versucht ebenfalls, eine Übereinstimmung zu bekommen und geht mit
einer Gruppe aus acht Personen zusammen.
Flüsterpost
Die Spielerinnen und Spieler stehen im
Kreis. Der erste Spieler flüstert seinem
Nachbarn ein langes Wort ins Ohr. Das
Gehörte wird reihum weitergegeben
und verändert sich. Was ist losgeschickt
worden und was ist angekommen?
Variante 1: Die Spielerinnen und
Spieler stehen im Kreis. Der Spielleiter
sagt das Wort „Zum“ zu seinem rechten Nachbarn. Nun wird versucht, das
Wort so schnell wie möglich im Kreis
weiterzugeben. Die Zeit wird gestoppt.
Danach wird das Wort „Zam“ in
die andere Richtung weitergegeben
und die Zeit gestoppt. Welches Wort
ist schneller?
Variante 2: Beide Worte werden
gleichzeitig losgeschickt, welches Wort
kommt zuerst an?
Das klassische Boccia-Spiel ist der
Ausgangspunkt. Es geht darum, die
eigenen Kugeln möglichst nah an eine
kleinere Zielkugel zu setzen oder die
gegnerischen Kugeln wegzuschießen.
Als Gruppenspiel kann es so konzipiert
werden: Jedes Kind erhält eine Kugel
mit den Farben seiner Mannschaft. Ein
Spieler/eine Spielerin wirft die Setzkugel, das Ziel, wo alle hinwerfen müssen.
Gewonnen hat die Gruppe, deren
Kugel der Zielkugel am nächsten liegt.
Bei der Verkleinerung werden anstelle von Boccia-Kugeln Murmeln
eingesetzt, bei der Vergrößerung Bälle
anstelle der Murmeln.
Stadt, Land, Fluss
Jeder Spieler bekommt ein Blatt Papier und einen Stift. Eine Person beginnt zu zählen, der linke Nachbar
sagt: „Stopp“. Zu dem Buchstaben
werden nun Worte gesucht, die eine
Stadt oder einen Fluss bezeichnen. Wer
als erstes seine Reihe vollständig hat,
sagt: „Stopp“. Wer einen Begriff in
einer Spalte als einziger ausgefüllt hat,
bekommt 20, ansonsten 10 Punkte.
Wer den gleichen Begriff in der gleichen Spalte hat wie andere, bekommt
5 Punkte.
Varianten: Neben den bekannten
Kategorien wie Stadt, Land, Fluss kommen neue wie zum Beispiel ein Verb mit
fünf Buchstaben hinzu.
Wenn man einen Gegenstand dazu
nimmt, den man nicht nur aufschreibt,
sondern im Raum suchen muss und auf
das Blatt Papier legt, bekommt das
Spiel eine neue Dynamik.
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Fax-Spiel
Die Spielerinnen und Spieler stehen in
zwei Reihen hintereinander, so dass jeder auf den Rücken des Vordermannes
mit dem Finger etwas schreiben oder
zeichnen kann. Der letzte Spieler in der
Reihe schickt das vorbereitete Fax los,
indem er mit dem Finger auf den Rücken der Person vor ihm schreibt. Der
erste Spieler hat einen Stift und Papier
vor sich liegen. Wird ihm das Fax auf
den Rücken gemalt, zeichnet er es auf
das Papier. Gut sind einfache Zeichnungen wie Sonne und Smiley sowie
einfache Worte wie Uhu und Uhr.
Menschenmemory
Die Spielregeln sind dem klassischen
Memory entnommen. Anstelle von
Karten werden Menschen eingesetzt.
Immer ein Paar zusammen stellt ein
gleiches Standbild. Danach werden
die Paare gemischt und stellen sich im
Raum auf. Zwei, die während des Verabredens der Karten vor der Tür stehen,
werden hereingeholt und decken die
lebendigen Karten auf, indem sie einen imgaginären Knopf auf der Schulter der Person berühren. Man deckt
immer zwei Karten auf. Gibt es eine
Übereinstimmung, legt man sie ab, falls
nicht, gehen sie wieder in eine neutrale
Haltung.
Literatur
Ulrich Baer, 666 Spiele, Friedrich Verlag 2013
Stephanie Jentgens, Gerhard Knecht. Erzählspiele von
A–Z, Sprache fördern, Zuhören Lernen – Fantasie entwickeln, Westermann Verlag 2011
Andrew Flügelmann, die neuen Spiele, Band 2, Verlag
an der Ruhr, 1981
Sie haben Fragen?
Gerhard Knecht
Akademie Remschied
Küppelstein 34
42857 Remscheid
E-Mail:
[email protected]
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Kombination
Hase, Jäger, Tourist
In der nächsten Variante wird ein Hase
als Gestik von Spieler zu Spieler weitergegeben. Wenn der Hase einmal
gestisch im Kreis herumgegangen ist,
folgt ihm der Jäger. Der Jäger wird auch
von Person zu Person weitergegeben,
indem die Hand ausgestreckt wird und
der Jäger „Peng“ sagt. Man spielt drei
Runden: Fängt der Jäger den Hasen?
In der nächsten Runde kommt ein
Tourist dazu. Er nimmt die Arme auseinander und sagt: „Boah, ey!“ Dies wird
in die andere Richtung weitergegeben.
Wenn Jäger und Tourist sich treffen,
muss der Jäger in die Luft schießen.
Ersetzen
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