Der kleine Unterschied

31. Juli 2015 - 08:30 | Kundenzufriedenheit
Der kleine Unterschied
Nadine Wojahn, Christian Rath
Bei Kundenzufriedenheit liegen die Genossen seit Jahren leicht vor
den Sparkassen. Eine bundesweite Umfrage unter Sparkassen- und
Genossenschaftskunden zeigt, dass in der Häufigkeit der Bankkontakte und
der Art des Kontaktwegs der Schlüssel zum Verstehen des Kundenverhaltens
liegt.
Eine neue Umfrage zeigt vielversprechende Ansätze zur Optimierung
der Kundenzufriedenheit auf.
(leowolfert/fotolia)
Mit der neuen Geschäftsstrategie der Sparkassen wurde ein deutlicher Paradigmenwechsel
eingeleitet: Die Kundenzufriedenheit wurde als eins der wichtigsten Ziele definiert. Das ist
nachvollziehbar, da der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung sowie
die Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg allgemein nachgewiesen wurden. In den meisten
Sparkassen sind entsprechende Methoden zum Messen der Kundenzufriedenheit inzwischen
etabliert. Beim Befragen von Kunden und Nichtkunden treten jedoch oftmals Zufriedenheitsvorteile
zugunsten der Hauptwettbewerbsgruppe, den Genossenschaftsbanken, zutage.
Um die Gründe für den Vorsprung in der Kundenzufriedenheit zu analysieren und Erkenntnisse
darüber zu gewinnen, wo Unterschiede in der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität liegen,
wurde gemeinsam von Sparkassen Consulting und S Direkt-Marketing eine Studie erstellt.
Empirische Analyse
Die Umfrage wurde telefonisch anhand eines standardisierten Fragebogens durchgeführt. Befragt
wurden 1000 Privatpersonen – jeweils 500 Kunden von Sparkassen und Genossenschaftsbanken.
Jede Frage hat fünf „Antwortstufen“, die beiden positiven Stufen werden mit „Top 2 Box“
zusammengefasst.
Auch in der vorliegenden Studie wurde ein Vorsprung der Genossenschaftsbanken bei der
Gesamtzufriedenheit gemessen: Ganze 91 Prozent der Genossenschaftsbankkunden waren mit
ihrer Bank zufrieden (Top 2 Box). Bei den Sparkassen lagen nur 86 Prozent der Kunden in diesem
Zufriedenheitssegment. Das Ergebnis des Vergleichsprozesses zwischen der erwarteten und der
erlebten Leistung zeigt keinen wesentlichen Unterschied in der Dienstleistungsqualität. Generell
lässt sich sagen, dass Kundenzufriedenheit entsteht, wenn die erlebte Leistung die erwartete
Leistung übertrifft.
Zur Erklärung der Zufriedenheitsunterschiede wurden diverse Qualitätsanforderungen (erlebte
Leistung) über unterschiedliche Kontaktwege zum Geldinstitut (persönliche Beratung, persönlicher
Service, telefonischer Service, Selbstbedienungszone, Onlinebanking, App und Homepage)
befragt. Im Ergebnis wurden institutsübergreifend besonders bei den persönlichen Kontaktwegen
(persönliche Beratung, persönlicher Service, telefonischer Service) hohe Zustimmungsgrade in
der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität gemessen. So wurde in zehn von elf Statements
zur persönlichen Beratung von beiden Institutsgruppen ein Top-2-Box-Wert von über 90 Prozent
erzielt.
Exemplarisch sahen jeweils 99 Prozent der Sparkassen- und Genossenschaftsbankkunden
das Statement „Der Berater war zu jedem Zeitpunkt freundlich und hilfsbereit“ als erfüllt.
Einzig der Aspekt „Der Berater konnte geschilderte Problemstellungen kompetent lösen“
zeigt mit einer Zustimmungsquote (Top 2 Box) von 84 Prozent (Sparkassen) zu 88 Prozent
(Genossenschaftsbanken) Aufhol- bzw. Schulungsbedarf. Mit Blick auf die exzellenten
Ergebnisse in den persönlichen Kontaktwegen sollten weitere Investitionen aus Überlegungen
zu Grenzinvestitionen in Frage gestellt werden. Vielmehr sollten beide Institutsgruppen die
technischen Kontaktwege ausbauen, in denen aus Kundensicht noch Verbesserungspotenzial
besteht. So sehen bei den Sparkassenkunden nur 74 Prozent Diskretion und Sicherheit bei der
Nutzung der SB-Geräte als gegeben. Zudem bewerten nur 74 Prozent die persönlichen Daten
beim Onlinebanking als sicher (jeweils Top 2 Box).
Insgesamt erfüllen beide Institutsgruppen die Anforderungen ihrer Kunden in hohem Maß. Vor
allem in den persönlichen Kontaktwegen erzielen die Institutsgruppen exzellente Ergebnisse.
Beide Institutsgruppen verzeichnen Schwachstellen in den technikbasierten Kontaktwegen.
Kontaktwege mit unterschiedlicher Nutzungsintensität
(Sparkasse)
Innerhalb von drei Monaten haben mehr als 80 Prozent der Kunden mindestens einmal
Kontakt zu einer Sparkasse oder Genossenschaftsbank gehabt. Dabei ist die SB-Zone der
mit Abstand am stärksten frequentierte Kontaktpunkt zu den Kunden. Das Onlinebanking
liegt in seiner Nutzungsquote (40 Prozent) leicht vor dem persönlichen Service in der
Geschäftsstelle (38 Prozent). Erstaunlicherweise ist die Nutzerquote im Onlinebanking bei
Genossenschaftsbankkunden (43 Prozent) signifikant höher als bei Sparkassenkunden (36
Prozent). Jeweils 31 Prozent der Sparkassen- und Genossenschaftsbankkunden hatten innerhalb
von drei Monaten einen Beratungskontakt zu einem der persönlichen Ansprechpartner. Der
telefonische Service (16 Prozent), die Homepage (13 Prozent) und die App (sechs Prozent)
spielen nur untergeordnete Rollen (s. Abb. 1).
Mit Ausnahme der höheren Onlineaffinität von Kunden der Genossenschaftsbanken gibt
es zwischen den Institutsgruppen keine wesentlichen Unterschiede im Nutzerverhalten.
Selbstverständlich zeigen sich die üblichen unterschiedlichen Muster, wenn man die Nutzung der
Kontaktkanäle nach Altersklassen gliedert.
Allgemein messen Kunden einem Kontaktweg, den sie bereits genutzt haben, eine höhere
Bedeutung zu als Kunden ohne die entsprechende Erfahrung. Interessanterweise ist das
Onlinebanking ausschließlich für aktiv nutzende Kunden bedeutsam (97 Prozent Top 2 Box nach
Wichtigkeit). Für Kunden, die Onlinebanking nicht nutzen, ist dieser Kontaktweg eher unwichtig (elf
Prozent Top 2 Box).
Zufriedenheitsunterschiede nach Kundentyp
(Sparkasse)
Die Studie ermöglicht eine differenzierte Betrachtung von Kundengruppen in Abhängigkeit von
ihrer Kontakthäufigkeit und des gewählten Kontaktwegs. Die Gesamtzufriedenheit gegenüber
Sparkassen und Genossenschaftsbanken liegt in dieser Kundengruppe auf einem Niveau (83
Prozent und 86 Prozent Top-2-Box).
Insgesamt 29 Prozent aller Befragten werden als Kontaktlose bezeichnen (s. Abb. 2). Die Gruppe
der Wenigkontakter (41 Prozent der Gesamtbefragten) definiert sich durch die Nutzung maximal
eines persönlichen und maximal zwei technischer Kontakte in den vergangenen drei Monaten.
Bemerkenswerterweise können die Genossenschaftsbanken in dieser Gruppe einen deutlichen
Zufriedenheitsvorsprung von acht Prozentpunkten erzielen (85 Prozent Sparkassen, 93 Prozent
Genossenschaftsbanken).
Die Gruppe der intensiven Techniknutzer hat innerhalb der vergangenen drei Monate mindestens
drei technische und maximal einen persönlichen Kontaktweg zum Geldinstitut genutzt (acht
Prozent der Gesamtbefragten). Auch in dieser Gruppe konnten die Genossenschaftsbanken einen
Vorsprung bei der Zufriedenheit von fünf Prozentpunkten erreichen (82 Prozent Sparkassen, 87
Prozent Genossenschaftsbanken).
In der Gruppe der intensiven Direktkunden (maximal zwei technische und mindestens zwei
persönliche Kontakte) können beide Institutsgruppen ihre höchsten Zufriedenheitsbewertungen
erzielen (96 Prozent Sparkassen, 97 Prozent Genossenschaftsbanken). Damit zeigt sich die
besondere Stärke der beiden Gruppen: der persönliche Kontakt. Insgesamt lassen sich 17 Prozent
der Gesamtbefragten dieser Kundengruppe zuordnen.
Als Vielkontakter werden fünf Prozent der Gesamtbefragten bezeichnet (mindestens drei
technische und mindestens zwei persönliche Kontakte). In dieser schwach besetzten Gruppe
können die Sparkassen mit 91 Prozent Gesamtzufriedenheit deutlich mehr Kunden als die
Genossenschaftsbanken (83 Prozent) zufriedenstellen.
Anhand der Kundengruppenbildung lässt sich der Zufriedenheitsvorsprung der
Genossenschaftsbanken somit in der stärksten besetzten Kundengruppe der Wenigkontakter
sowie in der Kundengruppe der intensiven Technikkunden verorten. Die Sparkassen können
nur in der schwach besetzten Gruppe der Vielkontakter einen Vorsprung gegenüber den
Genossenschaftsbanken erzielen.
Bei der Gesamtinterpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass die Bildung der Kundengruppen
weitestgehend unabhängig von Alter und Einkommen der Befragten ist.
Ergebnis
(Sparkasse)
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass Genossenschaftsbanken gerade bei
den Kundengruppen mit wenig und mit intensivem Kontakt über technische Kontaktwege
ein Zufriedenheitsplus gegenüber den Sparkassen erzielen. Die beiden Kundengruppen
vereinen rund 70 Prozent der Gesamtkundschaft auf sich. Um die Zufriedenheitslücke zu den
Genossenschaftsbanken zu schließen, müssen die Sparkassen den Fokus ihrer Ansprache auf
die Kunden mit nur wenigen Kontakten zur Sparkasse richten. Zur aktiven Steuerung bedarf es
zusätzlich eines etablierten Kundenkontaktmanagements.
Ein zweiter Hebel zum Schließen der Zufriedenheitslücke ist eine gezielte Investition in
Onlineangebote. Neben dem identifizierten Verbesserungspotenzial sind hier Investitionen auch
deshalb notwendig, weil die Kunden ihre reinen Transaktionen ohnehin in die digitalen Kanäle
verlagern. Bei dem Ausbau der Onlineangebote sollten die Sparkassen die Kontaktfrequenz zum
persönlichen Kontakt nutzen. Hier liegt die Stärke der Sparkassen.