Für sein Buch „Kritik der schwarzen Vernunft“ (Suhrkamp) wird Achille Mbembe mit dem 36. Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet. In der Jury-Begründung heißt es: „Der aus Kamerun stammende, in den Vereinigten Staaten ausgebildete, heute in Südafrika lebende Historiker und Philosoph hat mit seiner „Kritik der schwarzen Vernunft“ nicht weniger vorgelegt als eine Neuvermessung der Geschichte des Kapitalismus und der Globalisierung. Seine Hauptthese in diesem kraftvoll geschriebenen Buch lautet, dass die globalen Waren- und Kapitalströme ohne die Etablierung einer Asymmetrie zwischen den Weltteilen nicht möglich gewesen wäre. Diese Asymmetrie freilich wurde nicht abstrakt hergestellt, sondern durch eine „schwarze Vernunft“, durch die Erfindung des Schwarzen, des „Negers“ als einer pejorativen, ja schwarzen Figur, die die Augenhöhe einer Idee der Menschheit in toto unmöglich macht. Mbembe zeigt, dass der Rassismus keine normative Abweichung von der europäischen Aufklärung darstellt, sondern eines ihrer konstitutiven Momente darstellt. Die Lektüre von Mbembes Buch ist bisweilen verstörend – verstörend in der Konsequenz, die der Autor in seine Argumentation bringt. Es wird dem westlichen Leser mit seinen eigenen Mitteln vorgeführt, wie die konstitutive Hierarchie zwischen dem Schwarzen und dem Menschen das letztlich europäische Konzept des Menschen ad absurdum führt. Mbembes Hinweise auf die „Afrikanisierung“ unterschiedlicher Weltteile könnte aktueller nicht sein. Das Buch kommt genau zur rechten Zeit: Es schärft den Blick auf eine globalisierte Weltgesellschaft, die nicht nur Waren und Kapital verschiebt, sondern auch Menschen und Arbeitskraft. Vielleicht ist dieser Hinweis auf die „Afrikanisierung“ der Welt auch ein Hinweis an Europa, mit seinen eigenen Versprechungen gegen die eigenen Praktiken ernst zu machen. Somit gelingt es Achille Mbembe ein Werk vorzulegen, das von geistiger Unabhängigkeit zeugt und geeignet ist, bürgerliche Freiheit, moralischen, intellektuellen Mut zu fördern und dem verantwortlichen Gegenwartsbewusstsein wichtige Impulse zu geben.“ Achille Mbembe, geboren 1957, ist ein kamerunischer Historiker und politischer Philosoph. Er zählt zu den Vordenkern des Postkolonialismus. Mbembe lehrt nach Stationen an der Columbia University, der University of California in Berkeley, der Yale University und der Duke University heute an der University of the Witwatersrand in Johannesburg. Der Geschwister-Scholl-Preis wird im Rahmen des Literaturfests München vergeben. Die Preisverleihung findet am 30. November 2015 in der Großen Aula der LudwigMaximilians-Universität statt. Am 1. Dezember 2015 ist eine öffentliche Lesung in der Buchhandlung Lehmkuhl geplant. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels – Landesverband Bayern e.V. und die Landeshauptstadt München vergeben 2015 den mit 10.000 Euro dotierten GeschwisterScholl-Preis zum 36. Mal. Sinn und Ziel des Geschwister-Scholl-Preises ist es, jährlich ein Buch jüngeren Datums auszuzeichnen, das von geistiger Unabhängigkeit zeugt und geeignet ist, bürgerliche Freiheit, moralischen, intellektuellen und ästhetischen Mut zu fördern und dem verantwortlichen Gegenwartsbewusstsein wichtige Impulse zu geben. Zu den Preisträgern zählten in den letzten Jahren unter anderem Glenn Greenwald, Otto Dov Kulka, Andreas Huckele (Pseudonym Jürgen Dehmers), Liao Yiwu, Joachim Gauck, Roberto Saviano, David Grossman und Anna Politkovskaja. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Börsenverein des Deutschen Buchhandels - Landesverband Bayern e.V. Tel. 089 / 29 19 42 41 [email protected] Kulturreferat der Landeshauptstadt München Abteilung Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Film, Literatur, Musik, Stadtgeschichte, Wissenschaft Tel. 089 / 233 21196 [email protected] 2 Der Fachjury unter dem Vorsitz von Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers und Michael Then, Vorsitzender des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels – Landesverband Bayern e. V., gehörten 2015 an: Jobst-Ulrich Brand (Focus), Dr. Carolin Emcke (Publizistin), Dr. Ina Hartwig (Publizistin), Dr. Lorenz Jäger (FAZ), Prof. Dr. Armin Nassehi (LMU / Soziologie), Dr. Johan Schloemann (Süddeutsche Zeitung) und Cornelia Zetzsche (Bayerischer Rundfunk). Als Vertreter des Börsenvereins Bayern gehören der Jury außerdem Ulrich Dombrowsky (Buchhändler, Regensburg), Michael Krüger (Schriftsteller und Publizist) und Thomas Rathnow (DVA) an, von Seiten des Stadtrats Klaus Peter Rupp (SPD), Marian Offman (CSU) und Dr. Florian Roth (Bündnis 90 / Die Grünen / Rosa Liste). Beratende Mitglieder waren neben Dr. Hildegard Kronawitter (Weiße Rose Stiftung e. V.) die Stadträtinnen Ulrike Grimm (CSU) und Dr. Constanze Söllner-Schaar (SPD). Informationen zum Preisträger 2015 und das gesamte Archiv des Geschwister-SchollPreises finden Sie auf der Internetseite www.geschwister-scholl-preis.de.
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